Parlamentskorrespondenz Nr. 227 vom 07.04.2005

GORBACH WILL FAHREN MIT LICHT AM TAG GESETZLICH FESTSCHREIBEN

Dringlicher Antrag der FPÖ zum Thema Verkehrssicherheit

Wien (PK) - Für seine Fraktion sei es ein großes Anliegen, das wichtige Thema der Verkehrssicherheit aufzugreifen und in der Öffentlichkeit darzustellen, leitete Abgeordneter WITTAUER (F) seine Wortmeldung ein. Von Seiten der Bundesregierung und insbesondere des zuständigen Ministers Gorbach wurden bereits zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit gesetzt und dieser erfolgreiche Weg müsse auch fortgesetzt werden. Wittauer erinnerte daran, dass im Jänner 2002 das "Österreichische Verkehrssicherheitsprogramm 2002-2010" beschlossen wurde, das zum Ziel hat, die Anzahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2010 um die Hälfte zu senken. Seitdem habe man folgende Maßnahmen umgesetzt: Die Einführung des Mehrphasenführerscheins, die Durchführung von verpflichtenden Drogentests, die Schaffung der gesetzlichen Grundlage zur Anwendung der Section Control, Verkehrsbeeinflussungsanlagen, bewusstseinsbildende Kampagnen etc.

Damit habe man erreicht, dass 2004 die Zahl der Verkehrstoten erstmals wieder gesunken ist. Aber jeder Verkehrstoter ist einer zuviel, lautet das Motto des Ministers. Die Unfälle lösen aber nicht nur unermessliches menschliches Leid aus, sondern sie verursachen auch Kosten in der Höhe von 3,6 Mrd. € jährlich, gab der Redner zu bedenken. Damit es in Zukunft zu einer weiteren Senkung der Unfallzahlen im Straßenverkehr kommt, soll der Verkehrsminister mit dieser Dringlichen unterstützt werden, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen und bereits in Kraft getretene Maßnahmen wie Section Control und Verkehrsbeeinflussungsanlagen weiter auszubauen. Außerdem soll das Vormerksystem für Hochrisikolenker einer Evaluierung unterzogen werden. Im Zusammenarbeit mit dem Innenministerium soll es darüber hinaus zu einer Verstärkung der Verkehrskontrollen kommen, forderte Wittauer.

Die Verkehrssicherheit sei einer der Schwerpunkte seiner Politik, wofür auch viel Geld ausgegeben wird, konstatierte Bundesminister GORBACH. Er habe sich das ehrgeizige Ziel gesteckt, bis 2010 die Anzahl der Verkehrstoten zu halbieren und die Zahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Personen um 20 % zu reduzieren. Die Zahlen beweisen, dass man in der Verkehrspolitik den richtigen Weg eingeschlagen hat, war Gorbach überzeugt. Während im Jahr 2002 noch 956 Personen bei Verkehrsunfällen gestorben sind, betrug die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2004 878. Seit 1961 habe es noch nie so wenige Verkehrstote gegeben wie im Jahr 2004, merkte der Vizekanzler an. Damit stehe Österreich auch international gut da und liege europaweit am dritten Platz in diesem Bereich.

Das Österreichische Verkehrssicherheitsprogramm 2002-2010, das schon zu einer Reihe von Maßnahmen geführt hat, werde fortgesetzt, kündigte Gorbach an. Für die Arbeit in den nächsten Jahren habe er sich dabei folgende Schwerpunkte gesetzt: Kontrolle der Einhaltung der Geschwindigkeit, des Abstandes, der Alkohollimits und des Verbots von Drogenkonsum, Verwendung von Rückhalteeinrichtungen (Gurt, Kindersitz). Die Österreicher müssen leider als Gurtenmuffel bezeichnet werden, zumal die Anschnallquote nur bei 75 % liegt (in skandinavischen Ländern ca. 90 %), führte der Minister weiter aus. Im Rahmen der Verkehrslenkung und -überwachung sollen vor allem die Verkehrsbeeinflussungsanlagen so rasch als möglich realisiert werden. Die Verkehrsüberwachung wiederum wird insbesondere durch straßenseitige Infrastrukturen und automatische Überwachungseinrichtungen (Section Control) verbessert werden können. Einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit stelle auch der Ausbau von einröhrigen Gegenverkehrstunneln im hochrangigen Straßennetz dar, betonte Gorbach. Schließlich wies der Minister noch darauf hin, dass mit der neuen KFG-Novelle das generelle Fahren mit Licht, und zwar ganztägig und ganzjährig, eingeführt werden soll. Weiters sprach er noch die Reform der Führerscheinausbildung an, wobei vor allem auf die Bewusstseinsbildung gesetzt werde. Er sei überzeugt davon, dass mit all diesen Maßnahmen die gesetzten Ziele erreicht werden können, schloss Gorbach.

Die Verkehrsunfallbilanz 2004 belege ganz deutlich, dass die Verkehrssicherheitspolitik von Minister Gorbach schon die ersten Erfolge zeigt, meinte Abgeordnete DI ACHLEITNER (F). Die Zahl der Verkehrstoten habe einen historischen Tiefstand erreicht und auch beim letzten Osterwochenende konnte die Zahl der Verkehrstoten wieder drastisch gesenkt werden. Dazu beigetragen haben die zahlreichen strukturierten Maßnahmen, die im Österreichischen Verkehrssicherheitsprogramm festgelegt wurden, zeigte Achleitner auf. Im besonderen hob die Rednerin hervor, dass die baulichen Absicherungen gerade bei den Baustellen dazu geführt haben, dass in den letzten zwei Jahren kein Verkehrstoter mehr zu beklagen war. Einen drastischen Rückgang habe es auch bei den Unfällen mit Kindern gegeben. Achleitner forderte die Opposition auf, auch ihre Verantwortung in der Verkehrspolitik wahrzunehmen und die ambitionierten Ziele des Vizekanzlers zu unterstützen.

Seit dem Jahr 1961 habe es noch nie so wenig Verkehrstote gegeben; dies sei ein Erfolg, der sich sehen lassen könne, meinte Abgeordneter MIEDL (V). Hinter diesem Erfolg stehen natürlich sehr viele Maßnahmen, wie z.B. die Einführung des Vormerksystems, durch das ein Paradigmenwechsel eingeleitet wurde. Was die Diskussion um die Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen angeht, so gab Miedl zu bedenken, dass nicht die 160 km/h das große Thema sind. Die meisten Verkehrstoten gebe es nämlich bei Geschwindigkeiten zwischen 80 km/h und 120 km/h. Er wünschte sich, dass die Unfallforschung noch vorangetrieben wird.

In einer tatsächlichen Berichtigung hielt Abgeordnete MANDAK (G) Achleitner entgegen, dass es nicht richtig sei, dass Landesrat Anschober die Installierung eines Fahrtenschreibers in seinem Dienstwagen abgelehnt habe. Dies sei gar nicht möglich, da Anschober als einziges Regierungsmitglied in Oberösterreich nicht einmal einen Dienstwagen habe.

Es sei natürlich völlig klar, dass dieser Dringliche Antrag heute nur deshalb eingebracht wurde, um eine Dringliche von Seiten der Opposition und damit peinliche Fragen an den Bundeskanzler abzuwehren, meinte Abgeordneter Dr. CAP (S). Dass der zuständige Minister sofort nach der Beantwortung das Plenum verlässt, zeige, dass man sich nicht einmal bemüht habe, einen Schein von Ernsthaftigkeit zu bewahren. Es wäre heute notwendig gewesen, sehr ernsthafte Themen zu diskutieren, die von der Parteienfinanzierung der FPÖ bzw. der BZÖ bis zu Haftungsfragen reichen. Da dies heute leider nicht möglich war, habe sich die SPÖ entschlossen, für nächste Woche eine Sondersitzung zu beantragen, führte Cap aus.

Selten war es so fadenscheinig und so durchsichtig wie heute, dass ein klassisches parlamentarisches Instrument für andere Zwecke eingesetzt wurde, urteilte Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G). Angesichts der jüngsten Entwicklungen in der FPÖ sei es ihrer Meinung legitim, nicht über die Verkehrssicherheit zu sprechen, sondern über die Sicherheit eines demokratischen Systems. Derzeit herrsche ein Zustand, der dazu führt, dass überhaupt nichts mehr ernsthaft angegangen wird, weil die Parteien, die Minister und Mandatare ausschließlich mit sich selbst beschäftigt sind. Allen Beteiligten sei klar, dass diese Koalition nach Knittelfeld zum zweiten Mal gescheitert ist. Bedauerlich sei dabei vor allem, dass nicht nur die beteiligten Akteure, sondern das gesamte politische System Schaden erleide. Deshalb sei es absolut notwendig, dass Neuwahlen durchgeführt werden, forderte Glawischnig.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) entgegnete Abgeordneter Glawischnig, dass die Verkehrssicherheit ein zentrales Anliegen des Ressorts darstelle. Die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle habe zwar abgenommen, statistisch von 3,3 Personen pro Tag auf 2,4 Personen, dennoch liege man damit über dem Sollwert. Bis 2010 wolle man jedenfalls die Halbierung der Zahl der jährlichen Verkehrstoten erreichen. Das Verkehrssicherheitsprogramm sei eine sinnvolle Vorgabe und damit sei man auf dem richtigen Weg.

Abgeordneter DI REGLER (V) kritisierte, Klubobmann Cap habe mit dem Wahlkampf begonnen, der erst in eineinhalb Jahren stattfinde. Die ÖsterreicherInnen wünschten sich Bundeskanzler Schüssel als EU-Vorsitzenden. Das Verkehrssicherheitsprogramm bezeichnete Regler als einen Meilenstein, bei dessen Realisierung man gut unterwegs sei. Für die Verkehrssicherheit seien drei Faktoren ausschlaggebend: Bei den Verkehrsmitteln sei man, was die Sicherheit betrifft, weit fortgeschritten und noch nie sei so viel Geld in die Infrastruktur investiert worden. Der entscheidende Faktor sei jedoch der Mensch, der am schwierigsten in Griff zu bekommen sei. Daher müsse man sich um eine bessere Ausbildung bereits in der Schule und um Bewusstseinsbildung bemühen. Selbstverständlich seien auch Kontrollen notwendig.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) warnte Abgeordneten Detlev Neudeck vor Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Haftungen. Das Vereinsrecht gehe hier sehr streng vor, sagte er. Jarolim kritisierte auch die Einbringung des Dringlichen Antrages, zumal man vor dem Hintergrund der derzeitigen innenpolitischen Situation eher über diese diskutieren müsste.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) bemerkte, die Zahl der Geisterfahrer hätte ein bestürzendes Ausmaß angenommen, womit er auf die Situation von FPÖ und BZÖ anspielte. Es sei auch einzigartig, dass die Freiheitlichen an einem BZÖ-Minister einen Antrag stellten, sich dieser Minister aber nicht mehr im Parlament aufhalte. Wie es aussehe, liege hier eine eigene Art von Ampelkoalition vor. Wenn Bundeskanzler Schüssel Haider als konstruktiven Partner bezeichne, dann setze er sich in eine Geisterfahrerkarosse.

Abgeordnete ROSSMANN (F) wies darauf hin, dass sich die freiheitlichen Verkehrsminister um die gefährlichen Strecken annähmen, wie zum Beispiel um die Sparautobahn über den Wechsel. Diese Todesautobahn werde es bald nicht mehr geben, sagte sie. Durch die zahlreichen Infrastrukturmaßnahmen habe sich das Ministerium zu einem Arbeitsplatzschaffungsministerium entwickelt. Im Zuge der Zusammenführung von Schiene und Straße gebe es neuen Schwung in diesen Fragen.

Abgeordnete STADLBAUER (S) entgegnete, es sei angesichts von über 350.000 Arbeitslosen beschämend, von einem "Arbeitsplatzschaffungsministerium" zu reden. Der vorliegende Antrag sei zwar wichtig, aber nicht dringlich. Man führe die Bevölkerung damit nur an der Nase herum. Die Regierung bezeichnete sie als Hochrisikolenker der Republik, die gestoppt werden müsste.

Staatssekretär Mag. MAINONI fand es demokratiepolitisch bedenklich, wenn Abgeordnete ein parlamentarisches Instrument wie einen Dringlichen Antrag völlig ignorieren. Zum Thema selbst meinte er, dass die Forschungsergebnisse im Verkehrstechnologiebereich zum Rückgang der Verkehrsunfälle führten. So würden demnächst über die Telematik verfügbare Informationen ständig abrufbar sein, im übergeordneten Straßennetz würden Informationen über ein eigenes Radio vermittelt. Zusätzlich werde man durch die Überkopfwegweiser genau über die Verkehrssituation Bescheid bekommen. Besonderes Augenmerk möchte der Staatssekretär auch den Landes- und Gemeindestraßen widmen.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) bezeichnete Haider als ein Hochsicherheitsrisiko, nicht nur im politischen Sinn. Erwiesenermaßen führen Haider und Grasser auf den Straßen viel zu schnell. Die Beiden seien in jeder Hinsicht inkonsequent. Das Lenken des Regierungsfahrzeugs sollte daher übergeben werden. Der Kanzler fürchte jedoch Wahlen und um seinen eigenen Platz.

Abgeordneter LACKNER (S) meinte, man brauche stabile Mehrheiten, um erfolgreich Politik machen zu können. Derzeit herrsche aber auf Bundes- und Länderebene Chaos pur. Auch wollten die WählerInnen in Vorarlberg wissen, woran sie am Sonntag bei den Gemeinderatswahlen sind.

Abgeordneter Mag. DARABOS (S) bezeichnete die Verkehrssicherheit als wichtiges Thema, der heute eingebrachte Dringliche Antrag lenke jedoch ab und sei ein "demokratiepolitischer Winkelzug". Die Abgeordneten des Freiheitlichen Klubs wollten eine demokratische Diskussion abwürgen, mutmaßte Darabos. Es sei ein "Kasperltheater", wenn man vorgaukle, die Regierung sei stabil, während sie implodiere und sich keiner mehr auskenne.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) hielt seinem Vorredner entgegen, die SPÖ habe ein bedenkliches Demokratieverständnis, wenn sie den Gebrauch eines in der Geschäftsordnung verankerten Kontrollrechts als demokratiepolitischen Winkelzug bezeichnet. Offensichtlich sei für das SPÖ-Demokratieverständnis nur das in Ordnung, was sie selbst denke. Die Freiheitlichen hätten den gegenständlichen Antrag bereits am Dienstag einbringen können, man habe aber den Grünen den Vortritt gelassen, als diese über die aktuelle Situation diskutieren wollten. Für heute sei eine Vereinbarung getroffen worden, keine Dringlichen Anfragen oder Anträge einzubringen, und als man erfahren habe, dass die SPÖ dem nicht nachkomme, habe man den eigenen Antrag eingebracht. Offensichtlich sei der SPÖ die Verkehrssicherheit nicht so wichtig, er, Scheibner, fasse die Behandlung des Dringlichen Antrags durch die SPÖ als ein Präjudiz für die Zukunft auf.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) hielt aus seiner Sicht fest, dass das Thema Verkehrssicherheit sich nicht als Pausenfüller eigne. In diesem Zusammenhang stellte er die rhetorische Frage, wer auf die Idee Tempo 160 gekommen sei, und wies darauf hin, dass Bundesminister Grasser von Wien zum Wörthersee nur zweieinhalb Stunden brauche. Er erinnerte auch daran, dass Staatssekretär Kukacka lange Zeit die Senkung der Promillegrenze von 0,8 auf 0,5 Promille verhindert habe. Öllinger brachte einen Entschließungsantrag der Grünen ein, in dem der Einbau von Fahrtenschreibern in die Dienstautos von Regierungsmitgliedern verlangt wird. Zur aktuellen politischen Situation meinte er, hier habe ein Putsch an der Parteispitze stattgefunden, und wenn man so tue, als ob nichts passiert wäre, gefährde man in einer Geisterfahrermentalität die demokratiepolitische Sicherheit.

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) bekannte sich zur Geschäftsordnung, die, wie er betonte, für alle in gleicher Weise zu gelten habe, und unterstrich, die Regierungsparteien würden sich ebenso wie die Oppositionsparteien ihre geschäftsordnungsmäßigen Rechte nicht nehmen lassen. Hinsichtlich der Argumente der Oppositionsredner zur Dringlichen sprach Molterer von Ignoranz. Überdies forderte er Abgeordneten Öllinger auf, sich für die Behauptung, in der FPÖ habe es einen Putsch gegeben, zu entschuldigen. Die Grünen hätten heute die Grenzen des Anstands verletzt und damit einen Schaden an Demokratie und Parlamentarismus angerichtet, sagte Molterer.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) stellte dazu in einer Tatsächlichen Berichtigung klar, er habe lediglich aus der NZZ zitiert, die von einem Selbstputsch Haiders gesprochen hatte.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag der FPÖ mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen, der Entschließungsantrag der Grünen blieb in der Minderheit. (Schluss)