Parlamentskorrespondenz Nr. 682 vom 07.10.2004

STAATSSCHULDENBERICHT AUF DEM PRÜFSTAND DES BUDGETAUSSCHUSSES

Kontroversielle Debatte über Wirtschaftspolitik der Regierung

Wien (PK) - Zwischen "gelungener Konsolidierung" und "verfehlter Wirtschaftspolitik" bewegten sich heute die Einschätzungen der Abgeordneten anlässlich der Debatte des Budgetausschusses über den Bericht des Staatsschuldenausschusses betreffend die öffentlichen Finanzen im Jahr 2003. Dem Dokument ist zu entnehmen, dass die bereinigte Finanzschuld des Bundes im Jahr 2003 infolge eines höheren Budgetdefizits um 2,9 Mrd. € oder 2,4 % auf 126,9 Mrd. € stieg. Die Verschuldungsquote des Bundes ging - in Relation zum BIP, das um 0,75 % zunahm - dennoch zurück und sank im Jahresabstand von 56,8 % auf 56,6 %. Die Defizitquote betrug 1,1 %.

Während die Abgeordneten der Regierungsparteien von einer Fortsetzung der erfolgreichen Konsolidierungspolitik trotz schwieriger Konjunkturlage sprachen, interpretierten die Vertreter von SPÖ und Grünen die Kerndaten des Berichtes als Ausdruck einer verfehlten Wirtschaftspolitik.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) hätte sich angesichts der aktuellen Situation warnende Worte des Staatsschuldenausschusses erwartet. Es sei besorgniserregend, dass in Zeiten einer konjunkturellen Erholung das Budgetdefizit und die Finanzschuld des Bundes gestiegen sind. Dazu komme noch das starke Anwachsen der Arbeitslosigkeit, ein im europäischen Vergleich unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum und ein Rückgang der Kaufkraft und der Inlandsnachfrage.

Abgeordneter Johann Moser (S) schloss sich der Kritik seines Fraktionskollegen an und stellte fest, trotz "Verscherbelung" des Familiensilbers sei die Staatsverschuldung angewachsen. Er warf der Regierung eine völlig verfehlten Wirtschaftspolitik vor. Das Ziel des Nulldefizits habe man längst aufgegeben, aktive Arbeitsmarktpolitik werde nicht betrieben. Die derzeitige hohe Arbeitslosigkeit koste dem Staat rund 5 Mrd. €, rechnete er vor.

Abgeordnete Melitta Trunk (S) wiederum gab zu bedenken, die Länder und Gemeinden hätten ausschließlich zur Erreichung des innerösterreichischen Stabilitätspakts beigetragen und dafür Investitionen zurückgestellt. Dieses Faktum sollte in den Finanzausgleichverhandlungen Berücksichtigung finden.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) befürchtete einen Rückgang der regionalen Wirtschaft und damit einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit als Folge von Einsparungen des Staates bei öffentlichern Aufträgen.

Abgeordneter Werner Kogler (G) zeigte sich besorgt über die rückläufigen Steuereinnahmen, insbesondere jene der Umsatzsteuer, und warf dem Bund zudem vor, dramatisch vom innerösterreichischen Stabilitätspakt abzuweichen.

Abgeordneter Werner Fasslabend (V) hielt der Kritik der Opposition entgegen, es sei gelungen, die wesentlichen Ziele der Bundesregierung, insbesondere in den Bereichen Beschäftigungspolitik und Bildungspolitik einzuhalten und gleichzeitig einen konsolidierten Haushalt abzuschließen. Dies sei angesichts der schwierigen Konjunkturlage und des Umstandes, dass mehrere EU-Staaten die Maastricht-Kriterien nicht erfüllen können, umso erfreulicher. Es wäre daher unvernünftig, das derzeitige Defizit von 1,1 % anzuprangern, meinte Fasslabend.

Abgeordneter Thomas Prinzhorn (F) merkte an, es sei unbestritten, dass die Steuer- und Abgabenquote gesunken ist und die Ausgaben des Staates für Beschäftigungspolitik und Bildung erheblich zugenommen haben. Der Vorwurf einer verfehlten Beschäftigungspolitik greife vor dem Hintergrund des europäischen Vergleiches nicht, betonte er.

Abgeordneter Jakob Auer (V) kam auf das Thema des Finanzausgleiches zu sprechen und verwies auf die angespannte finanzielle Situation zahlreicher kleinerer Gemeinden. Manche Gemeinden in Oberösterreich etwa würden pro Einwohner jährlich kaum mehr als 100 € zur freien Verfügung haben, beklagte er.

Staatssekretär Alfred Finz führte die Defizitentwicklung auf die schwachen Konjunktur zurück und gab zudem zu bedenken, die Steuereinnahmen seien auch auf Grund der beiden Konjunkturbelebungspakete gesunken. Im internationalen Vergleich könne sich Österreich mit seiner Defizitquote von 1,1 % durchaus sehen lassen. Auch bei den wirtschaftspolitischen Eckdaten wie Arbeitslosenrate oder Wirtschaftswachstum stehe Österreich hervorragend da. Dass es gelungen sei, die Verschuldungsquote insgesamt von 56,8 auf 56,6 % zu senken, war für Finz ein weiterer Beweis für die erfolgreiche Politik der Bundesregierung.

Der Bericht wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien zur Kenntnis genommen.

VORBELASTUNGEN UND ÜBERPLANMÄSSIGE AUSGABEN IM 2. QUARTAL 2004

In einem Bericht an den Budgetausschuss informiert der Finanzminister über die Genehmigung von Vorbelastungen im 2. Quartal 2004. Der größte Teil der rund 210 Mill. € an Vorbelastungen betraf demnach Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Bundesheer und der Heeresverwaltung (83,584 Mill. €). Technologie- und Forschungsförderungen im Rahmen des FFF schlugen sich mit 52,172 Mill. € zu Buche, an Umweltsubventionen verzeichnet der Bericht 47,238 Mill. €. (25/BA) Ein weiterer Bericht an den Budgetausschuss betrifft die überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 2004, die vom Finanzministerium mit 4.212,255 Mill. € beziffert werden.(26/BA)

Die S-Abgeordneten richteten eine Reihe von Detailfragen an Staatssekretär Alfred Finz, die von der Informationskampagne über die Steuerreform bis hin zu den Mehrausgaben im Innen- und Verteidigungsressort reichten. Abgeordneter Christoph Matznetter (S) regte an, den Bericht lesbarer zu gestalten und die einzelnen Summen besser aufzugliedern.

Staatssekretär Alfred Finz stellte zunächst grundsätzlich fest, dass er jeden Posten begründen könne und voll auskunftsfähig sei. Er werde den Abgeordneten eine genaue Aufgliederung schriftlich zukommen lassen, kündigte er an.

Beide Berichte wurden mit V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen. (Schluss)