Parlamentskorrespondenz Nr. 575 vom 10.07.2003

SOZIALDEMOKRATEN VERSCHÄRFEN ANGRIFFE AUF FINANZMINISTER GRASSER

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Wien (PK) - Die Beratungen über Vorlagen aus dem Verkehrsausschuss wurden am Nachmittag für eine Debatte zu einer von den Sozialdemokraten eingebrachten Dringlichen Anfrage betreffend "Freunderlwirtschaft, Interventionen und Lobbyismus zum Schaden Österreichs" an den Finanzminister unterbrochen. Abgeordneter Dr. CAP (S) wies eingangs die Vermutung des Finanzministers zurück, die Kritik an ihm entspringe einer Verschwörung, belegten doch gerade die zahlreichen Artikel in bürgerlichen Medien, dass sein Verhalten generell Tadel finde. Dann bemängelte Cap Grassers Vorgehen bei Vorträgen, wo dieser Gelder für einen angeblichen Sozialfonds lukriere, die "irgendwo geparkt" würden. Die Erklärung des Finanzministers wirke so kompliziert, dass es viel eher den Anschein habe, Grasser sei ertappt worden und suche nun nach einem Ausweg. Festzuhalten sei jedenfalls, dass es für einen Minister ganz generell ein Arbeitsverbot gebe.

Dubios sei auch, so Cap weiter, die Frage der Versteuerung. Hier gebe es eine Optik, die eine "negative Vorbildwirkung" habe. Es wäre daher heute an der Zeit, dass der Minister offen lege, welche Honorare er wo erhalten habe und was mit den Geldern geschehen sei. Eine Klarstellung in dieser Frage sei dringend vonnöten, denn die genannten Summen seien schließlich "kein Butterbrot". Solange es keine erhellende Stellungnahme des Ministers gebe, müssten die Vorwürfe aufrecht erhalten werden.

In der Folge ging der Redner auf die Anschaffung von Kampfjets ein, wo er auf die bereits in den vorangegangenen Sitzungen geäußerten Vorwürfe in Richtung des Ministers einging. Man müsse sich fragen, ob die gewählte Vorgangsweise Grassers nicht in Richtung Schiebung gehe. Hinzu komme freilich der Vorwurf der "Geldvernichtung" in dieser Causa. In diesem Zusammenhang erinnerte Cap an frühere Aussagen des Kärntner Landeshauptmanns zu diesem Thema. In Zeiten, in denen die Regierung der Bevölkerung "dauernd in die Tasche greift", sei eine solche Vorgangsweise jedenfalls eine "Geldverschwendung". Die ÖVP werde diese politische Verantwortung noch zu tragen haben, prophezeite der Redner, der auch die Ereignisse rund um die voest und um Grassers private Homepage sowie seine Beraterspesen problematisierte. Hier sei einiges aufklärungswürdig, schloss Cap, der abschließend die Frage stellte, wer sonst noch rücktrittsreif sei, wenn nicht der Finanzminister.

Bundesminister Mag. GRASSER erklärte eingangs, Kritik sei die Steuer, die der Neid dem Talent auferlegt habe, um in Richtung seines Vorredners Giacomo Casanova zu zitieren: "Die Tochter des Neides ist die Verleumdung". Die Angriffe auf ihn seien nur Mittel zum Zweck, in Wirklichkeit wolle die SPÖ nur den Kanzler und den Vizekanzler stürzen und Neuwahlen provozieren. Die SPÖ habe es aufgegeben, eigene Konzepte zu entwickeln, vielmehr beschränke sie sich darauf, zu kampagnisieren und zu skandalisieren. So werde die SPÖ kein wettbewerbsfähiger Gegner dieser Bundesregierung sein, meinte Grasser.

Der Finanzminister wies die Methoden der Opposition zurück und erklärte die erhobenen Vorwürfe, die er exemplarisch aufgriff, um sie zu berichtigen, für unrichtig und ging sodann auf die gestellten Detailfragen des Verhandlungsgegenstandes ein, so namentlich die Zukunft der voest, der ÖIAG und der Verstaatlichten eingehend, wo er an die Versäumnisse der Vergangenheit erinnerte. Die aktuelle Bundesregierung habe es hingegen geschafft, die Schulden der Unternehmen zurückzuführen, erstmals gebe es wieder schwarze Zahlen. Man habe saniert und entpolitisiert, dies sei mithin ein Vorzeigebeispiel für die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Regierung. Auch den Ankauf von Luftraumüberwachungsgeräten rechtfertigte der Minister als ökonomisch sinnvoll. Es sei dem Verteidigungsminister und ihm gelungen, hier einen guten Erfolg zu erzielen.

Seine Kontakte zu Managern der Automobilindustrie rechtfertigte der Minister als wichtig für den Wirtschaftsstandort Österreich. Die Bevölkerung sei froh, dass ein österreichischer Minister über solche Kontakte verfüge, denn sie wisse, dies diene dem Interesse Österreichs. Er selbst habe stets darauf geachtet, ausschließlich den Interessen der österreichischen Steuerzahler zu dienen. Im übrigen habe er keine wie immer gearteten Funktionen im zitierten "Verein für die New Economy" und daher auch keinen Einfluss auf dessen Tätigkeit. Schließlich legte Grasser noch seine Sicht der gegenständlichen Honorarfrage dar.

Abschließend bekräftigte Grasser, die Regierung lasse sich von der "Schmutzkübelkampagne" der Opposition nicht beirren und setze die erfolgreiche Arbeit für Österreich fort. Der Rede Grassers folgte lang anhaltender Applaus seitens der Koalitionsparteien.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) klagte, Finanzminister Grasser habe in seiner Antwort "viel gesprochen und nichts gesagt". Konkrete Antworten auf heikle Fragen sei er schuldig geblieben. Dass Finanzminister Grasser Honorare für Vorträge erhalten habe, sei keine "Schmutzkübelkampagne" der Opposition, betonte Kräuter, sondern vom ORF aufgedeckt worden. Für ihn erhebt sich der Verdacht, dass Grasser sozial Schwache missbraucht habe, "um seine Machenschaften zu verschleiern". Der Abgeordnete warf dem Finanzminister darüber hinaus vor, von Anfang an direkt in die Beschaffungsvorgänge für den Eurofighter eingegriffen zu haben.

Abgeordneter AMON (V) rief die Opposition auf, die "Schmutzkübelkampagne" zu beenden. Er hält es "für traurig, aber wahr", dass es der SPÖ bei der Dringlichen Anfrage und bei der "Kampagnisierung" um ganz etwas anderes gehe als vorgegeben werde. Man wolle das positive Image Grassers in der Bevölkerung beschädigen. Amon selbst bewertete die "KMU-Roadshow" des Finanzministers als hervorragende Informationsveranstaltung. Im Hinblick auf die Kritik der Opposition an Grasser Homepage forderte Amon die Opposition auf, nicht mit zweierlei Maß zu messen und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich auf der Homepage der Wiener Mietervereinigung Werbung für SPÖ-Abgeordnete Bures, gleichzeitig Präsidentin der Mietervereinigung, befinde.

Nach Meinung von Abgeordneter Dr. PARTIK-PABLE (F) geht die Opposition im Fall Grasser unter dem Sprichwort vor "Wie der Schelm denkt, so ist er". Die SPÖ klammere sich deswegen so sehr an dieses Thema, weil sie glaube, damit ihre erfolglose Oppositionsarbeit verdecken zu können, vermutet sie. Um den Finanzminister in ein schlechtes Licht zu rücken, reihe sich "eine Unwahrheit an die andere". Statt froh zu sein, endlich einen Finanzminister zu haben, der mit Defiziten ein Ende mache, werde dieser als Betrüger angeprangert. Partik-Pable versicherte, sie sei stets dafür, vermutete Missstände zu durchleuchten, aber die SPÖ nehme Antworten des Finanzministers einfach nicht zur Kenntnis, sondern verhöhne ihn noch.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) forderte den Finanzminister zum Rücktritt auf und stellte den Begriff "freiwillige Spende" im Zusammenhang mit Referaten Grassers vor Banken-Veranstaltungen in Frage. Es gehe hierbei nicht um "arme Bergbauerfamilien" oder "Gelähmte im Rollstuhl", sagte er, sondern um den Finanzminister, den man gegen Honorar als Vortragenden mieten könne. Pilz sieht damit alle Kriterien für Erwerbsarbeit erfüllt und forderte in diesem Zusammenhang die Einberufung des Unvereinbarkeitsausschusses des Nationalrates noch vor dem Tagungsende ein. Besondere Kritik übte Pilz daran, dass Grasser "nicht den Funken eines Unrechtsbewusstseins" habe und offenbar in einer anderen Welt lebe. Der Finanzminister habe offensichtlich andere Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit und sauberer Amtsführung, beklagte er.

Abgeordneter KECK (S) sieht durch den geplanten Verkauf der voestalpine Tausende Familien um ihre Zukunft betrogen. Den Finanzminister rief er in einem emotionalen Appell auf "zu gehen". Dieser habe heute erneut die Unwahrheit gesagt. Von den FPÖ-Abgeordneten erwartet sich Keck, dass sie im Nationalrat die gleiche Position zum Verkauf der voestalpine vertreten, wie in Oberösterreich. Namens der SPÖ brachte er einen Entschließungsantrag ein, in dem die Regierung aufgefordert wird, auf eine vollständige Privatisierung der voestalpine zu verzichten, um als Kernaktionär weiter wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens zu haben. Über diesen Entschließungsantrag wird, wie Nationalratspräsident Khol bekannt gab, eine namentliche Abstimmung durchgeführt.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) meinte in Richtung seines Vorredners, die wirkliche Gefahr für die voestalpine drohe nicht von den Investoren oder vom Markt, sondern komme "von solchen sozialistischen Betriebsräten" wie Keck. Er gab zu bedenken, dass die Aktien der voestalpine seit Erteilung des Privatisierungsauftrages an die ÖIAG gestiegen seien, nach Beginn der Kampagne durch die SPÖ habe es allerdings einen Einbruch gegeben. "Schädigen Sie nicht den Wert des Unternehmens", forderte Missethon von der Opposition. Er selbst sieht den Zeitpunkt für die Privatisierung der voestalpine als ideal an, weil die Marktbedingungen gut seien.

Abgeordneter WALCH (F) warf dem Abgeordneten Keck vor, als Voest-Betriebsrat bloß Stricherllisten über die Teilnehmer am Maiaufmarsch angelegt zu haben und SP-Parteiabzeichen um 2 € zu verkaufen. Der Redner diagnostizierte überdies bei der SPÖ "Gedächtnisschwund" und bemerkte, die Sozialdemokraten hätten 1997 den Kauf von 24 Abfangjägern beschlossen - dies allerdings ohne Gegengeschäfte. Walch appellierte eindringlich an die SPÖ, in der heutigen geheimen Abstimmung den Antrag der Regierungsparteien zu unterstützen, um damit die Erhaltung des österreichischen Flaggschiffes voest zu sichern.

Abgeordneter KOGLER (G) hielt die zentralen Vorwürfe an Finanzminister Grasser aufrecht und kritisierte, die Fragen seien auch in der heutigen Sitzung nicht beantwortet worden. Die ÖVP wiederum decke nach den Worten Koglers den Finanzminister und verhindere eine unabhängige Prüfung sowie die Einberufung des Unvereinbarkeitsausschusses. Der Redner erklärte Finanzminister Grasser für "völlig unglaubwürdig und rücktrittsreif".

Bundesminister PLATTER betonte, der Beschaffungsvorgang sei einwandfrei, sauber und korrekt durchgeführt worden. Die Unterschrift sei mit der aufschiebenden Bedingung geleistet worden, dass der Vertrag erst nach Inkrafttreten des Gesetzes Gültigkeit erlangt. Platter verteidigte mit Nachdruck den Abfangjägerkauf als Signal einer lückenlosen Luftraumüberwachung und meinte an die Adresse der Opposition gerichtet, SPÖ und Grüne sprechen Misstrauen aus, er, Platter, schaffe Vertrauen. Die Opposition sei nicht nur gegen die Beschaffung des Eurofighters, sondern gegen die Luftraumsicherung schlechthin, stellte der Minister fest.

Abgeordneter DOBNIGG (S) wandte sich aus volkswirtschaftlichen und regionalpolitischen Gründen gegen einen Verkauf der voest und sprach kritisch von "Verscherbelung". Dem Finanzminister warf er vor, ein Treffen mit Stronach zu Ostern verschwiegen zu haben. 

Bundesminister GRASSER bestritt das Gespräch mit Stronach und wies zudem auch die Behauptungen des Abgeordneten Pilz über Vorträge und Honorare als falsch zurück. Eine "glatte Unwahrheit" sei ferner der Vorwurf der Grünen, er habe EADS schon im Vorhinein informiert, unterstrich Grasser.

Zum Sozialfonds informierte der Minister, zur Zeit seien 25.000 € aus Spenden eingezahlt. Das Geld sei ausschließlich für die Hilfestellung an Personen, die unverschuldet in Not geraten sind, zu verwenden. Grasser meinte zudem, er hoffe, dass mit der Werbung, die die SPÖ für diesen Fonds betreibt, schon in kürzester Zeit die erforderlichen 40.000 € Mindestkapital aufgebracht werden.

Abgeordneter MURAUER (V) stellte fest, der SPÖ sei jedes Mittel recht, um Grasser und Platter "abzuschießen". Den Beschaffungsvorgang bezeichnete der Redner als lupenreine Angelegenheit, das Produkt weise das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Murauer dankte den zuständigen Ministern "dass sie bereit sind, trotz der ungeheuerlichen Untergriffe der Grünen und der SPÖ zur Sicherheitspolitik und zur Luftraumüberwachung zu stehen".

Abgeordnete SBURNY (G) brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem sie die Bundesregierung aufforderte, den Privatisierungsauftrag an die ÖIAG betreffend voest dahingehend abzuändern, dass zumindest eine Sperrminorität von 25 % bei der ÖIAG verbleibt. Bezüglich der Causa Grasser appellierte Sburny an die Abgeordneten der Regierungsparteien, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen und den Unvereinbarkeitsausschuss einzuberufen.

Abgeordnete STADLBAUER (S) stellte fest, die SPÖ lehne Sozialfonds nicht ab, sie lehne die Politik des Finanzministers ab, weil sie viele Menschen in die Armut treibe. Stadlbauer zeichnete dann die wendehalsartige Entwicklung Grassers vom Kritiker der Abfangjäger zum glühenden Anhänger der Eurofighter nach und machte darauf aufmerksam, dass Grasser bei den Abfangjägern etwas praktiziere, was ihm sonst zuwider sei, nämlich auf Pump zu kaufen. Sein "kongenialer" Partner sei Verteidigungsminister Platter, der die Verantwortung für den Ankauf trage. Stadlbauer brachte daher den S-Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Platter ein. Der wichtigste Grund für diesen Antrag sei, dass der Kaufvertrag mit dem überhöhten Preis ausgerechnet an dem Tag unterschrieben wurde, an dem bekannt wurde, dass die Erhaltungskosten für die Eurofighter ab 2007 um bis zu 20 Prozent niedriger sein werden. "Der Abfangjägerkauf ist Betrug am Volk", zitierte die Abgeordnete eine Medien-Überschrift und forderte den Verteidigungsminister zum Rücktritt auf.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) wollte den Sozialdemokraten Gelegenheit geben, einem Entschließungsantrag der Koalitionsparteien in namentlicher Abstimmung zuzustimmen. Er bekannte sich zu einer Privatisierung der ÖIAG-Betriebe, damit die Arbeitsplätze erhalten sowie Forschung, Entwicklung und die Entscheidungszentrale in Österreich bleiben. Der Auftrag an die ÖIAG soll lauten, die Option einer Privatisierung der voest über die Börse und im Wege von Finanzinvestoren zu prüfen. Eine österreichische Kernaktionärsstruktur und die Einheit des Unternehmens soll gewahrt bleiben. "Wenn Ihr Herz für die voest schlägt stimmen sie zu!" rief Dolinschek der SPÖ zu.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) warf den Sozialdemokraten in seinem Resümee der Debatte vor, Mitglieder der Bundesregierung in einem Rundumschlag persönlich anpatzen zu wollen. Die Vorwürfe gegen den Verteidigungsminister könnten "in zwei Minuten entkräftet werden". Der Kaufvertrag enthalte im Hinblick auf das Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes - für das nur noch eine Frist abzuwarten sei - eine aufschiebende Bedingung. Für die Typenentscheidung sei nicht Platter, sondern die Bundesregierung mit Ihrem Beschluss von vor einem Jahr verantwortlich, als Minister Platter noch gar nicht im Amt war. Einsparungen von 10 % bis 20 % der Eurofighter-Kosten sei bloßes Gerede und Spekulation. Dass die SPÖ dieses Gerede als Grundlage für einen Misstrauensantrag gegenüber einem Minister verwende, stimme bedenklich. Die SPÖ schade damit der Politik insgesamt. "Wir vertrauen dem Finanzminister und dem Verteidigungsminister!" schloss Spindelegger.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) sagte, dass der Misstrauensantrag gegen Minister Platter ungerechtfertigt und völlig haltlos sei, entsprechend schwer habe sich die SPÖ bei der Begründung dieses Antrags getan. Es sei bedenklich, dass die SPÖ mit unbewiesenen Vorwürfen jongliere und auf Gegenargumente nicht reagiere. Es sinke nicht der Preis des Eurofighters, sondern die Forschungs- und Entwicklungskosten für das Eurofighter-Programm. Diesen Unterschied wolle die SPÖ nicht zur Kenntnis nehmen, weil sie ihre parteipolitischen Ziele verfolge. Die Freiheitlichen könnten mit so einer Politik nicht mitgehen. Sie vertrauten sowohl Minister Grasser als auch Minister Platter.

Abgeordneter BROUKAL (S) forderte die ÖVP auf, ihre Verteidigung von  Finanzminister Grasser zu überdenken und einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, damit alle Vorwürfe gegen ihn überprüft werden können.

Bei der namentlichen Abstimmung über den SPÖ-Entschließungsantrag zur Absicherung des Industriestandorts Österreichs lautete das Abstimmungsergebnis bei 179 abgegebenen Stimmen: 83 Ja- und 96 Nein-Stimmen; der Antrag wurde abgelehnt. - Auch der Entschließungsantrag der Grünen für einen Sicherheitsbeschluss gegen den Ausverkauf der voestalpine und der SP-Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Platter verfielen mangels Mehrheit der Ablehnung.

Schließlich erzielte der VP-FP-Entschließungsantrag betreffend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die Bundesregierung in namentlicher Abstimmung bei 178 abgegebenen Voten eine Mehrheit von 96 Ja- zu 82 Nein-Stimmen. Dieser Antrag wurde angenommen.

KURZE DEBATTE ÜBER ANFRAGEBEANTWORTUNG 391/AB DER BILDUNGSMINISTERIN

Abgeordneter BROSZ (G) begründete den Antrag der Grünen auf Besprechung dieser Anfragebeantwortung unter anderem mit der Praxis der Unterrichtsministerin, unangenehme Fragen unvollständig und ausweichend zu beantworten. Im konkreten Fall sei die Ministerin Antworten dazu schuldig geblieben, wie die Zahlen zur Stundenreduzierung für Schüler, die der OECD übermittelt wurden, berechnet worden seien. Würde man die Zahlen, die Gehrer der OECD bekannt gegeben habe, ernst nehmen, würde dies bedeuten, dass die österreichischen Schüler länger in der Schule sitzen als im OECD-Durchschnitt. Nach der Stundenkürzung würden die Schüler unterdurchschnittlich lange Schulzeiten haben. Brosz wies aber darauf hin, dass bloße Stundenzahlvergleiche die Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulsystemen unberücksichtigt ließen. Vielmehr gehe es darum, Förderungsprogramme auszubauen, um die Unterrichtsqualität zu verbessern. Dies sei mit Stundenkürzungen nicht zu erreichen. Brosz brach eine Lanze für Ganztagsschulen, die die Grünen als ein pädagogisches, nicht als ein Betreuungsangebot verstehen. Österreich sei aufgefordert, sein Bildungssystem zu verändern, um die soziale Segregation, wie sie die Pisa-Studie feststellte, auszugleichen.

Bildungsministerin GEHRER zeigte sich verwundert, dass Brosz nun schon zum wiederholten Mal behaupte, die Stundenkürzung sei nicht aufgrund von Studien erfolgt. Sie hätte sich Lob dafür erwartet, dass sie jahrelange Forderungen nach Senkung der Arbeitsbelastung der Schüler erfüllt habe. Denn Studien hätten ergeben, dass Schüler oft mehr arbeiten als Erwachsene. "Muten wir unseren Kindern nicht mehr zu, als wir uns selbst zumuten", sagte die Bildungsministerin. Dass die Schulen gute Leistungen erbringen, zeigten Umfrageergebnisse: 70 % der Befragten stellten den Lehrern sehr gute und gute Leistungen aus, sagte die Ministerin mit Stolz. Gegenüber Abgeordnetem Niederwieser stellte die Bildungsministerin abschließend fest, dass der Rektor der Universität Innsbruck rechtmäßig gewählt sei und sein Amt wie vorgesehen antreten werde.

Abgeordnetem GROSSRUCK (V) zufolge ist es nachgewiesen, dass bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 39,5 Stunden die SchülerInnen mehr arbeiten müssten als Angestellte. In den BHS hätten die SchülerInnen sogar mehr als das Eineinhalbfache der Arbeitszeit von Erwerbstätigen zu bewältigen. Alle ExpertInnen seien sich daher einig, dass die SchülerInnen entlastet werden müssten, und dies sei jetzt zum Wohl der SchülerInnen passiert, so Großruck. Ifes habe darüber hinaus festgestellt, dass 79 % der Bevölkerung mit dem österreichischen Schulsystem außerordentlich zufrieden seien. Dies treffe auch in hohem Ausmaß auf die Hauptschulen zu, weshalb sich Großruck für die Beibehaltung der Trennung von Hauptschule und AHS-Unterstufe und gegen eine verpflichtende Ganztagsschule aussprach. Er wolle die freie Wahl gewährleisten und ein differenziertes Schulsystem sichern.

Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) betonte, dass es bei dieser Debatte um die mangelnde Qualität der Anfragebeantwortung gehe. Er vermisste Statistiken über Schulverläufe, Beihilfen und Ausgaben der Eltern für die Schule. Einen besonderen Höhepunkt stelle die Antwort auf die konkrete Anfrage in Bezug auf die Ganztagsschule dar, in dem die Ministerin darauf hin gewiesen habe, sie sei nicht zuständig, kritisierte Niederwieser und hielt dies für eine Verletzung des verfassungsmäßigen Fragerechtes. Niederwieser thematisierte auch die Bestellung von Universitätsrat Krünes als gesetzwidrig, da dieser ein politisches Mandat innehabe. Ebenso rechtswidrig seien seiner Meinung nach die Vorgänge an der Medizinuniversität Innsbruck, die die SPÖ beim Verfassungsgerichtshof prüfen lassen werde.

Abgeordnete ROSSMANN (F) warf der Opposition vor, aus den Stundenkürzungen ausschließlich ein Politikum ohne jegliche Grundlage zu machen. Bei den Stundenkürzungen seien die Landeshauptleute, die Schulbehörden und auch die Direktoren gefordert, sagte sie. Sie kritisierte auch, dass im Rahmen der politischen Bildung manipuliert werde und in diesem Sinne werde sie sich auch in die Zukunftskommission einbringen. Rossmann richtete in diesem Zusammenhang auch die Bitte an die Bundesministerin, Standards für die politische Bildung einzuführen, damit diese politisch neutral sei und tatsächlich Staatsbürgerkunde vermittle.

Abgeordnete SBURNY (G) wies den Vorwurf der politischen Manipulation an den Schulen zurück. Insgesamt stellte sie fest, dass das Problem der SchülerInnen laut Pisa-Studie nicht das Stundenausmaß sei, sondern die hohe Leistungsstreuung zwischen den Schulsystemen und damit die frühe Selektion. Der zweite markante Punkt sei die Geschlechterdifferenz bei der Leistung, wobei die Daten für Österreich in Bezug auf die Mädchen schlechter seien. Die Einrichtung der Zukunftskommission bewertete sie als positiv.

(Schluss Dringliche/Forts. NR)