Parlamentskorrespondenz Nr. 228 vom 25.03.2004

KONSENS UND DISSENS DER ABGEORDNETEN IN VERKEHRSFRAGEN

Privatbahngesetz einstimmig, Oppositionskritik an ÖBB-Politik

Wien (PK) – Das neue Privatbahngesetz bringe eine dauerhafte Lösung für die 16 Privatbahnen in Österreich, zeigte sich Abgeordnete Mag. HAKL (V) erfreut. Die Unternehmen erhalten nun die Möglichkeit, 50 % Bundeszuschuss zum Ausbau und zur Erhaltung der Infrastruktur zu lukrieren. Besonders wichtig sei auch, dass dadurch die Grundlage für die Förderung gemeinwirtschaftlicher Leistungen (z.B. Sozialtarife für Pensionisten) durch den Bund gelegt werde.

Die 16 österreichischen Privatbahnen befördern rund 22 Millionen Passagiere und 8 Millionen Tonnen Güter, informierte Abgeordneter MARIZZI (S). Mit diesem Gesetz werde nun die Finanzierung dieser Bahnen unbefristet prolongiert und dadurch mehr Planungssicherheit geschaffen, weshalb die Sozialdemokraten auch zustimmen werden. Als erfolgreiche Beispiele für Privatbahnen führte Marizzi die Schneebergbahn und die Badner Bahn an.

Das Gesetz stellt im wesentlichen eine Nachfolgeregelung dar, wobei nun die Finanzierung unbefristet abgesichert wurde, konstatierte Abgeordneter WATTAUL (F). Für wichtig erachtete der Redner, dass nunmehr die Privatbahnen mit der ÖBB gleichgestellt werden. Insgesamt wurde ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Liberalisierung gemacht, war Wattaul überzeugt.

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) schickte voraus, dass die Grünen der Vorlage zustimmen werden. Auffällig sei jedoch, dass erst nach Ablaufen der Frist das Gesetz verlängert werden müsse, damit keine rechtliche Lücke für die Privatbahnen entsteht. Lichtenberger bemängelte auch, dass keine Maßnahmen für die zusätzliche Förderung von Privatbahnen enthalten sind. Außerdem forderte sie den Staatssekretär auf, endlich den Bericht über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen vorzulegen.

Das 21. Jahrhundert verlange einen modernen, betriebswirtschaftlich geführten und leistungsfähigen öffentlichen Verkehr, betonte Abgeordneter HORNEK (V). Die Strukturen müssen fit gemacht werden für den Wettbewerb in einem liberalisierten Schienenmarkt. Privilegien der Vergangenheit können im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene müsse vorrangiges Ziel sein – dazu leiste dieses Gesetz einen wichtigen Beitrag.

Mit der unbefristeten Verlängerung des Privatbahngesetzes sind mehrjährige Instrumente für die Leistungen des Bundes an die Privatbahnen verbunden, erläuterte Abgeordneter STEIER (S). Dies werde zu mehr Planungssicherheit, zur Sicherstellung der Finanzierung und damit zum Fortbestehen der Eisenbahnen beitragen. Es werde auch ansatzweise Wettbewerbsgleichheit mit den ÖBB hergestellt. Privatbahnen haben nicht nur für den Personenverkehr große Bedeutung, betonte Steier. Positiv beurteilte der Redner die Entwicklung der rollenden Landstraße zwischen Sopron und Wels.

Es sei unbestritten, dass die Privatbahnen gerade für den regionalen Verkehr eine bedeutende Rolle spielen, meinte Abgeordneter WITTAUER (F). Er verstehe die Wortmeldungen der Opposition nicht, die auch bei einer Konsensmaterie anscheinend immer ein Haar in der Suppe finden wolle.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) wies ihren Vorredner darauf hin, dass der heute Beschluss nur eine Notmaßnahme sei, um das Überleben mancher kleiner Privatbahnen zu sichern. Es handle sich aber bei weitem nicht um jene Offensive, die dringend notwendig wäre, um den Herausforderungen in der Verkehrspolitik gerecht zu werden. Sie glaube, dass das Potential bei den Privatbahnen sehr groß sei, weil es dort viele engagierte Mitarbeiter gibt. Schließlich sprach die Abgeordnete Probleme bei der Linzer Lokalbahn an, die durch dieses Gesetz nicht gelöst werden. Die finanzielle Unterstützung gelte nämlich nur für die Infrastruktur, nicht für den Betrieb, dafür wären aber dringend Gelder notwendig.

Staatssekretär Mag. KUKACKA zeigte sich erfreut darüber, dass bei diesem Thema ein einstimmiger Beschluss erreicht werden könne. Es sei richtig, dass man mit den Berichten über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Verzug sei. Allerdings sei er erst im Ausschuss auf diese Tatsache aufmerksam gemacht worden, gab der Staatssekretär zu bedenken. Abgeordneter Moser teilte Kukacka mit, dass die Linzer Lokalbahn keinesfalls schlechter als andere Privatbahnen behandelt worden sei. Man müsse aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es europäischen Vorgaben gibt, die besagen, dass nur mehr gemeinwirtschaftliche Leistungen gefördert werden dürfen. Kukacka machte noch darauf aufmerksam, dass für die Privatbahnen eine unbefristete Nachfolgeregelung beschlossen werde, die zu mehr Planungssicherheit führe. Außerdem werden genauso wie bei den ÖBB Förderungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen vergeben; in den vergangenen Jahren jeweils 38 Mill. €. Darüber hinaus wird es auch fünfjährige Investitionsprogramme geben, die genau den Zuschuss des Bundes festlegen.

Abgeordneter GLASER (V) machte darauf aufmerksam, dass die Privatbahnen 12% des Güter- und 8% des Personenverkehrs abwickeln. Der Wunsch des Abgeordneten galt einer Eisenbahnverbindung zwischen dem südburgenländischen Oberwart und dem westungarischen Steinamanger, wobei er anregte, die Möglichkeiten des neuen Gesetzes zu nutzen.

Abgeordneter KAINZ (V) begrüßte die erhöhte Planungssicherheit- und Berechenbarkeit, die das neue Gesetz den Privatbahnen bringe und besprach Verkehrsprobleme im südlichen Niederösterreich, das effiziente öffentliche Verkehrsverbindungen für die Bewältigung der Pendlerströme brauche. Ein positives Beispiel für eine einst defizitäre Privatbahn biete die Entwicklung der Badner Bahn.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) lobte das Team Kukacka/Gorbach, das den Reformstau im Verkehrsbereich auflöse. Das vorliegende Privatbahngesetz sei dafür ein deutliches Beispiel. Der Redner bekannte sich nachdrücklich zum Ziel, die Bahn verkehrspolitisch, finanzpolitisch und unternehmenspolitische zu stärken und den öffentlichen Verkehr zu modernisieren.

Das Privatbahngesetz 2004 wurde einstimmig verabschiedet.

Die Ablehnung der Änderung des Eisenbahngesetzes durch seine Fraktion begründete Abgeordneter EDER (S), indem er sagte, diese Gesetzesänderung für die Zulassung grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs komme zu spät und außerdem fehlten ihr die notwendigen arbeits- und sozialrechtlichen Begleitmaßnahmen. Es mangle an der Prüfung von Ausbildungs- und Arbeitszeiten von Lokführern, die auf österreichischen Strecken fahren sollen. Ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen sei das System Eisenbahn für die SPÖ aber nicht denkbar. Ein wahres Desaster ortete Eder auch bei der Umsetzung des ÖBB-Strukturreformgesetzes und wies auf Postenschacher sowie darauf hin, dass weder der neue Vorstand bestellt noch die vorgesehenen GmbHs gegründet seien. Er hoffe auf rasche Weichenstellungen, damit wieder von einem Unternehmen ÖBB gesprochen werden könne.

Abgeordneter MIEDL (V) zeigte sich überzeugt, dass die Bahn nicht bleiben solle wie sie war, sondern erneuert werden müsse. Dazu gehöre mehr Konkurrenz auf der Schiene und mehr Kundenorientierung. Eine Fahrt auf der Strecke Wien – Graz zeige, dass sich die Bahn in den letzten Jahrzehnten nicht weiter-, sondern zurückentwickelt hat: Die Garnituren seien dieselben, die Fahrzeit länger und der Speisewagen sei mittlerweile abgehängt. Künftig werde es zur strikten Trennung zwischen Verkehr und Infrastruktur kommen und Quersubventionierungen ausgeschlossen, sagte Abgeordneter Miedl. 

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) brachte die Abänderungsanträge ein, deren Annahme es den Grünen ermöglichen würde, der Änderung des Eisenbahngesetzes zuzustimmen. Die Grünen wollen einen größeren verkehrspolitischen Handlungsspielraum und mehr Flexibilität bei Entscheidungen darüber, welchen Verkehren auf überlasteten Strecken der Vorrang zu geben sei, wobei Lichtenberger das Kriterium des gesellschaftlichen Nutzens berücksichtigen möchte. Höhere Strafen forderte die Abgeordnete auch für Sicherheitsverstöße.

Abgeordneter WATTAUL (F) sprach von einer unbedingt notwendigen Novelle, um den freien Marktzugang zur Bahninfrastruktur zu gewährleisten. Gemeinwirtschaftlichen Leistungen und der Personenverkehr seien bevorzugt. Ein Einspruchsrecht für einen österreichischen Regulator könne er sich nicht vorstellen. Die Sozialstandards müssen europaweit vereinheitlicht werden, eine österreichische Insellösungen sei nicht zweckmäßig, weil sie die Wettbewerbsfähigkeit der ÖBB in der europäischen Konkurrenz beeinträchtigen würde.

Abgeordnete BINDER (S) bezeichnete die Umsetzung der EU-Richtlinie als notwendig, hielt es aber für falsch, zuerst den grenzüberschreitenden Verkehr zuzulassen und erst dann eine Harmonisierung der Sicherheitsbestimmungen herbeizuführen. Die Abgeordnete befürchtete die Aushöhlung österreichischer Standards und höhere Risken für Arbeitnehmer und Kunden der Bahn. Es sei für sie nicht vorstellbar, dass „Hobbyeisenbahner“ Schmalspurstrecken ohne Konzession benützen, wie es das vorliegende Gesetz zulassen würde. Dem könne die SPÖ nicht zustimmen.

Abgeordneter DI REGLER (V) verteidigte die Vorlage als zweckmäßig. Es sei dem Vizekanzler und dem Staatssekretär dafür zu danken, dass dieses Gesetz nun unbefristet in Geltung treten werde. Zudem gehe es um die nötige Trennung zwischen Infrastruktur und Verkehr sowie um die Umsetzung der entsprechenden europäischen Regelungen, weshalb er nicht nachvollziehen könne, dass die Sozialdemokratie dieser wichtigen Novelle nicht zustimmen könne.

Abgeordnete FLECKL (S) kritisierte die Vorlage als unausgereift und zu Lasten der ÖBB gehend. Die Regierung sei hier überdies seit mehr als einem Jahr säumig, was der Regierung ein "Armutszeugnis" ausstelle. Die Bundesbahn werde nicht mit durchdachten Regelungen ausgestattet, um im künftigen Wettbewerb bestehen zu können, weshalb ihre Fraktion diesem Entwurf nicht die Zustimmung geben könne.

Abgeordneter WITTAUER (F) nannte die in Rede stehende Novelle hingegen ein gutes Gesetz, das Ausdruck der richtigen Strategie in der Verkehrspolitik sei. Die Kritik der Opposition sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

Abgeordneter KAIPEL (S) plädierte dafür, die EU-Richtlinien umzusetzen, ohne dabei unnötige "Fleißaufgaben" zu machen. Die Vorlage komme zu spät und bedeute einen Wettbewerbsnachteil für die Bahn, weshalb die Vorlage von seiner Fraktion abgelehnt werde. Zudem mahnte der Redner entsprechende Sozialstandards ein.

Staatssekretär Mag. KUKACKA erläuterte den Hintergrund der vorliegenden Novelle und meinte, mit dem heutigen Beschluss werde die Voraussetzung für mehr Wettbewerb geschaffen und die Grundlage dafür gelegt, dass die Bahn sicher ins 21. Jahrhundert fahren könne. Diese Vorlage sei ein "Meilenstein", der für mehr Effizienz und mehr Kundenorientierung sorgen werde. Die Regierung sei keineswegs im Verzug, sondern setze konsequent die notwendigen Maßnahmen um - die Ablehnung der Opposition sei vor diesem Hintergrund unverständlich, meinte Kukacka.

Abgeordneter KÖSSL (V) ging wie sein Vorredner auf den Inhalt der Vorlage ein und nannte diese einen richtigen Schritt in die richtige Richtung, durch den das Land ausgezeichnet für den künftigen Wettbewerb gerüstet sei.

Abgeordneter HEINZL (S) besprach den Entwurf hingegen als ein weiteres Beispiel für eine verfehlte Verkehrspolitik der Regierung, wie er am Fall der Güterzugumfahrung St. Pölten illustrierte.

Abgeordneter RÄDLER (V) wies die Kritik der Opposition als nicht nachvollziehbar zurück und begrüßte die bevorstehende Zustimmung zur gegenständlichen Vorlage.

Der Entwurf wurde mehrheitlich angenommen. Der Zusatz- bzw. Abänderungsantrag der Grünen verfiel der Ablehnung.

Hierauf erläuterte Abgeordneter PACK (V) die Intentionen der 23. Kraftfahrgesetz-Novelle. KFZ-Halter mit Wunschkennzeichen müssten, nachdem diese auf 15 Jahren befristet gewesen waren, sich um eine Neuregelung bemühen, um auch künftig mit einem gültigen Kennzeichen unterwegs zu sein.

Abgeordneter EDER (S) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zur gegenständlichen Vorlage, die er als zweckdienlich einschätzte.

Abgeordneter WATTAUL (F) bezeichnete die Entwicklung rund um die Wunschkennzeichen als erfreulich und votierte für die geplante Neuregelung der Materie.

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) meinte, es wäre schön, hätte man mehr von solchen Steuergegenständen, denn das Geld, das durch die Wunschkennzeichen eingenommen werde, sei für die Verkehrssicherheit sehr gut brauchbar.

Abgeordneter BÖHM (V) schloss sich den Argumenten seiner Vorredner an und votierte ebenfalls für die Annahme der gegenständlichen Vorlage.

Abgeordneter WITTAUER (F) signalisierte ebenfalls Unterstützung und zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung zu diesem Entwurf.

Die Novelle wurde einstimmig angenommen. (Schluss)