Parlamentskorrespondenz Nr. 47 vom 26.01.2005

NATIONALRAT DEBATTIERT FINANZVORLAGEN

Von Pensionskassen bis zum Investitionsschutzabkommen mit Äthiopien

Wien (PK) - Auf der Tagesordnung der 93. Sitzung des Nationalrats standen nach der Debatte über den Bundesrechnungsabschluss 2003 eine ganze Reihe von Vorlagen aus dem Finanzausschuss.

ÄNDERUNG DES PENSIONSKASSENGESETZES UND

ÄNDERUNG DES INVESTMENTFONDSGESETZES

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) führte aus, mit der vorliegenden Novellierung des Pensionskassengesetzes werde ein weiteres wichtiges Etappenziel zu einer umfassenden Altersvorsorge erreicht. Eine adäquate Altersversorgung sei ein fundamentales Anliegen der Bevölkerung, betonte er, durch die demographische Entwicklung stehe die Politik allerdings vor einer großen Herausforderung. Stummvoll begrüßte die Ergänzung der ersten Säule der Pensionsvorsorge durch zwei weitere Säulen und wies darauf hin, dass bereits 460.000 Österreicherinnen und Österreicher eine Zukunftsvorsorge "gezeichnet" hätten.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) erklärte, die Regierungsparteien hätten im Jahr 2003 im Zusammenhang mit der Pensionskassenregelung einen großen Fehler gemacht, der, so der Abgeordnete, bedauerlicher Weise auch heute nicht behoben werde. Durch die vorgenommene Gesetzesänderung ist es seiner Ansicht nach zu einer "kalten Enteignung" von Ansprüchen gekommen, die Versicherte gegenüber den Pensionskassen hatten. Matznetter kündigte in dieser Causa eine Klage beim VfGH an. Zustimmend äußerte sich der SPÖ-Finanzsprecher hingegen zu den vorliegenden Änderungen, auch wenn er sich, wie er sagte, mehr Transparenz gewünscht hätte.

Abgeordneter BUCHER (F) sprach von einer vernünftigen Gesetzesänderung und kündigte die Zustimmung der Freiheitlichen zur Änderung des Pensionskassengesetzes an.

Seitens der Grünen signalisierte Abgeordneter Mag. KOGLER (G) Zustimmung. Er begründete dies damit, dass die Wahlfreiheit der Versicherten erhöht werde.


Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) erläuterte, durch die vorliegende Gesetzesänderung werde es u.a. ermöglicht, bei bestehenden Pensionskassenverträgen auf den Mindestertrag zu verzichten, um höhere Erträge zu erzielen. Er mahnte in diesem Zusammenhang allerdings eine umfassende Information der Arbeitnehmer ein. Generell merkte Tancsits an, die Regierung sichere nicht nur die erste Säule der Pensionsversicherung, sondern schaffe auch entsprechende Rahmenbedingungen für die beiden anderen Säulen.

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) begrüßte die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Konsumenten durch die Einführung der betrieblichen Kollektivversicherung. Er erwartet sich davon ein geringeres Risiko für die Betroffenen.

Abgeordneter AUER (V) zeigte sich darüber erfreut, dass alle Fraktionen eine Zustimmung zur vorliegenden Gesetzesänderung angekündigt hätten. Allgemein gab er zu bedenken, dass heute der Eintritt ins Berufsleben um durchschnittlich vier Jahre später erfolge als früher, die Menschen gleichzeitig jedoch früher in Pension gingen.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) brachte ein paar "Wermutstropfen" im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesnovelle zur Sprache und bedauerte u.a., dass die Mindestertragsrücklagen der Körperschaftssteuer unterliegen. Damit kassiere der Finanzminister zu Lasten der Pensionisten mit, klagte er.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) betonte, die ÖVP bekenne sich zur zweiten Säule der Altersvorsorge und wolle daher das Vertrauen in die zweite Säule stärken. Durch die vorliegende Novelle steigt ihm zufolge die Wahlfreiheit der Konsumenten, gleichzeitig würden die Pensionskassen attraktiver.

Abgeordneter Dkfm. BAUER (S) unterstrich, die SPÖ stehe dem Pensionskassensystem nicht so euphorisch gegenüber wie die Vertreter der Regierungsparteien. Die heute vorgenommenen Verbesserungen änderten nichts daran, dass Pensionskassen für die Betroffenen ein weitaus höheres Risiko darstellten als das Umlagensystem, meinte er. Seiner Meinung nach wird hier viel Kapital vernichtet.

Ähnlich wie sein Vorredner argumentierte Abgeordneter EDER (S). Er gab zu bedenken, dass man immerhin 70.000 € einzahlen müsse, um nach dreißig Jahren eine Zusatzpension im Ausmaß von in etwa 250 € zu bekommen. Dieses Geld müsse man erst haben, umriss er.

Man sollte nicht vergessen, dass sich viele Menschen eine private Pensionsvorsorge gar nicht leisten können, gab Abgeordneter GASSNER (S) zu bedenken. Seine Fraktion werde zwar jetzt zustimmen, aber er hoffe, dass in Zukunft die Anwärter von Pensionen nicht mehr "kaltblütig enteignet" werden, wie dies 2003 der Fall war.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) erinnerte daran, dass 1990 ein breiter Grundkonsens darin bestanden hat, dass private Altersvorsorgeinstrumente stabile und planbare Pensionen anbieten müssen. Mittlerweile habe sich aber gezeigt, dass die Veranlagungsbestimmungen laufend liberalisiert werden; sogar die Mindestertragsgarantie wurde aufgeweicht, bedauerte die Rednerin. Dadurch werden ihrer Meinung nach die Pensionskassen immer mehr den Investmentfonds angeglichen. Massive Kritik übte sie auch daran, dass die im Jahr 2003 durchgeführte "Enteignung von rund 400.000 Pensionskassenpensionisten und Anwartschaftsberechtigten" nicht rückgängig gemacht wurde.

Abgeordneter GARTLEHNER (S) bezweifelte, dass mit den privaten Pensionsvorsorgeinstrumenten das grundsätzliche Finanzierungsproblem der allgemeinen Umlageversicherung gelöst werden könne.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf betreffend die Änderung des Pensionskassengesetzes, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und weiterer Gesetze einstimmig angenommen. Ebenso einstimmig angenommen wurde die Änderung des Investmentfondsgesetzes.

SCHEIDEMÜNZENGESETZ, ABKOMMEN MIT KASACHSTAN, MIT SAN MARINO UND MIT ÄTHIOPIEN

Abgeordneter TAMANDL (V) ging zunächst auf die beiden Abkommen zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung mit San Marino und Kasachstan ein. Der Ausbau und die Modernisierung des Netzwerkes derartiger Doppelbesteuerungsabkommen werde in einer globalen Wirtschaft zu einem immer wichtigeren Erfordernis, zumal durch diese Verträge eine optimale Rechtssicherheit garantiert wird. Ein weiteres Abkommen dient der Förderung und dem Schutz von Investitionen in Äthiopien, führte die Rednerin weiter aus.

Sowohl die beiden Doppelbesteuerungsabkommen als auch das Investitionsschutzabkommen finden die Zustimmung der Sozialdemokraten, konstatierte Abgeordneter Mag. HOSCHER (S). Er verlasse sich darauf, dass die Zusage des Wirtschaftsministeriums, die Investitionsschutzabkommen grundsätzlich zu überarbeiten, eingehalten wird. Inhaltlich nichts einzuwenden gebe es auch gegen das Scheidemünzengesetz, wenn er auch darauf hinweisen wolle, dass die Novelle wahrscheinlich nie zur Anwendung gelangen wird.

Abgeordneter BUCHER (F) begrüßte die beiden Doppelbesteuerungsabkommen sowie das Investitionsschutzabkommen, da sie einen wichtigen Beitrag zur Förderung von grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeiten leisten.

Abgeordnete SBURNY (G) trat dafür ein, dass bei den Investitionsschutzabkommen in Hinkunft auch der Schutz von öffentlichen Interessen (z.B. soziale und Umweltstandards) berücksichtigt und in den Verträgen festgelegt wird. Weitere Anliegen betrafen eine bessere Transparenz sowie eine Parteienstellung von Dritten bei Schiedsgerichtsverfahren.

Bei der Abstimmung wurden die Änderung des Scheidemünzengesetzes sowie alle internationalen Abkommen einstimmig angenommen.

ANTRAG 392/A(E)

Bei der Errichtung der Bundesbeschaffungsagentur habe man zwei Ziele festgeschrieben, und zwar einerseits die Kosteneffizienz in der Beschaffung sowie die Berücksichtigung der regionalen Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe, der Wertschöpfung sowie der Arbeitsplätze in der Region, erläuterte Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V). Er glaube, dass der Agentur der "Trapezakt" zwischen diesen beiden politischen Zielen bisher ganz gut gelungen sei. Dennoch habe man den Finanzminister in einem Entschließungsantrag neuerlich aufgefordert, Klein- und Mittelbetrieben eine faire Chance bei den Beschaffungsvorgängen zu geben. Weiters habe man erreicht, dass die Fachbücher überhaupt aus der Verordnung herausfallen und dass der Vertrag mit der Firma Morawa aufgelöst werden konnte.

Es sei sehr positiv, dass die Regierungsparteien nach langem Hin und Her und mühsamer Überzeugungsarbeit nun doch der Argumentation der Sozialdemokraten gefolgt sind, wonach Fachbücher aus der zentralen Beschaffung des Bundes herausgenommen werden sollen, hob Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) hervor. "Jetzt sind wir dort, wo wir vor zwei Jahren waren".

Abgeordneter NEUDECK (F) schloss sich den Ausführungen von Stummvoll an. Was die Wortmeldung der Abgeordneten Muttonen angeht, so habe er den Eindruck, dass sie aus einer Maus einen Elefanten mache, zumal nur ein kleiner Bereich betroffen ist. Grundsätzlich könne man hinsichtlich der zentralen Beschaffung eine positive Bilanz ziehen, da beträchtliche Einsparungen lukriert werden konnten. Man werde aber sicher auch in Zukunft darauf achten, dass die Interessen der Klein- und Mittelbetriebe und damit der regionalen Wirtschaft ausreichend berücksichtigt werden.

Abgeordnete SBURNY (G) wies auf eine aktuelle Untersuchung betreffend den Zugang der KMU zum öffentlichen Beschaffungswesen hin. Österreich schneide dabei in vielen Bereichen schlechter als andere europäische Länder ab, zeigte die G-Rednerin auf. So gebe es z.B. nur sehr wenig konkrete Maßnahmen, die die Teilnahme von KMU an öffentlichen Ausschreibungen fördern.

Abgeordnete Dr. WOLMAYR (V) war überzeugt davon, dass grundsätzlich eine gute Lösung gefunden wurde. Als Buchhändlerin und Autorin sei sie zudem froh darüber, dass bei der Beschaffung von Büchern das bestmögliche erreicht wurde.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) erinnerte daran, dass die Opposition schon vor zwei Jahren auf Entwicklungen hingewiesen hat, die dann auch eingetreten sind. Es habe dann einer mühsamen Überzeugungsarbeit bedurft, um die heutige Lösung beschließen zu können.

Abgeordneter KOPF (V) lobte grundsätzlich die Arbeit der Bundesbeschaffungsagentur. Natürlich dürfe aber nicht übersehen werden, dass zentralisierte Beschaffungsvorgänge in manchen Bereichen unangenehme Folgewirkungen haben können. Um diesen negativen Tendenzen entgegenzuwirken, habe man nun im Bereich der Bücherbeschaffung eine Lösung entwickelt, die garantiere, dass kleine und mittlere Betriebe nicht unter die Räder kommen.

Abgeordnete WALTHER (S) machte darauf aufmerksam, dass die Fachzeitschriften bei den wissenschaftlichen Bibliotheken den weitaus größeren Anteil einnehmen. Daher sei es wichtig, die Bestimmung auf die Fachbücher und Fachzeitschriften zu erweitern.

Die dem Ausschussbericht angeschlossene Entschließung wurde einstimmig angenommen. (Schluss Finanzvorlagen/Forts. NR)