Parlamentskorrespondenz Nr. 514 vom 29.06.2004

VON UMWELTFÖRDERUNGEN, CHEMIKALIENPOLITIK UND ABFALLWIRTSCHAFT

Pröll im Umweltausschuss: Europa muss Energiezukunft gestalten

Wien (PK) – Im Umweltausschuss kamen heute Themen wie Umweltförderungen, Chemikalienpolitik, Umweltmanagement und Abfallwirtschaft zur Sprache. So heißt es im Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, das Jahr 2003 sei für die "Umweltförderungen des Bundes" ein erfreuliches Jahr gewesen. Insgesamt 3.641 Ansuchen wurden im Berichtsjahr genehmigt; das ist die größte Anzahl an Förderungsfällen seit der Einführung des Umweltförderungsgesetzes (UFG) 1993. Die Anzahl der geförderten Projekte ist gegenüber 2002 um 403 gestiegen. Nur 161 Fälle wurden von den zuständigen Kommissionen abgelehnt.

Die vom Umweltminister im Jahr 2003 mit einem Förderbarwert von 345,5 Mill. € genehmigten Förderungsansuchen lösten in den einzelnen Bereichen ein umweltrelevantes Investitionsvolumen von 1.399,4 Mill. € aus. Der durchschnittliche Fördersatz lag 2003 bei 24,7 % (2002 bei 24,3 %). Was die Verteilung der Mittel angeht, so entfiel der größte Anteil auf die Siedlungswasserwirtschaft (2.653 positiv entschiedene Fälle), gefolgt von der Umweltförderung im Inland (905) und Betriebliche Abwassermaßnahmen (55).

In der Diskussion sprach G-Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer davon, dass der Bericht übersichtlich gestaltet sei und die Umweltförderungen klar dargestellt wurden. Ihre Frage an den Ressortleiter betraf Maßnahmen des Klimaschutzes bei den Finanzausgleichsverhandlungen. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hinterfragte die beschäftigungspolitischen Effekte von Projekten und das JI/CDM-Programm. Auf das JI/CDM-Programm kam auch Abgeordnete Ulrike Sima (S) zu sprechen; außerdem interessierte sie sich für Förderungen im Klimaschutzbereich. Ausschussobfrau Eva Glawischnig beleuchtete gleichfalls das Thema Klimaschutz, jedoch aus dem Blickwinkel der laufenden Finanzausgleichsverhandlungen; sie vertrat die Auffassung, dass das Kyoto-Ziel nicht mehr erreichbar sei. Abgeordneter Christoph Kainz (V) unterstrich u.a., dass noch nie so viele Projekte gefördert wurden wie im Berichtsjahr. Abgeordnete Petra Bayr (S) wünschte Aufklärung über das „Ausreissertum“ der Länder Burgenland und Wien im Rahmen der Umweltförderungen im Inland und Abgeordnete Elke Achleitner (F) schnitt die Biomasseevaluierung an. Von seiner Befürchtung, es werde angesichts der Importabhängigkeit zu einer „Renaissance der Atomenergie“ kommen, sprach S-Abgeordneter Hannes Bauer. Abgeordneter Josef Winkler (V) wollte vom Minister wissen, ob an eine Förderung der Wohlfahrtswälder gedacht sei.

Bundesminister Josef Pröll dankte vorerst den Beamten für die „übersichtliche und straffe Darstellung“ im Bericht. In Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen wies der Ressortleiter u.a. darauf hin, dass der Klimaschutz ein wichtiger Bestandteil des FAG sei und es zur Umsetzung mit den Ländern eine 15a-Vereinbarung geben werde. Ferner sei vorgesehen, die Klimastrategie 2005 neu zu überdenken. Man beabsichtige aber nicht, vom Ziel abzurücken. Zu den Arbeitsmarktauswirkungen gebe es eine Studie, erklärte Pröll in Richtung SPÖ und betonte, in der Altlastensanierungskommission (eine Frage der S-Abgeordneten Sima) werde keine Parteipolitik gemacht. Bei Korneuburg und Wiener Neudorf gehe es um die Frage der Förderung angesichts der massiven Kostenüberschreitungen. Europas müsse die Energiezukunft selbst gestalten; er, Pröll, sei zwar nicht für die Energiepolitik zuständig, jedoch werde er sich dafür einsetzen, dass die ökologische Komponente nicht zu kurz komme.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen und zugleich einer Enderledigung zugeführt.

CHEMIKALIENGESETZ WIRD EU-NORMEN ANGEPASST

Eine Chemikaliengesetz- Novelle 2004 dient der praxisorientierten Abgrenzung des aus dem Jahr 1996 stammenden Gesetzes gegenüber Normen jüngeren Datums, etwa gegenüber dem Abfallwirtschaftsgesetz, dem Mineralrohstoffgesetz und dem Pflanzenschutzmittelgesetz. Außerdem werden Anpassungen an das Chemikalienrecht der EU vorgenommen. So setzt die Anwendung der EU-Verordnungen über die Ein- und Ausfuhr gefährlicher Chemikalien und der Verordnung über Detergenzien (synthetische Seifen) voraus, dass zuständige nationale Behörden in Österreich bestimmt werden. Dazu kommen neue Regelungen, um zu gewährleisten, dass EU-Vorschriften effizient überwacht und die Einhaltung chemierechtlicher Vorschriften durchgesetzt werden <<2^474 d.B.^XXII^I^474^^2>>.

Mitverhandelt wurde ein Antrag der Grünen zur Änderung der Chemikalienpolitik der EU. Ein dazu vorliegender Reformvorschlag der Europäischen Kommission gewährleistet ihrer Meinung nach den Schutz der Gesundheit und der Umwelt nicht ausreichend. Umweltminister Josef Pröll soll sich daher auf EU-Ebene für eine EU-weites Produktions- und Verwendungsverbot gefährlicher Chemikalien einsetzen. Eine Zulassung solcher Produkte solle, so die Grünen, nur in Ausnahmefällen erfolgen, und zwar dann, wenn der gesellschaftliche Nutzen die Risken überwiegt und keine ungefährlicheren Alternativen zur Verfügung stehen.

Weiters fordern die Grünen u.a. eine gründliche Prüfung aller in der EU verkauften Chemikalien und eine Aufnahme von Polymeren (PVC, Waschmittel, Lackpolymere) in das von der EU-Kommission vorgeschlagene REACH-System, das die Registrierung, Evaluierung und Genehmigung von Chemikalien regelt. Dieses solle außerdem für alle Stoffe gelten, von denen mehr als eine Tonne pro Jahr produziert wird (die Kommission sieht eine Mengenschwelle von 10 Tonnen vor). Chemikalien, die krebserregend, erbgut- und fortpflanzungsschädigend sind oder die sich in der Nahrungskette anreichern können bzw. hormonelle Eigenschaften haben, sollen, sollen Grünen, einer strikten Zulassungspflicht bedürfen.

Abgeordnete Katharina Pfeffer (S) wollte wissen, ob sich die neuen EU-Mitgliedsländer an das entsprechende EU-Gesetz zu halten haben. Ihr Fraktionskollege Kai Jan Krainer sprach von einer überfälligen Anpassung an EU-Recht. V-Abgeordneter Karlheinz Kopf brachte einen Abänderungsantrag ein, wonach etwa zur Erfüllung der europarechtlichen Verpflichtungen der Landwirtschaftsminister als zuständige Behörde festgelegt wird, wobei einzelne Aufgaben betreffend die Betriebsanlagen in den Vollzugsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallen sollen. G-Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) sprach eine aktuelle Studie an, wonach eine adäquate Reform der EU-Chemikalienpolitik durch eine Senkung medizinischer Kosten und eine Steigerung der Produktivität infolge vermiedener Krankheiten Einsparungen von bis zu 283 Mrd. € bringen könnte.

Bundesminister Josef Pröll wies u.a. darauf hin, dass es für die zehn neuen Mitgliedsländer keine Übergangsfrist gebe und somit EU-Recht seit dem 1.5.2004 auch für diese Staaten wirksam sei.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der beiden Regierungsparteien teils einstimmig, teils mit V-F-Mehrheit verabschiedet. Ein von der SPÖ eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit. Der G-Antrag wurde von den Regierungsparteien abgelehnt.

SCHUTZ VOR OZONSCHÄDIGENDEN SUBSTANZEN WIRD VERBESSERT

Eine Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (503 d.B.) fand die Zustimmung aller vier Fraktionen. Die Vertragsänderung verbessert die Rechtslage zur weiteren Verringerung des Einsatzes ozonschädigender Substanzen. Umweltminister Josef Pröll teilte auf Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr (S) mit, dass chlorierte Kühlmittel in der EU verboten sind.

PRAXISGERECHTE ÄNDERUNGEN IM UMWELTMANAGEMENTGESETZ

Eine Novelle des Umweltmanagementgesetzes (555 d.B.) für mehr Klarheit und Rechtssicherheit in der Praxis, zur Optimierung des Zulassungsverfahrens und zur deutlicheren Unterscheidung zwischen allgemeinen Voraussetzungen und branchenspezifischen Qualifikationen von Umweltgutachtern wurde unter Berücksichtigung eines V-F-Abänderungsantrages mit der Mehrheit von ÖVP und FPÖ verabschiedet.

In der Debatte kritisierte Walter Schopf (S) die geplanten Verwaltungserleichterungen. "Rechtlich bedenklich", sagte er und klagte, viele Betriebe würden aus Angst vor Haftungsansprüchen keinen Gebrauch vom Umweltmanagementgesetz machen.

Abgeordneter Hannes Missethon und Karlheinz Kopf (beide V) sprachen hingegen von einer Erfolgsgeschichte des Umweltmanagementsystems in Österreich und bekannten sich nachdrücklich zum Modell freiwilligen Umweltschutzes in den Betrieben.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) begründete ihre Ablehnung mit der Befürchtung, das Gesetz würde durch Zulassung neuer, leichterer Zertifizierungsverfahren "aufgeweicht". Freiwillige Regelungen könnten das Ordnungsrecht im Umweltschutz nicht ersetzen.

Abgeordnete Elke Achleitner (F) berichtete von positiven Erfahrungen mit dem Umweltmanagement und bekannte sich dazu, das Zulassungsverfahren transparenter zu gestalten und durch Aufsicht für mehr Sorgfalt zu sorgen.

Österreich ist für Umweltminister Josef Pröll das erfolgreichste Land bei der Anwendung des EMAS-Systems. Er werde dafür sorgen, dass andere Zertifizierungssysteme den EMAS-Vorschriften entsprechen. Von Ausdünnung und Deregulierung im Umweltrecht könne keine Rede sein. Es gehe um Eigenverantwortung der Betriebe beim Umweltschutz.

VERTAGUNG OPPOSITIONELLER ANTRÄGE

Sodann wurden Anträge der Opposition mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

Der SP-Antrag 198/A(E) enthielt den Vorschlag, "Wasserqualität und Zustand von Einzelwasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen)" durch flächendeckende Überprüfung und durch ein Sanierungsprogramm für mangelhafte Anlagen sowie ein Förderungsprogramm zur Erhaltung und Sanierung hauseigener Anlagen zu sichern.

Die Grünen forderten einen "Masterplan für Österreichs Flüsse" (223/A[E]) in Zusammenarbeit mit Bundesländern und NGOs, einen "historischen Kompromiss" zwischen den Interessen des Naturschutzes und der E-Wirtschaft, um außer Streit zu stellen, welche Flüsse künftig zur Energiegewinnung genutzt werden können und welche davon ausgeschlossen bleiben sollen.

Abgeordneter Johann Maier (S) machte auf gravierende Probleme bei den insgesamt 381.000 österreichischen Hausbrunnen aufmerksam, bei deren Kontrolle unübersichtliches Kompetenzwirrwarr herrsche. Der Abgeordnete verlangte gemeinsame Aktionen des Umwelt- und des Gesundheitsressorts, schlug einen  flächendeckenden Proben- und Revisionsplan sowie eine gefördertes Sanierungsprogramm vor.

Abgeordneter Johann Rädler (V) widersprach Maier und warnte vor der Verunsicherung von Brunneneigentümern. In seiner Gemeinde seien alle 85 Hausbrunnen kontrolliert worden und unbeanstandet geblieben. Auch einen Masterplan für Flüsse könne er nichts abgewinnen. Derzeit habe der Hochwasserschutz Priorität. - Rädler beantragte die Vertagung beider Anträge.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) wies darauf hin, dass 1,2 Mill. Menschen in Österreich durch Hausbrunnen versorgt werden. Die Rednerin erinnerte an die Initiative zur Verankerung des Wasserschutzes als Staatszielbestimmung in der neuen Verfassung. Für den von ihrer Fraktion beantragten Masterplan argumentierte die Rednerin, indem sie sagte, Österreich habe noch nicht alle Natura 2000-Gebiete ausgewiesen.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) wandte sich gegen übertriebene Darstellungen und forderte die SPÖ auf, zwischen Brunnen und Nutzwasserbrunnen zu unterscheiden.

Ausschussobfrau Eva Glawischnig ersuchte den Umweltminister, dafür zu sorgen, dass Gewässer, in deren Qualität viel öffentliches Geld investiert wurde, "gegen die Begehrlichkeiten von Wasserkraftbetreibern zu schützen".

Abgeordneter Hannes Bauer (S) hielt die Kontrolle von Hausbrunnen für wichtig, weil sich die Wasserqualität verschlechtern könne.

Mit einem Antrag zur Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (244/A) wollte die SPÖ schließlich erreichen, pfandpflichtige Verpackungen deutlich mit einem "P"  und mit dem Wort "Pfand" zu  kennzeichnen. KonsumentInnen sollen leichter erkennen können, ob es sich um ein pfandpflichtiges Produkt handelt.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) begründete seinen Antrag auf Vertagung mit EU-rechtlichen Bedenken gegen Importbeschränkungen. Außerdem sei im AWG die Möglichkeit einer Kennzeichnungsverordnung vorgesehen, der Antrags also obsolet.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) klagte über Rückgänge bei den Mehrwegverpackungen und verlangte praktikable Regelung zur Förderung von Mehrwegverpackungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) kündigte an, Anträge im Plenum in Erste Lesung zu nehmen, wenn die Regierungsparteien ihre Vertagungspolitik gegenüber Anträgen der Opposition fortsetzen. (Schluss)