Parlamentskorrespondenz Nr. 917 vom 27.11.2003

WAS BRINGT DIE PRIVATISIERUNG VON WOHNUNGEN DEM STAAT?

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Wien (PK) - Eine höchst kontroversielle Diskussion prägte heute die Beratungen des Rechnungshofausschusses zur Frage des Verkaufs der BUWOG (Bauen und Wohnen Gesellschaft mbH) und der WAG (Wohnungsanlagen Gesellschaft mbH). Das Ergebnis dieser Prüfung enthält der Rechnungshofbericht (III-51 d.B).

Die Kritik der Opposition konzentrierte sich auf die vom Rechnungshof als mangelhaft kritisierte Vorbereitung des Verkaufs, wobei man, so der Vorwurf, von falschen Annahmen ausgegangen sei. So habe man verabsäumt, die Auswirkung auf das Budgetdefizit nach den Maastricht-Kriterien im Vorfeld abzuklären; der geplante Verkauf an die Mieterinnen und Mieter habe auf Grund verwaltungstechnischer und organisatorischer Hürden nicht die gewünschte Resonanz gebracht; die auf Grund dieser Fehleinschätzungen erfolgte falsche Ausschreibung habe unnötige Prozesskosten und hohen Kosten für weitere Expertisen verursacht und werde zu geringen Verkaufserlösen führen, so die Befürchtung von SPÖ und Grünen. Der von Staatssekretär Finz genannte Erlös von 400 bis 500 Mill. € sei keineswegs unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit zu sehen, man könnte wesentlich höhere Gewinne erzielen, die ein Mehrfaches des genannten Betrages ausmachten. 

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler versuchte darauf eine vorsichtige Antwort zu geben und meinte, dass ein Verkaufserlös für die BUWOG unter 200 Mill. € und einer für die WAG unter 400 Mill. € nicht mehr der Wirtschaftlichkeit entspreche. Wenn man aber auf jeden Fall verkaufen wolle, und auch ein Ergebnis unter diesem Betrag in Kauf nehme, so sei dies eine politische Entscheidung.

Wenig überraschend große Differenzen gab es in diesem Zusammenhang in der Frage, ob die Privatisierung nicht grundsätzlich ein Kapitalfehler sei, da ja der Wert der Wohnbaugesellschaften steige und durch den Verkauf kein annähernd entsprechender Preis zu erzielen sein werde. Staatsekretär Finz erklärte dazu, der Staat wolle sich nun auf die staatlichen Kernfunktionen beschränken. Der Bundesbesitz an Wohnungen sei heute nicht mehr sinnvoll und aus der Situation der Nachkriegszeit zu verstehen, als man öffentlich Bediensteten mit geringer Entlohnung eine kostengünstige Wohnung hatte zur Verfügung stellen wollen. Man müsse auch den Zustand der Wohnungen in Betracht ziehen, sagte Finz, der Trend gehe heute in Richtung größere Wohnungen. 48 % der Wohnungen seien aber zwischen 1951 und 1981 erbaut worden, die Durchschnittsgröße liege bei 61 Quadratmeter und der Zustand sei nicht immer der beste.

Das Angebot an die Mieter, Wohnungen zu kaufen, habe kaum Resonanz gefunden, weil die Mieten niedrig sind und somit die Rückzahlungen für einen Kredit jährlich höhere Kosten verursachen würde als die Miete selbst. Der Kaufpreis selbst sei entsprechend dem Marktwert ermittelt worden. Die Differenz zum Kaufpreis für die Investoren begründete Finz damit, dass diese den Gesamtbestand mit allen Risiken kaufen werden. Die Mieter würden nur die attraktivsten Wohnungen kaufen wollen, ergänzte Michael Ramprecht, der Vorsitzende der Vergabekommission, weshalb man auch versucht habe, eine Mindestinteressenquote von zunächst 25 % festzulegen.

Ramprecht verteidigte das Heranziehen externer Experten mit dem Argument, dass das Bundesministerium für Finanzen für eine derartige Veräußerung keine ausreichende Erfahrung gehabt habe, und daher auf Experten zurückgreifen habe müssen. Man habe sich alle Möglichkeiten offenlassen wollen, um sich nicht allzu früh festzulegen, und damit dem Staat einen etwaigen Schaden zuzufügen. Er begegnete damit der Kritik Fiedlers, dass man bei der Veräußerung kein einheitliches Ziel verfolge. Staatssekretär Finz meinte dazu, man habe den Mietern die Möglichkeit einräumen wollen, Eigentum zu erwerben, weshalb man die Wohnungen einerseits den Mietern angeboten und gleichzeitig den Verkauf an Investoren vorangetrieben habe.

Finz machte auch darauf aufmerksam, dass man hinsichtlich der Maastricht-Kriterien seitens EUROSTAT keine Auskunft im Vorhinein erhalte. Dies wurde auch von Michael Ramprecht bestätigt. Der Finanzstaatssekretär stellte in diesem Zusammenhang fest, dass letzten Endes das Maastricht-Kriterium keinen Einfluss auf die Privatisierung habe.

Mehrmals versicherte der Staatsekretär, dass bei der Veräußerung für die Mieter kein Nachteil entstehen werde, da sämtliche mietrechtliche Vorschriften und jene der Gemeinnützigkeit für diese weiter gelten werden.

Die Befürchtung, dass die Ausschüttung der Dividende im Widerspruch zur Strategie der Bundesregierung stehe, die Schulden zu tilgen, da den Gesellschaften Eigenkapital entnommen werde und sie dadurch an Wert verlören, teilte der Rechnungshofpräsident nicht, da laut Fiedler für die Republik dabei ein Nullsummenspiel herauskomme.

Die Frage der Opposition, ob man auf Grund des zu erwartenden Schadens für die Republik Schadenersatzforderungen stellen könne, beantwortete Fiedler äußerst vorsichtig und betonte, dass dies im Moment eine rein theoretische Diskussion sei. Wenn aber die Republik zu Schaden kommen sollte, dann werde Schadenersatz zu fordern sein, sagte er. Von einer Einstellung des Verkaufsverfahrens hält er wenig, da man abwarten müsse, was tatsächlich kommt und was tatsächlich angeboten wird.

Unterschiedliche Auffassungen gab es auch zur Gemeinnützigkeit, nachdem Finz festgestellt hatte, diese sei bei keiner der Gesellschaften mehr gegeben. Der Rechnungshofpräsident sah diese Frage rechtlich nicht geklärt und auch die SPÖ widersprach dieser  Auffassung des Staatssekretärs heftig.

Eine umfangreiche Debatte entwickelte sich auch zur Frage, ob neben den Kriterien auch das gesamte Punktebewertungsschema den Bietern bekannt gewesen sei, was sowohl Michael Ramprecht als auch Rechtsanwalt Johannes Schramm bestätigten.

Adressat einer massiven Kritik war auch Ernst Karl Plech, da die Opposition eine Unvereinbarkeit seiner Expertenfunktion in der Bewertungskommission und als Aufsichtsratsvorsitzender der BUWOG vermutete. Rechnungshofpräsident Fiedler bemerkte dazu, dass es keine rechtliche Unvereinbarkeit in diesem Fall gebe, die Frage der Interessenskollision sei aber nicht Gegenstand der Prüfung gewesen. Plech selbst stellte dazu fest, dass er in der Bewertungskommission lediglich als Fachmann zugezogen worden sei und er den Auftrag hatte, eine Bewertung vorzunehmen. Dies sei nur im Rahmen einer Clusterschätzung möglich gewesen und auf Grund derer habe er eine Empfehlung abgegeben.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Günther Kräuter, Ruth Becher, Doris Bures, Christian Faul (alle S), Hermann Gahr, Johann Ledolter, Nikolaus Prinz (alle V), Gabriela Moser, Werner Kogler (beide G), Magda Bleckmann, Anton Wattaul und Detlev Neudeck (alle F).

Am Ende der Sitzung wurden die Beratungen über den Bericht des Rechnungshofes III-51 d.B. einstimmig vertagt.(Schluss)