Parlamentskorrespondenz Nr. 823 vom 12.11.2004

SOZIALAUSSCHUSS SAGT MEHRHEITLICH JA ZUR PENSIONSHARMONISIERUNG

Keine wesentlichen Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage

Wien (PK) - ÖVP und FPÖ haben heute im Sozialausschuss des Nationalrats dem Pensionsharmonisierungsgesetz ihre Zustimmung erteilt. Damit ist der Weg für eine Beschlussfassung des Gesetzes im Nationalrat frei. Gegenüber der ursprünglichen Regierungsvorlage wurden vom Ausschuss nur geringfügige Änderungen vorgenommen, im Wesentlichen geht es um Klarstellungen und die Beseitigung von Redaktionsversehen.

Um die Befürchtungen der Opposition in Bezug auf drohende "Zwangspensionierungen" älterer Arbeitnehmer zu entkräften, fassten die Koalitionsparteien eine Entschließung. Dieser zufolge sollen Regelungen ausgearbeitet werden, um die Freiwilligkeit des Pensionsantritts innerhalb des Pensionskorridors zu gewährleisten. Außerdem gehen ÖVP und FPÖ gemäß einer Ausschussfeststellung davon aus, dass die in der Vergangenheit gesetzten Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und zur Förderung ihrer Beschäftigungsbeteiligung zumindest erhalten bleiben.

Mit einem im Rahmen der Debatte eingebrachten Gesetzesantrag wird schließlich sichergestellt, dass ArbeitnehmerInnen auch im Falle einer Selbstkündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Inanspruchnahme der Korridorpension oder der Schwerarbeitspension eine Abfertigung erhalten.

Zuvor hatte es in der Debatte keine Annäherung der Standpunkte zwischen Koalition und Opposition gegeben. Die SPÖ kritisierte insbesondere, dass sie von den Regierungsparteien über noch geplante Abänderungen zum Pensionsharmonisierungsgesetz im Unklaren gelassen würde. Ihrer Meinung nach geht es nicht an, substantielle Abänderungsanträge erst im Plenum des Nationalrats einzubringen und das Gesetz dann ohne weitere Vorberatungen zu beschließen. Abgeordnete Andrea Kuntzl sprach in diesem Zusammenhang von einer Aushöhlung des Parlamentarismus.

Einen Antrag der SPÖ auf Vertagung der Beratungen lehnten die Koalitionsparteien allerdings mit der Begründung ab, dass es ausreichend Zeit für Diskussionen gegeben habe. Es sei Zeit, das Projekt Pensionsharmonisierung abzuschließen, betonte etwa ÖVP-Sozialsprecher Walter Tancsits. Dem Ausschuss würden ausreichende Entscheidungsgrundlagen vorliegen.

Offen ließ die Koalition, ob im Plenum des Nationalrats weitere Änderungen am Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommen werden. So meinte Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F), es müssten noch gewisse Berechnungen durchgeführt werden, Verbesserungen seien immer möglich. Abgeordneter Werner Fasslabend (V) hielt fest, es würden noch Verhandlungen geführt, Näheres wisse auch er nicht.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) brachte nochmals die drohende "Zwangspensionierung" von Personen zur Sprache, die im Alter von 62 Jahren arbeitslos werden und genügend Beitragsjahre für die Inanspruchnahme des Pensionskorridors haben. Dieser Punkt gehöre nach wie vor zum "Kritikbestand" der Grünen, bekräftigte er. Ein besonderes Problem entsteht ihm zufolge dabei in jenen Fällen, in denen der Betroffene einige Jahre im Ausland gearbeitet hat und die ausländische Teilpension erst ab dem 65. Lebensjahr ausbezahlt bekommt.

Kritik übte Öllinger darüber hinaus an der Art, wie Politiker, für die noch die alten Politikerpensionen gelten, in die Pensionsharmonisierung einbezogen werden, und meinte, "Sie schaffen damit ein neues Privilegienrecht". Seiner Meinung nach profitieren die betroffenen Politiker zwar von den vorgesehenen Beitragssenkungen, ohne jedoch die Nachteile der Pensionsharmonisierung in Kauf nehmen zu müssen. Einzig und allein ihr Pensionsantrittsalter werde auf 62 Jahre hinaufgesetzt.

Abgeordnete Renate Csörgits (S) wies auf eine Stellungnahme der Gewerkschaft hin, wonach die Pensionsharmonisierung eine langfristige Systemumstellung sei und keine Budgetmaßnahme sein dürfe. Überdies machten Csörgits und ihr Fraktionskollege Richard Leutner auf Benachteiligungen von Frauen durch die Pensionsharmonisierung aufmerksam.

Abgeordneter Maximillian Walch (F) reagierte auf Bedenken der Opposition in Bezug auf drohende "Zwangspensionierungen" mit der Einbringung eines Entschließungsantrags. ÖVP und FPÖ gehen darin davon aus, dass zeitgerecht Maßnahmen erarbeitet und in spätestens zwei Jahren wirksam werden, welche die Freiwilligkeit des Pensionsantritts innerhalb des Pensionskorridors gewährleisten.

Abgeordneter Walter Schopf (S) gab zu bedenken, dass ein Fünftel aller Arbeiter und Arbeiterinnen in Oberösterreich vor dem 65. Lebensjahr sterben würden. Ihm zufolge sind viele Menschen durch die vorgesehenen Pensionskürzungen verunsichert. Sowohl Schopf als auch sein Fraktionskollege Dietmar Keck kritisierten, dass die Regierungsparteien die Opposition über geplante Abänderungsanträge zum Pensionsharmonisierungsgesetz im Unklaren lassen würden und die Opposition keine Antworten auf Fragen bekomme. Keck zufolge geht es nicht an, erst im Plenum des Nationalrats Änderungen vorzunehmen und das Gesetz dann gleich zu beschließen.

Abgeordneter Werner Fasslabend (V) warf der Opposition vor, in der Pensionsfrage "zu konservativ zu sein" und notwendige Reformen zu negieren. Darüber hinaus versicherte er, dass auch er selbst noch nicht wisse, welche Änderungen am Pensionsharmonisierungsgesetz in Aussicht genommen sind. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) hielt fest, es müssten noch gewisse Berechnungen durchgeführt werden. Verbesserungen am Gesetz seien immer möglich.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) betonte, die SPÖ lehne eine Pensionsreform im Gegensatz zu immer wiederkehrenden Behauptungen der ÖVP nicht grundsätzlich ab. Ihrer Ansicht nach ist der Zeitdruck, den die Koalition "inszeniere", aber nicht angebracht. Als "Aushöhlung" des Parlamentarismus wertete Kuntzl die Tatsache, dass parallel zur Sitzung des Sozialausschusses Verhandlungen zwischen Beamtengewerkschaft und Regierung über Änderungen des Pensionsharmonisierungsgesetzes geführt würden und die Abgeordneten keinerlei Informationen darüber erhielten. Sie plädierte dafür, die Beratungen im Sozialausschuss abzubrechen.

Nach Ansicht von Abgeordnetem Walter Tanscits (V) gehen SPÖ und Grüne absichtlich nicht auf die Argumentation der Koalitionsparteien ein. Es würden sehr wohl solide und seriöse Beratungen im Sozialausschuss geführt, unterstrich er. Eine Vertagung der Beratungen erachtete Tancsits nicht für notwendig und machte geltend, dass dem Ausschuss ausreichende Entscheidungsgrundlagen vorliegen würden. Für ihn ist es an der Zeit, das Projekt Pensionsharmonisierung zu beschließen.

Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) erklärte, angesichts der drohenden Pensionsverluste könne man nicht von einer fairen Pensionsharmonisierung sprechen. Er lasse sich gerne als konservativ hinstellen, wenn damit gemeint sei, dass er gegen Pensionsverluste von 20 %, bei Beamten sogar bis zu 50 % auftrete.

Zum ersten Teil der Diskussion im Sozialausschuss siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 822. (Schluss)