Parlamentskorrespondenz Nr. 20 vom 14.01.2004

DISKUSSION ÜBER VERÄUSSERUNG DER BUNDESWOHNUNGEN DURCH DIE BIG

Fiedler bezeichnet Vorgangsweise als nicht gesetzeskonform

Wien (PK) - In der Folge befassten sich dann die Mitglieder des Rechnungshofausschusses mit der Bundesimmobiliengesellschaft, der vom Bund rund 3.500 Liegenschaften zu einem Kaufpreis von 2,4 Mrd. € übertragen wurden. Eine intensive Diskussion entzündete sich vor allem rund um die Frage, ob die zum Prüfzeitraum relevante Gesetzeslage die BIG tatsächlich verpflichtet hat, die im Eigentum des Bundes stehenden Mitwohnungen vorrangig den Mietern zum Verkehrswert zu verkaufen. Diese Rechtsansicht des Rechnungshofes sowie der Abgeordneten der Oppositionsparteien wurde vom zuständigen Minister Bartenstein sowie dem Geschäftsführer der BIG Chromy nicht geteilt. Für Chromy bestand lediglich eine Berechtigung und keine Verpflichtung dazu. Außerdem habe sich die BIG von 1992 bis 2000 intensivst darum bemüht, die Wohnung an die Mieter zu verkaufen; allerdings haben nur 16 % der Mieter ein Interesse daran gezeigt.

GRUNDSÄTZLICH POSITIVE BEWERTUNG DER NEUORGANISATION DER LIEGENSCHAFTSVERWALTUNG

Seit der im Bundesimmobiliengesetz 2000 festgelegten Übertragung der 3.500 Liegenschaften an die BIG müssen die Bundesdienststellen für die Nutzung der Objekte eine angemessene Miete bezahlen. Der Rechnungshof bewertete diese Neuorganisation der Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes positiv. Damit wurde ein erster Schritt zu einer wirtschaftlichen und rationellen Raumnutzung gesetzt. Die Übertragung der Immobilien an die Bundesimmobiliengesellschaft führte aber nicht zur erwarteten Verringerung des Budgetdefizits nach EU-Kriterien.

Weiters stellte der Rechnungshof fest, dass die Bundesimmobiliengesellschaft den gesetzlichen Auftrag, Wohnungen zu verkaufen, bisher zufrieden stellend umgesetzt habe. Der gesetzlich verankerte Auftrag des Bundesimmobiliengesetzes, Wohnungen vorrangig an die Mieter zu verkaufen, wurde jedoch nicht erfüllt. Weiters widersprach es den gesetzlichen Intentionen, die Wohnungen den Mietern zu einem höheren Preis als Dritten anzubieten.

Die Daten der Bundesimmobiliengesellschaft über ihren Immobilienbestand waren mangelhaft; dies erschwerte eine ordentliche Verwaltung der Immobilien. Für ein zeitgemäßes Immobilienmanagement sollte die Aufstellung über leer stehende Objekte automationsunterstützt erstellt werden.

DEBATTE ÜBER DEN VERKAUF DER BUNDESWOHNUNGEN

Abgeordneter Hermann Gahr (V) räumte ein, dass der Rechnungshof einige Mängel (z.B. Datenbestand und Mietzinsrückstände) festgestellt habe, die in der Zwischenzeit aber positiv erledigt werden konnten. Was die Veräußerung der Wohnungen an die Mieter angeht, so sei dies aus seiner Sicht nur bedingt möglich. Außerdem gebe es in diesem Bereich ein West-Ost-Gefälle, da es in den westlichen Bundesländern ein größeres Interesse gebe, eine Eigentumswohnung zu erwerben.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) erinnerte daran, dass sie bereits im Vorfeld der Übertragung der Bundesimmobilien darauf hingewiesen habe, dass diese Ausgliederung nicht zur Verringerung des Budgetdefizits beitragen werde, wie dies nun von EUROSTAT auch bestätigt wurde. Weiters bemängelte sie, ebenso wie die Abgeordnete Ruth Becher (S), dass dem gesetzlichen Auftrag, die Mietwohnungen des Bundes vorrangig an die Mieter zu veräußern, nicht entsprochen wurde.

Es wurde anscheinend ein Weg gesucht, um das Gesetz zu umgehen und um die Wohnungen nicht an die Mieter verkaufen zu müssen, vermutete Abgeordneter Christian Faul (S). Dadurch wurden nun die Wohnungen dem Markt entzogen und "Spekulanten" überlassen.

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) verteidigte die Vorgangsweise beim Verkauf der Bundeswohnungen. Man habe etwaigen Spekulationen einen Riegel vorgeschoben und sei zudem wirtschaftlichen Prinzipien gefolgt.

Bundesminister Martin Bartenstein war der Meinung, dass keine ausschließliche Verpflichtung bestanden hat, nur an die Mieter zu verkaufen. Wenn sich mindestens 40 % der Mieter in den Häusern für einen Kauf entschlossen haben, dann wurde diesem Wunsch auch entsprochen. Gab es weniger Interessenten, dann wurde das ganze Objekt Dritten angeboten,  da ansonst der Marktwert zu sehr geschrumpft wäre, erläuterte er. Abgeordnete Moser wies er noch darauf hin, dass EUROSTAT anerkannt habe, dass sich die Liegenschaftsübertragung reduzierend auf die Staatsverschuldung auswirke; dies sei zumindest ein Teilerfolg. Insgesamt sei das Modell der BIG ein sehr erfolgreiches, ist Bartenstein überzeugt.

Der Geschäftsführer der BIG, Hartwig Chromy, machte nochmals darauf aufmerksam, dass trotz intensivster Bemühungen nur 16 % der Mieter an einem Kauf interessiert waren. Es sei notwendig, dass mindestens 40 % der Mieter eines Objektes Kaufinteresse zeigen, weil erst dann der Break-even-point erreicht sei. Der niedrigere Ertragswert ergebe sich dadurch, dass der Käufer die Wohnungen samt dem Mietrecht übernehme und daher andere Dispositionsmöglichkeiten habe. Der vorrangige Verkauf an die Mieter sei nur nach Maßgabe der Wirtschaftlichkeit einzuhalten, gab er zu bedenken.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler unterstrich, dass das Bundesimmobiliengesetz aus dem Jahr 2000 (Paragraph 4, Absatz 4) genau festlege, dass Wohnungen bevorzugt an die Mieter zum Verkehrswert zu veräußern sind. Die gewählte Vorgangsweise habe daher - bis zur Novellierung des Gesetzes im Jahr 2003, wo dieser Passus gestrichen wurde - nicht der geltenden Rechtslage entsprochen. Allerdings räumte er auch ein, dass die Bedingungen des Verkaufs nicht von der BIG, sondern vom Finanzministerium vorgegeben wurden. Während den Mietern ihre Wohnungen auf Basis des höheren Sachwertes angeboten wurden, kam für Angebote an Dritte der niedrigere Ertragswert zur Anwendung, kritisierte Fiedler. Es sei richtig, dass 1992 die Gründung einer Tochtergesellschaft durch die BIG im Gesetz festgelegt wurde, wie dies Chromy gesagt habe, aber damit verbunden sei gleichzeitig der Auftrag gewesen, primär an die Mieter zu verkaufen. (Fortsetzung)