Parlamentskorrespondenz Nr. 774 vom 23.10.2003

KOALITION BETEUERT: ÖSTERREICH BLEIBT AUCH IN ZUKUNFT EIN ASYLLAND

ÖVP und FPÖ beschließen mit ihrer Mehrheit AsylG-Novelle

Wien (PK) - Eingangs der Sitzung teilte Nationalratspräsident Dr. Andreas KHOL mit, dass die Abgeordneten Dr. Mitterlehner und DI Hofmann eine Dringliche Anfrage zum Thema "Arbeit und Wirtschaft - Österreich im internationalen Vergleich" eingebracht haben. Die Debatte wird um 15 Uhr stattfinden. - Im Anschluss daran wird eine von den Grünen verlangte Kurzdebatte mit dem Titel "Säumigkeit der Bundesregierung" beim Grenzgänger- und Praktikantenabkommen mit der Tschechischen Republik“ abgehalten werden..

Die Neuregelung des Asylverfahrens und der damit verbundenen Änderungen bei der Bundesbetreuung standen im Mittelpunkt des ersten Teils der Sitzung des Nationalrats am Donnerstag. Die Redner der Opposition konfrontierten die Regierung mit massiven Vorwürfen wie Verstoß gegen Menschenrechte und Bundesverfassung, die Vertreter der Regierungsfraktionen wiesen diese Vorwürfe ebenso heftig zurück und sehen mit der Vorlage die Fortsetzung der österreichischen Tradition gesichert, ein offenes Haus für Flüchtlinge zu sein.

Als erster Redner erinnerte Abgeordneter Mag. POSCH (S) daran, dass 43 von 62 Gesetzen der schwarz-blauen Regierung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden seien; mit dem neuen, zu restriktiven Asylgesetz werde diese Praxis fortgesetzt. Es bringe mehr Zugangsbeschränkungen, weniger Eingehen auf den Einzelfall und weniger Rechtsschutz. Im Besonderen kritisierte Posch, dass in Hinkunft kein Flüchtling mehr auf dem Landweg nach Österreich werde kommen können. Berufungen hätte keine aufschiebende Wirkung, womit der rechtsstaatliche Weg verlassen werde. In Summe würde die Zahl der Berufungen nicht reduziert, die Verfahren würden verlängert. Für den Menschenrechtssprecher seiner Fraktion ist klar, dass das Gesetz einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standhalten werde, was er mit einer Reihe von Expertenstimmen untermauerte. Insgesamt gehe das Gesetz zu Lasten der Ärmsten und folge der Annahme, dass Flüchtlinge "nur ein bequemes Leben erschleichen" wollten.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) legte ein Bekenntnis zu Österreich als Asylland ab; es gehe aber um eine Rückführung darauf, was Asyl bedeute, nicht um "Einwanderung unter einem neuen Titel". Österreich brauche die Novelle des Asylrechts, weil ab Mai kommenden Jahres alle Nachbarländer Österreichs als EU-Mitgliedsländer "sichere Drittstaaten" seien, und weil die Zahl der Asylanträge exorbitant angestiegen sei. Die Verfahren sollten rascher durchgeführt werden; man wolle - durch das Neuerungsverbot - auch verhindern, dass in den verschiedenen Instanzen verschieden argumentiert und immer neue Asylgründe geltend gemacht würden. Im Übrigen, betonte Spindelegger, enthalte der Entwurf auch positive Neuregelungen. Er verwies auf die Möglichkeit für Folteropfer und Traumatisierte, Neuerungen anzuführen, und auf Regelungen für Familien.

Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Abgeordnete Terezija STOISITS, machte zunächst geltend, dass es ein Prinzip des Flüchtlingsrechts sei, dass niemand dorthin zurückgeschoben werden dürfe, woher er geflüchtet sei. Die Slowakei, die im Vorjahr nur 19 Asylverfahren mit positiven Bescheiden abgeschlossen habe, sei nach dem UBAS kein sicherer Drittstaat, weil die Gefahr der Rückschiebung bestehe. Stoisits sieht die Gefahr gegeben, dass Österreich seinen Ruf als Land verliere, das Flüchtlinge aufnimmt, und innerhalb der EU zum Schlusslicht bei Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen werde. Sie machte sich die Vorschläge des UNHCR zu eigen, der mehr Ressourcen und Änderungen im Asylgesetz verlangt habe. Innenminister Strasser warf sie vor, den Dialog mit den einschlägigen Organisationen und mit der Opposition zu verweigern.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) legte zu Beginn ihrer Rede ein Bekenntnis zur Genfer Flüchtlingskonvention ab. Entschieden wandte sie sich aber gegen Missbräuche des Asylrechts, die schon aus den Zahlen erkennbar seien: Von über 39.000 Anträgen seien 2002 nur rund 10 % anerkannt worden. Dies habe sich auch bei einem Besuch gezeigt, den sie mit KollegInnen ihrer Fraktion im Flüchtlingslager Traiskirchen gemacht habe. Überdies wollten viele Flüchtlinge gar nicht, dass ihr Asylgesuch behandelt werde; sie suchten nicht Schutz, sondern eine Besserung ihrer Lebensverhältnisse. Manche der NGOs "beschmutzten" Österreich, sagte Partik-Pable in Richtung amnesty international. Während die Vertreter der Flüchtlingshilfe-Organisationen die Sache "einseitig" sehen, müssten die Politiker auch die Interessen der Österreicher im Auge haben, erinnerte sie an die Kosten für "tausende Missbräuche", die vom Steuerzahler zu tragen seien.

Seit 1998 sei die Zahl der Asylanträge rasant angestiegen, die Zahl der Anträge mit asylfremden Motiven sei überdies hoch, über 80 % der Antragsteller kämen aus wirtschaftlichen Motiven nach Österreich. Dies zeichnete Innenminister Dr. STRASSER als Hintergrund für die Asylgesetznovelle. Österreich sei bei diesem Schritt nicht allein, betonte der Minister und zitierte jüngste Aussagen des französischen Außenministers. Als Maxime bei der Erarbeitung der Novelle habe gegolten, dass jeder, der nach dem geltenden Gesetz Anspruch auf Asyl habe, diesen Anspruch auch nach der neuen Rechtslage haben solle - allerdings wesentlich rascher, betonte Strasser. Der Minister ging dann auf die beiden zentralen Diskussionspunkte ein. Hinsichtlich der Zulassung von Neuerungsgründen entscheide allein der Richter beim UBAS. Bezüglich der Bundesbetreuung sei man mit den betroffenen Organisationen überein gekommen, dass der Bund die Betreuungskosten für alle übernehmen werde, die nicht asylfremde Gründe angeben.

S-Abgeordneter PARNIGONI sieht in der Novelle einen Paradigmenwechsel und in dem "verfassungswidrigen und beschämenden" Entwurf eine "Schande für das einstmals beispielgebende Flüchtlingsland Österreich". "Wo ist ihre christliche Gesinnung geblieben?," wandte sich Parnigoni an den Innenminister. Der Minister habe versucht, den Entwurf durch das Parlament zu peitschen und Änderungen in den Entwurf zu "schmuggeln", die zu einer "kalten und rückwirkenden Enteignung" der NGOs und der Länder geführt hätten. Österreich solle besser - nach dem Beispiel von Deutschland und Großbritannien - die Zahl der Mitarbeiter in den entsprechenden Behörden erhöhen, forderte Parnigoni und kündigte einen Antrag seiner Fraktion auf Rückverweisung an den Innenausschuss sowie auf namentliche Abstimmung an.

Abgeordneter KÖSSL (V) betonte, Österreich werde auch mit diesem neuen Asylgesetz ein Asylland mit einem rechtsstaatlichen Asylverfahren bleiben, Österreich sei aber kein Zuwanderungsland. Faktum war für Kößl, dass die Zahl der Asylanträge in den letzten Jahren dramatisch angestiegen ist, 80 % aller Antragsteller aus wirtschaftlichen Gründen ins Land kommen und die Verfahren durch Missbrauch über Jahre hin verschleppt werden. Das neue Gesetz werde nun Verfahrensbeschleunigung bringen und Verfahrensklarheit schaffen, Asylmissbrauch eindämmen und eine schnelle Unterscheidung zwischen Asyl und Migration erlauben. Der Redner erwartete sich davon rasche und wirksame Hilfe für die tatsächlich Schutzbedürftigen.

Zur Kritik der Opposition bemerkte Kößl, die Zahl der Bundesbetreuungsplätze sei unter Minister Strasser mehr als verdreifacht worden. Kein Verständnis äußerte er für die Forderung der SPÖ nach einem Rechtsanspruch auf Bundesbetreuung. Kößl erinnerte daran, dass die SPÖ 1991 und 1997 Beschlüsse gegen einen solchen Rechtsanspruch mitgetragen habe.

Ein von Kößl eingebrachter Abänderungsantrag hatte eine Präzisierung des zeitlichen Anwendungsbereiches der Bestimmungen zum Inhalt.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) kritisierte, Asylrecht dürfe nicht das Ziel haben, die Zahl der Asylwerber von vornherein zu reduzieren. Es gehe nicht an, den Asylwerbern asylfremde Motive zu unterstellen, bevor es ein ordentliches Verfahren gegeben hat. Das Asylgesetz mit seinem Neuerungsverbot und der Abschiebung beim laufenden Verfahren widerspreche den internationalen Standards und der Genfer Konvention, glaubte Weinzinger. "Ohne Berufung möglichst rasch weg" scheine das Motiv dieser Novelle zu sein, sagte sie.

In einem Entschließungsantrag verlangte Weinzinger die Schaffung eines speziellen Asylgrundes für Frauen, die geschlechtsspezifisch verfolgt werden.

Abgeordneter Mag. MAINONI (F) erwiderte, die Situation habe sich in den letzten Jahren dramatisch verändert, viele Antragsteller seien Scheinasylanten, die Hälfte der so genannten Asylwerber tauche sofort in die Illegalität ab und verschleiere ihre Identität. Der Zusammenhang von Scheinasylanten und Kriminalität werde von den "Gutmenschen" verschwiegen, fuhr Mainoni fort. Den Flüchtlingshilfsorganisationen warf der Redner vor, eine fragwürdige Rolle zu spielen und als "Einwanderungsvereine" zu agieren.

Das neue Gesetz sei ein Gesetz für echte Asylfälle, das es Österreich erlaube, seiner Rolle als Asylland vorbildlich gerecht zu werden, unterstrich Mainoni. Der F-Sprecher interpretierte die Novelle aber auch als ein Signal, dass Österreich kein Einwanderungsland sei für Personen, die untertauchen oder Verbrechen begehen.

Innenminister Dr. STRASSER bestätigte, dass ein Teil der Asylwerber tatsächlich strafbare Handlungen begehe. Es müsse deshalb möglich sein, gegen jene einzuschreiten, die ein wichtiges Menschenrecht wie das Asylrecht missbrauchen.

Zur Unterbringungsfrage bemerkte er, das Innenministerium habe 1.000 zusätzliche Betreuungsplätze organisiert, könne diese Quartiere aber nicht ausstatten, weil es Widerstand und Ängste aus der Bevölkerung gibt. Er habe seine Beamten angewiesen, nirgends in Österreich gegen den Willen der Bevölkerung ein Flüchtlingsquartier zu errichten. Er setzte auf ein Miteinander und nicht auf ein Gegeneinander.

Abgeordneter KRAINER (S) beschuldigte die Koalition, bewusst in Kauf zu nehmen, dass Menschen in Länder abgeschoben werden, wo der Tod auf sie wartet. Jeder Falschparker habe mehr Möglichkeiten, sich gegen Entscheidungen zu wehren als ein Asylwerber nach dem neuen Asylgesetz. Auch die SPÖ trete für Verfahrensbeschleunigung ein, dies müsse aber durch mehr Personal geschehen und dürfe nicht auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit gehen.

Abgeordneter ELLMAUER (V) stellte fest, das neue Gesetz bemühe sich, in einer ausgewogenen Art den Interessen der Bevölkerung und der Asylwerber gerecht zu werden. Österreich dürfe aber nicht Zielland für internationale Schlepperbanden werden. Den Kritikern hielt Ellmauer entgegen, dass rasche Asylverfahren gerade im Sinne jener seien, die Hilfe brauchen.

Abgeordneter BROSZ (G) sprach sich dafür aus, Flüchtlinge in kleinen Einheiten unterzubringen, und kritisierte die Vorgangsweise in Traiskirchen als falschen Weg. Nicht die Asylwerber, sondern die Strukturen ihrer Unterbringung seien das Problem. Brosz warf den Koalitionsparteien, aber auch der Traiskirchner SPÖ vor, gegen die Asylwerber Stimmung zu machen.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) bezichtigte die Opposition der Realitätsverweigerung und meinte, SPÖ und Grüne wollten nicht zur Kenntnis nehmen, dass die große Zahl der Asylwerber heute nicht zu bewältigen sei. Die Opposition ignoriere, dass viele Asylwerber aus rein wirtschaftlichen Gründen nach Österreich kommen und dass Österreich ein Markt für die Schlepperei geworden sei. Das neue Gesetz stelle die Anwendung der Flüchtlingskonvention auch in Zukunft sicher und sei ein wirksamer Schritt gegen die Schlepperei, unterstrich Bösch.

Abgeordnete Mag. WURM (S) bezeichnete den heutigen Tag als einen traurigen für die Menschlichkeit in Österreich und nannte Bundesminister Strasser einen "Minister mit kaltem Herzen", denn dieser habe sich gegenüber den Bedenken von rund 300 Wissenschaftern völlig uneinsichtig gezeigt. Das vorliegende Asylgesetz stellt nach Auffassung Wurms eine Hypothek dar, weil es verfassungswidrig, völkerrechtswidrig und nicht menschenrechtskonform sei. Die S-Abgeordnete kritisierte in diesem Zusammenhang besonders das Neuerungsverbot, die Möglichkeit der Abschiebung während des Verfahrens und das nicht festgelegte Recht auf Rechtsbeistand in allen Phasen des Verfahrens. Mit diesem Gesetz habe sich die ÖVP von ihren christlich-sozialen Werten verabschiedet und der Zivilgesellschaft den Kampf angesagt. Die ÖVP betreibe Politik auf Kosten der Flüchtlinge und enteigne Länder und NGOs, sagte Wurm und verlangte die Rückstellung des Gesetzes.

In einer tatsächlichen Berichtigung gegenüber Abgeordnetem Krainer stellte Abgeordneter Ing. KAPELLER (V) fest, dass im Innenministerium zwar in der Verwaltung gespart werde, in Wien versähen aber heute 140 ExekutivbeamtInnen mehr ihren Dienst als früher.

Abgeordneter FREUND (V) wehrte sich dagegen, als fremdenfeindlich und unsozial dargestellt zu werden. Selbstverständlich würden auch in Zukunft Verfolgte und in Not Geratene aufgenommen werden, das Ziel des Gesetzes sei aber, die Asylverfahren schneller abzuwickeln und Rechtssicherheit zu schaffen. Als großes Problem hätten sich die Kettenasylanträge, die Verweigerung, die Identität bekannt zu geben, sowie straffällige Asylwerber, deren Asylantrag die Abschiebung verhindert, herausgestellt. Deshalb gelte es, den Missbrauch zu verhindern. Außerdem sei ein Großteil der Asylwerber Wirtschaftsflüchtlinge, so Freund weiter. Die ÖVP nehme die Asylgesetznovelle keineswegs auf die leichte Schulter, meinte er, sie sei aber notwendig, damit die Behörden vernünftig arbeiten können. Darüber hinaus müsse auch der Sicherheitsaspekt für die heimische Bevölkerung im Vordergrund stehen. Freund sprach sich auch für ein vernünftiges Modell zur Aufteilung der Kosten aus und wies darauf hin, dass in anderen europäischen Ländern wesentlich restriktivere Gesetze gelten.

Abgeordneter PENDL (S) stellte fest, dass die SPÖ, wie die anderen Parteien auch, für eine rasche erstinstanzliche Entscheidung eintrete. Was aber hier vorliege, sei dazu ungeeignet. Auch Pendl fragte nach den christlich-sozialen Werten der ÖVP und deren Solidarität und bedankte sich sowohl bei den Bundesländern als auch bei den NGOs und bei der Bevölkerung für das bisher im Asylwesen Geleistete. Scharf kritisierte Pendl die Privatisierung der Betreuung der AsylwerberInnen und vor allem die Tatsache, dass dieses Unternehmen Aufträge an heimische Unternehmen gekündigt hat. Damit könne man kein Verständnis bei der Bevölkerung erreichen, merkte der Redner an. Traiskirchen sei allein gelassen und brauche die völlige Solidarität, so Pendl, der auch die Bezeichnung "Lager" als unpassend qualifizierte.

Bundesminister Dr. STRASSER wies darauf hin, dass der ehemalige Bundesminister Löschnak mit dem Bürgermeister von Traiskirchen einen Vertrag über Betreuungsplätze abgeschlossen habe, der heute noch gelte. Dieser betraf 1.000 Plätze, bei einer Gesamtzahl von ca. 2.000. Heute gebe es 8.700 Betreuungsplätze, womit man das Verhältnis zwischen Traiskirchen und anderen Betreuungsstätten von 1:1 auf 1:8 verbessert habe. Seit dem Jahr 2000 seien in Traiskirchen 4,3 Mill. € investiert worden, weitere Investitionen im Interesse menschenwürdiger Unterkünfte könnten nicht geleistet werden, da der Bürgermeister von Traiskirchen keine Baugenehmigung erteile.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) warf der Opposition politische Agitation vor und wollte es nicht zulassen, dass Österreich permanent in Bezug auf die Flüchtlingspolitik schlecht gemacht wird. Österreich werde selbstverständlich auch in Zukunft Verfolgte aufnehmen, sagte Scheibner, der Missbrauch müsse aber verhindert werden. Er sprach in diesem Zusammenhang die Anerkennungsquote von 20 % an, die beweise, wie viele keine berechtigten Asylgründe vorweisen können. Daher sei es notwendig, bereits am Beginn die Unterscheidung zwischen jenen, die Chance auf Asyl haben, und jenen, die es missbrauchen, zu treffen. Hinsichtlich der sicheren Drittstaaten bemerkte Scheibner, dass man bei den EU-Ländern doch davon ausgehen müsse, dass hier Rechtsstaatlichkeit vorherrscht. Scheibner hält auch das Neuerungsverbot für notwendig, zumal bis zu einem Viertel der Flüchtlinge aus Traiskirchen in die Illegalität verschwinden. Die FPÖ trete auch für Erstaufnahmestellen in Grenznähe ein, Traiskirchen sei dazu sicher nicht die richtige Lokalität. Jedenfalls werde Österreich auch weiterhin ein sicheres Land für wirkliche Flüchtlinge bleiben, zeigte sich Scheibner überzeugt.

In einer tatsächlichen Berichtigung hielt Abgeordneter KRAINER (S) fest, dass der Bürgermeister von Traiskirchen bei Sanierungsmaßnahmen nichts mitzureden habe. Was dieser aber blockiere, das sei ein weiterer Ausbau.

Abgeordnete PFEFFER (S) glaubt, dass es in Zukunft für Flüchtlinge und MitarbeiterInnen schwieriger sein werde, Schutz zu erhalten und Schutz zu gewähren. Die Vorlage hält sie für menschenrechtswidrig und verfassungswidrig. Sie werde dazu führen, dass noch mehr Flüchtlinge auf der Straße sind. Das Gesetz werde Österreich schließlich auf den Kopf fallen, meinte Pfeffer. Offenbar habe sich die ÖVP von ihren christlich-sozialen Werten, wozu auch die Nächstenliebe gehöre, verabschiedet. Die karitativen Organisationen würden enteignet, die Basis für die Zusammenarbeit mit ihnen werde zerstört, so die Kritik Pfeffers.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Mag. HOSCHER (S) klar, dass das Leibchen, welches er trägt, bezahlt sei und der Preis dafür weit über den Produktionskosten liege.

Abgeordnete STADLER (V) nahm zum Entschließungsantrag der Grünen Stellung und hielt fest, dass Genitalverstümmelung sehr wohl auch ein Asylgrund sein könne. Im Abänderungsantrag der Regierungsparteien sei auch dafür Vorsorge getroffen worden, dass die Betroffenen von Beamtinnen einvernommen werden. Auch Stadler unterstrich, dass sich an der Gewährung des Schutzes für Bedrohte nichts ändern werde, im Gegenteil würden Flüchtlingen viel schneller und effektiver Schutzmaßnahmen zuteil. Die hohe Zahl an Ablehnung von Asylanträgen ist auch für Stadler Beweis dafür, dass bei vielen keine Asylgründe vorliegen. Österreich sei ein Asylland, aber kein Einwanderungsland, sagte sie, mit dem vorliegenden Gesetz werde auch die Botschaft an jene ausgesendet, die von Schlepperbanden ausgenützt würden. Es sei daher nicht christlich-sozial, diesen kriminellen Organisationen eine Grundlage zu bieten. Dezidiert wehrte sich Stadler dagegen, mit Menschen Parteipolitik zu machen.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) wies auf die EU-Grundrechtscharta hin, mit der ihrer Ansicht nach das vorliegende Gesetz nicht in Einklang stehe. Es verstoße auch gegen die Genfer Konvention, gegen die EMRK und gegen die österreichische Verfassung, betonte die Rednerin, und bedauerte, dass die Regierung die Bedenken so zahlreicher ExpertInnen vom Tisch wische. Sie kritisierte auch, dass man damit das OGH-Urteil ignoriere und NGOs enteigne. Bei den Rednern der Regierungsparteien, die so oft auf Schlepperbanden und Kriminelle hingewiesen haben, vermisste Königsberger-Ludwig Aussagen über Hilfsbedürftige. Sie bezweifelte auch, dass das Gesetz zur Beschleunigung der Asylverfahren beitragen werde. Die SPÖ sei selbstverständlich auch dafür, Schlepperbanden zu bekämpfen, nicht aber Menschen. "Geben Sie der Menschlichkeit eine Chance und stimmen Sie dem Rückverweisungsantrag zu", appellierte Köngisberger-Ludwig an die Regierungsparteien.

Abgeordnete ROSSMANN (F) meinte, dass die Opposition die Schwierigkeiten und Probleme der ÖsterreicherInnen verleugne. Als symptomatisch bewertete sie, dass kein Gewerkschafter auf der Rednerliste stehe. Die Rednerin beklagte, dass rund 80 % der Drogendelikte in Graz von AsylantInnen begangen würden, und zitierte aus einem Interview mit einem Drogenrichter, dass viele Drogendealer bereits ein kriminelles Vorleben und um Asyl angesucht haben. Laut Rechnungshof würden 42 % der AsylwerberInnen untertauchen, sodass nicht einmal die Verfahren abgeschlossen werden können. Rossmann verteidigte daher das Neuerungsverbot und hielt der Opposition entgegen, dass es auch in Österreich Menschen gebe, die Angst haben.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) ist sich dessen bewusst, dass nicht alle, die um Asyl ansuchen, auch Asylgründe vorweisen können. Aber jeder, der kommt, habe Anspruch auf ein faires, schnelles und rechtsstaatliches Verfahren, sagte sie. Hagenhofer kritisierte darüber hinaus, dass es hinsichtlich der Bundesbetreuung noch keine 15a-Verträge mit den Bundesländern gibt, und meinte, dass auch die Bundesländer Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Steiermark zur Entspannung beitragen könnten, wenn sie ihre Quoten erfüllen würden. Die Rednerin konnte auch nicht verstehen, dass man willkürlich die Spielregeln ändert und Ländern sowie NGOs rückwirkend Ansprüche in der Höhe von 1 Mrd. S verweigert. Schließlich vermutete Hagenhofer die FPÖ als treibende Kraft hinter diesem Gesetz und verlangte dessen Rückverweisung.

Abgeordneter Ing. KAPELLER (V) betonte aus der Sicht des Praktikers, dass das derzeit gültige Asylgesetz nicht mehr praktikabel sei. Man brauche vielmehr ein rasches und schnelles Verfahren und die Sicherheit, dass diejenigen, die Hilfe brauchen, auch auf Hilfe vertrauen können. Inhuman wäre es, Hoffnungen zu wecken, die nicht erfüllt werden können. Migranten aus wirtschaftlichen Gründen dürften sich nicht der Asylschiene bedienen, betonte Kapeller, und begründete damit die Notwendigkeit des Neuerungsverbots, wovon es ja Ausnahmen gebe. Die Novelle bringe Rechtssicherheit und Schutz vor Missbrauch, so sein Resümee.

Abgeordneter GAAL (S) warf Abgeordneter Rossmann Menschenverachtung vor, denn Asylwerber generell als Kriminelle hinzustellen, sei nicht in Ordnung. Hier müsse man differenziert vorgehen, sagte er, und das Asylgesetz sei nicht geeignet, Drogenprobleme zu bekämpfen. Vielmehr sichere man mit diesem Gesetz den Schleppern das Geschäft. Gaal bezweifelte auch die Notwendigkeit einer Radikalreform des Asylgesetzes, da die Probleme im Vollzug lägen. Daher wäre eine bessere materielle und personelle Ausstattung notwendig gewesen. Die Radikalreform bringe Österreich aber in Widerspruch zur Genfer Konvention und zur EMRK, sie sei verfassungswidrig und breche Grundrechte sowie völkerrechtliche Verpflichtungen. Aus all diesen Gründen sei die Vorlage politisch und juristisch problematisch, sie sei ein rechtspolitisches Desaster und tauge nicht für eine europäisches Asylgesetz. Abschließend bedauerte Gaal, dass die SPÖ keine reelle Chance gehabt hatte, am Gesetz mitzuwirken.  

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) bemängelte, dass viele Redner sehr unsachlich und polemisch argumentiert haben und sich der Tragweite dieses wichtigen Gesetzes nicht bewusst waren. Bei der vorliegenden Novelle gehe es in erster Linie darum, den Missbrauch einzuschränken, was eigentlich auch von der Opposition unterstützt werden müsse. Wenn man sich die Entwicklung bei den Asylanträgen ansieht - vor 10 Jahren 4.740 Anträge, 2002 schon 39.000 Anträge -, dann müssen die Alarmglocken schrillen, meinte Scheuch. Außerdem geben 30 % der Antragsteller an, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen ihr Land verlassen und nach Österreich kommen wollen. All jenen Menschen, die gemäß der Genfer Konvention verfolgt werden, soll geholfen werden, betonte Scheuch; aber man müsse auch den Mut haben, ein klares Bekenntnis zu Österreich abzulegen. Wir werden daher diesem Gesetz zustimmen, damit man mittelfristig die Schwarzarbeit und die Kriminalität in den Griff bekommt und damit Österreich sicherer wird.

Abgeordnete MANDAK (G) bedauerte, dass bei dieser Debatte wieder die alten Gräben aufgerissen wurden und die Fremdenfeindlichkeit der Freiheitlichen aufgetaucht ist. Es war zwar sehr viel die Rede vom Drogenhandel, vom Untertauchen, vom Missbrauch, aber sehr selten wurden Themen wie Menschenrechte oder Grundrechte angesprochen. Einem Aspekt im neuen Gesetz konnte Mandak etwas Positives abgewinnen, und zwar der Einführung des Familienverfahrens. Sie würde sich wünschen, dass dieser Aspekt auch bei jenen Menschen berücksichtigt wird, die sich schon in Österreich befinden und eine Familienzusammenführung beantragt haben. Allein im Vorjahr haben 11.000 Menschen darauf gewartet, mit ihrem Mann, ihrem Partner, ihrem Vater etc. zusammenleben zu können. Derzeit leben auch 7.000 Kinder in Österreich, die zwar in die Schule gehen können, aber sich eigentlich illegal aufhalten. Hier muss es dringend eine rechtliche Klarstellung geben, forderte sie.

Die Familienzusammenführung sei ein wichtiges Thema für diese Bundesregierung, unterstrich Innenminister Dr. STRASSER. Der von der früheren Regierung übernommene "Rucksack" wurde auch bereits massiv abgebaut, d.h. er konnte halbiert werden. Derzeit gebe es auch die höchste Quote an Familienzusammenführungen seit Bestehen dieser Regelung, erläuterte der Ressortchef. Auch der Verfassungsgerichtshof habe die Arbeit des Innenministeriums sowie die gesetzlichen Grundlagen in diesem Bereich bestätigt, er habe nur einige Hinweise bezüglich der Verwaltungspraxis der Länder gegeben, stellte Strasser in Richtung seiner Vorrednerin fest. Schließlich unterstrich er noch einmal, dass die Arbeit der NGOs sehr wichtig sei und dafür bedanke er sich auch in aller Form. Dies finde auch seine Entsprechung im vorliegenden Gesetzentwurf, da es bei gewissen Leistungen erstmals einen Rechtsanspruch für NGOs gibt. Außerdem wolle er noch über diesen Gesetzentwurf hinausgehen und gemeinsam mit den Ländern dafür sorgen, dass in diesem Winter kein Mensch, der Hilfe braucht und in Not ist, auf der Straße leben muss.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Dr. EINEM (S) fest, dass die Familienzusammenführungsquote in den Jahren 1995 und 1996 doppelt so hoch war wie jetzt.

Mit dem neuen Asylgesetz sollen die Rahmenbedingungen in diesem Bereich noch einmal präzisiert werden, und zwar zum Wohle der Betroffenen sowie zum Schutz der Österreicher vor der missbräuchlichen Verwendung des Asyls, konstatierte Abgeordneter PACK (V). Wenn die Opposition heute gegen die Novelle stimmt, dann spreche sie sich eigentlich gegen eine rasche und umfassende Hilfe für bedürftige Menschen aus, gab Pack zu bedenken.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) zog ein Resümee der Debatte und bedauerte, dass sich jener Ton, der in der Vergangenheit von den Freiheitlichen gekommen ist, nun eins zu eins in der Argumentation von der ÖVP übernommen wird. Warum werde in einer Debatte über Asyl sofort immer von kriminellen Ausländern gesprochen, fragte der G-Mandatar. Der FPÖ warf er vor, eine billige und polemische Politik zu machen. Als Beispiel führte er an, dass etwa Abgeordnete Rossmann behauptet habe, dass 80 % aller Drogendelikte von Asylsuchenden begangen werden; - in Wahrheit wurden aber nur 20 % der Drogendelikte von Ausländern begangen.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen; der Rückverweisungsantrag der Sozialdemokraten fand bei der namentlichen Abstimmung keine Mehrheit (abgegebene Stimmen: 177, Ja-Stimmen: 81, Nein-Stimmen: 96). Der G-Entschließungsantrag betreffend Kriterienkatalog für die Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgungsgründe im Asylrecht und Umsetzung von Gender-mainstreaming im Bereich der Asylverfahren und der Bundesbetreuung von AsylwerberInnen wurde ebenfalls abgelehnt. (Fortsetzung)