Parlamentskorrespondenz Nr. 943 vom 10.12.2004

DER NATIONALRAT GEHT IN DIE WEIHNACHTPAUSE - ODER DOCH NICHT?

Zwei Sitzungstage, 27 Stunden Beratungen, über 380 Wortmeldungen

Wien (PK) - Die Patentrechts- und Gebührennovelle sowie eine Reihe von Vorlagen aus dem Verkehrsausschuss standen am Ende der Tagesordnung der letzten beschlussfassenden Sitzung des Nationalrats; die letzte Sitzung diente geschäftsordnungsmäßigen Zuweisungen durch den Präsidenten. An den beiden letzten Sitzungstagen des Nationalrats in diesem Jahr hatten die Abgeordneten mehr als 27 Stunden beraten, es gab mehr als 380 Wortmeldungen. Ob der Nationalrat aber tatsächlich schon in die Weihnachtsferien gehen kann, ließ Präsident Khol in seinen Schlussworten offen.

PATENTRECHTSNOVELLE BRINGT BESSEREN RECHTSSCHUTZ

Abgeordneter Mag. MOSER (S) führte aus, die Patentrechts- und Gebührennovelle 2004 enthalte einige Verbesserungen, etwa die Erleichterung von Beschwerden und einen besseren Rechtsschutz des Patentinhabers. Die SPÖ werde der Novelle dennoch nicht zustimmen, erklärte er. Begründet wurde dies von Moser damit, dass die Sozialpartner und deren Know-How ausgeschaltet würden und Gebührenerhöhungen bis zu 70 % vorgesehen seien.

Abgeordneter LEDOLTER (V) meinte, im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesnovelle von einem Belastungspaket zu sprechen, sei "Polemik pur". Er machte geltend, dass die Patentgebühren seit zehn Jahren nicht erhöht worden seien und daher eine Gebührenanpassung erforderlich sei. Ledolter sieht überdies deutliche Verbesserungen im Gesetz.

Abgeordnete SBURNY (G) erklärte, die Grünen hätten im Wirtschaftsausschuss klar gemacht, warum sie die Patentrechts- und Gebührennovelle 2004 ablehnten. Ihr zufolge ist das Stimmverhalten der Grünen ausreichend begründet.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) machte darauf aufmerksam, dass es künftig zu beschleunigten Patentverfahren kommen werde. Eine Anmeldung sei innerhalb von 18 Monaten vorgesehen. Hofmann begrüßte dies ausdrücklich. Verteidigt wurde von ihm auch die Gebührenanpassung.

Staatssekretär Mag. MAINONI wies Vorwürfe zurück, die Koalition würde im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesnovelle über die Sozialpartner "drüberfahren". Seiner Darstellung nach wird mit der Novelle lediglich in der Praxis totes Recht bereinigt.

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) sagte, er verhehle nicht, dass die Patentrechts- und Gebührennovelle in einigen Bereichen in die richtige Richtung zeige. Kritik übte er allerdings an der vorgesehenen Gebührenerhöhung. Generell erachtet Hoscher die Zahl von Patentanmeldungen in Österreich als zu niedrig.

Die Patentrechts- und Gebührennovelle 2004 wurde von den Abgeordneten mit Stimmenmehrheit verabschiedet.

NOVELLEN ZUM LUFTFAHRTGESETZ, ZUM ASFINAG-GESETZ UND KRAFTFAHRGESETZ

Abgeordneter EDER (S) befasste sich mit der Novelle zum ASFINAG-Gesetz und erläuterte, mit der Gesetzesnovelle werde der ASFINAG die Möglichkeit eingeräumt, im Ausland zu expandieren. Die SPÖ werde dieser Gesetzesänderung nicht zustimmen. Es sei "nicht sehr intelligent", die ASFINAG weitere Schulden machen zu lassen, nachdem es noch Jahrzehnte dauern werde, bis sich ihr Kerngeschäft in Österreich rechne, argumentierte Eder. Kritik übte er überdies an der "sehr aufwendigen" Konzernumstrukturierung.

Abgeordneter MIEDL (V) unterstrich dem gegenüber, es sei richtig, der ASFINAG die Möglichkeit zu geben, in einer boomenden Branche zu investieren. Darüber hinaus macht er darauf aufmerksam, dass die 25. KFG-Novelle höhere Strafen für die Missachtung der Gurtenpflicht und für das Handy-Telefonieren im Auto ohne Freisprechanlage bringe. Man müsse in der Praxis beobachten, ob diese höheren Strafen greifen, skizzierte Miedl.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) wertete die Ausgliederung der Austro Control als verfassungsrechtlich bedenklich. Sie fürchtet nicht nur eine Steigerung der Kosten, sondern auch eine Beschneidung der Rechte von Flughafen-Anrainern. Mit der Änderung des ASFINAG-Gesetzes wird Moser zufolge der ASFINAG ein Freibrief für Investitionen im Ausland ausgestellt, haften müssten dafür die österreichischen Steuerzahler. Im Zusammenhang mit der 25. KFG-Novelle forderte sie strengere Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Gurtenpflicht und des Handy-Verbots.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) setzte sich kritisch mit den von der Austro Control verlangten Gebühren auseinander und zeigte kein Verständnis dafür, dass die Verlängerung eines Berufspilotenscheins viel teurer sei als die Verlängerung eines Privatpilotenscheins. Generell mahnte er mehr Kostenwahrheit ein.

Abgeordneter MARIZZI (S) erklärte, die SPÖ teile die Skepsis von Abgeordnetem Hofmann. Seiner Auffassung nach gibt es in Bezug auf die Ausgliederung der Austro Control "genug Widersprüche". 

Abgeordneter GLASER (V) beurteilte die Arbeit der ASFINAG als in vieler Hinsicht positiv. Unter anderem verwies er auf die Abwicklung der Maut, die durchgeführten Lärmschutzmaßnahmen und den Austausch der Leitschienen zur Erhöhung der Sicherheit. Glaser zufolge besteht kein Anlass, diese "Erfolgsgeschichte" nicht im Ausland im Ausland fortzuführen.

Abgeordnete FLECKL (S) hielt für sinnvoll, die Lenkerruhezeiten besser zu kontrollieren, die ÖVP betreibe dabei aber reine Klientelpolitik zu Gunsten der Frächter und zu Lasten der Arbeitnehmer - auf der Strecke blieben Arbeitnehmerschutz und Verkehrssicherheit.

Abgeordneter WITTAUER (F) sprach sich dafür aus, die Erfolgsgeschichte des Road-Pricing fortzusetzen, indem der ASFINAG die Möglichkeit erhält, ihr Know how im Ausland zu nützen.

Abgeordneter STEIER (S) berichtete von hohen Wachstumsraten im österreichischen Luftverkehr, der bereits an seine Kapazitätsgrenzen stoße. Es bestehe Handlungsbedarf, um Verspätungen im Luftverkehr zu vermeiden und seine Attraktivität zu erhöhen. Die vorliegende Novelle entspreche diesen Anforderungen jedoch nicht.

Abgeordneter PREINEDER (V) bekannte sich zur Einhaltung der Ruhezeiten im LKW-Verkehr und zur Einführung der Fahrerkarte. Der Redner erwartet eine Reduzierung der LKW-Unfälle und begrüßte auch die Maßnahmen zur Verbesserung der Gurtenanlegemoral sowie gegen die Benützung des Handys im Auto.

Staatssekretär Mag. KUKACKA hielt fest, die Novelle des Gesetzes über den internationalen Luftverkehr bringe Vorteile für Luftfahrt, Steuerzahler und Wirtschaftsstandort. Die Novelle dient auch der Kostenwahrheit, Kosten würden künftig dem Verursacher angelastet und nicht dem Steuerzahler. Die ASFINAG soll ihr System der LKW-Bemautung exportieren können. So schaffe die Novelle die Voraussetzung für die Fortsetzung der ASFINAG-Erfolgsgeschichte.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) kritisierte Schwachstellen der ASFINAG-Gesetz-Novelle und riet dazu, erst nach einer Entschuldung über eine Ausweitung der Geschäftsfelder nachzudenken. Kaipel warnte vor der Einführung einer PKW-Maut anstelle der Vignette. Zur Vorsicht mahne auch der aktuelle Streit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat über die Unternehmensziele.

Abgeordneter GAHR (V) plädierte für die Stärkung der Eigenverantwortung im ehemaligen Staatsunternehmen ASFINAG. Es gehe darum, wirtschaftliche Möglichkeiten zu eröffnen und das Unternehmen finanziell abzusichern. Die Nutzung von betrieblichem Know-how werde für den Zufluss finanzieller Mittel sorgen.

Abgeordneter RÄDLER (V) bekannte sich dazu, dem Vorzeigebetrieb ASFINAG die Möglichkeit zu geben, sich auch international zu betätigen. 20 % der ASFINAG-Investitionen kommen dem Umweltschutz zugute, lobte Rädler, der ausdrücklich den Bau von Lärmschutzeinrichtungen im Interesse der Autobahnanrainer begrüßte.

Bei der Abstimmung wurden die debattierten Regierungsvorlagen mehrheitlich angenommen.

WASSERSTRASSENGESETZ, SEEVERKEHRSABKOMMEN DER EU MIT CHINA

 

Abgeordneter REHEIS (S) registrierte eine Krise in der Verkehrspolitik der schwarzblauen Bundesregierung. Während auf dem Brenner die 2 Mill. LKW-Grenze überschritten werde, setze die Regierung ihre verfehlte Politik nun auch bei den Wasserstraßen fort und verschleudere staatliches Familiensilber unter Gefährdung ökologischer Werte. Reheis warnte vor dem Ausbau der Wasserstraße ohne Rücksicht auf ökologisch wertvolle Au- und Ufergebiete.

Abgeordneter Mag. Regler (V) erinnerte daran, dass durch einen Abänderungsantrag dem Bedenken des WWF Rechnung getragen worden sei. Die Gesellschaft "Via Donau" stehe zu 100 % im Eigentum des Bundes, veräußert werde nur, was nicht mehr gebraucht werde. Regler bekannte sich dazu, den umweltfreundlichsten Verkehrsträger, die Wasserstraße Donau, auszubauen. Der Abgeordnete erwartete eine weitere Ausgliederungs-Erfolgsstory.

Abgeordnete Dr. MOSER (G)  bekannte sich zur Nutzung der Wasserstraße Donau - beim "Wie" scheiden sich laut Moser aber die Geister, etwa bei der Absicht der Regierung, die Donau auf bis zu 2,80 m Tiefe auszubaggern, was verkehrstechnisch gar nicht notwendig sei. Der Rücksichtnahme auf die Lebensräume von Pflanzen und Tieren im Uferbereich der Donau beim Ausbau der Donau diente ein Abänderungsantrag der Grünen.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) wies die Auffassung zurück, die Verkehrspolitik der Bundesregierung sei in einer Krise. Es gehe vielmehr darum, den Ausbau der Wasserstraße Donau zu erleichtern, wobei die strategische Planung beim Verkehrsministerium bleibe. Es sei bedauerlich, dass die Opposition diesem Verwaltungsreformgesetz nicht zustimme.

Abgeordneter BÖHM (V) erinnerte an die Intensivierung der Schifffahrtsbeziehungen zwischen der EU und China. Das Seeverkehrsabkommen schafft den rechtlichen Rahmen für den wünschenswerten weiteren Ausbau der Beziehungen.

Staatssekretär Mag. KUKACKA sprach von einem großen Reformentwurf für ein Wasserstraßengesetz, das auch ökologische Aspekte enthalte, mit denen man dem WWF entgegengekommen sei. Führende österreichische Ökologen haben die Ausbaugrundsätze der Donau gemeinsam mit Experten des Ressorts erarbeitet, teilte Kukacka mit. 

Abgeordneter HAUBNER (V) begrüßte die schlankere Neuorganisation der Bundes-Wasserstraßenverwaltung und wies die Kritik der Opposition zurück: Die Zeit der strategischen Vermögenswerte sei vorbei, nun gehe es um die Konzentration auf Kernaufgaben.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage nach Ablehnung des G-Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen. Das Seeverkehrsabkommen mit China wurde einstimmig genehmigt.    

ÄNDERUNG DES ERO- ÜBEREINKOMMENS UND DES TELEKOMMUNIKATIONSGESETZES

Abgeordnete Mag. HAKL (V) sprach von einem Geburtstagsgeschenk für die neue einheitliche Polizei sowie auch für die Rettungsorganisationen, die künftig keine Funkgebühren mehr zahlen müssen.

Abgeordnete BINDER (S) erinnerte daran, dass es sich bei der Änderung des Telekommunikationsgesetzes um eine Reparatur eines vom VfGh aufgehobenen Gesetzes der ehemaligen Verkehrsministerin Forstinger handle und begrüßte die Gebührenfreiheit für Blaulichtorganisationen. Ein S-G-Abänderungsantrag diente dem Schutz vor unerwünschten elektronischen Nachrichten. Es gehe darum, die Belästigung durch Spam-Mails hintanzuhalten.

Abgeordneter WITTAUER (F) erinnerte Abgeordneten Reheis an die Erfolge von Verkehrsminister Gorbach in Tirol und nannte dazu stichwortartig die Unterinntaltrasse, den Brenner-Basistunnel und den Tschirganttunnel.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) brachte einen Entschließungsantrag ein, der darauf gerichtet war, einem Kahlschlag bei den Postämtern im ländlichen Raum entgegenzuwirken.

Abgeordneter Dr. CAP (S) bat darum, bei der Planung für die Tagesordnungen des Nationalrats künftig zu vermeiden, dass so viele und derart wichtige Materien an zwei Plenartagen abgehandelt werden.

Bei der Abstimmung wurde der Staatsvertrag einstimmig genehmigt. Der Entschließungsantrag der Grünen blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Die Änderung des Telekommunikationsgesetzes wurde nach der mehrheitlichen Ablehnung des S-G-Zusatzantrages in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Im Anschluss an die 90. Sitzung des Nationalrates fand eine 91. Sitzung statt, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen diente.

Nationalratspräsident Dr. KHOL dann zum Schluss der Zuweisungssitzung: "Jetzt wäre die Weihnachtsansprache fällig, die ich im Hinblick auf das, was Abgeordneter Cap gesagt hat, darauf beschränke, dass ich Ihnen allen, meine Damen und Herren, für ein Jahr hervorragende Zusammenarbeit danke und Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes und gesundes neues Jahr wünsche". Außerdem fügte er noch hinzu, dass er nicht ganz so sicher sei, ob dies das letzte Mal im heurigen Jahr war: "Wir werden sehen. Alles Gute!" (Schluss)