Parlamentskorrespondenz Nr. 53 vom 27.01.2005

PLASSNIK: NOCH 97 ÖSTERREICHERiNNEN NACH TSUNAMI VERMISST

Flutkatastrophe Thema im Außenpolitischen Ausschuss

Wien (PK) - Außenministerin Ursula Plassnik teilte heute dem Außenpolitischen Ausschuss mit, dass immer noch 97 ÖsterreicherInnen nach der Flutkatastrophe in Südostasien vermisst werden, und bezifferte die Zahl der bestätigten Todesopfer aus Österreich mit 13. Die Ministerin, die in einer aktuellen Aussprache den Abgeordneten Rede und Antwort über die österreichische Reaktion auf die Tsunami-Katastrophe stand, wies Kritik zurück, wonach ihr Ministerium der Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei. Bei einer Katastrophe dieses Ausmaßes habe es zwar naturgemäß auch Engpässe und Pannen gegeben, ihr Team habe aber alles menschenmögliche geleistet, um den österreichischen Touristen zu helfen und Vermisste ausfindig zu machen.

Seitens der Abgeordneten wurde die Reaktion der Bundesregierung auf die Katastrophe durchwegs unterschiedlich bewertet. Während die Sprecher der Regierungsparteien der Ministerin ein positives Zeugnis ausstellten, brachten die Vertreter von SPÖ und Grünen kritische Töne in die Debatte ein.

Abgeordneter Michael Spindelegger (V) meinte, angesichts der Größe dieser Katastrophe sei das Krisenmanagement gut gewesen, nun komme es auf die Präsenz Österreichs vor Ort an. Ähnlich äußerte sich auch Abgeordneter Wolfgang Großruck (V), der der Ministerin für ihren Einsatz dankte und Kritik am Krisenmanagement für nicht gerecht hielt.

Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) sprach die EU-Komponente an und unterstrich die Bedeutung einer EU-weiten Reaktion auf derartige Katastrophen. Er trat ebenso wie Großruck für die Bildung eines EU-Eingreifverbandes zur raschen Reaktion in Krisenfällen ein. 

Abgeordneter Herbert Scheibner (F) wiederum unterstützte die Initiative des Rechnungshofes auf begleitende Kontrolle des Spendeneinsatzes.

Für den Abgeordneten Caspar Einem (S) hingegen hat die Katastrophe gezeigt, dass Österreich nicht über die notwendige Strukturen verfügt, um auf derartige Krisen rasch zu reagieren. Der SP-Sprecher forderte die Einrichtung eines Koordinationsinstrumentes der Bundesregierung für unvorhersehbare Katastrophen. Einem leitete zudem aus der Flutkatastrophe die Notwendigkeit einer gesamteuropäischen Vertretung ab und schlug die Schaffung von gemeinsamen EU-Vertretungsbehörden vor.

  

Abgeordnete Petra Bayr (S) bemerkte, die Katastrophe sollte Anlass sein, die österreichische Entwicklungshilfe zu erhöhen und einen Schuldenerlass für Sri Lanka und Indonesien zu verordnen. Bezüglich der Spendengelder forderte Bayr größtmögliche Transparenz ein.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) hielt es für wichtig, aus den Pannen und Fehlern zu lernen. Engpässe beim Krisenmanagement sollten nun zumindest der Anlass sein, von weiteren Personalkürzungen an den österreichischen Vertretungsbehörden Abstand zu nehmen, meinte sie.

Abgeordneter Peter Pilz (G) verlangte eine Dokumentation über die Pannen und kritisierte vor allem, dass Grundwehrdiener und nicht psychologisch geschulte Kräfte für den Telefondienst eingesetzt wurden. Was die EU-Komponente betrifft, schlug Pilz vor, die Battle Groups in Richtung von zivilen Einsatzgruppen für Katastrophenhilfe umzurüsten.

Außenministerin Ursula Plassnik berichtete von ihrem Besuch in Sri Lanka, wo sie die zuständigen Regierungsbehörden getroffen und mit den verantwortlichen Stellen gesprochen hatte. Die österreichischen Helfer haben sich, wie sie sagte, hervorragend in die regionalen Hilfsorganisationen eingefügt und Vertrauen aufgebaut. Plassnik sprach vor allem das Ausmaß der menschlichen Tragödie an und betonte, es gehe nun vorrangig darum, den traumatisierten Personen zu helfen, ihnen fixe Unterkünfte bereitzustellen und die Infrastruktur wieder zu reparieren.

Transparenz und Kontrolle bei der Verwendung der Spendengelder seien auch für sie oberste Priorität, unterstrich Plassnik. Jede Möglichkeit von Missbrauch müsse bekämpft werden.

Klar war für die Ministerin auch, dass aus Problemen beim Krisenmanagement nun die Lehren gezogen werden müssen. Zur Kritik am Einsatz von Grundwehrdienern meinte sie aber, es sei am Nachmittag des Stefanietages realistischerweise nicht möglich gewesen, 40 ausgebildete Psychologen an die Krisentelefone zu setzen. Der Vorschlag, auf europäischer Ebene schnelle Einsatzkräfte für humanitäre Hilfe heranzuziehen, fand die Zustimmung Plassniks. Dabei gehe es nicht um die Entwicklung von Parallelstrukturen, sondern vielmehr darum, im Rahmen der geplanten Zielsetzung eine Fokussierung auf den Bereich Krisenmanagement zu erreichen.

ÜBEREINKOMMEN ZUR ERHALTUNG DER WANDERNDEN WILD LEBENDEN TIERARTEN

Einstimmig nahm der Ausschuss das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tiere an. Dieses Übereinkommen sieht strenge Schutzmaßnahmen für rund 85 Arten vor, "die vom Aussterben bedroht sind", darunter Wale, Fledermäuse, Schneeleopard, Meeresschildkröten, Humboldt-Pinguin, Riesenseeadler und Schneekranich. Der ab 2005 zu leistende jährliche Mitgliedsbeitrag Österreichs wird mit dem UN-Beitragsschlüssel errechnet und beträgt für das kommende Jahr 37.604 US-Dollar (609 d.B.).

Die Abgeordneten Herbert Scheibner (F) und Hermann Schultes (V) begrüßten das Abkommen, ebenso die Abgeordnete Petra Bayr (S), die zudem darauf hinwies, dass es eines besseren Schutzes der Meeressäuger brauche, was von Scheibner unterstützt wurde. Auch Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) zeigte sich erfreut über die bevorstehende Ratifizierung, zumal Österreich neben Estland das einzige EU-Land gewesen sei, das diesem Übereinkommen bislang noch nicht beigetreten ist. In diesem Sinne sprach auch Außenministerin Ursula Plassnik von einem wichtigen Lückenschluss, mit dem ein wichtiges Signal gesetzt werde.

ABKOMMEN MIT MALTA

Ebenfalls einstimmig passierte ein Abkommen mit Malta den Ausschuss.

Mit diesem Abkommen kommt man dem Wunsch Maltas nach, die Republik Malta durch österreichische Vertretungsbehörden an ausgewählten Dienstorten im Ausland hinsichtlich der Erteilung von Visa zur Durchreise durch Malta und zum kurzfristigen Aufenthalt in Malta zu vertreten. Dieses Abkommen beinhaltet die allgemeinen Bedingungen, unter denen österreichische Vertretungsbehörden Sichtvermerke für Malta ausstellen können; die technischen Details und die Dienstorte werden in einer Durchführungsvereinbarung festgelegt. (628 d.B.)

ABKOMMEN MIT TSCHECHIEN

Eine längere Debatte ergab sich bei zwei Abkommen mit Tschechien. Positive Erfahrungen mit dem bestehenden Grenzgängerabkommen mit Ungarn führt die Regierung für den Abschluss eines ähnlichen Abkommens mit Tschechien ins Treffen. Der Staatsvertrag soll unter Bedachtnahme auf die jeweilige Situation am Arbeitsmarkt einer beschränkten - jährlich durch Notenwechsel festzusetzenden - Anzahl von Grenzgängern die Möglichkeit bieten, innerhalb taxativ aufgezählter Grenzzonen eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Bundesregierung erwartet, dass im Rahmen der Vollziehung dieses Abkommens auch wertvolle Erfahrungen für die künftig wirksam werdende Freizügigkeit tschechischer Arbeitskräfte gewonnen werden. (688 d.B.)

Die Regierung hat dem Nationalrat darüber hinaus ein Abkommen zwischen Österreich und der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse zur Genehmigung vorgelegt. Durch dieses Abkommen soll der Austausch junger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen von Jahreshöchstkontingenten erleichtert werden. Arbeitskräften zwischen 18 und 35 Jahren mit abgeschlossener Berufsausbildung wird die Möglichkeit geboten, aufgrund eines befristeten Arbeitsverhältnisses im jeweils anderen Nachbarstaat ihre beruflichen und sprachlichen Kenntnisse zu erweitern. Vorbild für das vorliegende Abkommen sind ein Gastarbeitnehmerabkommen mit der Schweiz und ein 1998 abgeschlossenes Praktikantenabkommen mit Ungarn. (689 d.B.)

Abgeordneter Herbert Scheibner (F) hielt es für prinzipiell vernünftig, im bilateralen Rahmen einen solchen Austausch zu ermöglichen, wobei es aber auch von entsprechender Wichtigkeit sei, hier erforderliche Beschränkungen einzuziehen. Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) wies auf die angespannte Lage am österreichischen Arbeitsmarkt hin, die in der Bevölkerung Unsicherheit und Nervosität hervorrufe. Es sei daher wichtig, dass dieses Abkommen nicht automatisch zu Zugangskontingenten für den Arbeitsmarkt führe. Auch stelle sich die Frage, wie Missbrauch verhindert werden könne. Abgeordneter Michael Spindelegger (V) begrüßte das Abkommen und verwies auf die intensive Zusammenarbeit mit den tschechischen Kollegen im Rahmen der parlamentarischen Freundschaftsgruppe, die sich im März in Weitra abermals treffen werde.

Abgeordnete Ulrike Lunacek beklagte, dass es so lange Zeit gebraucht habe, bis diese Abkommen endlich ratifiziert werden könnten, zeigte sich aber überzeugt, dass sie der Verbesserung der bilateralen Beziehungen dienen werden. Abgeordneter Hannes Bauer (S) verwies wie seine Fraktionskollegin auf die Probleme am heimischen Arbeitsmarkt und kritisierte, dass Unternehmen nach Tschechien gingen, wodurch in Österreich Arbeitsplätze verloren gingen. Hier brauche es eine adäquate Gesamtstrategie. Ähnlich äußerte sich der Abgeordnete Caspar Einem (S). Bauer regte zudem an, das Abkommen auch auf tschechische HTL-Schüler auszuweiten, die in Österreich zur Schule gingen und dementsprechend hier auch die Möglichkeit zu diversen Praktika erhalten sollten.

Bundesministerin Ursula Plassnik meinte, die Abkommen lägen in beiderseitigem Interesse und dienten einer freundschaftlichen Nachbarschaftspolitik. Man sei sich der Probleme, die damit eventuell verbunden sein könnten, bewusst, und man habe entsprechend reagiert. Eine sozialpartnerschaftlich zusammengesetzte Kommission werde die Umsetzung der Abkommen supervidieren, wodurch Missbrauch verhinderbar erscheine. Zudem sei eine Evaluation in zwei Jahren geplant. Der Hinweis von Abgeordnetem Bauer sei eine wertvolle Anregung, meinte das Regierungsmitglied.

Beide Abkommen wurden wie eine Ausschussfeststellung bezüglich die Zusammensetzung erwähnter Kommission einstimmig angenommen.

VEREINBARUNG ÜBER DIE SATZUNG DER EUROPÄISCHEN SCHULEN

Einstimmig passierte sodann eine Vereinbarung über die Satzung der europäischen Schulen den Ausschuss. Für den gemeinsamen Unterricht der Kinder der Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften wurden bereits 1957 Lehranstalten mit der Bezeichnung "Europäische Schule" eingerichtet. In der nun vorgelegten Vereinbarung soll die Satzung der Entwicklung der EU angepasst werden. Weiters wird u.a. das Beschlussfassungsverfahren in den Organen der Schulen geändert und ein angemessener Rechtsschutz für das Lehrpersonal eingerichtet. Die Europäischen Schulen bilden ein Schulsystem besonderer Art. Dabei wird nämlich einerseits eine Form der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Gemeinschaften verwirklicht; gleichzeitig bleibt aber die Verantwortung der Staaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie die Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen in vollem Umfang erhalten. (705 d.B.)

SOS-KINDERDORF SOLL FÜR FRIEDENSNOBELPREIS 2005 NOMINIERT WERDEN

Sodann befasste sich der Ausschuss mit zwei Nominierungsvorschlägen für den Friedensnobelpreis. Abgeordnete von ÖVP und FPÖ treten in einem Entschließungsantrag dafür ein, dass „SOS-Kinderdorf“ – in 132 Ländern gibt es 1.668 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen – für den Friedensnobelpreis 2005 vorgeschlagen wird. (494/A [E])

Abgeordnete Ulrike Lunacek brachte gleichfalls einen Antrag ein, wonach der israelisch-palästinensische "Parents´ Circle" für diese Ehrung vorgeschlagen werden sollte.

Abgeordneter Caspar Einem (S) meinte, es sei keine gute Optik, wenn die österreichische Regierung eine österreichische Institution vorschlage, signalisierte dessen ungeachtet jedoch die Zustimmung seiner Fraktion zu diesem Antrag. Gleichfalls unterstütze seine Partei den Antrag der Grünen, da auch diese Organisation sich in sehr verdienstvoller Weise für den Frieden einsetze. Abgeordneter Herbert Scheibner (F) hielt Einems Bedenken für unbegründet und votierte für die Annahme des Antrags von V und F, zumal den Kinderdörfern eine besondere Wichtigkeit zukomme. Sie sorgten für eine nachhaltige Stabilisierung, und es sei ein wichtiges Signal, die Hoffnung auf die Kinder zu setzen.

Abgeordneter Michael Spindelegger (V) erinnerte daran, dass schon 1999 durch die damalige Bundesregierung die SOS-Kinderdörfer für den Nobelpreis nominiert worden seien. Dem G-Antrag werde seine Fraktion nicht zustimmen, weil es keinen Sinn mache, zwei Projekte zu unterstützen. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) plädierte hingegen für die Annahme ihres Antrags, dabei auf die Lage im Nahen Osten hinweisend und eine solche Unterstützung als wichtigen Impuls für eine Befriedung der Region wertend. Außenministerin Ursula Plassnik hielt die Idee, die Kinderdörfer für den Nobelpreis vorzuschlagen, für gut und befürwortete daher die Annahme des gegenständlichen Antrags. Die Abgeordneten Walter Posch und Gisela Wurm (beide S) votierten für die Annahme beider Anträge.

In der Abstimmung erhielt der V-F-Antrag die Zustimmung von V, S und F, der G-Antrag blieb hingegen in der Minderheit.

PETITION DER SCHÜTZEN ZU PROBLEMEN DER EUROPAREGION  TIROL

Der Ausschuss wies sodann eine Petition der Tiroler Schützen dem Südtirol-Unterausschuss zu. Nationalratspräsident Andreas Khol und eine Reihe weiterer Abgeordneter haben dem Nationalrat eine Petition der Schützen aus allen Teilen des historischen Tirol vorgelegt. Der Bund der Tiroler Schützenkompanien, der Südtiroler und der Welschtiroler Schützenbund ersuchen das österreichische Parlament, sich für die Lösung gemeinsamer Probleme in der Europaregion Tirol einzusetzen. (31/PET)

Ebenfalls zugewiesen, und zwar dem Entwicklungszusammenarbeits-Unterausschuss, wurde ein S-Antrag. Säumigkeit der Regierung bei der Ratifizierung der ILO-Konvention Nr. 169 ortet darin die Abgeordnete Petra Bayr (S). Sie fordert die umgehende Ratifizierung dieser Konvention, die grundlegende Rechte für die indigenen und in Stämmen lebenden Völker auf ein selbst bestimmtes Leben garantiert. (442/A(E))

DARFUR- UND STREUBOMBENANTRAG VERTAGT

Schließlich vertagte der Ausschuss zwei oppositionelle Anträge mit der Absicht, durch Vorverhandlungen gegebenenfalls zu Vierparteienanträgen gelangen zu können. G-Abgeordnete Lunacek und S-Abgeordnete Bayr treten in einem Antrag  u.a. dafür ein, dass die Regierung des Sudan die Bestimmungen über die Einrichtung einer (international überwachten) No-Fly-Zone für die sudanesische Luftwaffe einhält, dass die Übergriffe auf die Zivilbevölkerung sofort gestoppt und die Milizen entwaffnet werden. Österreich sollte politisch den von der Afrikanischen Union (AU) initiierten Darfur-Friedensprozess unterstützen und sich international und innerhalb der EU für die Aufstockung und logistische Unterstützung der in Darfur stationierten Einheiten der AU einsetzen. (496/A [E])

Grüne und Sozialdemokraten wünschen sich ein intensiveres Engagement Österreichs bei der internationalen Ächtung von Streubomben und Streumunition. Zu diesem Zweck soll das entsprechende Protokoll der Convention on Conventional Weapons rasch ratifiziert, ein einseitiges Moratorium Österreichs verkündet und eine Erweiterung des Bundesgesetzes über das Verbot von Anti-Personenminen um Streumunition vorgenommen werden. (499/A [E] ) (Schluss)