Parlamentskorrespondenz Nr. 454 vom 16.06.2004

KHOL: FISCHER HAT DIE REPUBLIK GEPRÄGT

Khol und die vier Klubobmänner verabschieden sich von Heinz Fischer

Wien (PK) - Der einzige Tagesordnungspunkt dieser Nationalratssitzung betraf ein Abkommen mit den USA über die Ergänzung des Abkommens aus 1961 über die ERP-Counterpart-Regelung, das mit Stimmeinhelligkeit genehmigt wurde.

Im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes verabschiedeten sich die vier Klubobmänner namens ihrer Parteien von Dr. Heinz Fischer.

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) würdigte Dr. Fischer als „Vollblutparlamentarier“ und als „langjährigen Präsidenten dieses Hauses“: Fischer gehört dem Hohen Haus seit 1971 - mit dreijähriger Unterbrechung – an, er ist 30 Jahre Parlamentarier, 12 Jahre lang Erster Präsident dieses Hauses gewesen und seit 2002 Zweiter Präsident. Er habe in diesem Haus viel erlebt - die SPÖ-Alleinregierung, die SPÖ-FPÖ-Regierung, eine SPÖ-ÖVP-Regierung oder eine ÖVP-FPÖ-Regierung - und habe auch viel mitgestaltet. Ein besonderes Anliegen war Fischer stets die Würde dieses Hauses. Er repräsentiert nicht nur durch seine Persönlichkeit diese Würde des Hauses, sondern hat auch in seiner Vorsitzführung die Würde des Hauses „in jeder Phase mit jeder Faser“ verteidigt, sagte Molterer. Als weiteres Verdienst als Präsident nannte der VP-Klobobmann die Öffnung des Parlaments für die BürgerInnen und damit das Erlebbarmachen des Parlaments. Namens des ÖVP-Klubs bedankte sich Molterer bei Fischer für dessen Arbeit und überbrachte ihm die besten Wünsche für sein neues Amt, das er in wenigen Wochen antreten wird.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) meinte, mit Heinz Fischer verlasse heute jemand das Parlament, der in vielen Funktionen tätig war: Er habe als Klubsekretär begonnen, war dann ein „pointierter Klubvorsitzender“ der SPÖ-Parlamentsfraktion und sei schließlich ein Parlamentspräsident geworden, der die Zustimmung aller im Haus vertretenen Parteien gefunden habe. Heinz Fischer sei aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeiten im Parlament so etwas wie „zum Inbegriff des Parlaments, des Parlamentariers und des Parlamentarismus“ geworden. Besonders unterstrich Gusenbauer Bestrebungen Fischers, das Parlament nicht nur gegenüber der interessierten Öffentlichkeit, sondern auch für Kunst und Kultur zu öffnen. Außerdem habe Heinz Fischer mit vielen anderen dazu beigetragen, dass das heutige Parlament ein anderes Parlament als vor 20 Jahren ist. Heute ist das Parlament ein Arbeitsparlament und es genießt bei den BürgerInnen eine höhere Wertschätzung, als angenommen wird, so Gusenbauer.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) meinte, auch wenn das Verhältnis zur FPÖ nicht immer friktionsfrei gewesen sei, bis hin zu der Entscheidung, einen Teil der F-Fraktion 1993 den Status eines eigenen Klubs zu geben, anerkenne die Freiheitliche Fraktion das Werk Heinz Fischers als Präsident. Fischer habe das Haus geöffnet und versucht, seine Funktion als Präsident von seiner Funktion als stellvertretender Parteivorsitzender der SPÖ zu trennen. Er war und ist Parlamentarier, und es ist anzunehmen, dass er ein bisschen von diesem Bewusstsein in seine neue Funktion mitnehmen werde, sagte Scheibner und verwies darauf, dass Fischer die Funktion als Parlamentspräsident auch dazu genützt habe, das Ansehen Österreichs im Ausland zu stärken. Für ihn wird Heinz Fischer ein Bundespräsident für alle ÖsterreicherInnen werden, der „dynamisch und aktiv seine Rolle im Inland, aber vor allem im Ausland erfüllen wird“.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) betonte, es sei kein Abschied von Heinz Fischer, „Heinz Fischer bleibt uns erhalten“. Hinsichtlich der Verdienste von Heinz Fischer als Nationalratspräsident schloss er sich seinen Vorrednern an. Bereits 1971 habe er, Van der Bellen, Fischer an der Universität Innsbruck, wo Fischer für die kommenden Firnbergschen Reformen der Universitätsstruktur geworben hat, kennen gelernt. Die nächste Begegnung erfolgte Mitte der achtziger Jahre, als es um eine Studie zur Rüstungskonversion ging, die Heinz Fischer als Wissenschaftsminister trotz des Widerstandes in der eigenen Partei unterschrieben habe. Dann habe er ihn als Präsident des Nationalrates erlebt. In dieser Zeit haben wir „sehr, sehr positive Erfahrungen“ mit Heinz Fischer als unparteiischen, fairen Leiter dieses Hauses, als hervorragenden Kenner der Geschäftsordnung, als Kenner von Präzedenzfälle und als einen taktvollen Mahner bei den Sitzungen kennen gelernt, unterstrich der Klubobmann. Heinz Fischer habe es mit den Grünen aber nicht immer leicht gehabt: So soll etwa Petrovic mit einer Tierschutzorganisation bei Heinz Fischer gewesen sein und einem der Hunde sei dort ein kleines „Missgeschick“ passiert. Die Grünen planen nicht, in der Hofburg ähnliche Ereignisse zu duplizieren, versprach der Redner. Mit Worten des Dankes und der Anerkennung für die vielen Jahre der Präsidentschaft schloss Van der Bellen seine Ausführungen.

Nach der Abschiedsrede von Heinz Fischer (siehe PK Nr. 453) ergriff der Erste Präsident des Nationalrates Dr. KHOL das Wort und sagte: Über 40 Jahre Ihres Lebens waren Sie ein Diener der Republik hier im Parlament; auch ein Symbol dafür, dass in dieser Republik jeder alles werden kann, begonnen als Klubsekretär, heute würde man Klubdirektor sagen, dann Abgeordneter, Klubobmann, Minister, Nationalratspräsident und demnächst Bundespräsident. Sie haben in allen Funktion Ihr Bestes gegeben. Sie haben nicht nur den Nationalrat geprägt, Sie haben auch die Republik geprägt. Man kann heute sagen: Mit großer Sachkunde, großem Arbeitseinsatz - ohne Fleiß gibt es keinen Preis -, und mit einer starken Persönlichkeit habe Fischer von festen Ufern aus – „sein festes Ufer ist und bleibt die Sozialdemokratie“ – immer Brücken gebaut. Dass dieses Haus so funktioniert, wie es funktioniert, und dass bei uns die Abgeordneten nicht aufgehetzt aufeinander los gehen, sondern ein ordentlicher Diskurs geführt wird, auch in Zeiten vor Wahlen, hängt, so Khol, damit zusammen, dass in der Präsidialkonferenz Konsens trotz der verschiedenen legitimen Auffassungen erzielt wird. Fischer habe auch das Haus aus einem Elfenbein-Turm heraus geholt und zu einer Begegnungsstätte gemacht, ist doch das Parlament heute eines der großen Veranstaltungszentren der Republik. Dass nächstes Jahr das von Theophil Hansen erbaute Palais Epstein auch für historische und parlamentarische Zwecke verwendet werden kann, sei auch auf Heinz Fischer zurückzuführen. Fischer sei es immer gelungen, seine Position als Stellvertretender Parteivorsitzender der traditionsreichen Sozialdemokratie trotz mancher Kritik grosso modo mit einer unabhängigen unparteiischen moderaten Vorsitzführung zu verbinden. Nach Renner ist Fischer der Zweite, der vom Parlament aus in die Hofburg übersiedelt, sagte Khol und wünschte ihm viel Glück und viel Erfolg. Mit den Worten: Wir sind überzeugt, dass die Arbeit für unsere Republik Österreich mit großem Erfolg weitergehen wird. Es lebe die Republik Österreich! Vielen Dank, Heinz Fischer!, schloss der Nationalratspräsident seine Rede.

(Schluss Verabschiedung Fischer/Forts. NR)