Parlamentskorrespondenz Nr. 860 vom 13.11.2003

PLENUM VERABSCHIEDET ÄNDERUNGEN IM KINDERBETREUUNGSGELDGESETZ

----

Wien (PK) – Laut Agenda gelangten der V-F- Entschließungsantrag betreffend „Fair Play“ für die österreichische Jugend und der S- Entschließungsantrag betreffend Jugend-Demokratiepaket „Beteiligung fördern, Wahlalter senken“ zur Behandlung.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) sprach zur Geschichte des S-Jugend-Demokratiepakets, das bereits auf die vorangegangene Legislaturperiode zurückgehe. Der Antrag der Regierungsparteien sei eine Reaktion darauf, doch wäre es "fair play für die Jugend" gewesen, wenn die Regierung auch den Antrag der Opposition gebührend gewürdigt hätte. Konkret votierte Heinisch-Hosek für eine stringente Wahlaltersenkung auf 16 Jahre.

Abgeordnete FUHRMANN (V) begründete ihren Antrag damit, dass die Jungen in der ÖVP der Jugend versprochen hätten, die Interessen dieser Altersgruppe optimal zu vertreten. Dies sei auch gelungen, fänden sich die zentralen Forderungen doch im Regierungsabkommen wieder. Der Bundeskanzler unterstütze diese Anliegen, in der ÖVP würden die jungen Menschen von Anfang an in die Verantwortung einbezogen, die ÖVP habe die meisten jungen Gemeinderäte, die meisten Abgeordneten im Hohen Haus, und dies zeige, dass diese Partei wirklich handle und nicht nur "heiße Luft" rede.

Abgeordnete MANDAK (G) erklärte, ihre Fraktion werde dem V-F-Antrag nicht zustimmen, weil dieser die wichtigen Punkte zu eng fasse, wie sich am Beispiel der Jugendverträglichkeitsprüfung ersehen lasse, bei der virulente Themen wie der Umweltschutz oder Friedensfragen nicht berücksichtigt würden. Auch der öffentliche Verkehr entspreche derzeit nicht den Bedürfnissen der Jugendlichen. Das wichtigste politische Recht, das Wahlrecht, werde den Jugendlichen im V-F-Antrag ebenfalls vorenthalten, doch nur so könnte die Jugend wirklich einbezogen werden.

Abgeordneter LICHTENEGGER (F) erläuterte die Jugendpolitik seiner Fraktion am Beispiel Kärntens. Den Oppositionsparteien fehlte der richtige Zugang zu diesen Fragen, die Regierung aber mache Jugendpolitik mit den Jugendlichen für die Jugendlichen, wie sich an den verschiedensten Maßnahmen ablesen lasse, die diese Regierung zu diesem Zweck gesetzt habe. Die Regierung unterstütze die Jugendlichen auf ihrem Weg und schaffe für sie geeignete Rahmenbedingungen mit einer verantwortungsvollen Regierungspolitik im Interesse der Jugend.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) nannte den V-F-Antrag "sehr nebulos", während jener der SPÖ ganz konkrete Verbesserungen, namentlich die Senkung des Wahlalters, mit sich brächte. Die Argumentation der Regierungsfraktionen gegen diesen Antrag sei nicht nachvollziehbar, zumal die Jugendlichen, wo sie dieses Recht bereits besäßen, in sehr hohem Ausmaß Gebrauch davon gemacht hätten. Die Regierung solle mehr Mut haben und diesen Schritt im Dienste der Jugendlichen mittragen.

Es sei grundsätzlich positiv zu bewerten, dass allen Fraktionen das Wohl der Jugend ein Anliegen ist und die Sorgen der Jugendlichen ernst genommen werden, meinte einleitend Abgeordneter WÖGINGER (V). Die SPÖ rede aber offensichtlich nur davon, da z.B. bei den letzten oberösterreichischen Gemeinderatswahlen die ÖVP 8,14 % Mandatare unter 30 Jahre hat, die SPÖ allerdings nur 5,7 %. Was die Forderung nach Absenkung des Wahlalters angeht, so sollte man die jungen Menschen selbst befragen und sie nicht einfach zwangsbeglücken, regte er an.

In dem vorliegenden V-Entschließungsantrag werde eine Umverteilung der Lebensverdienstsumme gefordert, informierte Abgeordneter RIEPL (S). Jeder wisse natürlich, dass dies nicht so einfach ist, aber es sei auch nicht unmöglich. Voraussetzung sei aber immer, dass ein ganzes Leben ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, was derzeit bei vielen jungen Menschen nicht der Fall ist. Wichtig sei aber auch, dass man auch an die Bezieher unterer Einkommen denke, zumal es sich dabei oft um dieselbe Zielgruppe handle. Ist es gerecht, dass der ÖIAG-Boss in einem Jahr so viel verdient wie ein durchschnittlicher Schicht- oder Schwerarbeiter bei der VOEST in 20 Jahren?, fragte Riepl.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) sprach von einem guten Antrag. Sämtliche Punkte wurden auch schon ins Regierungsübereinkommen aufgenommen, wie z.B. die Schaffung einer Kinder- und Jugendverträglichkeitsprüfung bei Gesetzesvorhaben. In Kärnten habe es bei den heurigen Kommunalwahlen die Möglichkeit gegeben, dass 16-Jährige teilnehmen können. Dabei habe sich gezeigt, dass die Wahlbeteiligung gleich hoch war wie beim Rest der Bevölkerung. Jugendliche sind sehr wohl gesellschaftspolitisch interessiert und arbeiten gerne bei Projekten mit, die die Freizeitgestaltung und die Bildung betreffen.

Dieser Antrag sei ein erster großartiger Schritt, um über zukünftige Maßnahmen nachzudenken und um sich Ziele zu stecken, sagte Abgeordneter Mag. LANGREITER (V). Die Jugend ist interessiert am politischen Diskussionsprozess und möchte sich in vielen Bereichen einbringen. Er glaube jedoch nicht, dass die Bewusstseinsbildung durch eine Absenkung des Wahlalters verbessert werden könne. Langreiter erinnerte an die Maßnahmen, die die Bundesregierung bereits für die Jugend gesetzt habe, wie etwa das Beschäftigungspaket im letzten Jahr und auch heuer werden 200 Mill. € für die Jugendbeschäftigung zur Verfügung gestellt.

Auch Abgeordneter DI SCHEUCH (F) erinnerte daran, dass heuer in Kärnten erstmals die 16-Jährigen wahlberechtigt waren. Er habe den Eindruck, dass ein wenig Vorsicht bezüglich der Absenkung des Wahlalters geboten sei, weil in diesem Alter vor allem personenbezogen gewählt werde. Er warnte auch davor, diese Gruppe an Wählern für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen.

Wenn man schon davon spricht, die Jugend mehr einbinden zu wollen, dann solle man doch das Briefwahlrecht ermöglichen, schlug Abgeordneter PRINZ (V) vor. Außerdem solle man nicht nur reden, sondern auch handeln und die Jugend wirklich einbinden, forderte er.

Er verstehe nicht, warum die ÖVP seit Jahren in diesem Bereich blockiert, wo doch die Wahlergebnisse zeigen, dass auch junge Menschen die Volkspartei wählen, gab Abgeordneter BROSZ (G) zu bedenken. Was die Drogenproblematik anbelangt, so sei es eine Tatsache, dass eine hohe Anzahl an jungen Menschen in Berührung mit Cannabis komme. Er glaube nicht, dass es die richtige Antwort sei, diese Jugendlichen zu kriminalisieren und noch mehr Gefängnisse zu bauen. Der Drogenbericht belegt nämlich, dass in Österreich besonders viele Jugendliche wegen leichter Drogendelikte inhaftiert werden.

Junge Menschen setzen auf eine dauernde politische Mitwirkung und wollen nicht nur ein Einmalerlebnis bei der Wahl, meinte Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V). Eine Umfrage an 39 Wiener Schulen habe ergeben, dass sich 62,5 % der Jugendlichen gegen eine Senkung des Wahlalters aussprechen. Junge Menschen wollen sich aber sehr wohl einbringen und Erfahrungen sammeln, wie z.B. im Jugendkonvent, dem Gemeinde-, Kinder und Jugendparlament. Volle Rechtsfähigkeit beginne mit der Volljährigkeit, also mit 18 Jahren, führte Schiefermair weiter aus, und niemand denke daran, diese Grenze zu senken. Jung sein bedeute, ausprobieren wollen, sich nicht permanent entscheiden müssen und nicht für alles Verantwortung tragen, sich einfach unbeschwert und frei zu fühlen - und als christlich-soziale Volkspartei wollen wir das unseren Jugendlichen ermöglichen.

Bei der Abstimmung wurde die dem Ausschussbericht über den Entschließungsantrag 189/A(E) angeschlossene Entschließung mehrheitlich angenommen. Der (negative) Ausschussbericht zum S-Entschließungsantrag 97/A(E) wurde mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

Sodann standen die Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes sowie Entschließungsanträge von den Grünen und den Sozialdemokraten zu diesem Gesetz zur Debatte.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zur Reparatur des Kindergeldgesetzes an, meinte aber, das Kindergeld an sich sei reparaturbedürftig, wie dem OECD-Bericht zu entnehmen sei. Ihre Fraktion habe diesbezüglich entsprechende Vorschläge unterbreitet, welchen die Regierungsfraktionen zustimmen mögen.

Abgeordnete STEIBL (V) meinte, sie lese den Bericht anders. Das Kindergeld werde gelobt, Derartiges gebe es in anderen Ländern nicht. Auch gebe es keinen Grund anzunehmen, diese Maßnahme würde die Frauen "zurück an den Herd" drängen. Auch hinsichtlich der Schaffung von Betreuungsplätzen leiste die Regierung Beachtliches. Es gebe gute Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, so die Rednerin.

Abgeordnete MANDAK (G) sagte, die Regierungsvorlage repariere akute Schwächen, das grundsätzliche Problem hingegen beseitige sie nicht. Konkret sei die Zuverdienstgrenze aufzuheben, auch die beschäftigungspolitischen Auswirkungen auf die Frauen seien problematisch, wie es im OECD-Bericht heiße. Weiters fehle es an Betreuungsplätzen, hier solle die Regierung endlich tätig werden.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) erklärte, das Kindergeld habe familiäre Armut maßgeblich eingeschränkt und beinhalte eine Menge von Fortschritten, deren Ergebnisse sich bereits zeigten. Positiv sei auch die Anhebung der Zuverdienstgrenze, wobei ihre Fraktion hier weitere Verbesserungen anstrebe.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) bemängelte das Fehlen adäquater Betreuungseinrichtungen, um Berufstätigkeit und Kindererziehung miteinander verbinden zu können. In der Praxis sei es schwierig, die zitierte Wahlfreiheit zu nützen, weshalb die Regierung den Anliegen der SPÖ folgen sollte.

Abgeordnete RIENER (V) begrüßte die in Aussicht genommenen Änderungen beim Kindergeld und erteilte den Vorstellungen der SPÖ zum Thema eine Absage. Die Ausweitung des weiblichen Anteils an den Beschäftigten dürfe nicht um den Preis erzielt werden, dass Frauen, die ihre Kinder selbst betreuten, ein schlechtes Gewissen darob entwickelten. Deshalb sei die Wahlfreiheit von großer Wichtigkeit. Man müsse das Wohl der Kinder in den Vordergrund stellen, dies solle die Opposition bedenken.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) sagte, es gehe nicht um Gewissen, es gehe um harte Fakten: Gebe es Betreuungsplätze, hätten Frauen danach noch einen Arbeitsplatz, hätten Frauen Karrierechancen? Die Antwort auf diese Fragen lautete meist "Nein". Für die Regierung bestehe hier nach wie vor dringender Handlungsbedarf, konstatierte die Rednerin.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) begrüßte eingangs, dass für 2004 abermals eine Erhöhung der Mittel im Familientopf sichergestellt sei. Man könne die geltende Regelung selbstredend weiter verbessern, doch man befinde sich hier fraglos auf dem richtigen Weg. Dieses Kindergeld sei jedenfalls ein familienpolitischer Meilenstein.

Abgeordneter KECK (S) kam zu dem Schluss, dass die von der Regierung betriebene Familienpolitik an der Realität vorbeigehe. Hier werde Ideologie betrieben, subventioniere man doch den Abzug der Frauen vom Arbeitsmarkt. Real seien nur 2 % all jener, die die Karenz in Anspruch genommen hätten, Männer gewesen. Viele Frauen blieben nach der Karenz zu Hause, andere stiegen oftmals in schlechteren Arbeitsplätzen wieder ein. Kinder dürften aber kein Hemmnis für die berufliche Karriere sein.

Abgeordnete HÖLLERER (V) wies die Vorschläge der Opposition als untauglich zurück und vertrat die Ansicht, dass die Maßnahmen der Regierung den realen Bedürfnissen entspreche. Man habe hier sehr gute Modelle entwickelt, so die Rednerin, die dies an Beispielen aus Niederösterreich illustrierte. Man habe hier sehr viel erreicht.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) nannte die Argumentation der Regierungsfraktionen "bleiern", entspreche sie doch nicht den Tatsachen. Schließlich gebe es keine Untersuchungen, die belegten, dass es besser sei, der jeweilige Elternteil bliebe bei den Kindern. Auch in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht sei diese Politik bedenklich, so Öllinger.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) bezeichnete das Kindergeld als grundlegenden Schritt dazu, dass Kindererziehung endlich als Leistung gesehen werde. Die Frauen erhielten dadurch endlich Wahlfreiheit, sich zu entscheiden, ob man das Kind selbst betreuen oder arbeiten gehen wolle. Die Besorgnis der Opposition könne sie nicht nachvollziehen, vielmehr planten heute mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren als seinerzeit in Zeiten des Karenzgeldes.

Abgeordnete BINDER (S) unterstrich die Forderungen ihrer FraktionskollegInnen und sagte, die Chancen der Frauen am Arbeitsmarkt seien durch diese Maßnahme geschmälert, weshalb man hier nachjustieren müsse. Konkret forderte sie ein verpflichtendes Vätermonat, das für alle Beteiligten von Vorteil wäre. Gleichstellung im Beruf sei nur durch Gleichstellung in der Familie erreichbar, so Binder.

Bundesminister Mag. HAUPT verwies auf Studien, die man zu diesem Thema in Österreich durchgeführt habe, durch die er die Richtigkeit der Regierungspolitik in Sachen Wahlfreiheit bestätigt sieht. Hinsichtlich der Betreuungsplätze verwies Haupt auf die Verfassungslage und riet der Opposition, sich mit diesem Anliegen an die zuständigen Stellen zu wenden.

Abgeordnete LENTSCH (V) verwies darauf, wie wichtig ihrer Fraktion die Familienpolitik sei. Man habe hier Wichtiges geleistet, und da man erkannt habe, dass noch "Ecken und Kanten" vorhanden seien, justiere man entsprechend nach. Die positiven Auswirkungen des Kindergeldes seien jedenfalls schon evident, meinte die Rednerin.

Abgeordneter LICHTENEGGER (F) sagte, man sehe, dass seine Fraktion hier die Sozialkompetenz in die Regierung eingebracht habe. Dieser Weg werde konsequent fortgesetzt.

Die Kinderbetreuungsgesetznovelle wurde einstimmig angenommen, die (negativen) Berichte des Familienausschusses zu den Oppositionsanträgen wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Forts.)