Parlamentskorrespondenz Nr. 882 vom 01.12.2004

JUSTIZAUSSCHUSS: SOZIALBETRUGSGESETZ PLENUMSREIF

Opposition äußert Zweifel an Wirksamkeit des Gesetzes

Wien (PK) - Unter dem Vorsitz von Obfrau Maria Theresia Fekter hat heute der Justizausschuss das Sozialbetrugsgesetz plenumsreif gemacht. Während die Regierungsfraktionen in der Vorlage einen richtigen Schritt in die richtige Richtung sahen, weil damit Lücken im Gesetz geschlossen würden, äußerten Vertreter der Oppositionsfraktionen Zweifel an der Wirksamkeit des Gesetzes und sprachen in diesem Zusammenhang von Irreführung der Öffentlichkeit.

Das Vorhaben der Regierung: "Sozialbetrug" soll mit einem eigenen Sozialbetrugsgesetz verschärft werden: Zum einen soll § 114 ASVG unter dem neuen Titel "Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz" in das Strafgesetzbuch "überstellt" werden. Außerdem sollen zwei neue Tatbestände geschaffen werden: zum einen das betrügerische Vorenthalten von SV-Beiträgen (Strafdrohung: bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe) und "organisierte Schwarzarbeit" (Strafdrohung: bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe). Schließlich soll durch das Gesetz die Nutzung der Fachkenntnis der beim Finanzministerium angesiedelten Spezialabteilung für Betrugsbekämpfung ermöglicht werden. Gemeinsam mit dem Sozialbetruggesetz debattierte der Ausschuss eine von Abgeordnetem Johann Maier (S) überreichte Petition, die sich gegen illegale Beschäftigung in der Transportwirtschaft richtet und auch von der Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr unterstützt wird. Ihr Ziel ist es, das Schwarzunternehmertum in Österreich effektiv zu bekämpfen.

Ein von den Regierungsfraktionen eingebrachter Abänderungsantrag sieht u.a. vor, dass Täter nicht bestraft werden, wenn sie bis zum Schluss der Verhandlung ausstehende Beiträge zur Sozialversicherung einzahlen oder sich zur Nachentrichtung dieser Beiträge verpflichten. Außerdem soll die Anmeldung zur Sozialversicherung nicht "vor Arbeitsantritt" sondern "bei Arbeitsantritt, spätestens jedoch bis 24 Uhr des ersten Beschäftigungstages" erfolgen.

Seine Fraktion begrüße jede Verbesserung im Kampf gegen Schwarzarbeit, sagte S-Abgeordneter Johannes Jarolim. Die Vorlage stelle allerdings nicht das erwartete umfassende Maßnahmenpaket dar, schaffe eine Freikaufmöglichkeit (im Fall von "tätiger Reue") und enthalte rechtsdogamtische Probleme, begründete Jarolim die Ablehnung der Vorlage durch seine Fraktion. Sein Fraktionskollege Christian Puswald äußerte den Verdacht, es würden bewusst Schlupflöcher offen gelassen. Abgeordneter Johann Maier (S) - die von ihm überreichte Petition wurde unter einem debattiert - stellte fest, Sozialbetrug im Speditionsbereich würde mit dem Entwurf nicht erfasst; dies auch deshalb, weil die betroffenen Fahrer in die Ermittlungen gar nicht einbezogen würden. Er kündigte in diesem Zusammenhang für die Plenarsitzung Fallbeispiele als Belege an. Abgeordneter Peter Wittmann (S) hält das Gesetz teilweise für nicht vollziehbar. Außerdem erfasse es Betrügereien im Bereich von "Events" nicht - dies im übrigen zum Schaden der Wirte. "Leeres Recht", fasste Wittmann seine Kritik zusammen.

Für Abgeordnete Terezija Stoisits (G) ist der Entwurf "praxisfremd". Auch sie wandte sich gegen die Möglichkeit, durch "tätige Reue", d.h. die Zahlung der geschuldeten Abgaben, sich von Strafe frei zu kaufen. Damit würden die tüchtigsten Hinterzieher belohnt, und wo keine Strafe drohe, gebe es auch keine Abschreckung.

Von einem "richtigen Schritt in die richtige Richtung" sprach dagegen Abgeordneter Maximilian Walch (F). Auch der frühere Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) meinte, die Vorlage stelle zwar keine 100prozentige Lösung dar, aber immerhin eine ordentliche, die am Ende einer langen Diskussion stehe. "Tätige Reue", sei schon jetzt im Strafgesetz verankert, wies Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V) die Kritik zurück. Sie verteidigte die vorgeschlagene Form von Anmeldungen bei der Sozialversicherung; für "Kurzmeldungen" müssten allerdings erst die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Ihr Fraktionskollege Heribert Donnerbauer skizzierte das Ziel des Gesetzes: Man wolle den Problemfällen von Firmen mit betrügerischen Absichten einen Riegel vorschieben und die organisierte Schwarzarbeit unter Sanktion stellen - nicht aber seriöse Firmen schikanieren. Straffreiheit sei im übrigen nur bei nicht vorsätzlichen Delikten vorgesehen, präzisierte Donnerbauer.

Das Gesetz sollte abdecken, was bisher nicht abgedeckt war, sagte Justizministerin Karin Miklautsch. Man habe sich um ein Gesamtpaket bemüht, das einen wesentlichen Beitrag leiste, Sozialbetrug in den Griff zu bekommen.

Die Vorlage fand die Zustimmung der Mehrheit der Regierungsfraktionen. (Schluss Sozialbetrug/Forts. Justizausschuss)