Parlamentskorrespondenz Nr. 222 vom 06.04.2005

BUDGET DES INNENRESSORTS ALS ANLASS FÜR SICHERHEITSDEBATTE

Kein Untersuchungsausschuss zum Stadionbau in Klagenfurt

Wien (PK) - Als letztes Budgetkapitel stand in der Sitzung des Nationalrats am Mittwoch der Haushalt des Innenressorts auf der Tagesordnung. Die Vorlage wurde mit der Stimmenmehrheit der Koalition angenommen. Ein von den Sozialdemokraten eingebrachter Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Vergabe des Projekts Stadion Klagenfurt fand keine Mehrheit.

Abgeordneter PARNIGONI (S) beklagte, dass die „nunmehr auf orangen Krücken gehende schwarz-blaue Koalition“ während der letzten fünf Jahre tausende Exekutivplanstellen wegrationalisiert und die Exekutivbeamten verunsichert habe. Die Regierung habe in Kauf genommen, dass die Kriminalität explodierte und die Aufklärungsquote zurückging. Während die Zahl der Delikte um 30 % zugenommen habe, sei die Aufklärungsrate um 13 % gesunken, bei den Eigentumsdelikten auf nur noch 22 %. - Österreich hat sich laut Parnigoni eine bessere Sicherheitspolitik verdient, er hoffe, „dass diese Koalition des Stillstands und der Sesselkleber bald das Feld räumt“.

Abgeordneter KÖSSL (V) warf seinem Vorredner Verunsicherung, Krankjammern und Schlechtreden vor. Die SPÖ habe in der Sicherheitspolitik seit fünf Jahren nur Nein-Sagerei geboten, obwohl Österreich das sicherste Land der Welt sei. Gendarmeriedienststellen wurden bereits unter Minister Löschnak geschlossen, erinnerte Kößl. Die angesprochene Kriminalstatistik sei bereits rückläufig, da die Maßnahmen der Innenministerin und ihres Vorgängers greifen. Kößl würdigte die Reformen der letzten Jahre, insbesondere die Zusammenführung der Wachkörper, die es erlaube, die Herausforderungen der kommenden Jahre zu bewältigen. Das vorliegende Budget liege auf hohem Niveau, noch nie in der Zweiten Republik habe es so viel Geld für die Exekutive gegeben wie 2005 und 2006, lobte der Abgeordnete.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) erinnerte die Innenministerin an die Berichte der Zivildienstkommission, von denen einer die zeitliche und finanzielle Gleichstellung von Wehr- und Wehrersatzdienst vorsehe. Die Abgeordnete forderte eine Verpflegungskostenvergütung für Zivildiener nach dem Vorbild der Präsenzdiener. Mit dem Budget 2006 würden aber keine Vorkehrungen für eine Erhöhung der Verpflegungskostenvergütung für Zivildiener getroffen, kritisierte Haidlmayr. Die Verkürzung des Zivildienstes auf neun Monate allein sei zu wenig – es müsse endlich Schluss sein mit der Ausbeutung der Zivildiener. Sozialdienst für einen Hungerlohn sei nicht länger tragbar, sagte die Abgeordnete, derzeit müssten Zivildiener entweder Schulden machen oder sich von ihren Familien unterstützen lassen, um zu überleben. Zivildiener dürfen nicht länger auf Almosen angewiesen sein, sie haben ein Recht auf eine entsprechende Abgeltung ihrer Lebenshaltungskosten.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) erklärte die Unterschiede zwischen Zivildienern und Präsenzdienern und wies darauf hin, dass Zivildiener in manchen Belangen besser gestellt seien als Wehrdiener. Auch die Abgeordneten des Freiheitlichen Klubs jubeln nicht über dieses Sicherheitsbudget, aber sie wissen, dass die EU-Vorschriften über das zulässige Defizit zu beachten sind und der finanzielle Spielraum durch die Schuldenpolitik der ehemaligen SPÖ-Finanzminister eingeschränkt sei. Daher bleibe das Budget des Innenressorts 2006 gegenüber 2005 gleich.

In der Sicherheitspolitik sei aber nicht nur das eingesetzte Geld wichtig, sondern auch die strukturellen Maßnahmen. In diesem Zusammenhang lobte die Abgeordnete, dass heute mehr Polizisten im Außendienst tätig seien, was zu einem Rückgang der Kriminalität beigetragen habe. Die Opposition aber erzeuge Panik und Verunsicherung, ungeachtet der Einrichtung von Schutzzonen und Videoüberwachung in den U-Bahnen, die sich bereits bewährten.

Die Banken will die Abgeordnete verpflichten, ihre Bankomaten besser zu schützen, weil die Bevölkerung gefährdet sei, wenn Bankomaten von kriminellen Banden in die Luft gesprengt werden. Es gelte den organisierten internationalen Kriminellen klar zu machen, dass es sich nicht lohne, nach Österreich zu kommen.

Innenministerin PROKOP stellte fest, dass die Sicherheit in Österreich gewährleistet sei und Österreich als sicheres Land hohes Ansehen genieße. Österreich sei stärker als früher von internationaler Kriminalität betroffen, stehe aber im internationalen Vergleich sehr gut da. Aufgrund hervorragender Arbeit der Exekutivbeamten zeige die Kriminalstatistik bereits einen Rückgang der Kriminalität, wobei Wien besonders gut abschneide – „wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Ministerin Prokop und wies auf die Modernisierungen hin, die in Angriff genommen wurden. Das Budget 2006 werde es möglich machen, die hohen Standards der Sicherheit in Österreich aufrecht zu erhalten.

In ihren weiteren Ausführungen ging die Ministerin auf den Ausbau der Gedenkstätte in Mauthausen ein, berichtete von positiven Entwicklungen bei der Betreuung der Asylwerber, die durch die in Begutachtung stehenden Vorschläge weiter verbessert werden könne. In Traiskirchen werden derzeit 737 Personen betreut, die dort geplanten Umbauten werden 2005 und 2006 vorgenommen.

Das höchste Budget der Zweiten Republik erlaube nachhaltige Investitionen in die innere Sicherheit, die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei werde eine „Modernisierungsdividende“ abwerfen, Verwaltungseinsparungen und Synergieeffekte in Logistik, Infrastruktur und Beschaffung werden es erlauben, mehr Exekutivbeamte auf der Straße einzusetzen. Auch in den Zentralstellen werden laufend Ressourcen frei. Auch Sicherheitsdirektionen und die Bundespolizeidirektionen werden genau evaluiert, um zusätzliche Rationalisierungsmöglichkeiten zu nützen und den Kampf gegen die Kriminalität zu verstärken. „Die Bevölkerung vertraut der Exekutive. Wir werden den erfolgreichen Weg der vergangenen Jahre fortsetzen“, sagte die Innenministerin.

Abgeordneter GAAL (S) würdigte die konstruktive Zusammenarbeit des Innenressorts mit dem Zivilschutzverband bei der Österreichischen Kindersicherheitsolympiade, die europaweit große Beachtung gefunden habe. Der Abgeordnete unterstrich die Notwendigkeit, Kindern auf spielerische Art und Weise nahe zu bringen, wie man sich in Notsituationen verhält. Weniger angenehm sei die Sicherheitssituation in Wien, wofür der Redner die rigorosen Sparmaßnahmen der Bundesregierung verantwortlich machte. Es sei noch viel zu tun, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu heben. Es gelte die Prävention gegen Kriminalität zu verstärken - Sparen sei dabei der falsche Weg, zeigte sich Abgeordneter Gaal überzeugt.

Abgeordneter ELLMAUER (V) lobte sowohl die Budgetpolitik als auch die Sicherheitspolitik der Regierung. Er hält Österreich zudem, wie er sagte, für das sicherste Land der Welt, und zeigte sich davon überzeugt, dass die hohen Sicherheitsstandards auch in Zukunft beibehalten werden können.

Ellmauer verwies in diesem Zusammenhang auf zahlreiche sicherheitspolitische Maßnahmen der Regierung und erklärte u.a., dass die Exekutive durch die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie noch moderner und effizienter werde. Der Trend in Richtung sinkender Kriminalitätsrate und steigende Aufklärungsrate setze sich, so der Abgeordnete, fort. Nach Auffassung Ellmauers gibt es in Österreich überdies die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit unter strikter Beachtung der Grund- und Freiheitsrechte.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) schilderte einen Polizeieinsatz in einem Lokal im Wiener Prater gestern Abend, in dessen Rahmen unter der Leitung des frisch gekürten Landespolizeikommandanten von Wien, Roland Horngacher, dreißig von zweihundert Gästen "beamtshandelt" und perlustriert worden seien. Alle dreißig hatten, so Stoisits, eine schwarze Hautfarbe. Stoisits hält diese Begebenheit für "puren Rassismus" und äußerte die Vermutung, dass solche Vorfälle System hätten. Mit der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung hat das ihrer Ansicht nach jedenfalls nichts zu tun.

Im Zusammenhang mit der Asylpolitik der Regierung sprach Stoisits von "Politpopulismus" und machte darauf aufmerksam, dass der von Innenministerin Prokop vorgelegte Entwurf für ein neues Asylgesetz nach Angaben des UNHCR elf Verletzungen der Genfer Flüchtlingskonvention enthalte.

Abgeordnete ROSSMANN (F) brachte die Drogensituation in der Stadt Graz zur Sprache. Seit der Zerschlagung eines großen Drogenrings in Wien habe es eine massive Drogenzunahme in Graz gegeben, skizzierte sie. Man könne kaum noch eine Diskothek besuchen, ohne auf Drogen angesprochen zu werden. Die Drogendealer kämen, so Rossmann, vielfach aus dem schwarzafrikanischen Raum. Die Abgeordnete forderte unter anderem eine bessere Zusammenarbeit der Exekutive mit der Gastronomie.

Angesichts der steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen - vorwiegend durch organisierte Banden aus dem Osten - urgierte Rossmann eine stärkere Aufklärung der Bevölkerung und eine restriktive Vorgangsweise bei der Erweiterung des Schengenraums. 

Abgeordneter Mag. POSCH (S) führte aus, die Ausgaben für innere Sicherheit würden mit dem Budget 2006 unter 3 % des BIP rutschen. Er wertet dies als historischen Tiefststand. Zudem befasste sich Posch mit den jüngsten Personalentscheidungen im Innenministerium und äußerte sich kritisch zur geplanten Novellierung des Asylgesetzes.

Abgeordneter FREUND (V) unterstrich, der österreichischen Bundesregierung sei es ein besonderes Anliegen, der Bevölkerung die bestmögliche Sicherheit zu bieten, sei es durch Kriminalitätsbekämpfung, durch Verkehrsüberwachung oder durch das Bundesheer. Die Exekutive leiste hervorragende Arbeit, bekräftigte er, auch von Dienststelleneinsparungen könne keine Rede sein. Freund wies darüber hinaus auf die Bedeutung des Zivilschutzes in Österreich hin.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) meinte, es wäre höchste Zeit, dass auch im Innenministerium die Männer ein paar Posten an Frauen abtreten würden. Sie habe aber, so die Abgeordnete, nur begrenzte Hoffnung, da Innenministerin Prokop auch in Niederösterreich keine frauenpolitische Vorreiterin gewesen sei. Zwar gebe es nunmehr einen Frauenförderungsplan im Ministerium, skizzierte Weinzinger, dieser sei aber "der dünnste, spärlichste und unambitionierteste" aller Ressorts.

Mehr Ressourcen forderte Weinzinger überdies für die Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie. In Bezug auf die geplante Novellierung des Asylgesetzes verlangte sie die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Verfolgung von Frauen und nannte in diesem Zusammenhang u.a. Witwenverbrennung, Genitalverstümmelung und organisierte Vergewaltigung.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) setzte sich mit dem Erstaufnahmezentrum für Flüchtlinge in St. Georgen im Attergau auseinander und führte aus, dass sich die Befürchtungen der Bevölkerung bewahrheitet hätten. So sei es zu einem enormen Anstieg der Kriminalität in der Region gekommen. Hofmann vermutet breiten Missbrauch mit behaupteter Traumatisierung von Asylwerbern und urgierte Maßnahmen, um solche Fälle hintanzuhalten. 

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) ging auf die Sicherheitslage in Wien ein und erinnerte daran, dass die Landesregierung Wiens seit längerem auf ein Mehr an Polizei in der Bundeshauptstadt dränge. Auch für die Interventionsstellen brauche man mehr Personal, betonte die Rednerin, die daran zweifelte, dass die mannigfachen Aufgaben mit diesem Budget zu bewältigen sein werden.

Abgeordneter PACK (V) wies auf die Maßnahmen zur Sensibilisierung der Sicherheitskräfte gegenüber Problemen mit dem Rassismus hin und erklärte, seine Fraktion arbeite auch weiterhin dafür, dass Österreich das sicherste Land bleibe.

Abgeordneter Mag. DARABOS (S) meinte, man könne keine Freude empfinden, wenn die Kriminalitätsrate ansteige. Zudem solle die Regierung den Zivildienstbereich nochmals überdenken und beim Asylgesetz nochmals in einen Dialog mit der Opposition eintreten.

Abgeordneter SCHÖLS (V) meinte, mit dem Abbau der Dienstposten hätten die sozialdemokratischen Innenminister begonnen. Vielmehr gebühre der Innenministerin Dank dafür, dass das Projekt "Team04" hervorragend über die Bühne gebracht wurde. Hier werde gute Arbeit für Österreich geleistet.

Abgeordnete PFEFFER (S) äußerte hingegen Besorgnis hinsichtlich des Zustands im Bereich der Exekutive, habe doch der Vorgänger der Innenministerin oftmals parteipolitisch agiert. Die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei habe zu großer Verunsicherung in der Belegschaft geführt, hier sei seitens der Politik mehr Sensibilität gefragt.

Abgeordneter KAPELLER (V) sagte, Österreich sei das sicherste Land der Welt, und das sei der guten Politik des Innenressorts geschuldet. Die Kriminalitätsrate sei zuletzt durch die konsequente Politik der Ministerin gesunken, während die Aufklärungsrate durch die Arbeit der motivierten und engagierten Sicherheitsbeamten gestiegen sei.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) ortete hingegen weiterhin massiven Personalbedarf in der Exekutive, dieses Sparbudget werde den Anforderungen im Sicherheitsbereich vor diesem Hintergrund nicht gerecht.

Abgeordneter WÖGINGER (V) erläuterte die Erkenntnisse der Kommission zur geplanten Zivildienstreform und nannte den Bericht eine gute Grundlage für das weitere Vorgehen. Der Redner trat für die Beibehaltung der Wehrpflicht ein, damit auch der Zivildienst aufrecht erhalten werden könne.

Abgeordneter PENDL (S) beleuchtete die in Rede stehende Thematik aus der Sicht der Exekutivbeamten. Man müsse die Exekutive mit jenen Mitteln ausstatten, die sie zur Bewältigung ihrer Aufgaben brauche, denn dies sei auch im Interesse der heimischen Bevölkerung.

Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) analysierte die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Kriminalität und mahnte verstärkte Bemühungen zu ihrer Bekämpfung ein. Innere Sicherheit sei für die Freiheit unabdingbar und habe zudem auch eine soziale Dimension.

Abgeordnete Mag. WURM (S) monierte die nötige Ausstattung für eine effiziente Arbeit der Exekutive. Zudem übte die Rednerin Kritik am geringen Frauenanteil in den Führungsfunktionen der Exekutive. Das Gewaltmonopol müsse in den Händen des Staates bleiben, und dazu brauche man eben auch die entsprechenden Mittel, schloss Wurm.

Abgeordneter KAINZ (V) wies auf die geänderten Rahmenbedingungen hin, mit denen die Exekutive konfrontiert sei und meinte, die Politik habe auf diese Entwicklungen die richtigen Antworten gegeben.

Abgeordneter WIMMER (S) sprach zum Thema Zivildienstreform und ortete an dieser Stelle zusätzlichen Finanzbedarf, der jedoch in diesem Voranschlag offenbar nicht berücksichtigt sei.

Abgeordneter GAHR (V) unterstrich die in der Debatte von seiner Fraktion vorgebrachten Argumente und zeigte sich gleichfalls davon überzeugt, dass seitens des Innenministeriums der richtige Weg zur Lösung der neuen Aufgaben eingeschlagen worden sei.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) forderte bessere Rahmenbedingungen für die Exekutive, damit diese ihre Arbeit auch erfolgreich bewältigen könne.

Die Beratungsgruppe wurde mehrheitlich angenommen.

KEIN UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS ZUM STADIONBAU IN KLAGENFURT

Die Abgeordneten Dr. WITTMANN, Dr. KRÄUTER (beide S) und Mag. KOGLER (G) begründeten die ihrer Ansicht nach vorhandene Notwendigkeit zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der Angelegenheit des geplanten Stadionbaus in Klagenfurt angesichts des Verdachts von Absprachen und der Parteienfinanzierung sowie des Amtsmissbrauchs, ja sogar der Korruption. Zudem sei die Rolle des Bundeskanzlers in dieser Frage zu klären. Die Abgeordneten HAUBNER (V) und BUCHER (F) sahen diese Notwendigkeit hingegen nicht gegeben, da die geäußerten Vermutungen jeder relevanten Grundlage entbehrten. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)