Parlamentskorrespondenz Nr. 214 vom 24.03.2004

NR BESCHLIESST: KEINE RÜCKZAHLUNG DER ZUSCHÜSSE ZUM KARENZGELD

Sozialdemokraten plädieren für Vaterschutzmonat

Wien (PK) - Am Beginn der Sitzung gab Nationalratspräsident Andreas Khol bekannt, dass von den Abgeordneten Dr. Spindelegger (V) und Dr. Bösch (F) eine Dringliche Anfrage an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheit für Österreich und Europa (1579/J) eingebracht worden ist. Die Debatte darüber wird um 15 Uhr erfolgen.

Im Anschluss daran findet eine Kurze Debatte über den Antrag der Abgeordneten Silhavy (S) statt, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Beratung des Initiativantrages betreffend ein Schwarzunternehmerbekämpfungsgesetz (182/A) eine Frist bis zum 7. Juli 2004 zu setzen.

Der erste Tagesordnungspunkt betraf die Änderung des Karenzurlaubszuschussgesetzes und weiterer Gesetze.

Abgeordnete STEIBL (V) replizierte auf eine Bemerkung der Abgeordneten Weinzinger in der Aktuellen Stunde und unterstrich, dass Frauen- und Familienpolitik Querschnittsmaterien seien. Die Bundesregierung agiere unter dem Motto, die Familien zu stärken und die Wahlfreiheit zu garantieren. Ziel sei es, die Leistungsfähigkeit der Familien zu sichern. Grundsätzlich begrüßte Steibl die Intention des vorliegenden Gesetzes, auf die Rückforderung der Zuschüsse an Familien zu verzichten, erinnerte aber daran, dass diese Regelung von einer SPÖ-dominierten Regierung stammt. Jetzt sei es jedenfalls gelungen beim Kinderbetreuungsgeld eine klare Regelung zu schaffen.

Steibl wies auch darauf hin, dass Österreich laut EUROSTAT bei Familienleistungen hinter Luxemburg an zweiter Stelle rangiere und führte als Beispiel einer familienfreundlichen Politik das Kinderbetreuungsgeld, die höhere Anrechnung der Kindererziehungszeiten für die Pension, eine familienfreundliche Steuerreform, die Familienhospizkarenz und die Anhebung der Zuverdienstgrenze an. Zu der Forderung des Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen meinte sie, dass Kinderbetreuung auch außerhalb der öffentlichen Einrichtungen stattfinde und Österreich mit 63 % eine hohe Rate an berufstätigen Frauen aufweise.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) nannte die vorliegende Novelle als eine höchst notwendige Korrektur und stellte fest, dass die damalige SPÖ-Frauenministerin Prammer eine andere Regelung vorgezogen hätte, sie sich aber nicht gegen die ÖVP hätte durchsetzen können.

Kuntzl monierte, dass das Kinderbetreuungsgeld weitere Nachbesserungen notwendig mache, und verwies in diesem Zusammenhang auf einen SPÖ-Antrag, der Anregungen der OECD aufgegriffen habe. Darin werde u. a. das Problem der Zuverdienstgrenze angesprochen, die laut SPÖ ersatzlos gestrichen werden müsste. Die Rednerin fügte erklärend hinzu, dass das Kinderbetreuungsgeld eine Systemänderung in Bezug auf das Karenzgeld darstelle und daher eine Zuverdienstgrenze nicht mehr zu rechtfertigen sei. Das Kinderbetreuungsgeld sei, so Kuntzl, in der jetzigen Form erwerbshemmend, weshalb eine flexiblere Gestaltung notwendig sei. Kuntzl forderte den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen. Sie legte auch einen weiteren SPÖ-Antrag den Abgeordneten ans Herz, der die Idee eines "Vaterschutzmonats" zum Inhalt hat.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) zeigte sich mit der Korrektur der unglücklichen Regelung zufrieden und meinte, dass man nun eine vernünftige Lösung gefunden habe. Sie konnte die Argumentation Kuntzls in Bezug auf das Kinderbetreuungsgeld nicht nachvollziehen und meinte, Korrekturen seien erst dann möglich, wenn man über einen genauen Überblick verfüge. Derzeit laufe aber noch das alte Karenzgeld aus.

Rosenkranz betonte, dass für die FPÖ-Familienpolitik Wahlfreiheit ohne wirtschaftlichen Druck als Grundprinzip gelte. Sie sei keineswegs bestürzt über die Kritik der OECD, denn das Ziel der FPÖ sei es nicht, Mütter kleinerer Kinder verstärkt in den Arbeitsprozess zu drängen. Die Rednerin zitierte eine Untersuchung, wonach 42 % der Mütter ihre vorschulpflichtigen Kinder selbst betreuen wollen. Die einzige Konsequenz daraus müsse sein, die Kindererziehungszeiten noch besser im Pensionsrecht zu berücksichtigen. Während die SPÖ den Frauen ein ideologisches Konzept aufzwingen wolle, lehne es die FPÖ ab, Frauen und Kinder gegeneinander auszuspielen und Kinder in erster Linie als Erwerbshindernis zu sehen, sagte Rosenkranz.

Abgeordnete MANDAK (G) fragte ihre Vorrednerin, warum die Bundesregierung die Kindererziehungszeiten im Pensionsrecht nicht entsprechend absichere, obwohl sie das immer wieder betone. Jedenfalls treffe die jetzige Pensionsreform vor allem einkommensschwache Frauen. Wie ihre Vorrednerinnen auch begrüßte sie die Aufhebung der ihrer Ansicht nach unzumutbaren Regelungen eines schlampigen Gesetzes. Sie erinnerte die ÖVP daran, dass diese damals ebenfalls in der Regierung vertreten gewesen sei und kritisierte vor allem, dass der Rückzahlungsbetrag mit 15 % Zinsen belegt gewesen sei. Mandak sah dies als Beispiel einer ungerechten Sozialpolitik und verglich diese mit der Steuerpolitik, wo man allen, die nicht Steuern zahlen, eine Amnestie zugestehe. Auch Mandak kritisierte die Zuverdienstgrenze als schwer handhabbar. Eine Erhöhung bringe nichts, denn auch dann werde der Balken den Frauen auf den Kopf fallen.

Abgeordnete MAREK (V) thematisierte die Schwierigkeit der sozialen Treffsicherheit und betonte, dass man dem Sozialmissbrauch einen Riegel vorschieben müsse. Ein Missbrauch von Transferleistungen habe nämlich Kürzungen für alle zur Folge, sagte Marek. Auch sie zeigte sich zufrieden mit der vorliegenden Novelle und begründete den Schritt damit, dass die Väter oft nichts von der Antragstellung der Frauen gewusst hätten und es auch kaum Information über die Rückzahlungspflicht gegeben habe. Zu den Forderungen der SPÖ bemerkte sie, dass diese Zeit genug für die Umsetzung gehabt hätte. Sie schloss sich in Bezug auf Frauenpolitik ihrer Klubkollegin Ridi Steibl an und meinte, dass Frauenpolitik zu einem gewissen Teil immer Familienpolitik sein werde. Das Kinderbetreuungsgeld nannte sie einen familienpolitischen Meilenstein und verteidigte die Zuverdienstgrenze als eine Möglichkeit, im Beruf bleiben zu können. Eine völlige Aufhebung hätte große Auswirkungen auf das Budget, sagte sie.

Abgeordnete BINDER (S) reagierte auf die Wortmeldung der Abgeordneten Rosenkranz und wies den Vorwurf, die SPÖ spiele Frauen und Kinder gegeneinander aus, vehement zurück. Dennoch müsse man sich dessen bewusst sein, dass die Interessen von Frauen und Kindern oft unterschiedlich seien. Jedenfalls sei das Wort "Wahlfreiheit" für sie zu einem Unwort geworden. Binder stellte die Forderung in den Raum, die Zuverdienstgrenze als eine unüberwindbare Hürde für Frauen abzuschaffen. Das Ziel des Kinderbetreuungsgeldes hält sie grundsätzlich für verfehlt, da sich Frauen zu lange aus dem Berufsleben und Väter zu sehr aus der Kinderbetreuung zurückzögen. Außerdem hätte der Bund die finanzielle Unterstützung zur Errichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen zurückgestellt. Österreichische Familien brauchten aber den flächendeckenden Ausbau qualitätsorientierter Kinderbetreuungseinrichtungen als Ergänzung zum Elternhaus, sagte Binder und unterstrich die Notwendigkeit eines so genannten "Vaterschutzmonats".

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) bezeichnete das Gesetz als mangelhaft und verwaltungsaufwändig und hob hervor, dass es nun eine verpflichtende Information für die Eltern gebe und der Rückzahlungszuschlag für die Eltern gestrichen werde. Abgeordneter Mandak widersprach er heftig, indem er feststellte, dass die Pensionsregelung die Kinderbetreuungszeiten sehr wohl berücksichtige. Aufhorchen ließ der Abgeordnete mit der Forderung, das Kinderbetreuungsgeld zu einem Elterngehalt auszuweiten. Man müsse auch hinterfragen, sagte er, wie viele Frauen tatsächlich auf den Arbeitsmarkt wollen. Wesentlich sei die Wahlfreiheit, denn diese bringe eine Win-Win-Situation.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) hielt aus ihrer Sicht fest, dass die ÖVP keine Frauenpolitik mache. Ihr Vorredner Dolinschek habe es auf den Punkt gebracht, der Regierung gehe es darum, den Arbeitsmarkt von den Frauen zu entlasten. Die Korrektur des Gesetzes sei notwendig, gehe aber nicht weit genug, zumal die Wahlfreiheit nicht wirklich gegeben sei. Solange der Kinderbetreuungsschutz länger dauere als der Kündigungsschutz, gebe es keine tatsächliche Wahlfreiheit, so Weinzinger. Wie sei Wahlfreiheit bei einer Zuverdienstgrenze gegeben, die Frauen in Berufsfelder des marginalen Einkommensbereichs dränge. Frauen seien immer nur als Dazuverdienerinnen vorgesehen, kritisierte sie. Das Kinderbetreuungsgeld sei oftmals eine Armutsfalle und es sei bezeichnend, dass der Regierung die Kindererziehungszeiten bei der Pensionsanrechnung weniger wert seien als der Präsenzdienst. Schließlich forderte Weinzinger, die Kinderbetreuungsplätze auszubauen.

Bundesminister Mag. HAUPT fasste nochmals zusammen, dass der 15-prozentige Zinsenzuschlag abgeschafft werde und die Eltern über die Rückzahlungspflicht nun informiert werden müssten. Gegenüber der Kritik von SPÖ und Grünen an der Zuverdienstgrenze rechnete er vor, dass man beim Karenzgeld 316 € pro Jahr habe dazuverdienen dürfen, ab 2002 aber 14.600 €. Außerdem sei er nunmehr ermächtigt, in Härtefällen bei einer 15-prozentigen Überschreitung der Zuverdienstgrenze von einer Rückzahlung abzusehen. Dies sei ein Quantensprung hinsichtlich Erhöhung und Wahlfreiheit, sagte Haupt.

Die vorliegende Gesetzesreparatur bezeichnete Haupt als Ausdruck der Vernunft. Kritik an fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen verwies der Sozialminister an die Länder, die, wie er betonte, verfassungsrechtlich für diesen Bereich zuständig sind.

Abgeordnete LENTSCH (V) stellte fest, mit der heutigen Reparatur verzichte die Bundesregierung auf 4 Mill. €, gehe es doch dabei um die Ärmsten der Armen. Von sozialer Härte könne da keine Rede sein, die Regierung spare dort, wo es geht, und helfe den Menschen dort, wo sie sich selbst nicht helfen können, unterstrich Lentsch.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) begrüßte die Reparatur als Entlastung für einkommensschwache Eltern, hätte sich aber weitergehende Änderungen beim Kindergeld gewünscht, um, wie sie sagte, echte Wahlfreiheit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Das Kinderbetreuungsgeld habe eher zu einem Rückzug der Frauen aus dem Erwerbsleben geführt, der Mangel an Kinderbetreuungsplätzen sei nach wie vor akut, befand sie. Der Ausbau des Angebotes in den Gemeinden scheitere immer wieder an den fehlenden Mitteln. Schönpass warf der Regierung vor, die Gemeinden finanziell auszuhungern, und forderte eine stärkere Bedachtnahme auf kommunale Bedürfnisse bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) zeigte sich erleichtert über die vorliegende Gesetzesreparatur und plädierte in der Frage der Kinderbetreuungseinrichtungen für eine Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund.

Abgeordnete RIENER (V) bezeichnete die Rückzahlungsproblematik als Erbe der sozialdemokratischen Minister und begrüßte den vorliegenden Verzicht. Sozialleistungen zur Existenzsicherung sollten nicht wie Bankdarlehen behandelt werden, stand für sie fest.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) sah die Wahlfreiheit durch die Kindergeldregelung in der gegenständlichen Form nicht gesichert und forderte ein einkommensabhängiges Karenzgeld sowie entsprechende Rahmenbedingungen durch Kinderbetreuungseinrichtungen. Die ÖVP setze auf ein konservatives Familienbild nach dem Motto "die Familie den Frauen, das Geld den Männern", warf sie kritisch ein.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) konterte, die Familie passe offensichtlich nicht ins Weltbild der SPÖ. Er hob dem gegenüber die familienpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung hervor, die seiner Einschätzung nach wieder Mut zum Kind machen.

Abgeordneter KECK (S) begrüßte den Rückzahlungsstopp und untermauerte die Forderung seiner Fraktion nach Einführung eines Vaterschutzmonates.

Abgeordnete HÖLLERER (V) wertete das Kinderbetreuungsgeld als familienpolitischen Meilenstein. Zur Kritik an fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen gab sie zu bedenken, entscheidend sei, dass Kinderbetreuungseinrichtungen bedarfsgerecht angeboten werden und dem Kindeswohl entsprechen.

Abgeordneter RIEPL (S) stellte fest, die heutige Korrektur biete mehr Klarheit und Gerechtigkeit, es habe gut getan, dass sich Staatssekretär Finz im Ausschuss von logischen Argumenten lenken ließ. Kritik übte Riepl allerdings an der Praxis der Regierungsparteien, Oppositionsanträge immer wieder zu vertagen.

Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V) beklagte den rückläufigen demographischen Trend in den Industrieländern und meinte, es müsse vorrangiges Ziel der Politik sein, eine positive Grundhaltung zu den Kindern zu schaffen.

Das Gesetz wurde einstimmig angenommen. (Forts./EU-Erweiterung)