Parlamentskorrespondenz Nr. 101 vom 17.02.2005

GESUNDHEITSAUSSCHUSS BESCHLIESST LEBENSMITTELSICHERHEITSGESETZ

Rauch-Kallat: Sicherheit der Lebensmittel "vom Feld bis zum Teller"

Wien (PK) - Mit den Stimmen der Regierungsparteien verabschiedete der Gesundheitsausschuss heute ein Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das das bisherige Lebensmittelgesetz und das Fleischuntersuchungsgesetz ersetzt und im März vom Plenum des Nationalrates beschlossen werden soll. ÖVP und FPÖ sahen darin die Kontrolle der Lebensmittel nach dem Grundsatz "vom Feld bis zum Teller" verwirklicht, die Oppositionsparteien hingegen, die in Entschließungsanträgen jeweils eigene Forderungen in Richtung Lebensmittelsicherheit zur Diskussion brachten, kritisierten die Maßnahmen der Koalition als zu wenig weit gehend, vermissten eine einheitliche Kompetenz der Gesundheitsministerin für Lebensmittel und Futtermittel und stimmten gegen den Entwurf.

Das Lebensmittelsicherheitsgesetz, das sich an den neuen gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen der EU im Lebensmittelbereich orientiert, bezieht sich auf die gesamte Lebensmittelkette einschließlich der Primärproduktion und enthält insbesondere auch Regelungen zur Fleischuntersuchung sowie Hygienevorschriften für Lebensmittel und deren Kontrolle.

Als miterledigt gilt eine Initiative der SPÖ, in der Abgeordneter Johann Maier EU-konforme Regelungen für gesundheitsbezogene Angaben auf Lebensmitteln und für gesundheitsbezogene Werbung für Lebensmittel forderte, die gleichzeitig die Konsumenten vor Irreführung und Täuschung schützen. Maier drängte weiters auf die volle Anwendbarkeit des Strafgesetzbuches im Bereich des Lebensmittelrechtes, die Einführung von Mindeststrafen sowie Regelungen, damit Lebensmittelaufsichtsorgane auch gegen mit anabolen Steroiden verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel vorgehen und die notwendigen Sanktionen ergreifen können.

In einem weiteren Entschließungsantrag verlangte Maier die Konzentration der Kompetenzen für das Lebensmittelrecht und das Agrarische Betriebsmittelrecht im Gesundheitsministerium. Auch dieser Antrag galt mit der Beschlussfassung der Regierungsvorlage als miterledigt.

Berichterstatterin Abgeordnete Barbara Riener (V) eröffnete die Debatte und legte einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien vor, der neben Klarstellungen und redaktionellen Änderungen die gesetzliche Möglichkeit schafft, auf künftige Entwicklungen im Internet-Handel mit Nahrungsergänzungsmitteln zu reagieren, wobei insbesondere auf die Information der Konsumenten gesetzt werde. Zudem wird der Handlungsspielraum der Landeshauptleute bei zusätzlichen Überwachungsmaßnahmen erweitert, insbesondere auch auf die Direktvermarktung von Lebensmitteln.

Abgeordneter Johann Maier (S) erinnerte daran, dass die großen Lebensmittelskandale der letzten Jahre ihren Ursprung jeweils bei Futtermitteln hatten und untermauerte damit seine Forderung nach einem Lebensmittelsicherheitsgesetz, das die gesamte Nahrungskette umfasst, wie dies auch den EU-Vorgaben entspreche. Maier problematisierte die Regelung vieler Materien in Form von Verordnungsermächtigungen. Außerdem seien die Bereiche gesundheitsbezogene Werbung und Nahrungsergänzungsmittel nicht adäquat geregelt. Grundsätzlich beklagte der Abgeordnete die Entkriminalisierung des Lebensmittelrechts und machte darauf aufmerksam, dass während der letzten Jahre die Zahl lebensmittelrechtlicher Verurteilungen stark zurückgegangen sei – Experten warnen laut Maier zu Recht davor, dass das Lebensmittelgesetz immer weniger vollzogen werde.

Nahrungsergänzungsmitteln werde zu wenig Augenmerk geschenkt, sagte Maier und wies auf Warnungen der WHO vor gesundheitlichen Problemen durch unkontrollierte Einnahme von Supplementen hin. Maier drängte auf eine klare Definition der Begriffe Lebensmittel, Arzneimittel und Medizinprodukte.

Die SPÖ lehne das neue Gesetz weniger wegen der Regelungen ab, die es enthalte, sondern vielmehr wegen der Regelungen, die es nicht enthalte. So sah Abgeordneter Maier die Öffentlichkeit und Transparenz nicht gewährleistet, wenn gesundheitsschädliche Futtermittel auf dem Markt auftauchen. Es fehle eine Informationspflicht gegenüber Bauern und Konsumenten.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) schloss sich seinem Vorredner an: Es sei notwendig, nach dem Vorbild der EU eine einheitliche Kompetenz für Futter- und Lebensmittel zu schaffen, da nur so eine lückenlose Kontrolle der Lebensmittel „vom Feld bis zum Tisch“ gewährleistet werden könne. Das neue Gesetz enthalte viele begrüßenswerte Verbesserungen, falle aber in einzelnen Regelungen hinter EU-Bestimmungen zurück. So werde der Begriff „Gesundheitsschädlichkeit“ zu eng gefasst. Die Kumulationswirkung giftiger Substanzen und das Vorsorgeprinzip würden zu wenig beachtet.

Bei den Nahrungsergänzungsmitteln plädierte Pirklhuber weiterhin für eine vollständige Meldepflicht und einen Nachweis behaupteter Gesundheitswirkungen. Pirklhuber befürchtete eine Aufweichung des Verbots, Lebensmittel mit Strahlen zu behandeln und kritisierte die vorgesehene Einvernehmensregelung zwischen Gesundheits- und Landwirtschaftsressort. Um Interessenskollisionen auszuschließen, sollte die Kontrollkompetenz ausschließlich beim Gesundheitsministerium liegen. Sicherzustellen sei auch, dass Amtstierärzte nicht ihre eigenen Kunden kontrollieren. Schließlich sprach sich Pirklhuber dafür aus, Kontrolldatenbanken, etwa die Rinderdatenbank, zugänglich zu machen und verlangte Maßnahmen für eine bessere Rückverfolgbarkeit von Fleischprodukten bis zu ihrem Ursprung.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) sprach von einem guten, zukunftweisenden Gesetz, mit dem Lebensmittelgesetz, Fleischuntersuchungsgesetz und sechs EU-Vorgaben zusammenführt werden. Für die Kontrolle der Lebensmittel „vom Feld bis zum Teller“ sei damit ein einheitlicher Vollzug gewährleistet, die Kommunikation der Kontrollstellen werde verbessert und Doppelkontrollen vermieden. Das Ziel, durch einheitliche Vorgaben den freien Warenverkehr in Europa zu ermöglichen und gleichzeitig mehr Lebensmittelsicherheit zu schaffen, werde erreicht.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) sprach ebenfalls von einem gelungenen Gesetz und zerstreute die Befürchtungen des Abgeordneten Pirklhuber wegen einer möglichen Aufweichung des Strahlenbehandlungsverbots für Lebensmittel. Strahlenbehandlungen bleiben aus Gründen der EU-Konformität wie bisher auf Gewürze beschränkt. Befriedigt zeigte sich der Abgeordnete darüber, dass die Trennung zwischen Amtstierärzten und Tierärzten aufrecht bleibe, weil so verhindert werde, dass sich Kontrollore selbst kontrollieren, wobei Abgeordneter Haupt die diesbezüglichen Verbesserungen bei den Statutarstädten ausdrücklich begrüßte. Das Meldesystem für Nahrungsergänzungsmittel sah Abgeordneter Haupt für gescheitert an, weil es durch Importe und Internethandel unterlaufen wurde. Die vorgesehene Registrierung und spezielle Kontrolle der Verkaufsstellen sei der einzig gangbare Weg, darüber hinaus trat der Abgeordnete dafür ein, nach dem Vorbild von Nachbarstaaten illegale Internetseiten zu sperren. Den Missbrauch hormonähnlicher Substanzen gelte es wegen der enormen volkswirtschaftlichen Schäden, die sie verursachen, zu stoppen. „Dopingsünder sind nur die Spitze des Eisbergs!“, sagte Abgeordneter Haupt. Die vorgesehenen Verordnungsermächtigungen verteidigte Haupt, weil sie dem Ressort die Möglichkeit geben, auf veränderte Bedingungen rasch, ordnungsgemäß und fachgerecht zu reagieren.

Abgeordnete Gabriela Moser (S) warf ein, ein Kompromiss sei aus der Sicht des Konsumentenschutzes zu wenig. Sie befürchtete vor allem, dass die Kontrollaufgaben an der fehlenden personellen und finanziellen Ausstattung der Landesbehörden scheitern werden. Moser vermisste überdies eine Kennzeichnung hinsichtlich der Art der Tierhaltung und forderte die Festsetzung von Mindeststrafen bei Gesetzesverstößen.

Abgeordnete Renate Csörgits (S) drängte auf eine exakte Information der Öffentlichkeit über beanstandete Lebensmittel, etwa nach dem Vorbild der Rückholaktionen bei Autos. Es müsste Vorsorge getroffen werden, dass die Konsumenten genau wissen, um welche konkreten Produkte es sich handelt, betonte sie.

Abgeordneter Franz Eßl (V) zeigte sich zufrieden mit den Regelungen betreffend die Direktvermarktung. Er begrüßte vor allem, dass traditionelle Produktionsmethoden der kleinen Erzeugungsbetriebe Berücksichtigung finden.

Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat sah dem Grundgedanken des Gesetzes in der Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel vom Stall bzw. Feld bis zum Teller. Es sei gelungen, die heimische Lebensmittelwirtschaft der Klein- und Mittelbetriebe zu stärken, ohne dabei das Ziel der Lebensmittelsicherheit in Frage zu stellen. Das Bekenntnis zu traditionellen Lebensmitteln und Produktionsweisen werde langfristig auch die Sicherheit der heimischen Bauern gewährleisten, zeigte sich die Ministerin überzeugt. Rauch-Kallat versicherte überdies, durch die amtlichen Kontrollen werde ein Qualitätsmanagement garantiert, die dafür notwendigen Mittel seien vorhanden.

Auf der umfangreichen Tagesordnung der Sitzung stand weiters eine Reihe von Initiativen der Opposition, die mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurden. Es handelte sich dabei um Entschließungsanträge der SPÖ zu den Themen Gewährleistung des Interpellationsrechts für Bundesrat und Nationalrat sowie Vorlage eines jährlichen Berichts durch die AGES (151/A(E)) sowie weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Doping im Freizeit- und Leistungssport durch das Gesundheitsministerium (368/A(E)) und Internet-Kompetenzzentrum für Arzneimittel- und Lebensmittelsicherheit (370/A(E)).

Die ebenfalls vertagten Entschließungsanträge der Grünen wiederum hatten ein Aktionsprogramm zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit (225/A(E)), Schutzregeln für gesundheitsbezogene Lebensmittelwerbung im österreichischen Lebensmittelgesetz (254/A(E)) und die Forderung nach Aufstockung der Finanzmittel für die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit(403/A(E)) zum Inhalt. (Schluss)