Parlamentskorrespondenz Nr. 739 vom 15.10.2003

VERFASSUNGSAUSSCHUSS BILLIGT KUNDMACHUNGSREFORMGESETZ

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Wien (PK) - Bundesgesetzblätter werden in Zukunft nicht mehr in Papierform verteilt, sondern nur noch über das Internet kundgemacht. Das sieht zumindest ein Gesetzesvorschlag der Regierung vor, der heute vom Verfassungsausschuss des Nationalrates einstimmig gebilligt wurde. In Kraft treten kann das so genannte Kundmachungsreformgesetz 2004 allerdings nur dann, wenn es im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit erhält und der Bundesrat seine ausdrückliche Zustimmung dazu gibt.

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass Gesetze und andere Rechtsvorschriften zwar auch in Zukunft im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden, allerdings ist beabsichtigt, die Bundesgesetzblätter ab dem Jahr 2004 nicht mehr wie bisher in Papierform zu verteilen und zu versenden, sondern ausschließlich über das Internet - im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS) - zugänglich zu machen. Ausdrücklich festgeschrieben wird, dass der Zugang für Bürgerinnen und Bürger unentgeltlich zu sein hat und kein Identitätsnachweis dafür erforderlich ist. Personen ohne Internet-Zugang sollen - "gegen ein angemessenes Entgelt" - das Recht auf Ausdrucke von im Bundesgesetzblatt kundgemachten Rechtsvorschriften haben.

Um die Authentizität und die Integrität der Rechtsvorschriften zu gewährleisten, wurden mittels eines in der heutigen Sitzung von ÖVP und FPÖ eingebrachten Abänderungsantrages einige Bestimmungen präzisiert. Demnach müssen alle verlautbarten Rechtsvorschriften mit einer elektronischen Signatur versehen sein, nach Erstellung der Signatur dürfen die Dokumente nicht mehr geändert werden. Außerdem ist von jedem Dokument mindestens eine Sicherungskopie und ein beglaubigter Ausdruck zu erstellen, und es muss gewährleistet sein, dass der Text einer Rechtsvorschrift ungeachtet von Weiterentwicklungen der Hardware oder der Software auch in Zukunft noch gelesen werden kann. Sollte eine Abfrage der Bundesgesetzblätter im Internet über einen vorübergehenden Zeitraum hinaus nicht möglich sein, ist eine "Notstandsregelung" vorgesehen, wonach die Verlautbarung der Rechtsvorschriften in einer anderen Weise zu erfolgen hat.

Der Abänderungsantrag sieht - neben einigen legistischen Anpassungen - überdies vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch Verordnungen anderer Behörden im Bundesgesetzblatt II veröffentlicht werden können.

Die Stellen wo Ausdrucke der Bundesgesetzblätter bezogen werden können, sind laut Kundmachungsreformgesetz im Amtsblatt der Wiener Zeitung zu veröffentlichen. Laut Regierung soll das Aus der Bundesgesetzblätter in der bisherigen Form Einsparungen in der Höhe von rund 400.000 € pro Jahr bringen.

Das Kundmachungsreformgesetz wird darüber hinaus dazu genutzt, um Redaktionsversehen in Gesetzen zu beseitigen und sonstige legistische Unstimmigkeiten zu bereinigen. Außerdem werden im Sinne der Rechtsbereinigung einige gegenstandslose Bundesverfassungsgesetze, Bundesgesetze und in Bundesgesetzen enthaltene Verfassungsbestimmungen aufgehoben.

Um eine bürgerfreundliche Handhabung des Rechtsinformationssystems und eine umfassende Information der BürgerInnen auch in Zukunft zu garantieren, nahm der Verfassungsausschuss darüber hinaus einstimmig eine Ausschussfeststellung an.

Demnach soll das Rechtsinformationssystem des Bundes als wesentliches Instrument der Information entsprechend dem Stand der Technik laufend weiterentwickelt und dadurch verbessert werden. So sollte das paragraphenweise Weiter- und Zurückblättern möglich sein, außerdem wäre nach Auffassung der Abgeordneten eine Verlinkung mit den Bundesgesetzblättern, aus denen sich die Fassung einer Rechtsvorschrift ergibt, herzustellen. Als weitere Verbesserung wird vorgeschlagen, bei jedem Paragraphen anzugeben, aus welchen Bundesgesetzblättern die geltende Fassung stammt. Schließlich wollen die Parlamentarier auch die Verlinkung kundgemachter Tabellen und Zeichnungen.

Im Interesse jener BürgerInnen, die über keinen Internetzugang verfügen, hält es der Verfassungsausschuss für wünschenswert, dass Gemeinden auf freiwilliger Basis die Möglichkeit eröffnen, während der Amtsstunden via Internet in das Bundesgesetzblatt Einsicht  nehmen und sich gegen Kostenersatz Ausdrucke anfertigen lassen zu können.

Der Großteil der Abgeordneten äußerte sich grundsätzlich positiv zum Kundmachungsreformgesetz. So hielten die Abgeordneten Walter Posch und Otto Pendl seitens der SPÖ fest, dass durch den Abänderungsantrag und die Ausschussfeststellung einige Probleme beseitigt worden seien. Pendl hob in diesem Zusammenhang etwa hervor, dass der Rechtszugang nunmehr auch bei einem Ausfall des Internet sichergestellt sei. Besonders verwies er überdies auf die Notwendigkeit, das RIS bedienerfreundlich zu gestalten. Zustimmend zum Gesetz äußerten sich auch die Abgeordneten Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V), Josef Bucher (F) und Roderich Regler (V). Es sei besonders wichtig, dass der Zugang zum Recht für alle erhalten bleibe, erklärte Regler.

Auch Abgeordnete Terezija Stoisits (G) signalisierte Zustimmung zum Gesetz, äußerte jedoch Zweifel, ob es für die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft tatsächlich mehr Komfort geben wird. Einziger Zweck des Gesetzes ist ihr zufolge die Einsparung von 400.000 €. Stoisits und SPÖ-Abgeordneter Posch brachten überdies Bedenken in Bezug auf die elektronische Sicherheit der Dokumente vor.

Staatssekretär Franz Morak versicherte den Abgeordneten, dass die Authentizität der im RIS veröffentlichten Bundesgesetzblätter gewährleistet sei, und machte geltend dass die für das Staatsarchiv und die Nationalbibliothek angefertigten beglaubigten Ausdrucke nur für den sehr unwahrscheinlichen Fall angefertigt werden, dass einmal in Österreich kein Computer mehr funktioniere. Ein Experte des Bundeskanzleramtes erläuterte dazu technische Details und bekräftigte, es bestehe keine Möglichkeit, die elektronisch signierten Dokumente nachträglich abzuändern. Was die Benutzerfreundlichkeit des RIS angeht, kündigte er weitere Verbesserungen im kommenden Jahr an.

Abgeordnete Helga Machne (V) hielt in Richtung Abgeordneter Stoisits fest, zu den erwarteten Einsparungen beim Bund im Ausmaß von 400.000 € kämen weitere Einsparungen beispielsweise in den Gemeinden.

Noch bis zum Plenum wird diskutiert, ob der Vorschlag von Abgeordneter Stoisits, auch in der Parlamentsbibliothek einen beglaubigten Ausdruck der Bundesgesetzblätter zu archivieren, aufgenommen wird. (Schluss)