Parlamentskorrespondenz Nr. 449 vom 15.06.2004

LETZTER RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS MIT PRÄSIDENT FIEDLER

Abgeordnete behandeln Wirtschafts- und Umweltthemen

Wien (PK) -  Der scheidende Rechnungshofpräsident Franz Fiedler nahm heute zum letzten Mal an einer Rechnungshofausschusssitzung teil. Im Mittelpunkt standen dabei Passagen des Rechungshofberichtes aus dem Bereichen des Wirtschafts- und des Umweltressorts.

Die Abgeordneten setzten sich zunächst mit dem Prüfbericht betreffend die Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes auseinander. Aufgabe dieser Gesellschaft ist es, die Liegenschaften des Bundes zweckmäßig und kostengünstig zu verwalten. Der Rechnungshof hatte in seinem Bericht kritisch festgestellt, dass diese Aufgabe weder in wirtschaftlicher noch in organisatorischer Hinsicht erfüllt wurde. Seitens der Prüfer wurde vor allem empfohlen, die Aufgaben zwischen Bundesimmobiliengesellschaft und Immobilienmanagementgesellschaft klarer abzugrenzen und Möglichkeiten weiterer Personaleinsparungen zu suchen. Zudem drängte der Rechnungshof auf den Aufbau eines ordnungsgemäßen Mahnwesens und die Vergabe von Dienstleistungen auf Basis einer internen Vergaberichtlinie, die jedenfalls die Einholung von mehreren Angeboten vorsieht.

Abgeordneter Christian Puswald (S) qualifizierte die Umwandlung als eine "typische Husch-Pfusch-Aktion der Bundesregierung". Sein Fraktionskollege Abgeordneter Christian Faul sah zudem die politische Verantwortung angesprochen und meinte, man könne doch keine Gesellschaft gründen, bei der von Haus aus die Personalkosten höher sind als der Umsatz.

Bundesminister Martin Bartenstein teilte mit, die Umsatzerlöse seien mittlerweile angehoben worden, sodass im Jahr 2003 erstmals  ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt werden konnte. Auch habe man den Personalstand weiter verringert.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler bemerkte, die Umwandlung sei ein schlagendes Beispiel dafür, dass bei Ausgliederungen immer noch Fehler begangen werden. Zu der im Zuge der Debatte von der SPÖ-Abgeordneten Ruth Becher kritisch angesprochene Übersiedlung des Handelsgerichtes aus der Riemergasse in den City-Tower hielt Fiedler fest, das Problem liege im bestehenden Interessenkonflikt zwischen dem Justizminister und der BIG. Nach Meinung Fiedlers sollte das Finanzministerium in derartigen Fragen ein Mitspracherecht haben und die Gesamtabwicklung vornehmen.

Ein weiterer Punkt der heutigen Sitzung waren die Feststellungen des Rechnungshofberichts betreffend die Förderungen an die Sonstige Wirtschaft. Hier hatte der Rechnungshof die Aufsplitterung der Kompetenzen und vor allem auch die fehlende Evaluierung der Förderungen kritisiert.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein betonte, man habe auf die Kritikpunkte des Rechnungshofs bereits reagiert. Er kündigte in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines Evaluierungsplanes an, um die Förderungen künftig auf ihre Effizienz zu prüfen.

Auch Rechnungshofpräsident Franz Fiedler meinte dazu, insgesamt konnte seit der Erstellung des Berichtes eine eindeutige Verbesserung verzeichnet werden.

RAMSAR-KONVENTION UND NATIONALPARK NEUSIDLERSEE-SEEWINKEL

Im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs über das Verwaltungsjahr 2002 gilt ein spezielles Kapitel den Feuchtgebieten, die wesentlich zur Verbesserung und Neubildung von Grundwasser beitragen, einen natürlichen Hochwasserschutz bilden, als Kohlendioxid–Speicher fungieren und außerdem als Zentren der Artenvielfalt gelten: Fast 40 % der Vögel und 33 % aller Pflanzen sind strikt oder vorwiegend an Feuchtgebiete gebunden. Seit dem Beitritt Österreichs zur RAMSAR–Konvention, die dem Schutz von Feuchtgebieten dient, wurden elf RAMSAR–Gebiete mit einer Gesamtfläche von 118 000 ha ausgewiesen - Neusiedler See–Seewinkel, Donau–March–Auen, Untere Lobau, Stauseen am Unteren Inn, Rheindelta Bodensee, Pürgschachen Moor, Sablatnigmoor, Rotmoos im Fuschertal, Hörfeldmoor, Teich–, Moor– und Flusslandschaft Waldviertel, Lafnitztal.

Zur Umsetzung der RAMSAR-Konvention stellten die Rechnungshofprüfer fest, dass die Naturschutzgesetze der Länder - die gemäß Bundesverfassung in Gesetzgebung und Vollziehung für den Naturschutz zuständig sind - nach Art und Umfang des Schutzes deutliche Unterschiede aufweisen und dass österreichweit gültige Regeln, Definitionen oder Standards für Feuchtgebiete fehlen. Lob spendete der Rechnungshof für die innerstaatliche Zusammenarbeit und die Kooperation mit den Nachbarstaaten. Die Ziele bei der Erhaltung, Pflege und Verbesserung der ökologischen Situation in den Feuchtgebieten konnten erreicht werden, heißt es im Bericht.

Das zweite Naturschutzthema bildete die Region Neusiedler See, ein  in ornithologischer Sicht bemerkenswertes Gebiet. Bedauerlicherweise gingen die für den Seewinkel charakteristischen "Lacken" (zu– und abflusslose Gewässer) stark zurück, wobei die Störung des natürlichen Wasserhaushalts infolge wirtschaftlicher Nutzung als Ursache gelten, liest man im Rechnungshofbericht. Nutzungskonflikte bestanden mit der Landwirtschaft, der Jagd, der Fischerei und dem Tourismus. Dem Problem der illegal angelegten Brunnen wurde mit einer Feldbrunnenerhebung und einer Regelung der Wasserentnahme begegnet. Die Zusammenarbeit zwischen Österreich und Ungarn für den Raum Neusiedler See war erfolgreich, schreiben die Prüfer des Rechnungshofs in ihrem Bericht, der auf Erhebungen in der Zeit von September bis Oktober 2002 basiert.

Auf Detailfragen der Abgeordneten Erwin Kaipel (S), Hermann Gahr (V), Heidemarie Rest-Hinterseer (G) und Klaus Wittauer (F) eingehend, führte Umweltminister Josef Pröll aus, dass für LIFE-Naturschutzprojekte der EU, die im Jahr 2004 auslaufen, bereits ein Verlängerungsvorschlag der EU vorliege - der Beschluss darüber stehe unmittelbar bevor.

Beim Thema Nationalpark Neusiedler See dankte Minister Pröll allen für die dort geleistete Arbeit. Hinsichtlich der Vorschläge für eine Dotierung des Neusiedler Sees mit Donauwasser zeigte der Ressortleiter Verständnis für die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Neusiedler See, gab aber zu bedenken, dass es sich bei diesem See um einen Steppensee handle, dessen Wasserstand in der Geschichte oft Schwankungen gezeigt habe. Eine Machbarkeitsstudie werde weitere Erkenntnisse bringen, über Finanzierungsfragen sei allenfalls dann zu diskutieren. Die Balance zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Interessen sei jedenfalls zu wahren, betonte der Minister.

Gemeinsame Standards bei der Umsetzung der RAMSAR-Konvention seien Thema einer in seinem Ressort eingerichteten Plattform, in die u.a. auch Vertreter der Bundesländer einbezogen seien. Für die Umsetzung der Feuchtgebiete-Konvention sei es nicht wesentlich, ob die betreffenden Flächen im öffentlichen oder privaten Eigentum stehen. Auf die Anliegen des Naturschutzes habe die Eigentumsfrage nur wenig  Einfluss. Das erste RAMSAR-Gebiet im Bundesland Tirol sei in Ausarbeitung.

Auf ein Verkehrsprojekt im Raum Marchauen angesprochen, sagte der Umweltminister, ein solches Vorhaben werde einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen und dabei alle Naturschutzaspekte zu berücksichtigen sein.

Als Auskunftsperson teilte Bernhard Kohler mit, dass die Situation der "Lacken" im Seewinkel durch Eingriffe in den fünfziger und sechziger Jahren beeinträchtigt worden sei. Diese Eingriffe sollen schrittweise und in Abstimmung mit den Grundeigentümern zurückgenommen werden. Das Projekt einer Dotierung des Sees mit Donauwasser müsse man sich im Rahmen einer UVP genau anschauen, sagte der Experte.

Der Direktor des Nationalparks Neusied ler See, Kurt Kirchberger,  te ilte zudem mit, dass die "Lacken" unabhängig vom Grundwasser seien und hinsichtlich ihres Wasserhaushalts noch Forschungsbedarf bestehe. Für 8.000 ha Nationalparkgelände bestehen langfristige Verträge mit den Grundeigentümern. Die restlichen 2.000 ha sollen ebenfalls langfristig vertraglich abgesichert werden.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler wertete es als einen Erfolg,  dass wiederholte RH-Kritik an illegalen Brunnen im Seewinkel zur Stabilisierung der Grundwassersituation beigetragen habe. In der Frage einer Dotierung des Neusiedler Sees mit Donauwasser seien laut Rechnungshofpräsident die Ökologen und Hydrologen am Wort. Es sei zu klären, ob ein solcher Eingriff in die Ökologie zu rechtfertigen sei.

Bei der Abstimmung wurde der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002 mit V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Die Verhandlungen über die Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofes  betreffend Budgetkonsolidierung (III-82 d.B.) sowie über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (III-77 d.B.) wurden einstimmig vertagt.

DANK UND ANERKENNUNG FÜR RECHNUNGSHOFPRÄSIDENT FRANZ FIEDLER

Das bevorstehende Ende der zwölfjährigen Amtszeit von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler veranlasste den Vorsitzenden des Rechnungshofausschusses Werner Kogler (G) und die Fraktionsführer zu Worten des Dankes und der Anerkennung für den scheidenden Rechnungshofpräsidenten. Diese zwölf Jahren haben große Veränderungen für den Rechnungshof gebracht, sagte Kogler und machte auf die weitere Emanzipation des Kontrollorgans unter der Führung von Franz Fiedler aufmerksam. Der Rechnungshof habe ein neues Selbstverständnis entwickelt und sich - "in der Sache immer sehr klar" - in der Öffentlichkeit neu dargestellt und dadurch seine Wirkung verstärkt. Wer in Verwaltung und öffentlicher Wirtschaft tätig war, wusste, dass es einen Rechnungshof gibt und er damit rechnen müsse, vom Rechnungshof kritisiert zu werden. Bei seiner Fraktion, den Grünen, habe Präsident Fiedler sehr rasch Vertrauen gewonnen, sagte Werner Kogler und bescheinigte dem Rechnungshofpräsidenten eine in der Öffentlichkeit bislang noch nicht sehr bekannte Eigenschaft, nämlich Humor. "An Franz Fiedler gibt es noch vieles zu entdecken", schloss der Ausschussobmann.

Abgeordneter Günter Kräuter (S) sah mit Franz Fiedler keine Amtszeit, sondern eine Ära zu Ende gehen. Er erinnere sich gerne an die 100 Sitzungen des Rechnungshofausschusses, an denen Franz Fiedler seit 1992 teilgenommen habe, sie seien fast immer interessant gewesen. Kräuter ging dann auch auf Fiedlers Präsidentschaft in der internationalen Vereinigung der Kontrollbehörden, INTOSAI, ein und sagte, der Rechnungshof habe in den letzten zwölf Jahren auch international an Reputation gewonnen und sei für viele Länder vorbildhaft geworden. Kräuter dankte Rechnungshofpräsident Fiedler und seinen ausgezeichneten Beamten für ihre hervorragende Arbeit im Interesse der Steuerzahler. "Was immer Sie weiterhin tun werden, die besten Wünsche der SPÖ begleiten Sie!".

Abgeordneter Hermann Gahr (V) sprach von zwölf sehr guten Jahren für den Rechnungshof mit Präsident Fiedler an der Spitze. Der Abgeordnete lobte Fiedlers Kontrollarbeit und dessen Amtsführung, mit der er viel bewegt habe und er würdigte den fairen Stil, mit dem Franz Fiedler viel Anerkennung errungen habe. Er sei auch bereit gewesen, unpopuläre Botschaften mit klaren Worten vorzubringen und habe so dazu beigetragen, vieles in Österreich zu verbessern. "Fiedler war ein hervorragender Teamchef einer sehr guten Mannschaft", schloss Hermann Gahr.

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) schloss sich den Dankensworten seiner Vorredner uneingeschränkt an und zeigte sich stolz darauf, dass seine Fraktion federführend dabei gewesen sei, als es darum ging, Franz Fiedler zum Präsidenten des Rechnungshofes zu wählen. Auch Neudeck sprach den hintergründigen Humor Fiedlers an und machte darauf aufmerksam, dass man zwischen den Zeilen und den Worten des Rechnungshofpräsidenten viel lesen könne. Dem Rechnungshof hat Franz Fiedler laut Abgeordnetem Neudeck ein würdiges und unparteiliches Ansehen gegeben.

Rechnungshofpräsident Franz Fiedler dankte für die freundlichen Worte und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass die Abgeordneten die Rechnungshofmitarbeiter nicht vergessen haben, denn sie seien es, die prüfen, erheben und Berichte schreiben. Er werde in der Nähe des Parlaments bleiben, sagte Präsident Fiedler und wies auf die immer umfangreicher werdende Arbeit im Österreich-Konvent hin, dem er als Präsident vorsitzt. Dass das Naheverhältnis zwischen Rechnungshof und Parlament in seiner Amtszeit als Rechnungshofpräsident ausgebaut werden konnte, sei auch eine Leistung der Parlamentarier, wofür er den Abgeordneten aller Fraktionen herzlich danke. (Schluss)