Parlamentskorrespondenz Nr. 942 vom 10.12.2004

BREITE ZUSTIMMUNG ZU EINIGEN JUSTIZVORLAGEN

Sozialbetrugsgesetz mit Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen

Wien (PK) - Einhelligkeit herrschte im Nationalrat bei einigen Vorlagen aus dem Justizausschuss. Das neue Sozialbetrugsgesetz fand allerdings nur die Zustimmung der Regierungsfraktionen.

EU-ANPASSUNGEN DURCH RECHNUNGSLEGUNGSÄNDERUNGSGESETZ

Beim Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004 gehe es um die Umsetzung von EU-Vorgaben, erläuterte Abgeordnete Dr. FEKTER (V). Bei der Schwellenwertrichtlinie z.B. habe es keine Verpflichtung zur Umsetzung gegeben, aber man habe dies freiwillig gemacht, um die internationalen Standards zu gewährleisten. Schließlich werden auch noch Anpassungen bezüglich der Konkursordnung und dem Firmenbuch vorgenommen.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) sprach von einem unspektakulären Gesetz, das aber für die Wirtschaft sehr interessant sei. Im wesentlichen gehe es um die Harmonisierung von Rechnungslegungsvorschriften.

Auch seine Fraktion werde der Vorlage zustimmen, erklärte Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F). Mit der Novellierung der Gesetze werde das Ziel verfolgt, geordnete Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu gewährleisten.

Wenn es um eine effiziente und moderne Finanzgesetzgebung geht, die Österreich international in eine Pole-Position bringt, dann sind die Grünen selbstverständlich dafür, stellte Abgeordnete Dr. MOSER (G) fest. Es sei eigentlich klar, dass Rechnungslegungsbedingungen harmonisiert werden müssen, um im internationalen Kapital- und Finanzverkehr mithalten zu können.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) schloss sich weitgehend seinen Vorrednern an. Im besonderen hob er die IAS-Verordnung hervor, bei deren Umsetzung mit sehr viel Augenmaß vorgegangen wurde. So habe man ein Wahlrecht eingeräumt, damit die kleinen und mittleren Unternehmen weiterhin nach HGB bilanzieren können.

Bei der Abstimmung wurden das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004 sowie die Änderung des Bausparkassengesetzes einstimmig angenommen.

ÄNDERUNG DES FORTPFLANZUNGSMEDIZINGESETZES

Abgeordneter DOPPLER (V) erläuterte die Beweggründe, die zu einer Novellierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes führten. Es wurde nämlich bisher nicht auf jene Fälle Bedacht genommen, in denen aufgrund einer Erkrankung oder einer damit verbundenen Therapie absehbar ist, dass der betreffenden Person eine Fortpflanzung auf natürlichem Wege nicht mehr möglich sein wird. Nunmehr sei es erlaubt, Samenzellen und unbefruchtete Eizellen länger als bisher aufzubewahren.

Ihre Fraktion begrüße grundsätzlich die Vorlage, da sie wichtige Punkte beinhalte, die von den Sozialdemokraten schon seit langem gefordert wurden, sagte Abgeordnete STADLBAUER (S). Sie begrüße die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist von entwicklungsfähigen Zellen von einem Jahr auf zehn Jahre sowie die Möglichkeit, die Zellen an befugte Ärzte weitergeben zu können. Nächste Schritte müssen allerdings folgen, da allein stehende und lesbische Frauen noch immer benachteiligt sind, argumentierte Stadlbauer. Dazu brachte sie auch einen entsprechenden S-G-Entschließungsantrag ein.

Sie sei persönlich sehr froh darüber, dass die vorliegende Regelung gemeinsam ausverhandelt werden konnte, erklärte Bundesministerin Mag. MIKLAUTSCH. Es sei gelungen, einvernehmlich mit den Ministerien für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Lösung zu finden, die sicherlich sehr vielen Paaren, die unverschuldet kinderlos geblieben sind, helfen wird. Durch diese Änderung sei es aber zu keiner Benachteiligung von lesbischen Frauen gekommen, da die Bestimmung bezüglich des Lebensgefährten schon vorher im Gesetz enthalten war.

Selbstverständlich seien lesbische Frauen benachteiligt, hielt Abgeordnete Mag. STOISITS (G) der Ministerin entgegen. Wenn schon das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird, dann wäre dies ein guter Anlass gewesen, um diese Diskriminierung zu beseitigen.

Schon beim Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes im Jahr 1998 war abzusehen, dass innerhalb relativ kurzer Zeit eine Novellierung notwendig sei, da gerade in diesem Bereich rasante Fortschritte gemacht werden, konstatierte Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F). Über einige wichtige Bereiche, z.B. das Klonen und die Präimplantationsdiagnostik, die im vorliegenden Gesetz nicht geregelt sind, werde man aber noch ausführlich diskutieren müssen.

Die Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 wurde sodann einstimmig angenommen; der S-G-Entschließungsantrag fand keine Mehrheit.

STRAFPROZESSNOVELLE, SOZIALBETRUGSGESETZ, 15a-VEREINBARUNG

Abgeordnete Mag. FEKTER (V) nahm zum Sozialbetrugsgesetz Stellung. Neben der härteren Bestrafung von Abgabenhinterziehung wurde auch versucht, die organisierte Schwarzarbeit besser zu bekämpfen, erklärte die Rednerin. Sie hoffe, dass der zuständige Minister Haupt so bald wie möglich die notwendigen technischen Voraussetzungen schafft, damit die Kontrolle der Schwarzarbeit effizienter durchgeführt werden kann.

Die Sozialdemokraten werden dem Sozialbetrugsgesetz nicht zustimmen, weil damit die Chance vertan wurde, effektiv gegen die Schwarzarbeit vorzugehen, meinte Abgeordneter Dr. JAROLIM (S). Warum habe man etwa nicht die Möglichkeit geschaffen, die Mitarbeiter per Internet sofort anmelden zu können, fragte er.

Er könne die Argumente von Jarolim nicht nachvollziehen, meinte Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F), da es sich sehr bewährt habe, dass dem Beschuldigten "das Delikt nachgesehen wird", wenn er die monetären Strafen nachzahlt. Dadurch können jene Beträge noch eingehoben werden, die der Staat braucht, um das gesamte Sozialversicherungssystem finanzieren zu können. Böhmdorfer dankte der Ministerin dafür, dass sie nun plane, das Hauptverfahren im Strafverfahren zu reformieren.

Die Grünen werden dem Sozialbetrugsgesetz nicht zustimmen, kündigte Abgeordnete Mag. STOISITS (G) an. Grundsätzlich seien derartige Maßnahmen selbstverständlich zu begrüßen, aber es habe leider in letzter Sekunde noch Änderungen gegeben. Bei dem im Ausschuss eingebrachten Abänderungsantrag sei man nämlich wieder davon abgegangen, dass unmittelbar nach Aufnahme einer Arbeit eine Anmeldepflicht bestehe. Kritik übte Stoisits auch daran, dass man bis zum Ende der Hauptverhandlung "tätige Reue üben kann" und damit eine Schadenswiedergutmachung möglich sei.

Bundesministerin Mag. MIKLAUTSCH wies darauf hin, dass die Bestimmung des Paragraphen 153c im Strafgesetzbuch geltendes Recht ist und dass sich der Paragraph 114 ASVG bestens bewährt hat.

Abgeordneter LEDOLTER (V) bedauerte, dass die Opposition das Sozialbetrugsgesetz nicht unterstützen werde. Eine Regelung, die Bestand haben soll, müsse auch praxiskonform sein, gab er zu bedenken. Ein Dienstantritt finde eben nicht immer im Büro einer Firma statt und der Polier mit dem Laptop sei auch nicht überall anzutreffen. Sodann brachte er noch einen V-F-Abänderungsantrag ein, der technische und redaktionelle Korrekturen enthält.

Es sei richtig, dass viele Unternehmen um ihr Überleben kämpfen müssen, merkte Abgeordneter Mag. MAIER (S) in Richtung seines Vorredners an. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen werden aber nicht ausreichen, um effizient gegen den organisierten Sozial- und Steuerbetrug vorgehen zu können. So habe man es leider verabsäumt, einen eigenen Strafrechtstatbestand so wie in Deutschland einzuführen. Ein Frächterskandal, wie es ihn in den letzten Jahren öfters gegeben hat, sei daher jederzeit wieder möglch.

Abgeordneter WALCH (F) wies Vorwürfe der Opposition zurück, die Koalition würde Sozialbetrug tatenlos zusehen. Sozialbetrug sei kein Kavaliersdelikt, betonte er, deswegen würden effektive Maßnahmen gegen organisierte Schwarzarbeit und gegen vorsätzliche Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen gesetzt. Die Betroffenen müssten künftig zum Teil mit Haftstrafen rechnen, umriss Walch.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) qualifizierte den von den Regierungsparteien vorgelegten Gesetzentwurf hingegen geradezu als Einladung zu Sozialbetrug. Mit diesem Entwurf werde es weder gelingen, Frächterskandale in Zukunft zu vermeiden noch der vorsätzlichen Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen Einhalt zu gebieten, prophezeite sie.

Abgeordneter STEINDL (V) hielt seiner Vorrednerin entgegen, es gehe nicht an, Unternehmer generell zu kriminalisieren. Zum Sozialbetrugsgesetz brachte Steindl einen Abänderungsantrag ein, mit dem unter anderem die Schlussbestimmungen adaptiert werden.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) qualifizierte das vorliegende Sozialbetrugsgesetz als "lückenhaft und zahnlos". Strafbarkeit könne durch eine Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge abgewendet werden, kritisierte sie. Für Becher wäre die Einführung einer Generalunternehmerhaftung eine wirksame Maßnahme gegen Sozialbetrug.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) machte geltend, dass das Sozialbetrugsgesetz wesentliche Verbesserungen gegenüber dem Status quo bringe. So müssten Arbeitnehmer künftig bereits am Tag ihres Arbeitsantritts bei der Sozialversicherung angemeldet werden, bisher hätten die Unternehmen drei Tage Zeit gehabt. Auch ihm wäre eine unmittelbare Anmeldung lieber gewesen, sagte Dolinschek, die getroffenen Regelung sei aber ein guter Kompromiss.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) nahm zur Bund-Länder-Vereinbarung über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten Stellung und begrüßte, dass die derzeitige Pauschalabgeltung der Länder an das Justizministerium bis 2008 verlängert wird.

Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) unterstrich, die Bekämpfung von Sozialbetrug sei eines der vorrangigen Ziele der SPÖ. Den vorliegenden Gesetzentwurf qualifizierte er als "Husch-Pfusch-Gesetz" und als völlig untauglichen Versuch, gegen Sozialbetrug vorzugehen.

Abgeordneter HAUBNER (V) wies darauf hin, dass die Kosten für die medizinische Behandlung der Insassen von Justizanstalten in den letzten Jahren stark gestiegen seien. Er begrüßte daher die getroffene Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern bezüglich einer Pauschalabgeltung der Kosten durch die Länder.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) erklärte, die SPÖ kämpfe bereits seit Jahren mit Nachdruck gegen organisierte Schwarzarbeit. Effiziente Vorschläge der SPÖ seien jedoch stets am Widerstand der ÖVP und der Wirtschaft gescheitert.

Auch Abgeordneter PRASSL (V) machte auf die deutliche Erhöhung der Behandlungskosten für Strafgefangene in den letzten Jahren aufmerksam. Die pauschalen Beitragsleistungen der Länder brächten eine entscheidende Kostenentlastung, unterstrich er und begrüßte die Verlängerung dieser Pauschalabgeltungen bis 2008.

Die Strafprozessnovelle 2005 wurde vom Nationalrat einstimmig angenommen. Mehrheitlich stimmten die Abgeordneten dem Sozialbetrugsgesetz - unter Berücksichtigung des VP-FP-Abänderungsantrages - zu. Der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Abgeltung medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten erteilte der Nationalrat einhellig seine Genehmigung.

(Schluss Justiz/Forts. NR)


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