Parlamentskorrespondenz Nr. 67 vom 29.01.2004

PARLAMENTSPARTEIEN BESCHLIESSEN VERSCHÄRFUNG DES SEXUALSTRAFRECHTES

Schutzalter für Pornographie auf 18 Jahre erhöht

Wien (PK) - Die nächsten Punkte der Tagesordnung betrafen das Strafrechtsänderungsgesetz 2003, die Änderung des Strafgesetzbuches sowie die Bürgerinitiative betreffend „Höhere Strafen für Kindesmissbrauch“ und ein Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie.

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) verwies darauf, dass es eine Petition für eine Verschärfung des Strafrahmens für Kindesmissbrauch und Kinderpornographie gegeben habe, der die Regierung durch einen entsprechenden Gesetzentwurf Rechnung getragen habe. Die Rednerin begrüßte dies und begründete die in Rede stehenden Materien.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie, meinte aber einschränkend, man müsse hier mit Maß und Ziel vorgehen und dürfe nicht überzogen reagieren und etwa Jugendliche kriminalisieren, die sich gegenseitig beispielsweise via Handy Fotos von sich selbst schickten. Im Übrigen solle man nicht scheinheilig vorgehen und Seelsorger von der Legistik ausnehmen, warnte Jarolim.

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) berichtigte tatsächlich, dass Seelsorger von den gesetzlichen Maßnahmen nicht ausgenommen seien.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) meinte, es sei hoch an der Zeit, hier endlich adäquate Strafrahmen für diese Vergehen zu beschließen. Kinderpornographie sei ein richtiger Erwerbszweig geworden, unter dem zahllose Kinder auf mannigfache Weise ungeheuer litten, weshalb es notwendig sei, die Strafen für diese kriminellen Handlungen drastisch zu erhöhen. Der Gesellschaft müsse klar demonstriert werden, dass diese Taten wirklich verwerflich seien und auch entsprechend geahndet würden. Im Übrigen wolle niemand einen Seelsorger decken, der sich an Kindern vergeht. Diese seien im Gesetz selbstverständlich ebenfalls inkludiert.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) votierte eingangs dafür, die Seelsorger keineswegs auszunehmen, da ihnen eine besondere Rolle im Umgang mit Kindern zukomme, die auch entsprechend Berücksichtigung finden müsse. Man sollte sie daher in deren eigenen Interesse nicht von den gesetzlichen Regelungen ausnehmen. Die Änderung des Sexualstrafrechts selbst werde von ihrer Fraktion selbstredend unterstützt, sie sei ja von den Grünen maßgeblich intendiert worden. Vor diesem Hintergrund seien die Ergebnisse gleichwohl in manchen Punkten enttäuschend, da man die Gelegenheit verabsäumt habe, gleich ein zeitgemäßes Strafrecht zu schaffen. In diese Richtung brachte die Rednerin einen von beiden Oppositionsparteien unterstützten Entschließungsantrag ein.

Abgeordneter Dr. TRINKL (V) ging ebenso auf das Problem Kinderpornographie ein, dabei insbesondere auf die durch das Internet sich auftuenden Möglichkeiten verweisend. Die Kinderpornographie im Netz habe sich 2002 verdoppelt, sodass Gegenmaßnahmen unabdingbar seien. Dabei müsse der Schutz des Jugendlichen im Mittelpunkt stehen. Verbrecher müssten wissen, mit welchen Konsequenzen sie zu rechnen hätten, forderte Trinkl. Im Übrigen wolle niemand den sexuellen Kontakt von Jugendlichen unter Strafe stellen, doch Pornographie bleibe Pornographie. Derartige Darstellungen dürften von niemandem ins Internet gestellt werden.

Die Sozialdemokratie bekenne sich bedingungslos zu allen Punkten, die hier im Bereich des Sexualstrafrechtes einer Regelung zugeführt werden sollen, meinte Abgeordneter Dr. PUSWALD (S). Seine Fraktion verwahre sich aber auch dagegen, dass entgegen allen Bedenken von Seiten der Legisten des Ministeriums schlampige bzw. mangelhafte Gesetzestexte verfasst wurden, wofür aber nicht die hervorragenden Beamten verantwortlich sind. Aus diesem Grund könne die SPÖ die Vorlage auch nicht vorbehaltslos unterstützen. Kritik übte Puswald auch noch am Staatsbesuch in Iran, wo die Regierungsvertreter durch Abwesenheit geglänzt haben; dies sei tölpelhaft und unprofessionell.

Abgeordneter NEUDECK (F) hielt zunächst seinem Vorredner entgegen, dass der Verkehrsminister den Iran bald besuchen wird. Was die konkrete Novelle zum Strafrechtsgesetz anbelangt, so werde damit die von den Freiheitlichen jahrelang geforderte Verschärfung des Sexualstrafrechts umgesetzt, zeigte sich Neudeck erfreut. So werde u.a. das Schutzalter für Pornographie von 14 auf 18 Jahre angehoben und die Strafdrohungen für pornographische Darstellungen Minderjähriger erheblich verschärft. Vergewaltigung und Missbrauch von Unmündigen können - wenn sie zum Tod des Opfers führen - mit lebenslangem Freiheitsentzug geahndet werden. Künftig werde auch jede Vergewaltigung, egal ob sie von Fremden oder von Lebenspartnern verübt wird, mit derselben Strenge verfolgt.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) bezeichnete es als mehr als begrüßenswert, dass die Vergewaltigung in der Familie endlich der Vergewaltigung außerhalb der Ehe gleichgestellt wird. Diese Gleichstellung hätte sie sich auch bei gefährlichen Drohungen in der Familie gewünscht, was dazu führt, dass eine Strafverfolgung extrem schwierig wird. Zwiespältige Gefühle habe sie auch bei der Regelung hinsichtlich der sexuellen Belästigung. Es wird zwar eindeutig als Straftat anerkannt, allerdings sei die entsprechende Formulierung ziemlich schief gegangen. Handlungsbedarf sah Weinzinger auch beim Frauen- und Menschenhandel, weil den Opfern kein Zeugenschutz gewährt wird.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) sprach von einem sehr wichtigen Gesetz. Es sei gerechtfertigt, wenn nun auch in Österreich derselbe Weg wie in der EU beschritten wird und die Jugendlichen unter einen besonderen Schutz gestellt werden. Aufgrund der virtuellen Möglichkeiten müsse man sich darauf einstellen, das Gesetz ständig nachzujustieren. Außerdem sei eine entsprechende Richterschulung sowie eine öffentliche Aufklärung notwendig. Zum Glück habe sich in den letzten Jahren sehr viel geändert, und sie sei froh darüber, dass die Vergewaltigung in der Ehe nunmehr als Offizialdelikt geahndet werde.

Abgeordnete Mag. WURM (S) begrüßte die Reform des Sexualstrafrechts ausdrücklich. Die SPÖ sei der Regierungsvorlage immer positiv gegenüber gestanden und habe den Vorschlägen auch in fast allen Bereichen zugestimmt. Wie ihr Fraktionskollege Puswald bedauerte sie, dass manche Bedenken von Experten nicht ernst genommen wurden und nicht in den Gesetzestext eingeflossen sind. Ein Kritikpunkt sei z.B., dass bei der Aufzählung verschiedener Berufsgruppen die Seelsorger nicht erwähnt wurden. Weiters vermisste sie strafrechtliche Bestimmungen im Zusammenhang mit juristischen Personen.

Dieses Gesetz trage dem geänderten gesellschaftlichen Willen und Auffassungen in vielen Bereichen Rechnung, war Justizminister Dr. BÖHMDORFER überzeugt. Neben einem verstärkten Kampf gegen die Pornographie enthalte das Gesetz wichtige Klarstellungen im Bereich der Vergewaltigung sowie Regelungen in Bezug auf den Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung. Weitere wichtige Punkte betreffen die verbotenen Adoptionen sowie die Kinderpornographie. Er glaube, dass es letztlich nicht so viel Dissens in der Materie gebe. So werde z.B. auch der Seelsorger in seiner Funktion als Aufsichtsperson vom Strafrecht erfasst, merkte Böhmdorfer in Richtung der SPÖ-Redner an.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) erinnerte zunächst an die Erfolge der Justizpolitik in den letzten Jahren. Es wurden Schwerpunkte im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung, der steigenden Häftlingszahlen, der Opferrechte sowie der Bekämpfung der Sexualdelikte gesetzt. Besorgniserregend sei vor allem die steigende Kriminalitätsrate, wobei österreichweit der Ausländeranteil bei 40 %, in Wien sogar bei 60 %, liege. Deshalb sei auch der unkonventionelle Vorschlag des Justizministers, Gefängnisse in anderen Ländern zu bauen, zumindest eine Überlegung wert. Akuten Handlungsbedarf gebe es nach Auffassung von Scheuch auch im Bereich der Drogenkriminalität. Das heute zu beschließende Strafrechtsänderungsgesetz leiste einen wichtigen Beitrag zu einer vernünftigen und guten Justizpolitik, war der Redner überzeugt: Schutz unserer Kinder, Schutz unserer Frauen und Schutz vor Pornographie, Prostitution und sexuellem Missbrauch.

Als aktive Christin wäre es ihr ein großes Anliegen, dass auch die Seelsorger in diesem Gesetz angeführt werden, weil gerade die Kirche auf Vorwürfe oft nicht adäquat reagiert und vieles verschleiert, meinte Abgeordnete MANDAK (G). Die Grünen unterstützen natürlich den effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch und Ausbeutung. Nicht nachvollziehen könne sie, dass auch Säuglinge Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre gleichgesetzt werden; hier wäre eine Abstufung notwendig gewesen. Man sollte bei der ganzen Debatte aber auch nicht vergessen, dass viele Täter in ihrer Jugend oft selbst missbraucht wurden.

Justizminister Dr. BÖHMDORFER konnte sich der Meinung seiner Vorrednerin nicht anschließen, wonach Babys mit 18-Jährigen gleichgestellt werden. Es gehe nicht um harmlose Fotos, sondern um pornographische Fotos, stellte der Minister klar, und auf Wunsch der Opposition wurde hinzugefügt, dass es sich z.B. um reisserisch verzerrte Darstellungen des Genitalbereiches handeln muss.

Die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornographie ist das Anliegen aller Fraktionen hier im Haus, betonte Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S). Die Ausweitung der Straftatbestände und auch die Anhebung des Strafmaßes gehe tendenziell in die richtige Richtung. Allerdings warne sie davor, dass Thema insofern zu missbrauchen, als sinnvolle und längst fällige Neuregelungen mit überholten, verzopften Moralvorstellungen verbrämt werden. Wenn man das Thema Kinderschutz wirklich ernst nimmt, muss man erkennen, dass mit der Anhebung des Strafrahmens nicht genug getan ist, zumal die Täter zum Großteil aus dem Familien- und Bekanntenkreis kommen. Ansetzen müsse man daher bei der Prävention, beim Opferschutz und der Opferfürsorge, appellierte Grossmann.

Bei der getrennten Abstimmung wurde das Strafrechtsänderungsgesetz 2003 in zweiter Lesung teils mehrheitlich, teils einstimmig angenommen; in dritter Lesung wurde das Gesetz einstimmig verabschiedet. Die S-G-Zusatz- bzw. Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit. Einstimmig genehmigt wurde sodann das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes. (Forts.)