Parlamentskorrespondenz Nr. 131 vom 02.03.2005

NATIONALRAT DEBATTIERT EINEN BERICHT DES RECHNUNGSHOFS

Wien (PK) - Am späten Abend debattierte der Nationalrat einen Bericht des Rechnungshofs. Rund 90 Millionen € habe die blau-schwarze Bundesregierung in den letzten Jahren für Werbung und Beratung "verschleudert", kritisierte Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S). Außerdem rechne man mit weiteren 60 Millionen € in den Jahren 2005 und 2006. Der Rechnungshof habe schon im Jahr 2003 empfohlen, gewisse Werberichtlinien einzuhalten. Außerdem habe der frühere RH-Präsident Fiedler gemeint, dass man sich die "Hälfte der Beratungsverträge ersparen hätte können". Kräuter brachte sodann einen S-G-Entschließungsantrag betreffend Schaffung von ressortinternen Richtlinien hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für externe Beratungs- und Öffentlichkeitsarbeit ein.

Es gehe um die Beratungsleistungen im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, und dabei insbesondere um die Einführung des LKW-Mautsystems in Österreich, führte Abgeordneter GAHR (S) aus. Im nachhinein könnte man sagen, dass sich die Beratungen bezahlt gemacht haben, da das Mautsystem gut funktioniert. Es gab jedoch gewisse Mängel, die vom Rechnungshof aufgezeigt wurden, räumte Gahr ein. So wurde etwa empfohlen, verstärkt interne Ressourcen einzusetzen und die haushaltsrechtlichen Vorschriften besser zu beachten. Das Ministerium habe darauf reagiert, erklärte Gahr, und es werde in Zukunft darauf geachtet, dass sehr vorsichtig mit der Vergabe von Beraterverträgen umgegangen wird.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) befasste sich in seiner Wortmeldung mit den Beraterverträgen im Finanzministerium, wo überdurchschnittlich hohe Kosten angefallen sind. Von den Bürgern werden harte Sparprogramme gefordert, aber im Finanzressort wird am ungeniertesten "das Geld beim Fenster hinausgepulvert". In den meisten Fällen habe es sich um sinnlose Beraterverträge gehandelt, von denen "Freundesgruppen" profitiert haben. Es sei daher nicht verwunderlich, dass nun Werbekampagnen für die Steuerreform gestartet wurden. Faktum sei jedoch, dass 2,2 Millionen Menschen keinen Cent mehr erhalten, zeigte Kogler auf.

Abgeordneter BUCHER (F) verteidigte die vom Finanzministerium in Anspruch genommen Beratungsleistungen. Dass Österreich heute zu den drei besten Wirtschafts- und Arbeitsstandorten der EU gehöre, ist für ihn nicht zuletzt das Ergebnis externer Beratung. Der Rechnungshof habe aber auch Mängel aufgezeigt, sagte Bucher und stimmte mit der Feststellung überein, wonach die Höhe der einen oder anderen Beratungsleistung nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) befasste sich mit der Reorganisation der Bundesbeschaffung und meinte, für 19 Paragraphen 3,6 Mill. € zu zahlen, sei eine "Meisterleistung an Verschwendung" gewesen. Zudem wird die regionale Wirtschaft seiner Meinung nach durch das neue Bundesbeschaffungsgesetz "in den Abgrund getrieben". Es wäre seiner Auffassung nach Aufgabe des Staates, bei Beschaffungen nicht ausschließlich auf den Bestpreis zu schauen, sondern volkswirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen.

Abgeordneter LEDOLTER (V) wollte sich der Kritik des Rechnungshofes im Zusammenhang mit der Vergabe von Beratungsleistungen durch einzelne Ministerien nicht anschließen. Seiner Ansicht nach war es dringend notwendig, den Reformstau in der Verwaltung abzubauen, unter diesem Aspekt müssten ihm zufolge auch die aufgezeigten Mängel wie die nicht rechtzeitige Einholung von Vergleichsangeboten, die nicht ausreichende Dokumentation der Gründe  für Auftragsvergaben und unzulängliche Leistungsdefinitionen gesehen werden. Es sei durchaus sinnvoll gewesen, externes Know-how einzuholen, bekräftigte Ledolter.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) konnte der Darstellung seines Vorredners nichts abgewinnen und gab zu bedenken, dass in einzelnen Fällen hoch bezahlte Aufträge überhaupt nicht erfüllt worden seien. Auch für das Misstrauen gegenüber der Beamtenschaft zeigte er kein Verständnis, vor allem da extern ausgearbeitete Gesetzesnovellen vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben worden seien. Kritik übte Öllinger auch an der Privatisierungspolitik der Regierung, für die ebenfalls Berater engagiert worden seien.

Abgeordneter PRINZ (V) hielt fest, der Bericht des Rechnungshofes über die in Anspruch genommenen externen Beraterleistungen stelle dem Finanzministerium ein durchwegs positives Zeugnis aus. Prinz zufolge sind keine Steuergelder verschleudert worden, vielmehr stünden den Kosten für die Berater massive Einsparungen gegenüber. Prinz plädierte dennoch dafür, den Empfehlungen des Rechnungshofes nachzukommen.

Abgeordneter REHEIS (S) meinte in Richtung seines Vorredners, dem vorliegenden Rechnungshofbericht etwas Positives abzugewinnen, sei "ein Kunstwerk". Er selbst bezweifelt, dass durch die Inanspruchnahme externer Beratungsleistungen merkliche Einsparungen erzielt wurden. Kritik übte Reheis auch an den Werbeaktivitäten der Bundesregierung auf Kosten der Steuerzahler.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) nahm zum Internetangebot help.gv.at Stellung und betonte, die Homepage sei eine der erfolgreichsten Seiten, was Bürgernähe und Bürgerservice betreffe.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) skizzierte, jedes Mal, wenn sie einen Rechnungshofbericht lese, steige Empörung in ihr hoch. Die Berichte zeigten auf, "was alles in dieser Republik möglich ist". So habe Ex-Verkehrsministerin Monika Forstinger einem ihr bekannten Rechtsanwalt 350.000 € "zugeschanzt", ohne Konsequenzen tragen zu müssen.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) führte aus, das Finanzministerium habe für externe Beraterverträge mehr Mittel ausgegeben, als alle anderen geprüften Ministerien gemeinsam. Unter anderem bemängelte sie die hohen Beraterkosten für die Reorganisation der Finanzverwaltung.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) listete eine Reihe von Mängeln auf, die der Rechnungshof bei der Vergabe externer Beraterleistungen aufgezeigt habe. So sind ihr zufolge an zwei Beraterfirmen für die Reorganisation der Finanzverwaltung 800.000 € gezahlt worden, ohne dass dem Einsparungen gegenüber stünden.

Finanzstaatssekretär Dr. FINZ kritisierte, die Opposition versuche den Eindruck zu erwecken, als ob die schwarz-blaue Regierung externe Beraterverträge eingeführt hätte. Dabei habe auch Ex-Finanzminister Rudolf Edlinger zahlreiche Beraterleistungen in Anspruch genommen, etwa für den Verkauf der Bundesanteile am Flughafen Wien oder den Verkauf der BA-CA, konstatierte er. Der Unterschied zu früher sei, so Finz, dass die nunmehr in Auftrag gegebenen Beraterleistungen zu wirklich nachhaltigen Verwaltungsreformen geführt hätten. Vorwürfe, wonach die regionale Wirtschaft durch die Neuorganisation des Beschaffungswesen benachteiligt würde, wies der Staatssekretär als falsch zurück.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) wollte von Staatssekretär Finz wissen, welche Kosten die Frühpensionierung zahlreicher Beamter im Finanzministerium verursache. Kritisch äußerte er sich zudem zur Bundesbeschaffungsagentur.

Rechnungshofpräsident Dr. MOSER skizzierte, der Rechnungshof habe insgesamt 36 Auftragsvergaben mit einem Volumen von 12,3 Mill. € untersucht. Es gebe sehr wohl auch Vergaben, die ordnungsgemäß abgewickelt worden seien, betonte er, in zahlreichen Fällen seien Beraterleistungen aber ohne ausreichende Begründung und ohne Kosten-Nutzen-Analyse vergeben worden. Weiters hätten die Ministerien teilweise Vergabevorschriften nicht beachtet und Entscheidungen und Leistungen nicht ausreichend dokumentiert. Mängel habe der Rechnungshof auch bei der Kommunikation zwischen externen Beratern und ressorteigenen Fachabteilungen festgestellt.

Der Rechnungshof lehne die Beiziehung externer Berater nicht grundsätzlich ab, sagte Moser, vielmehr könne dies in bestimmten Fällen durchaus sinnvoll sein. Es müssten aber gewisse Kriterien wie die Einhaltung von Vergaberichtlinien erfüllt werden. Moser regte zudem an, zunächst zu eruieren, ob eigene Ressourcen vorhanden seien.

Abgeordneter FAUL (S) bezweifelte, dass kleine und mittlere Unternehmen bei Auftragsvergaben des Bundes adäquat berücksichtigt werden. In Bezug auf die in Anspruch genommenen externen Beraterleistungen stellt sich für ihn die Frage, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgte.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) kritisierte die Vorgangsweise der Regierung hinsichtlich der Beschäftigung von Beratern. Dieses Verhalten sei nicht zu goutieren, zumal dabei wohl bewusst auf das Fachwissen der Beamten verzichtet werde. Hier sei "stümperhaft und unprofessionell" agiert und Steuergeld verschwendet worden.

Abgeordneter KRIST (S) kritisierte gleichfalls verantwortungslosen Umgang mit Steuergeldern. Hier herrsche Verschwendung vor, wie dem Rechnungshofbericht zu entnehmen sei. Das könne seine Fraktion nicht zur Kenntnis nehmen.

Abgeordneter NEUDECK (F) plädierte für ein Ernstnehmen des Berichts. Er sei überzeugt, die Minister würden aus dem Bericht die nötigen Konsequenzen ziehen. Weiters erinnerte der Redner die Sozialdemokraten an Fehler, die in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung geschehen seien.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) wies auf frühere Kritik des Rechnungshof-Präsidenten Fiedler hin und zeigte sich empört darüber, wie die Regierungsfraktionen mit dem Rechnungshof umgingen.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag wurde abgelehnt.

(Schluss RH/Forts. NR)