Parlamentskorrespondenz Nr. 59 vom 28.01.2004

MISSTRAUENSANTRAG DER GRÜNEN GEGEN INNENMINISTER GESCHEITERT

Asyldebatte im Nationalrat

Wien (PK) - Ein Misstrauensantrag der Grünen gegen Innenminister Dr. Strasser bot den Anlass zu einer neuerlichen Asyldebatte im Nationalrat. Abgeordneter Mag. POSCH (S) erklärte als erster Redner zu diesem Punkt der Tagesordnung, die SPÖ werde den Misstrauensantrag der Grünen gegen Innenminister Strasser unterstützen. Es sei zwar grundsätzlich positiv, dass es dem Innenminister gelungen sei, vor Weihnachten eine Vereinbarung mit den NGOs bezüglich der Unterbringung und der Versorgung von Flüchtlingen zu erzielen, meinte er, weil dies die Situation der Flüchtlinge erleichtere, aufgrund der gesamthaften Asyl- und Fremdenpolitik hält er den Misstrauensantrag gegen Strasser aber nicht für obsolet.

Abgeordneter KÖSSL (V) wies die Vorwürfe seines Vorredners gegenüber Innenminister Strasser zurück und hielt fest, es wäre eher angebracht gewesen, sich bei Strasser zu bedanken, dass er die Versäumnisse seiner Amtsvorgänger in der Asylpolitik wettgemacht habe. Den Misstrauensantrag der Grünen wertete Kößl als überholt, dieser entbehre jeder sachlichen Grundlage. Die Begründung des Antrags ist für ihn durch Unterstellungen und Unwahrheiten gekennzeichnet. Der Abgeordnete wies auf die Leistungen des Bundes für Asylwerber hin. Jeder, der zu Recht um Asyl ansuche, bekomme Asyl.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) machte darauf aufmerksam, dass die Grünen den Misstrauensantrag gegen Innenminister Strasser im November, am Höhepunkt der Debatte über die Betreuung von Asylwerbern, eingebracht hätten. Durch die Vereinbarung vom Dezember gebe es jetzt zwar nicht mehr so viele obdachlose Flüchtlinge wie im November, räumte sie ein, ihre Kritik, dass Innenminister Strasser monatelang ein OGH-Urteil und damit den Rechtsstaat ignoriert habe, bleibe aber aufrecht.

In einem von Stoisits eingebrachten Entschließungsantrag mahnen die Grünen unter anderem vorbereitende Maßnahmen für den Fall steigender Asylantragszahlen ein. Weiters urgieren sie eine Weisung von Innenminister Strasser, um ihrer Ansicht nach bestehende Rechtswidrigkeiten an der Grenze im Zusammenhang mit der Zurückweisung von Flüchtlingen abzustellen.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) erklärte, hätte jemand zunächst geglaubt, der Misstrauensantrag gegenüber Innenminister Strasser sei gerechtfertigt und nicht nur eine Aktion der Opposition gewesen, um den Innenminister zu diffamieren, hätte er spätestens im Innenausschuss erwartet, dass der Misstrauensantrag zurückgezogen wird. Schließlich sei es durch die Vereinbarung Mitte Dezember zu einer Entspannung der Situation gekommen. Die Grünen versuchen ihrer Ansicht nach aber dennoch, den Misstrauensantrag "mühsam aufrecht zu erhalten". "Wir bekennen uns alle zur Genfer Flüchtlingskonvention", versicherte Partik-Pable, "wir verschließen aber nicht die Augen vor der realen Situation". Ein Großteil der Asylwerber in Österreich sind ihrer Überzeugung nach keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) brachte einen aktuellen Sorgerechts-Fall um einen achtjährigen Jungen zur Sprache und unterstrich, der Einsatz staatlicher Gewaltmittel sei nicht adäquat, um familienrechtliche Probleme zu lösen. Das Vorgehen der Gerichtsvollzieher wertete er als für einen Rechtsstaat ungeheuerlich. Das betroffene Kind sei wie ein Schwerverbrecher behandelt worden.

Abgeordneter Dr. TRINKL (V) machte auf den "explosionsartigen Anstieg" von Asylanträgen in den letzten fünf Jahren aufmerksam. Bei den Asylwerbern gehe es nicht nur um Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention, umriss er, sondern generell um Leute, denen es in ihrer Heimat schlecht gehe. Österreich könne aber nicht Migranten aus allen Teilen der Welt aufnehmen, sagte Trinkl. Das müsse man deutlich machen. Innenminister Strasser sei diesen Weg der Ehrlichkeit von Anfang an gegangen. Trinkl zufolge gibt es kein einziges Argument, das den Misstrauensantrag gegenüber Strasser rechtfertigen würde.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) erklärte dem gegenüber, Innenminister Strasser liefere "fast schon täglich" neue Rechtfertigungen und Begründungen dafür, dass es angebracht sei, ihm das Misstrauen auszusprechen. Für sie ist das geltende Asylgesetz menschenrechtswidrig und nicht verfassungskonform. Als unverständlich qualifizierte es Weinzinger, dass Österreich zwar in den 90-er Jahren 40.000 Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien in Bundesbetreuung hatte, jetzt aber nicht in der Lage sein solle, 10.000 Flüchtlinge zu betreuen und versorgen.

Abgeordneter Mag. MAINONI (F) meinte, der Entschließungsantrag beweise, wie wichtig das neue Asylrecht in Österreich sei. Nur dadurch gebe es jetzt endlich Klarheit, und es werde dazu führen, dass sich die Lage in einigen Bereichen verbessere. Es sei dringend notwendig gewesen, etwas zu unternehmen, und genau dies sei mit diesem Gesetz geschehen.

Abgeordneter PARNIGONI (S) sagte, seine Fraktion werde den Misstrauensantrag der Grünen gerne unterstützen, nicht zuletzt ob der ernüchternden sicherheitspolitischen Bilanz des Ministers, wie sich anhand konkreter Zahlen ablesen lasse.

Abgeordneter ELLMAUER (V) warf den Sozialdemokraten "Doppelbödigkeit" vor. Zuerst verhindere diese Fraktion die nötige Ausschusssitzung, dann beklage sie das verspätete Inkrafttreten des Gesetzes. Die Opposition solle endlich aufhören, das Land schlechtzureden. Vielmehr habe sich vieles zum Besseren entwickelt, wofür die Ministerschaft Ernst Strasser verantwortlich sei. Die Vorwürfe der Opposition seien sachlich nicht haltbar, vielmehr machten die Errungenschaften des Ministers den Misstrauensantrag obsolet.

Abgeordneter GAAL (S) wollte die Grundversorgung aller Flüchtlinge sichergestellt wissen, weshalb der Weg, den der Innenminister eingeschlagen habe, die Zustimmung der SPÖ nicht finden könne. Die Vorschläge der Opposition seien unberücksichtigt geblieben, die Politik des Ministers gehe zu Lasten der Asylsuchenden, weshalb diese von der SPÖ abgelehnt werde.

Abgeordneter KAPELLER (V) vertrat die Ansicht, der Minister sei auf dem Gebiet der Asylpolitik überaus erfolgreich gewesen und könne auf eine beeindruckende Bilanz verweisen. Österreich sei nunmehr das sicherste Land der Welt, und mit der Umsetzung der geplanten Reformen würde dieser Weg konsequent fortgesetzt.

Abgeordnete SCHARRER (S) verwahrte sich gegen Pauschalurteile, die nur Feindbilder schufen, was abzulehnen sei. Der Minister schiebe seine Verantwortung auf Länder, NGO und andere Institutionen ab, und dies sei eine Politik, die ihre Fraktion nicht goutieren könne. Die Rednerin brachte einen Entschließungsantrag ein, dass bis zum Inkrafttreten von Dublin 2 keine Flüchtlinge aus der Bundesbetreuung entlassen werden mögen.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) erklärte, mit dem neuen Asylgesetz breche Österreich mit seiner Vergangenheit als vorbildliches Asylland, und das sei zu bedauern. Dank stattete sie den NGO für ihr Engagement ab.

Abgeordneter KRAINER (S) zog eine ernüchternde Bilanz über die vierjährige Amtszeit des Ministers. Die Kriminalitätsrate sei angestiegen, die Personalpolitik des Ministers sei verfehlt gewesen, und auch in zahlreichen anderen Bereichen könne man keinerlei Erfolge in der Amtsführung erkennen, wie die Oberstgerichte auch mehrfach festgestellt hätten. Die Politik des Ministers sei wenig Vertrauen erweckend, der gegenständliche Antrag habe damit seine Berechtigung.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) unterstrich die Argumentation ihrer Fraktionskollegen und ging auf die sicherheitspolitische Lage in Kärnten ein, die durchaus als Besorgnis erregend zu bezeichnen sei. Man könne daher dem Minister das Vertrauen nicht länger geben.

Der Entschließungsantrag der Grünen auf Versagen des Vertrauens in den Bundesminister für Inneres verfiel ebenso der Ablehnung wie der S-Entschließungsantrag. Der Ausschussbericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Schluss Misstrauensantrag/Forts. NR)