Parlamentskorrespondenz Nr. 733 vom 14.10.2003

DISKUSSION ÜBER AUFSTOCKUNG DER MITTEL FÜR EURATOM

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Wien (PK) - In der heutigen Sitzung des Umweltausschusses stand zunächst das Thema "Atomfreies Europa" im Vordergrund, wobei ein diesbezügliches Volksbegehren einem Unterausschuss zugewiesen wurde. (Siehe PK Nr. 732) Der Entschließungsantrag der SPÖ betreffend Nichtzustimmung Österreichs zur Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens wurde vertagt. Einstimmig angenommen wurde hingegen ein Protokoll über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigungen durch Schwermetalle, das bereits von den erforderlichen 16 Staaten ratifiziert wurde. Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der Grünen, in dem eine Aufstockung der Mittel für den Klimaschutz um 200 Mill. €. gefordert wurde.

DIE POSITIONEN DER FRAKTIONEN ZUR AUFSTOCKUNG DER MITTEL FÜR EURATOM

S-Abgeordnete Ulli Sima fordert den Finanzminister in einem Entschließungsantrag auf, im ECOFIN der geplanten Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens von 4 auf 6 Mrd. € nicht zuzustimmen. Es müsse verhindert werden, dass künftig noch mehr Steuergelder für die Finanzierung der Kernenergie, AKW-Neubauten und die künstliche Betriebsverlängerung von bestehenden AKW verwendet werden, argumentierte sie. Sima appellierte gleichzeitig an den Landwirtschaftsminister, im EU-Umweltministerrat einen Beschluss gegen den Einsatz von EURATOM-Krediten für Neubau bzw. Lebenszeitverlängerung von AKW herbeizuführen. Weiters ging es ihr um die Neugestaltung des EURATOM-Vertrages; die Chance müsse jetzt ergriffen werden, denn so schnell werde es nicht wieder zu einer Revision des Vertrages kommen. Sie hoffe deshalb, dass bis zur nächsten Plenarsitzung noch eine gemeinsame Position formuliert werden könne.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) bedauerte, dass es bisher nicht gelungen sei, sich auf einen Vier-Parteien-Antrag in dieser Frage zu einigen. Damit die Position der Bundesregierung klar auf dem Tisch liege, brachte er einen V-F-Entschließungsantrag ein. Gleichzeitig stellte er den Antrag, diese Materie zu vertagen.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) unterstrich, es werde in dem Antrag deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es um einen Ausstieg aus der Kernenergie gehe. Die Bundesregierung werde u.a. ersucht, dass eine Reform und Integration des EURATOM-Vertrages in den EG-Vertrag - im Sinne einer Elimination der Förderziele und einer völligen Neudefinition der Inhalte dieses Vertrages wie einer Forcierung erneuerbarer Energieträger und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der Energienutzung insbesondere im Hinblick auf "Ausstiegsszenarien" - weiterhin anzustreben ist. Gleichzeitig sollen Fragen der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes, der Entsorgung, des Transports von spaltbarem Material, des Rückbaus von Atomkraftwerken und der Abfallbehandlung im Vertrag verankert werden. Österreich werde einer Erhöhung des Kreditvolumens nur dann zustimmen, wenn keine neuen Finanzierungen für Atomprojekte vergeben, sondern die Mittel in den Ausstieg umgelenkt werden.

Nach Ansicht der Abgeordneten Eva Glawischnig (G) enthalte der Antrag der Regierungsfraktionen nichts Neues, sondern umfasse im wesentlichen Punkte, die bereits 2002 beschlossen wurden bzw. im Regierungsprogramm stehen. Auch die Grünen brachten deshalb einen eigenen umfangreichen Entschließungsantrag ein, der sich u.a. mit den Themen Temelin, Euratom-Vertrag, EURATOM-Anleihen, EURATOM-Forschungsprogramm, EU-Nuklearpaket und europäische Atomhaftung befasst. Aktuelle Zwischenfälle in den grenznahen AKW machten ein verstärktes Engagement Österreichs im Hinblick auf einen europäischen Atomausstieg notwendig, argumentieren die Grünen. Im Zuge der EU-Konvents-Debatte biete sich nun eine einmalige Chance, um den in der bestehenden Form nicht mehr gerechtfertigten EURATOM-Vertrag an die aktuellen energiepolitischen Rahmenbedingungen anzupassen. Anlass zur Sorge geben auch die Pläne der EU-Kommission, mittels EURATOM-Krediten sechs Reaktoren an vier Standorten in Russland fertig zu stellen, heißt es in dem Antrag weiter. Zudem gebe es keinerlei Garantie dafür, dass - wie von Österreich gefordert - die Gelder nur für Sicherheitsverbesserungen oder Dekommissionierungen zur Verfügung gestellt werden; eine Aufstockung der Mittel sollte daher kategorisch abgelehnt werden.

Für Bundesminister Josef Pröll war die Position Österreichs in der Frage EURATOM und der Atompolitik im Generellen sehr klar. Basis dafür sei die Entschließung aus dem Vorjahr, die von allen vier Fraktionen unterstützt wurde. Was den aktuellen Stand in der EU betrifft, so gebe es derzeit ein rechtliches Gutachten, das besage, dass die Entscheidungen über die Erhöhung der Mittel mit einfacher Mehrheit, jene über den Anwendungsbereich einstimmig gefasst werden müssen. Die Diskussion darüber sei aber noch nicht abgeschlossen. Er trete zudem dafür ein, die Neugestaltung des EURATOM-Vertrages in einer eigenen Konferenz zu beraten. In dieser Angelegenheit habe er sich auch schon schriftlich an alle EU-Umweltminister gewandt, um Unterstützung für diesen Vorschlag zu erhalten.

Bei der Abstimmung wurden alle drei Anträge vertagt.

OPPOSITION FORDERT MEHR MITTEL FÜR KLIMASCHUTZMASSNAHMEN

Die extremen klimatischen Entwicklungen der letzen Jahre und die zunehmenden Naturkatastrophen nahmen die Grünen zum Anlass, um einen Entschließungsantrag betreffend ein Klima-Konjunkturpaket einzubringen. Darin ziehen sie eine negative Bilanz der Klimaschutzpolitik Österreichs und verlangen eine Initiative Österreichs für eine Verschärfung der internationalen Klimaziele für den Zeitraum nach 2010 über das Kyoto-Ziel hinaus. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird darin aufgefordert, ein Umwelt-Beschäftigungspaket in der Höhe von 200 Mill. € auszuarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Darin soll unter anderem die sofortige Finanzierung des Kyoto-Ziels ab dem Budget 2004 sichergestellt sein, weiters sehen die Grünen die Notwendigkeit einer Ökostromoffensive und einer Renaturierungsoffensive im Flussbau.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) sprach von einem dringenden Handlungsbedarf angesichts der letzten beiden Katastrophenjahre, die von Hochwasser und Dürre geprägt waren. Auch die CO2-Emissionen seien nicht zurückgegangen, sondern sogar gestiegen.

Auch die Abgeordneten der SPÖ Hannes Bauer, Ulli Sima und Petra Bayr sprachen sich für die Bereitstellung von mehr Mitteln für den Klimaschutz aus. Gerade im wichtigen Verkehrsbereich gebe es keine Konzepte. Vielmehr gehen die Maßnahmen in die völlig verkehrte Richtung, wie man dies am Beispiel der ÖBB sehen könne. Auch Abgeordneter Georg Oberhaidinger verstand nicht, warum die Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichend dotiert werden, zumal allein 785 Mill. € durch die Energieabgabe lukriert werden.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) konnte den Vorschlägen der Grünen einiges abgewinnen, erinnerte jedoch an die vielen klimaschutzrelevanten Maßnahmen der Bundesregierung, die bereits gesetzt wurden. In einem von ihm eingebrachten V-F-Entschließungsantrag wird explizit festgeschrieben, dass für die nächsten drei Jahre Mittel in der Höhe von 30 Mill. € (2004), 60 Mill. € (2005) und 90 Mill. € (2006) für den Klimaschutz zur Verfügung gestellt werden.

Bundesminister Pröll schloss sich der Meinung seines Vorredners an und wies ebenfalls auf die Erfolge in den letzten fünf Jahren hin. Im Bereich der Umweltförderung Inland z.B. werde der überwiegende Teil klimarelevant eingesetzt. Seit 1998 wurden 187 Mill. € ausgegeben, was zu einer Reduktion von knapp 2,4 Mill. Tonnen C02 geführt habe; das damit ausgelöste Investitionsvolumen liege bei 940 Mill. €. Eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG mit den Ländern über energetische Mindeststandards im Bereich der Wohnbauförderung stehe zudem kurz vor dem Abschluss. Man dürfe nicht vergessen, dass bis 2006 180 Mill. € für den Klimaschutz zur Verfügung stehen, betonte Pröll nochmals. Was die Umstrukturierung bei den ÖBB angeht, so glaube er nicht, dass die Reform dazu führen werde, dass weniger Menschen die Bahn benützen. Die geplanten Maßnahmen dienten dazu, eine wettbewerbsfähigere Bundesbahn zu erhalten.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Regierungsparteien mit V-F-Mehrheit angenommen; der G-Antrag blieb in der Minderheit.

PROTOKOLL ÜBER LUFTVERUNREINIGUNG EINSTIMMIG ANGENOMMEN

Einstimmig angenommen wurde schließlich das Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend Schwermetalle samt Erklärungen. (134 d.B.)

Es verpflichtet die Vertragsstaaten zur Verringerung der Emissionen von Blei, Kadmium und Quecksilber, zur Anwendung von Emissionsgrenzwerten, zu produktspezifischen Maßnahmen beim Bleigehalt von Kraftstoffen und beim Quecksilbergehalt von Batterien und zur Einführung schwermetallfreier Ersatzprodukte in Elektronik, Leuchtstoffröhren, Batterien, Messgeräten, Pestiziden sowie bei Farben und in der Zahnmedizin.

Die Redner der Opposition kritisierten, dass zwischen Unterzeichnung und Ratifikation fünf Jahre vergangen sind. Die Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) wies noch auf die besonders stark belasteten Regionen in Österreich hin und nannte u.a. das untere Inntal, das südliche Vorarlberg sowie den Nordosten von Niederösterreich, der von der Luftverunreinigung des Ballungsraum Wien betroffen sei.

Österreich habe alle substanziellen Verpflichtungen erfüllt und entsprechende Signale auf nationaler Ebene gesetzt, meinte Umweltminister Pröll. Man werde in Zukunft jedoch versuchen, den Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Ratifikation zu verkürzen. (Schluss)