Parlamentskorrespondenz Nr. 697 vom 13.10.2004

SP FORDERT HEIZKOSTENZUSCHUSS FÜR SOZIAL SCHWACHE

Bundesweit 40 ��� monatlich von Oktober bis April

Wien (PK) - Die Sozialdemokraten fordern in einem Dringlichen Antrag die Regierung auf, dem Parlament bis spätestens 8. November eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen Heizkostenzuschuss für finanziell und sozial Schwache in Höhe von 40 € monatlich (von Oktober bis April) vorsieht.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) bezeichnete es am Beginn seiner Begründung für den Dringlichen Antrag als "interessant", dass die Bundesregierung lediglich durch Staatssekretär Morak vertreten werde. Entgegen der "Selbstbeweihräucherung", so Gusenbauer zum Antrag selbst, werde die Lage für viele Menschen im kommenden Winter härter und kälter. Laut Armutsbericht seien eine Million ÖsterreicherInnen armutsgefährdet, 310.000 lebten in akuter Armut. Die Tendenz zur Armut verstärke sich zusehends, durch Pensionskürzungen und -harmonisierungen würden die durchschnittlichen Pensionen sinken, wodurch immer mehr ältere Menschen in die Armutsfalle tappten. Die realen Nettoeinkommen befänden sich heute durch die Belastungen auf dem Stand von 1996. Das alles zeige, dass sich die soziale Schieflage vergrößere und von sozialer Gerechtigkeit nichts zu spüren sei.

Gusenbauer betonte, dass lediglich 1 Milliarde € ausreichen würde, um in den dringendsten Fällen zu Abhilfe zu schaffen. Die Steuerreform helfe dabei überhaupt nicht. Heizkosten würden einen großen Anteil am verfügbaren Einkommen verschlingen, und diese seien noch nie so stark gestiegen wie seit dem Vorjahr. Wenn man das mit einer Handbewegung wegwische, so sei dies "sozialer Zynismus".

Man könne es sich auch nicht so leicht machen, die Verantwortung einfach auf die Länder zu schieben, sagte Gusenbauer und wies auf die Mehreinnahmen des Bundes hin, die der Finanzminister aus den gestiegenen Ölpreisen und höheren Energieabgaben lukriert. Insgesamt betrügen aus diesem Titel die Mehreinnahmen 400 Mill. € und davon könne man durchaus 150 Mill. € Bundeszuschuss für die Heizkosten gewähren. Ein bundeseinheitlicher Heizkostenzuschuss von 40 € pro Monat in den Monaten Oktober bis April sei daher nichts Ungebührliches, zumal die Kosten dafür bedeutend geringer seien als die Zusatzeinnahmen des Finanzministers, argumentierte Gusenbauer. Unter Hinweis auf den Bericht der Volksanwaltschaft meinte er auch, dass man bürokratische Hürden vermeiden sollte, damit Menschen, die das Geld brauchen, nicht daran scheitern.

In der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag spannte Staatssekretär MORAK einen breiten Bogen hinsichtlich der Maßnahmen, die bisher von der Bundesregierung gesetzt wurden. Diese seien sozial, fair und gerecht und gewährleisteten soziale Sicherheit. Morak nannte unter anderem die Steuerreform, die sich besonders positiv für kleinere und mittlere Einkommen auswirke, die aktive Arbeitsmarktpolitik, die Pensionsreform, die Hospizkarenz, das Kinderbetreuungsgeld und die Erhöhung der Familienbeihilfe sowie des Ausgleichszulagenrichtsatzes.

In seinen weiteren Ausführungen wies Morak darauf hin, dass die Steuerreform eine Entlastung von 150 € bis 679 € pro Jahr bringe und dass 40 % der unselbständig Erwerbstätigen, die PensionistInnen miteingerechnet, keine Steuer zahlten. Das seien rund 2,5 Millionen Menschen, wobei es eine zusätzliche Entlastung durch Negativsteuer gebe. Die Steuerreform bringe den Frauen einen durchschnittlichen Einkommenszuwachs von 2 % und den Männern von 1,5 %. Darüber hinaus habe die Bundesregierung die Familienleistungen stark ausgeweitet, das Kinderbetreuungsgeld eingeführt und die Familienbeihilfe sowie das Pendlerpauschale erhöht. Das Kinderbetreuungsgeld betrage 14,53 € pro Tag, wobei es unter anderem Erhöhungen beispielsweise für Mehrlingsgeburten gebe. Damit seien 21 % der armutsgefährdeten Familien über das Existenzminimum gehoben worden.

Auch in der Arbeitsmarktpolitik gehe die Bundesregierung einen konsequenten Weg und gebe dafür im Jahr 2004 1,5 Mill. € aus. Das werde man in den Jahren 2005 und 2006 halten, um die Perspektive, wie sie die Lissabon-Strategie vorsieht, zu erreichen.

Konkret zum Heizkostenzuschuss meinte der Staatssekretär, dass dieser in die Zuständigkeit der Länder falle, die diese auch wahrnehmen würden. Es sei notwendig, die Mittel nicht nach dem Gießkannenprinzip auszuschütten, sondern nahe am Bezieher zu bleiben. Alle über einen Kamm scheren zu wollen, wäre ineffizient und ungerecht. Die SPÖ betreibe mit ihrem heutigen Antrag reinen Populismus.

Nach diesen Ausführungen des Staatssekretärs kam es zu einer Debatte zur Geschäftsbehandlung.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) kritisierte, dass Staatssekretär Morak nicht zum Thema gesprochen habe, und meinte, dass dieser heute "Inkompetenz bewiesen" habe. Öllinger stellte daher den Antrag auf Anwesenheit des Sozialministers und des Bundeskanzlers.

Für diesen Antrag konnte Klubobmann Mag. MOLTERER (V) kein Verständnis aufbringen, zumal seiner Meinung nach Gusenbauer selbst dem Thema "Soziale Lage" breiten Raum gewidmet habe. Staatssekretär Morak habe dann ebenso gewichtet.

Ähnlich argumentierte Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE(F), die feststellte, dass sich der Staatssekretär exakt mit dem Thema auseinandergesetzt und auf die Rede Gusenbauers Bezug genommen habe. Morak habe alle aufgeworfenen Themen und Fragen behandelt. 

Dem gegenüber vertrat Abgeordneter Dr. CAP (S) die Auffassung, dass Morak nur vorgelesen habe, woraus man schließen könne, dass er sich mit der Materie nicht auseinander gesetzt habe. Es sei als ein Signal zu werten, wenn der Bundeskanzler es nicht für notwendig empfinde, ins Plenum des Nationalrates zu kommen, wenn es um Heizkosten gehe. Die SPÖ unterstütze daher den Antrag der Grünen.

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Antrag mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ abgelehnt.

Abgeordnete BURES (S) bezeichnete den Auftritt Moraks als traurig, da dieser "von Ahnungslosigkeit gestrotzt habe". Als eine Ungeheuerlichkeit empfindet sie die Abwesenheit des Sozialministers, der nicht einmal seine Staatssekretärin geschickt habe. Notwendig wäre darüber hinaus die Anwesenheit des Energieministers und des Finanzministers beziehungsweise seines Staatssekretärs. Vom Bundeskanzler wisse man, dass er für sozialpolitische Themen nichts übrig habe. Auch Morak habe bewiesen, dass ihm das Thema egal sei.

Bures erläuterte in weiterer Folge nochmals den Inhalt des Dringlichen Antrags und unterstrich, dass darin auch ein Finanzierungsvorschlag enthalten sei. Auf Grund der Mehreinnahmen durch Steuererhöhungen und gestiegene Ölpreise, wäre es nur recht, einen Teil davon den Bedürftigen zur Verfügung zu stellen. Österreich verzeichne gegenwärtig höchste Energiepreise und

-steuern, die Republik sei mit der höchsten Arbeitslosigkeit seit Jahrzehnten konfrontiert und 310.000 Menschen seien akut arm. Durch falsche Sozialpolitik sei die Tendenz steigend. Die Regierung setze jedoch keinerlei Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und die Kürzung der Pensionen werde zu einer weiteren Steigerung der Altersarmut führen.

Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) bemängelte, dass die SPÖ in ihrem Antrag mit drei Jahre alten Daten argumentiere. Der Staatssekretär habe daraufhin eine klare Antwort zur tatsächlichen Lage gegeben.

Tancsits führte dann die verfassungsrechtliche Lage an, wonach die Länder für Heizkostenzuschüsse zuständig seien. Es sei nämlich Aufgabe der Länder vor Ort, dort rasch Hilfe zu bringen, wo die Notwendigkeit bestehe. Dem Bund komme es zu, Rahmenbedingungen zu schaffen, wie eben eine Steuerreform. Diese werde es ohne Erhöhung von Beiträgen und Gebühren geben, meinte Tancsits mit einem kritischen Hinweis auf das SPÖ-Wirtschaftsprogramm. Laut Tancsits würden jene, die von den erhöhten Energiekosten am meisten betroffen seien, durch die Steuerreform und die Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes entlastet. Heftige Kritik richtete der Redner an das Bundesland Wien, das mit seinem Heizkostenzuschuss einen wesentlich kleineren Kreis an Betroffenen erreiche als das in anderen Bundesländern der Fall sei und wo die Energiepreise besonders gestiegen seien.

Ins gleiche Horn stieß Abgeordneter DOLINSCHEK (F), der dem Bundesland Wien Säumigkeit vorwarf und unterstrich, dass die Kompetenz eindeutig bei den Ländern liege. Auf Grund des Sonderberichts der Volksanwaltschaft forderte er eine einheitliche Vorgangsweise der Länder ein. Dolinschek argumentierte auch, dass die Finanzausgleichsverhandlungen noch im Laufen seien. Er hob die Regelungen in Kärnten als positiv hervor, zumal dort 1,5 Mill. € für Heizkostenzuschüsse zur Verfügung gestellt worden seien. Dem gegenüber zeige besonders Wien eine soziale Kälte durch "gesalzene" Strom- und Gaspreise und hohe öffentliche Tarife. Dolinschek befürchtet daher eine Verarmung der Wiener Bevölkerung.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) bemerkte als Reaktion auf den bisherigen Tenor der Argumentationen der Vertreter der Regierungsparteien, hoffentlich "wird es in diesem Winter nicht allzu kalt". Es sei unverständlich, dass es nicht möglich sei, in dieser Frage zu einem parteiübergreifenden Konsens zu kommen. Öllinger verlangte eine Zuschussaktion des Bundes, die nicht auf dem Antragsprinzip beruht, sondern unbürokratisch neben Sozialhilfeempfängern auch Arbeitslose, Notstandshilfebezieher und bedürftige Pensionisten miteinbezieht. Den Verweis auf die Bundesländer hielt er hingegen für verfehlt.

Abgeordnete SILHAVY (S) forderte die Regierung auf, die Kompetenzen nicht zwischen dem Bund und den Ländern hin- und herzuschieben, sondern einen einheitlichen Heizkostenzuschuss einzuführen, und zwar auch für bedürftige Pensionisten.

Abgeordnete TURKOVIC-WENDL (V) erwiderte, die Gewährung von Heizkostenzuschüssen falle sehr wohl in die Kompetenz der Bundesländer. In den meisten Ländern sei schon einiges geschehen. Lediglich das Burgenland, Salzburg und Wien wären säumig, sagte die Rednerin. Wien leiste einen Zuschuss nur an Sozialhilfempfänger, nicht aber an Ausgleichzulagenbezieher.

In einem Entschließungsantrag ersuchte die VP-Sprecherin den Finanzminister, darauf einzuwirken, dass in Zukunft in allen Bundesländern eine möglichst gleichwertige Unterstützung gewährt werden kann.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) meinte, an die Adresse der SPÖ gerichtet, die soziale Kälte wohne in Wien, wo Heizkostenzuschüsse nur an Sozialhilfeempfänger, nicht aber an Ausgleichszulagenbezieher geleistet werden. Auch in Salzburg gebe es keine Heizkostenzuschüsse. Die SPÖ fordere also auf Bundesebene einen Zuschuss, den sie in den von ihr regierten Ländern nicht bereit ist zu zahlen, folgerte Partik-Pablé.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) betrachtete es als zu kurz gegriffen, auf ein soziales Problem mit föderalistischen Argumenten zu reagieren.  Sie vermisste zudem auch einen mittelfristigen Plan der Regierung, um dem Problem der gestiegenen Heizkosten zu begegnen. Der Rednerin ging es dabei vor allem um einen Ersatz der fossilen durch umweltfreundliche Brennstoffe.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) warf der Regierung vor, Geld für Abfangjäger, nicht aber für einen Heizkostenzuschuss für die Armen zu haben. Sie erinnerte die FPÖ an deren Forderung nach einem bundesweiten Heizkostenzuschuss und appellierte an die Freiheitlichen, "nicht umzufallen, sondern Charakter zu beweisen".

Abgeordnete MACHNE (V) stellte fest, von der SPÖ würden immer nur Vorschläge zum Geldausgeben kommen. Es wäre besser gewesen, den Antrag an den Wiener Bürgermeister Häupl zu richten. Wien sollte sich ein Vorbild an Tirol nehmen, wo ein Heizkostenzuschuss an sämtliche Ausgleichzulagenbezieher geleistet und überdies die preiswerte Fernwärme forciert werde, meinte Machne.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) bekräftigte, Heizkostenzuschüsse seien Ländersache. Im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen sollte nun dafür gesorgt werden, dass die diesbezüglich notwendigen Mittel den Ländern zur Verfügung stehen. Faktum sei jedenfalls, dass in den meisten Bundesländern der Heizkostenzuschuss über den von der SPÖ geforderten  40 € liegt. Eine Beschlussfassung der SP-Initiative würde damit für die meisten Menschen einen Nachteil bringen, bemerkte Scheuch pointiert. 

Abgeordnete MANDAK (G) bezichtigte Franz Morak der Überheblichkeit und forderte den Staatssekretär auf, "die Finger von der Sozialpolitik zu lassen". Die Regierung "putze sich ab", als gäbe es überhaupt keine Verantwortung des Bundes, zeigte sie sich empört. Es gehe nicht an, die Menschen auf den Finanzausgleich zu vertrösten, wo doch rasche Hilfe für diesen Winter nötig sei.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) sah die Politik angesichts steigender Energiepreise auf dem Weltmarkt gefordert. Daher haben die ÖVP-Landeshauptleute - im Gegensatz zu ihren SPÖ-Kollegen in Wien, im Burgenland und in Salzburg - bereits gehandelt, wobei sich die Steiermark als Vorbild erwiesen habe. Es sei das unbeabsichtigte Verdienst jener, die heute diese Dringliche eingebracht haben, offenkundig gemacht zu haben, wie knauserig die SPÖ-Landeshauptleute sind. Ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien richtet sich darauf, dass alle Bundesländer ihren Bürgern gleichwertige Zuschuss bieten.

Abgeordneter RIEPL (S) stellte fest, dass weder FPÖ noch ÖVP noch Regierung ein soziales Gewissen haben. Höhere Energiepreise ziehen höhere Steuereinnahmen nach sich, die Regierungskoalition zeige aber keine Bereitschaft, einen bundeseinheitlichen Heizkostenzuschuss zu beschließen, wie dies die SPÖ beantragt. Warum sollten die Länder zahlen, wo doch der Bund die Einnahmen hat?, merkte der Abgeordnete zur Debatte über die Maßnahmen der einzelnen Bundesländer an und appellierte an die Abgeordneten, dem Antrag der SPÖ zuzustimmen. 

Der Dringliche Antrag der SPÖ betreffend Heizkostenzuschuss blieb bei der Abstimmung in der Minderheit und wurde abgelehnt. Der Entschließungsantrag der Koalitionsparteien wurde mehrheitlich  angenommen. (Fortsetzung)