Parlamentskorrespondenz Nr. 461 vom 16.06.2004

KEINE MEHRHEIT FÜR UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS ZUM THEMA MUSEEN

G-Antrag für Arbeitslosenanwaltschaft in Erster Lesung

Wien (PK) - Die Erste Lesung zu einem Antrag der Grünen auf Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft sowie eine von den Grünen verlangte Kurzdebatte zu ihrem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortung von Bildungsministerin Gehrer als Aufsichtsorgan der Bundesmuseen bildeten die Schlusspunkte der 66. Sitzung des Nationalrats.

ERSTE LESUNG: ANTRAG AUF EINRICHTUNG EINER ARBEITSLOSENANWALTSCHAFT

Abgeordneter ÖLLINGER (G) wies darauf hin, dass pro Jahr zwischen 800.000 und 900.000 Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen seien. Niemand dieser Menschen wolle gerne arbeitslos sein oder bleiben, bekräftigte er. Öllinger forderte daher die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft. Es gebe Interessenvertretungen für Schüler und Studierende und Anwaltschaften für Kinder und Jugendliche oder Senioren, skizzierte der Abgeordnete, auch über eine Anwaltschaft für Tiere werde diskutiert, Arbeitslose hätten aber keine derartige Einrichtung. Die Interessenvertretung der Arbeitnehmer dafür heranzuziehen, hält er nicht für zweckmäßig, da, wie er meinte, zwischen arbeitenden Menschen und Arbeitslosen naturgemäß Interessengegensätze bestünden.

Abgeordneter Dr. HUAINIGG (V) betonte, jeder Arbeitslose sei ein Arbeitsloser zuviel. Hinter Arbeitslosigkeit würden sich persönliche Schicksale verbergen, deshalb sei es auch das Bestreben der Bundesregierung, Arbeitslose in die Arbeitswelt zurückzuführen. Das gelte insbesondere auch für behinderte Menschen. "Den Stein der Weisen haben wir allerdings nicht gefunden", räumte Huainigg ein, er glaubt allerdings auch nicht, dass die Einrichtung einer Arbeitslosen-Anwaltschaft "der Stein der Weisen" wäre. Diese wäre lediglich eine zusätzliche Behörde, konstatierte er.

Abgeordnete SILHAVY (S) wies auf die schwierige Situation von Arbeitslosen hin. Die Forderung nach einer Arbeitslosen-Anwaltschaft oder eines Arbeitslosen-Sprechers ist ihr zufolge eine Forderung der Armutskonferenz und entspricht auch den Intentionen der EU. Der Antrag der Grünen gehe ihr allerdings zu stark in Richtung Volksanwaltschaft, sagte Silhavy. Sie wünscht sich, dass sich die Abgeordneten mit dieser Materie ernsthaft im zuständigen Ausschuss auseinandersetzen.

Abgeordneter WALCH (F) betonte, er sei dafür, dass Arbeitslose entsprechend aufgeklärt und unterstützt würden, verwies allerdings auf bereits bestehende Einrichtungen, etwa Beiräte und die Arbeiterkammer. In diesem Sinn äußerte er sich ablehnend zur Forderung der Grünen.

Nationalratspräsident Dr. Khol wies den Antrag 404/A der Grünen dem Sozialausschuss zu.

G-ANTRAG AUF UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS OHNE MEHRHEIT

Die Grünen haben deshalb einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gestellt, weil sie in Sorge sind um eines der wichtigsten Museen und weil es nicht angehen könne, dass diese Institution zu einem Selbstbedienungslanden verkommt, erklärte Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G). Bereits 1998 und 1999 hat der Rechnungshof sehr kritische Stellungnahmen zum Kunsthistorischen Museen abgegeben, erinnerte die Rednerin. Massiv bemängelt wurde unter anderem, dass nach der Teilrechtsfähigkeit nur ein Geschäftsführer bestellt wurde, der ohne Kontrolle "schalten und walten kann, wie er möchte". Nach Durchsicht der Firmenbücher 2002 wurde eine Reihe von Ungereimtheiten festgestellt, die auch im Rahmen von Anfragen an die Ministerin Gehrer nicht aufgeklärt wurden.

In der Folge hat sich dann der Rechnungshof mit dieser Causa befasst, wobei dem Museumsdirektor Wilfried Seipel vor allem die Vermischung von privaten und beruflichen Interessen vorgeworfen wird. Nicht nur dass sich Seipel eine "fette Gehaltssteigerung" genehmigt hat, habe er auch eine Reihe von lukrativen Nebentätigkeiten als Konsulent für die Ministerin ausgeübt. Im Bericht wird zudem darauf hingewiesen, dass die Buchhaltung besser "geschützt" ist als so manches Kunstwerk. Obwohl man den Eindruck bekommt, dass das Museum zu einem Selbstbedienungsladen verkommt, werden keine Konsequenzen gezogen, kritisierte Glawischnig. Seit dem Diebstahl der "Saliera", die völlig unzureichend gesichert war, dränge sich zudem das Gefühl auf, dass die Ministerin, egal was passiert, hinter diesem Direktor steht.

Die Opposition rufe lauthals nach Konsequenzen in einer Angelegenheit, "die längst auf dem Weg der rechtlichen Behandlung ist", stellte Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) fest. Ein Rohbericht des Rechnungshofes sei zudem kein Gegenstand einer öffentlichen Debatte. Es sei daher Ausdruck einer politischen Unkultur, wenn schon heute über Dinge diskutiert werde, die noch gar nicht veröffentlicht wurden. Dies sei eine Vorverurteilung, kritisierte Wolfmayr, und sie frage sich schon, wie die Opposition zu fundamentalen Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Unschuldsvermutung stehe. Wegen eines erhofften kurzfristigen parteipolitischen Vorteils werde ein wahres Scherbengericht veranstaltet, weshalb sie den vorliegenden Antrag vehement ablehne.

Es sei aber ein Faktum, dass die Saliera gestohlen wurde und dass das KHM mit seinem Direktor Seipel in den letzten Wochen für eine Reihe von negativen Schlagzeilen gesorgt habe, entgegnete Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S). Bei der Kritik gehe es auch nicht um das Begleichen von politischen Rechnungen, denn als Kultursprecher wäre es ihr wesentlich lieber, wenn das Kunsthistorische Museum durch seine Arbeit für entsprechendes Aufsehen gesorgt hätte. Der Polizeibericht bestätige zudem die Vermutungen, dass es schwerwiegende Sicherheitsmängel gegeben hat. Außerdem habe bis jetzt noch keine Evaluierung des Bewachungssystems stattgefunden, bemängelte die Rednerin. Neben diesen Problemen gebe es noch eine Reihe von gravierenden Vorwürfen gegenüber Direktor Seipel selbst, die von der Ministerin alle ignoriert werden.

Bei aller Kritik an der Geschäftsgebarung von Direktor Seipel und den offensichtlichen Sicherheitsmängeln dürfe man nicht vergessen, dass heute über einen nicht öffentlichen Bericht diskutiert werde, gab Abgeordnete ROSSMANN (F) zu bedenken. Aus diesem Grund treten die Freiheitlichen dafür ein, den Endbericht abzuwarten.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) wies darauf hin, dass im Rohbericht Missstände angeführt werden, die von den Grünen schon im Jahr 2002 angeprangert wurden. Mittlerweile habe es auch schon 17 parlamentarische Anfragen an Ministerin Gehrer gegeben, die jedoch völlig unzureichend beantwortet wurden. Ein Untersuchungsausschuss wäre daher dringend notwendig.

Der Antrag fand keine Mehrheit. (Schluss)