Parlamentskorrespondenz Nr. 155 vom 09.03.2004

THEMENSCHWERPUNKTE IM UMWELTAUSSCHUSS: LUFTQUALITÄT UND KLIMASCHUTZ

Minister Pröll stellt klar: Österreich erfüllt sein Kyoto-Ziel

Wien (PK) - Die heutige Sitzung des Umweltausschusses unter der Leitung von Obfrau Eva Glawischnig stand im Zeichen der eng zusammenhängenden Themen "Luftqualität und "Klimaschutz". Ihren Ausgang nahm die Debatte vom aktuellen Immissionsschutzbericht des Ressorts (III-71 d.B.), der von Sprechern aller Parteien gelobt und schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Abgeordnete aller Fraktionen und Umweltminister Pröll zeigten sich auch einig in der Analyse der Feinstaub-, Stickoxid- und Ozonprobleme. Dabei drängten die Abgeordneten den Minister fraktionsübergreifend, die Verantwortung der Landeshauptleute für den Immissionsschutz einzumahnen, was Umweltminister Pröll einerseits zusagte, andererseits aber auch darauf hinwies, dass sowohl im Inntal als auch in Linz und Graz bereits Maßnahmen ergriffen wurden. Hinsichtlich Feinstaub und Ozon arbeiten Arbeitskreise an einer Strategie, für Partikelfilter in Diesel-Kfz sei er auf europäischer Ebene initiativ geworden und strebe zudem Anreize für eine beschleunigte Einführung der Diesel-Abgasreinigung in Österreich an, teilte der Ressortleiter mit. 

In einer Aktuellen Aussprache zum Projekt "Klimaschutz" zeigten sich Abgeordnete der SPÖ und der Grünen besorgt wegen Aussagen von Wirtschaftsminister Bartenstein, die sie als Hinweise auf ein mögliches Abgehen Österreichs von der Einhaltung des Klimaschutzziels von Kyoto (minus 13 % CO2-Ausstoss bis 2012) kritisierten. Während Abgeordneter Karlheinz Kopf daran erinnerte, dass sich die USA und Russland vom Klimaschutz verabschiedet haben, und daher Verständnis für den Wirtschaftsminister zeigte, zerstreute Umweltminister Pröll die Klimaschutz-Sorgen der Opposition, indem er sich klar zum Kyoto-Ziel bekannte und sich aufgrund jüngster Emissionsminderungen optimistisch zeigte, die österreichischen Verpflichtungen beim Klimaschutz erfüllen zu können.

LUFTGÜTE: FEINSTAUB, STICKOXIDE UND OZON IM VISIER DER ABGEORDNETEN

Von Seiten der SPÖ drängte Abgeordnete Petra Bayr den Umweltminister, Maßnahmenkataloge der Länder in den Bereichen Feinstaub und Ozon zu verlangen. Ulrike Sima regte an, auch für Traktoren und Baumaschinen Partikelfilter vorzuschreiben. Hannes Bauer sah beim Immissionsschutz im Bereich Luft einerseits Erfolge durch Minderung des SO2-Ausstoßes, klagte aber zugleich, dass es nicht gelungen sei, das Aktionsfeld auf die neuen Belastungen Ozon und Feinstaub zu verschieben. Bauer verlangte eine Konzentration auf den Lkw-Verkehr, dessen Schadstoffzunahme die Schadstoffverminderungen im Pkw-Verkehr überkompensiere. Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) wies auf Probleme von Solarbetreibern infolge der Feinstaubbelastung hin. 

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) lobte den Bericht, der ein gutes Bild der realen Situation zeichne und räumte ein, dass die Situation bei Staub und Feinstaub nicht zufrieden stellend sei. Es gebe Maßnahmenkataloge im Inntal, in Linz und Graz, es sei aber notwendig, von Seiten des Ministers Druck auf die Länder zu machen. Abgeordneter Hannes Missethon (V) erinnerte daran, dass die VOEST-Alpine in Donawitz das mittlerweile modernste Stahlwerk Europas betreibe, die dort erreichte Lösung des Staubproblems werde aber erst im nächsten Immissionsschutzbericht ihren Niederschlag finden.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) führte die aktuellen Probleme mit Luftschadstoffen auf das unvorgesehene Wachstum beim Eigenheimbau und beim Lkw-Verkehr zurück. Wittauer plädierte für die Umsetzung des Immissionsschutzgesetzes auf regionaler Ebene und forderte auch von Wien Maßnahmen ein. Abgeordnete Elke Achleitner (F) erkundigte sich beim Umweltminister nach bundesweiten Maßnahmen gegen Luftschadstoffe.

Abgeordnete Eva Glawischnig (G) kritisierte die Schwerfälligkeit des Immissionsschutzgesetzes Luft sowie säumige Landeshauptleute, die sich darauf beschränkten, Umweltprobleme zu verwalten, statt sie zu lösen. Die Ozon-, Stickoxid- und Feinstaubproblematik betreffe mittlerweile jede größere Stadt. Glawischnigs Frage an den Umweltminister lautete, wie er die Landeshauptleute dazu bringen werde, Konsequenzen zu ziehen.

Umweltminister Josef Pröll räumte ein, dass die Belastung bei Stickoxiden einen geringen Anstieg und bei Feinstaub eine steigende Tendenz verzeichne, erinnerte aber daran, dass in Tirol, Graz und Linz bereits Maßnahmen ergriffen wurden. Hinsichtlich Feinstaub und Ozon seien bereits Arbeitskreise eingerichtet, die bis Ende März eine Strategie ausarbeiten. Im europäischen Umweltministerrat sei er kürzlich für die Einführung von Dieselpartikelfiltern initiativ geworden, sagte Pröll und teilte mit, dass er über Anreize nachdenke, um die Einführung von Partikelfiltern in Österreich zu beschleunigen. Die Länder habe er bereits dazu aufgefordert, beim Immissionsschutz tätig zu werden, sagte der Umweltminister und machte darauf aufmerksam, dass die Fristen für Maßnahmen durch die letzte IGL-Novelle verkürzt wurden.

UMWELTMINISTER PRÖLL BEKENNT SICH NACHDRÜCKLICH ZUM KLIMASCHUTZ

Die Aktuelle Aussprache zum Thema "Klimaschutz" leitete Abgeordnete Ulrike Sima (S) mit Kritik an der Blockade der Ökostromregelung durch den Kärntner Landeshauptmann Haider ein. Außerdem erkundigte sich Sima nach dem Stand der Umsetzung des Verhandlungsergebnisses über Temelin und erbat Auskunft über konkrete Maßnahmen der Bundesregierung zum Klimaschutz. Einen Abschied vom Kyoto-Ziel, wie ihn Wirtschaftsminister Bartenstein angedeutet habe, könne sie sich nicht vorstellen, weil dieses Ziel bereits Teil der EU-Rechtsordnung sei. Fraktionskollege Hannes Bauer (S) sah das Kyoto-Ziel unter den gegebenen Bedingungen als nicht erreichbar an und plädierte dafür, Lenkungsinstrumente in Richtung öffentlichen Verkehr einzusetzen, den Hausbrand durch Gemeinschaftsanlagen zurückzudrängen und in der Raumordnung dafür zu sorgen, dass Siedlungen in der Nähe öffentlicher Verkehrsmittel errichtet werden. Es gelte zu verhindern, dass weiterhin "Pkw-Fahrer gezüchtet werden".

Abgeordnete Petra Bayr (S) kritisierte den deutlich sichtbaren Einfluss von Wirtschaftsinteressen auf den Entwurf des Emissionszertifikategesetzes, befürchtete eine Bevorzugung der Atomkraft durch den Zertifikathandel und wandte sich entschieden  gegen den Rückzug Österreichs aus der Erfüllung des Kyoto-Zieles. Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) hielt es nicht für ausgeschlossen, dass die USA doch an der Umsetzung der Kyoto-Vereinbarungen teilnehmen und warnte im Zusammenhang mit dem Zertifikatehandel vor energiewirtschaftlichen Auswirkungen und einer totalen Importabhängigkeit. Zudem kritisierte Oberhaidinger das Fehlen von 15a-Verträgen zum Thema Raumheizung sowie Maßnahmen im Verkehrsbereich.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) hielt Sorgen wegen der Klimaentwicklung für berechtigt, machte aber darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung eine zielorientierte Klimastrategie entwickelt habe. Seit Kyoto hätten sich aber mit den USA und Russland zwei wesentliche Länder verabschiedet, daher sei der Vertrag völkerrechtlich nicht verbindlich. Klimaschutz sei national kaum machbar, sagte Kopf. Der Wirtschaftsminister und der Umweltminister könnten nichts dafür, wenn sich ein paar Länder aus dem Kyoto-Prozess verabschieden. Auf die hohen volkswirtschaftlichen Kosten des Klimaschutzes und auf Wettbewerbsvorteile von Ländern hinzuweisen, die sich vom Klimaschutz verabschieden, liege in der Verantwortung des Wirtschaftsministers, meinte Abgeordneter Kopf. Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) sah das Umweltschutzvorbild Österreich nicht in Gefahr und erkundigte sich beim Minister nach dem Anteil der klimarelevanten Umweltförderungen seit 1998.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) sprach sich dafür aus, die Umwelt-Vorbildposition Österreichs beizubehalten und die Verpflichtungen zu erfüllen, die Österreich beim Klimaschutz eingegangen sei. Abgeordnete Elke Achleitner (F) wies darauf hin, dass der Klimawandel bereits stattfinde und es daher notwendig sei, Hochwasserschutzmarken zu verändern und Vorkehrungen im Katastrophenschutz zu treffen.

Abgeordnete Eva Glawischnig (G) zeigte sich erschüttert über die Aussagen des Abgeordneten Kopf. Die Kyoto-Vereinbarung sei selbstverständlich weiter verbindlich. Man sollte auch nicht immer von den Belastungen der Wirtschaft sprechen, sondern auch auf die 26.000 Arbeitsplätze hinweisen, die durch Klimaschutzmaßnahmen geschaffen werden können. Die ÖVP sollte sich von ihrer Lobby-Politik für einige wenige Unternehmen verabschieden.

Umweltminister Josef Pröll sah keinen Anlass zur Sorge, dass das Kyoto-Ziel nicht umgesetzt würde. Die Bundesregierung habe eine Klimastrategie beschlossen und setze das gemeinsame Programm mit den Bundesländern um. Die Verträge mit den Ländern zum Thema Raumheizung seien nach Abschluss der Begutachtungen "unterwegs", sagte Minister Pröll. Darin gehe es um Mindestanforderungen bei Neubauten, Anreize für zusätzliche Maßnahmen, bessere Dämmwerte, Wohnhaussanierung, effektivere Heizungsanlagen und den Vorrang erneuerbarer Energien bei Heizungsanlagen.

Überdies ließen jüngste Daten des Umweltbundesamtes über die Entwicklung der CO2-Emissionen erste Erfolge der Klimastrategie erkennen - die Zunahme des Ausstoßes verflache sich. Die Industrie habe zuletzt eine Reduktion um 2,8 %, Kleinverbraucher eine Reduktion um 8 % erzielt. Das Sorgenkind sei der Verkehr, hier setzt Minister Pröll auf die Beimischung von Biokraftstoff.

Bei den Umweltförderungen wurde ein Klimaschwerpunkt gesetzt, informierte der Minister und bezifferte die klimarelevanten Förderungen im Jahr 2003 mit 170 Mill. €. Durch geförderte Projekte konnten in den letzten Jahren 2,5 Mill. Tonnen CO2-Emissionen reduziert werden. 

 

Er sehe die Glaubwürdigkeit der Politik in Gefahr, wenn die Ökostromregelung in Frage gestellt werde. Er setze sich mit aller Kraft dafür ein, diese Regelung beizubehalten.

Die für das AKW Temelin mit Tschechien vereinbarte "Roadmap" werde fristgerecht abgearbeitet, teilte der Minister mit.

Die freiwillige Selbstverpflichtung, die die Industrie beim Thema Einwegverpackungen übernommen habe, müsse Erfolge zeigen, sonst werde man im Frühjahr, wenn der diesbezügliche Bericht vorliege, über Maßnahmen diskutieren müssen. (Fortsetzung)