Parlamentskorrespondenz Nr. 919 vom 27.11.2003

PRESSEFÖRDERUNG WIRD AUF NEUE BEINE GESTELLT

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Wien (PK) - Die Presseförderung wird auf neue Beine gestellt. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats stimmte heute mit VP-FP-Mehrheit einem entsprechenden Antrag der beiden Koalitionsparteien zu. Damit werden die bisherigen Fördertöpfe bereits ab kommendem Jahr durch drei neue Förderarten - Vertriebsförderung von Tages- und Wochenzeitungen, besondere Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt der Tageszeitungen sowie Maßnahmen zur Qualitätsförderung und Zukunftssicherung - ersetzt. Durch die Gesetzesänderung wird es auch zu Verschiebungen bei der Förderverteilung kommen, die insgesamt für 2004 im Bereich der Presseförderung zur Verfügung stehenden Mittel bleiben allerdings unverändert.

SPÖ und Grüne stimmten gegen das Gesetz, obwohl Grün-Abgeordnete Terezija Stoisits einige positive Punkte ausmachte. Sie und SPÖ-Mediensprecher Josef Cap zeigten sich jedoch insgesamt über das Ergebnis nach mehr als dreijährigen Verhandlungen enttäuscht. Von einem "sehr ordentlichen Gesetz" sprach hingegen ÖVP-Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer, FPÖ-Abgeordneter Herbert Scheibner nannte den Entwurf einen Kompromiss.

Die neue Vertriebsförderung steht sämtlichen Tages- und Wochenzeitungen offen, die bestimmte Kriterien erfüllen. So müssen sie aufgrund ihres Inhalts über den Kreis der reinen Fachpresse hinausreichen, regelmäßig erscheinen, eine bestimmte Mindestverkaufsauflage erreichen - Tageszeitungen 10.000 Stück, Wochenzeitungen 5.000 Stück - und dürfen nicht nur von lokalem Interesse sein. Den Erläuterungen zufolge sollen Tageszeitungen unter diesem Titel im kommenden Jahr mit je etwa 200.000 € gefördert werden, im Falle von Wochenzeitungen ist nun - nach Vorlage eines Abänderungsantrags - eine Förderung des Vertriebs von höchstens 15.000 verkauften Abonnementexemplaren vorgesehen. Allerdings gibt es Kürzungen, wenn ein Verleger bzw. ein Medienverbund mehrere Zeitungen verlegt, wobei dies dem Abänderungsantrag zufolge nicht nur für Wochenzeitungen, sondern auch für Tageszeitungen gilt.

Für die "Besondere Presseförderung", die ausschließlich Tageszeitungen erhalten können, werden im Jahr 2004 7,21 Mill. € zur Verfügung stehen. Ziel dieses Fördertopfes ist es, zur Erhaltung der Zeitungsvielfalt in den Bundesländern beizutragen. In diesem Sinn sind die jeweils marktführenden Tageszeitungen - österreichweit und regional - von der "Besonderen Presseförderung" ausgeschlossen, ebenso alle Tageszeitungen mit einer Verkaufsauflage von über 100.000 Stück.

Unter dem Titel "Qualitätsförderung und Zukunftssicherung" sollen schließlich nicht nur wie bisher Einrichtungen der Journalistenausbildung und Presseklubs gefördert werden. Tages- und Wochenzeitungen können in Hinkunft Kostenzuschüsse für angestellte Auslandskorrespondenten und für Ausbildungsmodule für journalistische Mitarbeiter beantragen. Neu sind überdies eine Leseförderung - zur Förderung des Lesens von Tages- und Wochenzeitungen insbesondere an Schulen - und die Förderung von Forschungsprojekten auf dem Gebiet des Pressewesens. Für den gesamten Fördertopf "Qualitätsförderung und Zukunftssicherung" werden für das kommende Jahr 1,18 Mill. € veranschlagt.

Die Zuteilung der Fördermittel wird in Hinkunft nicht mehr dem Bundeskanzleramt, sondern der Kommunikationsbehörde KommAustria obliegen, zu ihrer Beratung ist die Presseförderungskommission berufen, die ebenfalls vom Bundeskanzleramt zur KommAustria wandert. Diese besteht aus sechs Mitgliedern und einem von diesen zu bestimmenden Vorsitzenden, wobei je zwei der sechs Mitglieder vom Bundeskanzler, vom Verband Österreichischer Zeitungen und von der Journalistengewerkschaft zu bestellen sind.

Vom Bundeskanzleramt übernehmen wird die KommAustria künftig überdies die Vergabe der Publizistikförderung an Zeitschriften, die der staatsbürgerlichen Bildung dienen.

Seitens der SPÖ lehnte Abgeordneter Josef Cap den vorliegenden Antrag ab. Seiner Ansicht nach wird der Anspruch der Koalition, ein völlig neues Presseförderungsmodell zu entwickeln, mit dieser Vorlage nicht erfüllt. Für ihn ist die neue Presseförderung willkürlich und unsystematisch, manche Zeitungen würden belohnt und gewisse Zeitungen bestraft. Presseförderung im Sinne der Förderung von Titelvielfalt sei damit, so Cap, jedenfalls nicht garantiert. 

Die für Vertriebsförderung zur Verfügung stehenden 4,91 Mill. € bezeichnete Cap angesichts der in der letzten Legislaturperiode erfolgten Streichung des begünstigten Postversands als "Lachnummer". Damals sind den Zeitungen ihm zufolge 700 Mill. € verloren gegangen. Als Wettbewerbsverzerrung am Qualitätszeitungsmarkt sieht der Abgeordnete die Tatsache, dass die Salzburger Nachrichten künftig keine besondere Presseförderung mehr bekommen.

Bedauert wurde von Cap, dass mit der Opposition keine Gespräche über die Neuordnung der Presseförderung geführt worden seien. Gerade bei einer aus demokratiepolitischer Sicht so sensiblen Materie wäre das seiner Meinung nach angebracht gewesen.

Abgeordnete Terezija Stoisists (G) erinnerte daran, dass die Neuordnung der Presseförderung eine der großen "Ansagen" des Kabinetts Schüssel I gewesen sei. Drei Jahre später liege nun ein Antrag vor, für den der Begriff "Torso" noch zu positiv sei, meinte sie. Stoisits räumte ein, dass es in diesem "Torso" auch einige positive Aspekte gebe, insgesamt glaubt sie aber nicht, dass mit dem neuen Presseförderungsmodell ein Beitrag dazu geleistet werden kann, die Medienkonzentration in Zukunft zu stoppen. Sie vermisst außerdem die Förderung lokaler, nicht kommerzieller Radios und neuer Medien. Als positiv bewertete die Abgeordnete etwa die Vergabe der Fördermittel durch die KommAustria und den größeren Spielraum für die besondere Presseförderung.

Für FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner ist der vorliegende Entwurf, wie er sagte, ein Kompromiss. Er hält es für "richtig und notwendig", die Erfahrungen mit der neuen Presseförderung, wie im Gesetz vorgesehen, zu evaluieren und sich dann zu überlegen, ob es nicht andere Möglichkeiten gebe, die Vielfalt der Medienlandschaft zu fördern.

Gegenüber dem bisherigen Presseförderungsgesetz ortet Scheibner einige Verbesserungen. Er nannte dabei etwa den Ausschluss regionaler Marktführer aus der besonderen Presseförderung und die verstärkte Förderung von Qualitätsjournalismus.

Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) wies auf die schwierigen Verhandlungen über das neue Presseförderungsgesetz hin. Ihrer Auffassung nach liegt nun "ein sehr ordentliches neues Gesetz" vor. Die Ablehnung des Entwurfs durch SPÖ und Grüne ist für sie ein typischer "Oppositionsreflex". Auch ihre Fraktionskollegin Helga Machne begrüßte den Gesetzentwurf.

Staatssekretär Franz Morak machte darauf aufmerksam, dass das Budget für Qualitätsförderung mit dem neuen Gesetz nahezu verdreifacht werde, und verwies zudem auf die neue Vertriebsförderung. Insgesamt wird es ihm zufolge zu einer ausgeglicheneren Mittelverteilung kommen als bisher. In Anbetracht der schwierigen Verhandlungen habe man einen "gangbaren Weg" gefunden. Richtig ist für Morak, dass es sich lediglich um eine Presseförderung und nicht um eine Medienförderung handelt, er gab aber zu bedenken, dass etwa auch die Digitalisierungs-Förderung Medienförderung sei. Das Gesetz wird laut Morak nach drei Jahren evaluiert.

Der VP-FP-Antrag wurde unter Berücksichtung des Abänderungsantrags mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen. Dieser enthält neben den genannten Punkten vor allem legistische Korrekturen und Klarstellungen. Zudem soll die für Wochenzeitungen künftig geltende Fördervoraussetzung, mindestens zwei Journalisten hauptberuflich zu beschäftigen, für das Beobachtungsjahr 2003 nicht rückwirkend angewendet werden. (Schluss)