Parlamentskorrespondenz Nr. 852 vom 12.11.2003

SOZIALDEMOKRATEN THEMATISIEREN SICHERHEIT

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Wien (PK) - Eine Dringliche Anfrage der Sozialdemokraten an Innenminister Ernst Strasser betreffend "Versagen des Innenministers bei der Kriminalitätsbekämpfung und Zerschlagung des österreichischen Sicherheitssystems" stand am Nachmittag am Anfang einer Sicherheitsdebatte im Nationalrat. Ein Misstrauensantrag gegen den Innenminister blieb in der Minderheit.

Die Reform des Sicherheitsapparates sei in erster Linie machtpolitisch motiviert, sie sei eine "Postenbesetzungsorgie" und führe zu weniger Sicherheit, sie bringe Nachteile für die Bevölkerung und schade dem Wirtschaftsstandort und dem Tourismus. So fasste Abgeordneter Dr. CAP (S) die Begründung für die Dringliche Anfrage seiner Fraktion zusammen und zog aus diesem Befund die Konsequenz, dass dem Innenminister das Misstrauen ausgesprochen werden müsse.

Der Minister verberge die Fakten der steigenden Kriminalitätsraten und sinkenden Aufklärungsquoten vor der Öffentlichkeit und jongliere mit den realen Zahlen, sagte Cap. Im Jahr 2002 hätten sich die Straftaten um 13,6 % erhöht und für das Jahr 2003 sei ein weiterer Anstieg um 13 % zu erwarten. Dem gegenüber sinke die Aufklärungsquote ständig. Besonders dramatisch sei die Situation in Wien, meinte Cap und stellte fest, dass damit die Lebensqualität stark beeinträchtigt sei. Für ihn ergebe sich diese negative Entwicklung aus einer "Kaputtsparstrategie" des Innenministers, den er mit "Unsicherheitsminister" titulierte.

Auf Grund des Vorgehens von Minister Strasser habe das Wort Reform bereits den Beigeschmack einer gefährlichen Drohung erhalten, fuhr Cap fort. Der SP-Klubobmann kritisierte in diesem Zusammenhang auch scharf den Umgang Strassers mit qualifizierten BeamtInnen und wies darauf hin, dass die vorgenommenen Versetzungen zum Großteil rechtswidrig gewesen seien. Der drastische Stellenabbau und der zusätzliche Druck auf die Überstunden ist laut Cap ein Skandal, da hier das Signal ausgegeben werde, die BeamtInnen seien alle faul. Darüber hinaus stünden auch die Zollwache-BeamtInnen sowie die PolizeischülerInnen im nächsten Jahr nicht sofort und gesamt zur Verfügung. Mit den "absurden" Frühpensionierungen verliere man weiteres Personal. Der Vorwurf Caps gipfelte schließlich in dem Satz: "Sie zerstören den österreichischen Sicherheitsapparat!".

Am Ende seines Debattenbeitrages befasste sich Cap mit der geplanten Reform des Sicherheitsapparates, der von der Projektgruppe "Team04" ausgearbeitet worden ist. Er mutmaßte, dass der Minister in erster Linie Postenbesetzungen im Visier habe, während die Sicherheitspolitik selbst auf der Strecke bleibe. Der Ressortchef wolle offenbar den gesamten Sicherheitsapparat zentralistisch durchorganisieren und damit Macht und Information konzentrieren. Damit werde Strasser in der Lage sein, den Informationsfluss zu lenken, argwöhnte Cap, und da bekomme er im Hinblick auf die Überwachung der BürgerInnen Angst.

Bundesminister Dr. STRASSER verteidigte dem gegenüber seine Reformvorhaben. Er gab zu, dass es für die innere Sicherheit eine große Herausforderung gebe, nämlich eine importierte Kriminalität mit neuen Kriminalitätsformen, und dieser wolle man sich mit der besten Struktur, den besten Ressourcen und den besten Leuten stellen. Mit einer Struktur aus den 70-er Jahren werde man diese Aufgabe jedoch nicht bewältigen können. Die Zusammenlegung der Wachkörper bezeichnete der Innenminister als einen logischen Schritt; man wolle die Vorteile von Gendarmerie und Polizei nützen. Was jetzt umgesetzt werde, sei, so Strasser, bereits von seinen SPÖ-Vorgängern im Ressort vorbereitet worden. Sie hätten ihre Vorhaben jedoch nicht umgesetzt. Er selbst habe größten Wert darauf gelegt, das Projekt nicht von oben herab vorzulegen oder es von Externen ausarbeiten zu lassen. Deshalb sei der nun vorliegende Vorschlag von ExpertInnen seines Ressorts in mehr als 20 Arbeitsgruppen erarbeitet worden. Strasser unterstrich, dass nicht jede Empfehlung umgesetzt werde, denn sein Ziel sei es, in einem offenen Dialog mit den MitarbeiterInnen ein Konzept zu erarbeiten, das von allen - und damit sprach er auch alle Abgeordneten an -  mitgetragen werde. Bis Ende Februar werde es daher zahlreiche Informationsveranstaltungen geben.

Jedenfalls werde es keine Reduktion der Planstellen geben, stellte er dezidiert fest. Als Hauptpunkte der angestrebten Reform nannte Strasser die Reduktion auf neun Kommandostrukturen, die volle Integration der Wachkörper, den gemeinsamen Namen und die dunkelblaue Farbe der gemeinsamen Uniform. Es werde auch kein einziges Wachzimmer und kein einziger Gendarmerieposten mehr zusammengelegt, versicherte Strasser, denn auf dieser Ebene sei die Strukturbereinigung bereits erfolgt.

Der Innenminister ging in weiterer Folge auf die steigende Kriminalitätsrate ein und wies zu Beginn darauf hin, dass es unzulässig sei, die Zahlen aus dem Jahr 1999 mit jenen des Jahres 2002 zu vergleichen, da unter Bundesminister Schlögl die Art der Zählung umgestellt worden sei - eine Maßnahme, die Strasser begrüßte. Die Zunahme der Straftaten ergebe sich aus der Steigerung der Massenkriminalität im Bereich Eigentumsdelikte und Raub, wobei eine vermehrte Straffälligkeit ausländischer Gruppen festzustellen sei. Auf diesem Gebiet sei eine weitere Zunahme zu erwarten, weshalb man gezielt versuche, hier bei der Kriminalitätsbekämpfung anzusetzen. Dazu sei ein Projekt ins Leben gerufen worden mit dem Ziel, die kleinen, flexiblen Strukturen Krimineller zu zerschlagen. Strasser merkte auch an, dass die Zahl der geklärten Fälle 2002/2003 um 8,6 % zugenommen habe. Man habe auch schon vorher Vorsorge zur Kriminalitätsbekämpfung getroffen, stellte Strasser fest und nannte die Schaffung des Bundeskriminalamts und des Bundes-Verfassungsschutzes als überfällige Maßnahmen. Die kommenden Reformen würden diese Strategie konsequent fortsetzen.

Der Innenminister widersprach auch heftig dem Vorwurf, es gebe weniger ExekutivbeamtInnen im Außendienst und rechnete vor, dass es seit dem 1. 1. 2000 mit Stichtag 1. 10. 2003 163 BeamtInnen mehr im Außendienst gebe, während die Zahl der BeamtInnen im Innendienst um 2.206 reduziert werden konnte. Derzeit befänden sich 540 Exekutivbedienstete in der Grundausbildung, davon stünden 401 PolizistInnen bereits 2004 zur Verfügung. Im Jahr 2004 würden 770 ExekutivbeamtInnen neu aufgenommen, dazu kämen 930 Zollwachebedienstete, was insgesamt 1.700 zusätzlich zur Verfügung stehende BeamtInnen bedeute. Insgesamt würden somit im Jahr 2004 mehr Exekutivbedienstete zur Verfügung stehen als 2002.

Abgeordneter PARNIGONI (S) warf dem Innenminister vor, er habe durch seine wiederholten Versuche, die dramatisch ansteigende Kriminalität schön zu reden, jede Glaubwürdigkeit verloren. Statt über Maßnahmen gegen die Kriminalität zu diskutieren, habe er die Opposition attackiert, als wäre diese für die Kriminalität verantwortlich. "Wir werden die Öffentlichkeit darüber aufklären, dass die Zahl der Delikte seit 1999 von 55.000 auf hochgerechnete 670.000 im Jahr 2003 ansteigen wird". Drei Viertel dieser Delikte sind Vermögensdelikte, Diebstähle, Einbrüche und Raubüberfälle. Die Zahl unaufgeklärter Straftaten habe um 15 % zugenommen, sodass die Aufklärungsrate auf unter 40 % gesunken sei. Vor diesem Hintergrund versuche der Minister, rumänische Banden als "Außenfeind" darzustellen, verschweige dabei aber, dass der Anteil rumänischer Straftäter an allen Delikten nicht einmal 1,5 % ausmache. Die Ursache für das Ansteigen der Kriminalität liegt für Abgeordneten Parnigoni im "parteipolitischen Herumfuhrwerken des Ministers in seinem Ressort". Dabei lasse Strasser ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat erkennen, indem er selbst höchstgerichtliche Entscheidungen nicht ernst nehme. Der Redner wies auch die Antworten des Ministers auf die heutigen Fragen zur künftigen Entwicklung der Beamtenzahlen als falsch zurück und kritisierte die Einführung eines neuen, kurz ausgebildeten Beamtentyps im Rahmen des Konzepts "Team 004". Parnigonis Schlussfolgerung: Antrag auf Versagen des Vertrauens gegenüber dem Innenminister.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) warf Abgeordnetem Cap vor, eine "freie Rede" als "frei von Fakten" und "frei von jeder Ernsthaftigkeit" zu definieren. Abgeordneter Parnigoni wiederum habe deutliche Probleme gehabt, den Misstrauensantrag gegen den Innenminister zu begründen. Demgegenüber wies Lopatka darauf hin, dass Ernst Strasser sogar in regierungskritischen Medien als ein erfolgreicher Minister bezeichnet werde, der die Reformprojekte in Angriff nehme, die seine Vorgänger nicht durchsetzen konnten. Was die SPÖ tatsächlich schmerze, sei der Umstand, dass sie nicht mehr die Möglichkeit habe, Planstellen bei Polizei und Gendarmerie mit Genossen zu besetzen. Ernst Strasser sei ein Minister, dem es ausschließlich um die Sicherheit der Bevölkerung gehe, hielt Abgeordneter Lopatka fest. Vor allem lobte Abgeordneter Lopatka die Absicht des Ministers, Polizei und Gendarmerie zusammenzulegen, ein Projekt, das auch manche seiner Vorgänger bereits ins Auge gefasst hatten, aber nicht die Kraft hatten, es umzusetzen.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) warf Abgeordnetem Cap vor, allen Reformkonzepten des Innenministers parteipolitische Motive zu unterstellen, weil er dies aus der Zeit der sozialistischen Minister so gewohnt sei, als die SPÖ den Polizeiapparat rot eingefärbt und dazu verwendet habe, ihre Macht einzuzementieren. Cap sollte zur Kenntnis nehmen, dass Reformen auch dazu dienen können, die Verhältnisse zu verbessern.

Die starke Entwicklung der Kriminalität führte die Abgeordnete auf den Kriminaltourismus und die geringe Aufklärungsquote darauf zurück, dass die Diebe und Räuber oft bereits jenseits der offenen Grenzen in Sicherheit seien, wenn ihr Delikt erst angezeigt wird. Die große Zahl der Vermögensdelikte sei mittlerweile in der Hand der organisierten Kriminalität. Berufsmäßig organisierte Tätergruppen reisen ein und verschwinden nach der Tatverübung rasch wieder außer Landes. Es sei daher notwendig, die Visumspflicht für Rumänien wieder einzuführen, schloss die Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) warf dem Innenminister vor, in den drei Jahren seiner Amtszeit nicht dem objektiven und subjektiven Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung gedient zu haben, sondern die größte Verunsicherung in Österreich herbeigeführt zu haben. "Sie haben es geschafft, die Exekutive ins Gerede zu bringen - das ist es, was der Bevölkerung Angst macht". Statt mit den Beamten über das Konzept "Team 04" zu diskutieren und sie einzubinden, polarisiere der Minister und grenze aus. Für bedenklich hielt die Abgeordnete auch das Rechtsstaatsverständnis des Ministers, der OGH-Entscheidungen ignoriere. Minister Strasser kämpfe weder für die Sicherheit noch für das Asylrecht in Österreich, kritisierte Stoisits und las aus einer langen Liste von Fällen vor, in denen Kinder, kinderreiche Familien und schwangere Frauen aus der Bundesbetreuung entlassen wurden. Diese Vorgangsweise widerspreche einer menschlichen Einstellung und dem Respekt vor dem Rechtstaat. Deshalb verweigern die Grünen Minister Strasser heute erstmals ihr Vertrauen.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) räumte ein, dass Reformen im Exekutivbereich notwendig seien. Die Reformvorstellungen des Ministers stoßen aber auf Widerstand bei den Dienstnehmern, ihren Personalvertretern und in der Öffentlichkeit. Die Verunsicherung in der Exekutive habe mit dem Projekt "Team 04" begonnen, berichtete der Abgeordnete und zitierte Medien, in denen der Minister als erfolglos bezeichnet und ihm vorgeworfen werde, auch die Bevölkerung zu verunsichern. Maier machte dem Innenminister darüber hinaus den Vorwurf, mit der Abteilung für interne Angelegenheiten eine Privatpolizei in seinem Ressort installiert zu haben und berichtete in diesem Zusammenhang von einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft, unter anderem wegen Amtsmissbrauch, falschen Beweisaussagen und schwerer Nötigung. Er werde diesen Fall weiterhin auch auf parlamentarischer Ebene zur Sprache bringen, sagte Maier.

Abgeordneter KÖSSL (V) verteidigte den Innenminister gegen die Angriffe der Opposition, indem er ihn als jenen Ressortleiter darstellte, der den jahrzehntelangen Reformstau in seinem Ressort beheben will. Dazu gebe es keine Alternative, weil man mit einer veralteten Organisation keine effiziente Polizeiarbeit machen könne. Das Ansteigen der Kriminalität sei nicht auf Österreich beschränkt, sondern betreffe ganz Europa. Der Minister habe auf diese Herausforderung rasch reagiert und mit der Schaffung des Bundeskriminalamts, der Einrichtung von Bundes- und Landesverfassungsdiensten gegen terroristische Bedrohungen, der Bündelung der Observierungsgruppen und der Vereinheitlichung der Ausbildung bei Polizei und Gendarmerie richtige Schritte gesetzt. Als Voraussetzung für einen erfolgreichen Kampf gegen die Kriminalität bezeichnete Kößl die Zusammenführung von Polizei, Gendarmerie und Zollwache.

Abgeordneter Mag. MAINONI (F) ging ebenfalls auf die dramatisch ansteigende Kriminalität ein, insbesondere bei den Eigentumsdelikten, ein und machte auf die wachsende Angst in der Bevölkerung vor Dieben, Räubern, Dealern und drogenabhängigen Straftätern aufmerksam. Die Behauptung der Opposition, die schwarz-blaue Bundesregierung sei für die zunehmende Kriminalität verantwortlich, wies der Redner entschieden zurück und würdigte die jüngsten Entscheidungen in der Asylpolitik als wirksames Mittel im Kampf gegen die Kriminalität. Auch Abgeordneter Mainoni forderte angesichts des zunehmenden Kriminaltourismus die Einführung der Visumpflicht für Rumänen und schlug dem Innenminister vor, die Eliteeinheit Kobra bei der Schleierfahndung einzusetzen.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) kommentierte Presseberichte über Abschiebungen und Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze mit den Worten, in Österreich gebe es keine Sicherheit mehr für politisch Verfolgte auf ein faires Asylverfahren.

Abgeordneter GAAL (S) stellte fest, die Exekutive befinde sich durch den Sparkurs der Bundesregierung im Ausnahmezustand. Der knappe Stellenplan für 2004 erlaube es nicht, zusätzliche Polizisten auf der Straße einzusetzen. Gaal wies darauf hin, dass allein Wien einen Fehlbestand von 700 Beamten aufweise, und forderte für die Bundeshauptstadt 1000 zusätzliche Polizisten, um die Sicherheit wieder zu garantieren. Mit Nachdruck appellierte der Wiener Mandatar an den Innenminister, den Sparerlass zurückzunehmen und die Überstundenkürzungen aufzuheben.

Innenminister Dr. STRASSER versicherte den Kritikern des Asylgesetzes, jeder, der bisher Asyl bekommen habe, werde auch nach dem neuen Gesetz Asyl bekommen - und zwar schneller als früher. Österreich bleibe auch weiterhin ein offenes Haus für Menschen, die Asyl suchen, sei aber keine Hintertür für diejenigen, die Asyl sagen, jedoch etwas anderes meinen. An die Grünen appellierte Strasser, mit jenen Bürgermeistern zu sprechen, die sich gegen die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge wenden. Er selbst habe Verständnis für diese Haltung, sagte der Minister. Irritiert zeigte sich Strasser über Kritiker, die zu überprüfende Fälle von Abschiebungen und Zurückweisungen an der Grenze in die Öffentlichkeit bringen, diese dann aber nicht konkret belegen können.

Abgeordneter Ing. KAPELLER (V) unterstützte die Umstrukturierung der Exekutive mit dem Argument, Strasser führe zusammen, was zusammengehört. Der Redner erwartete sich von der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie eine Effizienzsteigerung der Sicherheitskräfte.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) warf der Opposition vor, sie würde gegen ein Asylgesetz zu Felde ziehen, das den Asylmissbrauch verhindern will. Auch würden SPÖ und Grüne den Umstand nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Kriminalität insbesondere bei Eigentumsdelikten zu einem erheblichen Anteil auf das Konto von ausländischen Kriminaltouristen gehe, bemerkte Scheibner.

Abgeordnete WURM (S) führte hingegen die Steigerung der Kriminalität auf die Politik Strassers zurück und forderte überdies mehr Polizisten für Tirol.

Abgeordneter BROSZ (G) warf der ÖVP vor, im Bezirk Baden mit populistischen Initiativen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen Stimmung zu machen.

Abgeordneter MIEDL (V) verteidigte die Umstrukturierung der Exekutive und meinte, die SPÖ habe als "stockkonservative" Partei keinen einzigen Reformschritt zustande gebracht.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) holte abschließend zu einem Rundumschlag gegen Strasser aus und war dem Innenminister insbesondere vor, durch den Abbau von Planstellen die Sicherheit zu gefährden.

Bei der Abstimmung wurde der Misstrauensantrag der SPÖ gegen den Innenminister abgelehnt.

KURZE DEBATTE ÜBER VERWERTUNG DER BUNDESWOHNBAUGESELLSCHAFTEN

Bei dieser Anfragebesprechung mit Finanzminister Grasser gehe es um den größten Immobilienwert, den jemals die Republik zur Veräußerung freigegeben hat, erklärte Abgeordnete Dr. MOSER (G). Bei einem Verkehrswert von ungefähr 3 Mrd. € müssen gewisse Punkte einer genauen Überprüfung unterzogen werden, da der Verkauf nicht nur wohnungspolitische, sondern auch finanzpolitische und vermögenspolitische Komponenten aufweise. Dem Finanzminister warf Moser in diesem Zusammenhang Inkompetenz vor, da er ihrer Auffassung nach zahlreiche Fehler begangen habe. Grasser sei auch eine Reihe von Antworten schuldig geblieben, z. B. ob auch die anderen Interessenten Alternativangebote unterbreitet haben oder ob es von vornherein ein abgekartetes Spiel in Richtung Lehman Brothers gewesen sei. Auch der Rechnungshofbericht belege, dass der Finanzminister eine "vermurkste" Vorgangsweise an den Tag gelegt habe und dass z.B. bei der BUWOG noch fast 10.000 € für Gutachterkosten angefallen sind. Zudem erkundigte sich Moser danach, welche möglichen Verwertungsvarianten es gebe und wie die internen Bewertungskriterien ausschauen.

Finanzminister Mag. GRASSER legte zunächst die Gründe dar, warum man sich entschlossen habe, diese Privatisierung durchzuführen. Grundsätzlich sei er der Auffassung, dass es der Normalfall sei, wenn Wirtschaftsunternehmen in privaten Händen sind und auch nach den Gesetzen des Marktes geführt werden. Er glaube, dass sich die Situation am Wohnungsmarkt geändert habe und dass sich der Staat aus diesem Bereich zurückziehen könne. Der soziale Wohnbau sei sicherlich noch immer wichtig, räumte Grasser ein, andererseits zeichne sich aber ein starker Trend zum Eigenheim ab. Deshalb habe sich die Bundesregierung dazu entschlossen, diese Wohnungen den Mietern zum Kauf anzubieten, was auch gut angenommen wurde. Gleichzeitig wurde immer auch klar gesagt, dass ein Eigentümerwechsel keine Auswirkungen auf die Vertragsverhältnisse haben wird.

Was die konkreten Fragen der Abgeordneten Moser angeht, so stellte Grasser zunächst klar, dass Karl-Heinz Muhr überhaupt keine Rolle in der Frage der Privatisierung der Wohnbaugesellschaften spiele. Der Finanzminister verwahrte sich auch vehement dagegen, dass es ein abgekartetes Spiel in Richtung Lehman Brothers gegeben habe. Außerdem sei bekannt, dass äußerst kompetente externe Spezialisten zu dieser Vergabe, die mit größtmöglicher Objektivität und Transparenz durchgeführt wurde, beigezogen wurden. Hinsichtlich des Verkaufserlöses führte Grasser weiter aus, dass zumindest 500 Mill. € erzielt werden müssen, weil man in den letzten Jahren operativ aus allen Wohnbaugesellschaften etwa 25 Mill. € an Dividende bekommen habe. Er sei sehr zuversichtlich, dass dieser Betrag überschritten wird und die Veräußerung als großer Erfolg verbucht werden könne.  

Nach dem Misstrauensantrag gegen den Innenminister werde nun mit dem "politischen Luftdruckgewehr" auf Finanzminister Grasser geschossen, meinte Abgeordneter GROSSRUCK (V), und die Opposition werde ihn auch hier wieder verfehlen. Karl-Heinz Grasser habe alle Fragen akribisch beantwortet und es sei auch alles nachzulesen. Der Opposition sei dies alles jedoch zu wenig und sie versuche immer wieder, einen erfolgreichen Politiker ins kriminelle Eck zu drängen, kritisierte Großruck. Nicht das Horten von Wohnungen sei die Aufgabe der Wohnbaupolitik, sondern das Bereitstellen eines günstigen und qualitativ hochwertigen Angebots.

Seit drei Jahren gebe es nun schon die Diskussion um den Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften und wir erleben ein peinliches Schauspiel, urteilte Abgeordnete BURES (S). Der Bundesregierung gehe es nämlich nicht darum, die Mieter zu Eigentümern zu machen, sondern ein großes Unternehmen an regierungsnahe Bieter zu verscherbeln. Außerdem seien zwei Wohnbaugesellschaften gemeinnützig, was bedeute, dass sie gar nicht verkauft werden dürfen. Bures kritisierte, dass die Mieter hinters Licht geführt werden, da ein Gesetz beschlossen wurde, in dem der vorrangige Verkauf der Wohnungen an die Mieter ersatzlos gestrichen wurde. Tatsache sei, dass bis jetzt nur 1,7 % der Mieter ihre Wohnungen erworben haben, der Rest soll an Immobilienspekulanten verscherbelt werden.   

Abgeordneter NEUDECK (F) stellte nochmals mit Nachdruck fest, dass die Mieter auf Grund der gesetzlichen Rahmenbedingungen geschützt seien. Der Redner verteidigte die Vorgangsweise bei der Veräußerung der Bundeswohnbaugesellschaften, da objektiv und transparent vorgegangen wurde. Ganz anders hingegen verlief etwa die Veräußerung der Eisenbahnwohnbaugesellschaft Villach im Jahr 1997, wo der ÖGB eines Gesetzeslücke ausgenützt und ein Imperium von 20.000 Wohnungen errichtet hat, erinnerte Neudeck.

Abgeordneter KOGLER (G) schloss sich der Meinung eines Journalisten von "profil" an, wonach die Privatisierung in Österreich wie in Russland nach dem Zusammenbruch des Regimes ablaufe. Denn auch dort habe die Frage der Eigentumsübertragung aus dem öffentlichen Bereich heraus "eine gewisse Casinomentalität" gehabt und es seien immer bestimmte Leute bevorzugt worden. Die Wirtschaftspolitik unter Grasser sei de facto eine Abverkaufsaktion an Freunde, resümierte Kogler. (Schluss Dringliche/Forts. NR)