Parlamentskorrespondenz Nr. 246 vom 14.04.2005

FRAGESTUNDE IM BUNDESRAT MIT FINANZSTAATSSEKRETÄR ALFRED FINZ

Betriebe nehmen Steuerpauschalierung kaum in Anspruch

Wien (PK) – Bundesrats-Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach eröffnete die heutige 720. Sitzung der Länderkammer mit einer Trauerminute für Papst Johannes Paul II. „Wir stehen noch immer unter dem Eindruck des Todes von Papst Johannes Paul II., dessen Ableben die Welt in tiefe Trauer versetzt hat. Nicht nur Katholiken betrauern den Heimgang ihres Kirchenoberhaupts, sondern alle Menschen, die guten Willens sind und denen Dialog, Zusammenarbeit und gegenseitiger Respekt ein Anliegen ist. Papst Johannes Paul II. ist als Brückenbauer und als Mann des Dialogs und der Versöhnung in die Kirchengeschichte eingegangen“, sagte Vizepräsidentin Haselbach und würdigte auch den „Staatsmann Johannes Paul II“, der „als unermüdlicher Mahner und Verteidiger der Menschenrechte und unerschrockener Kämpfer gegen totalitäre Systeme“ wie kein anderer unser Jahrhundert entscheidend geprägt hat. „Wir sind Papst Johannes Paul II., der seine besondere Verbundenheit mit Österreich immer wieder zum Ausdruck gebracht hat, zu Dank verpflichtet“, schloss Vizepräsidentin Haselbach.

FRAGESTUNDE MIT FINANZTHEMEN

Bundesrat Edgar Mayer (V): Wie werden sich die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden im Jahr 2006 entwickeln?

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Finanzstaatssekretär Dr. FINZ teilte den Bundesräten mit, dass sich die Ertragsanteile der Länder laut Bundesvoranschlag 2006 gegenüber dem Vorjahr um 2,2 % auf 155 Mill. € erhöhen. Jene der Gemeinden steigen um 3,2 % auf 199 Mill. €.

Die Neuaufteilung der Ertragsanteile an der Mineralölsteuer wird für die Bundesländer zu einer geschätzten Anteilssumme von 562,1 Mill. € und für die Gemeinden von 429,4  Mill. € führen. Aufgeschlüsselt nach Bundesländern und deren Gemeinden gab der Staatssekretär folgende Millionenbeträge bekannt: Burgenland – 18; Gemeinden – 11,4. Kärnten – 38,1; Gemeinden - 27,5. Niederösterreich – 105; Gemeinden – 71,2. Oberösterreich – 95,2; Gemeinden – 70,1. Salzburg – 37,3; Gemeinden – 28,8. Steiermark – 80; Gemeinden – 55,2. Tirol – 48,9; Gemeinden – 34,9. Vorarlberg – 26,4; Gemeinden – 19,5. Wien – 113,1; Gemeinde – 110,6.

Eine Zusatzfrage zum abgestuften Bevölkerungsschlüssel beantwortete der Finanzstaatssekretär, indem er auf dessen Entstehung in der Nachkriegszeit hinwies und seine Auffassung darlegte, dass dieses nicht mehr zeitgemäße System durch einen aufgabenorientierten Bevölkerungsschlüssel ersetzt werden sollte. Beim letzten Finanzausgleich haben Städte und Gemeinden aber zu keiner einheitlichen Regelung gefunden haben. - Für ihn, Finz, bleibe das Thema auf dem Tisch.

Die mancherorts befürchteten Einbrüche bei den Einnahmen der Gemeinden infolge der Steuerreform seien, so der Staatssekretär, im ersten Quartal 2005 nicht eingetreten. Der Budgetvollzug sei voll im Plan.

Bundesrat Johann Kraml (S): Wie erklären Sie die Aussage der EU-Kommission in ihrer jüngsten Frühjahrsprognose, wonach die Effekte der neuen Gruppenbesteuerung schwierig einzuschätzen sind und ein budgetäres Risiko darstellen können, nachdem Sie immer versichert haben, dass höhere Einnahmenausfälle als die von Ihnen geschätzten auszuschließen sind?

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Staatssekretär Dr. FINZ hielt es für schwierig, die Auswirkungen der Gruppenbesteuerung einzuschätzen. Sie eingeführt zu haben, sei aber richtig, weil dieses System der Unternehmensbesteuerung künftig in ganz Europa kommen werde. Österreich stehe als erstes Land mit Gruppenbesteuerung sehr attraktiv da.

Ob die geschätzten Steuerausfälle von 100 Mill. € halten werden, könne derzeit aber niemand mit Sicherheit sagen. Ein gewisses Risiko bei den Einnahmen sei vorhanden, die Vorteile durch Ansiedlung von Konzernzentralen in Österreich sowie für Zulieferindustrien und international agierende KMU seien aber wesentlich größer einzuschätzen als das Risiko von Steuerausfällen. - Sollte die Gruppenbesteuerung infolge eines aktuellen Verfahrens vor dem EuGH rückwirkend eingeführt werden, wäre dies für Österreich nicht bedrohlich, teilte Staatssekretär Finz auf eine diesbezügliche Zusatzfrage mit.

Dasselbe gelte für die Senkung der Körperschaftssteuer auf 25 %, die wegen der Abschreibungsmöglichkeiten zu einer effektiven Besteuerung von 22 % führe. Die Steuerausfälle seien für 2005 mit 500 Mill. €, für 2006 mit 1,45 Mrd. € und für 2007 mit 975 Mill. € zu beziffern. Diese Effekte werden aber durch verstärkte wirtschaftliche Aktivitäten überkompensiert, zeigte sich der Staatssekretär überzeugt.

Bundesrat Engelbert Weilharter (F): Wie sieht es derzeit mit den von sozialdemokratischen Vorgängerregierungen übernommenen Schulden der ÖIAG aus?

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Staatssekretär Dr. FINZ erinnerte daran, dass frühere Regierungen allein in den Jahren 1981 bis 1990 4,3 Mrd. € an Kapital in die ÖIAG pumpten, ohne die Arbeitsplätze in den verstaatlichten Betrieben halten zu können. Infolge dessen habe die derzeitige Regierung im Jahr 2000 die ÖIAG mit einem Schuldenstand von 6,3 Mrd. € übernommen. Derzeit betrage der Stand der ÖIAG-Verbindlichkeiten 700 Mill. €, was de facto eine hundertprozentige Entschuldung bedeute, wenn man die noch nicht verbuchten Geldflüsse infolge von Privatisierungen berücksichtigt.

Einen kritischen Rückblick widmete der Staatssekretär der Veräußerungspolitik früherer Regierungen, die er insofern als unprofessionell bezeichnete, als Betriebe weit unter ihrem Wert „verschleudert“ wurden und Privatisierungserlöse nicht zum Schuldenabbau, sondern zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet wurden. Demgegenüber habe die derzeitige Regierung eine Erfolgsstory bei der Sanierung der ÖIAG vorzuweisen. Dies komme darin zum Ausdruck, dass die ÖIAG 2003 erstmals seit 1992 wieder eine Dividende, und zwar in Höhe von 200 Mill. €, an den Eigentümer abgeführt habe. 2004 betrug die Dividende 100 Mill. €, 2005 255 Mill. € und für 2006 sei eine Dividende von 200 Mill. € vorgesehen.

Bundesrat Gottfried Kneifel (V): Welche Privatisierungen der ÖIAG sind zur Erfüllung des Privatisierungsauftrages der Bundesregierung vom 1. April 2003 noch ausständig?

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Der STAATSSEKRETÄR informierte die Bundesräte darüber, dass der Privatisierungsauftrag der Bundesregierung an die ÖIAG bei den Firmen Böhler-Uddeholm, VA Technologie, VA AG und Bergbau Holding AG auf 100 % und bei der Telekom Austria auf bis zu 100 % laute. Bei der Post werde als erster Privatisierungsschritt ein Partner gesucht, dies unter der Bedingung einer flächendeckenden Erhaltung der Servicequalität. Der Postbus wurde zu 100 % an die ÖBB verkauft. Hinsichtlich der Postprivatisierung werde derzeit geprüft, ob ein Börsegang der Post möglich sei.

Keine Privatisierungsaufträge bestehen für den 31,5 %-Anteil der ÖIAG an der OMV und ihren 39,7 %-Anteil an der AUA.

Bundesrätin Ana Blatnik (S): In welche Richtung soll der Privatisierungsauftrag insbesondere hinsichtlich der Aktionärsstruktur geändert werden, um einen Börsegang der Österreichischen Post AG zu realisieren?

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Finanzstaatssekretär Dr. FINZ erinnerte zunächst daran, dass der Privatisierungsauftrag der Bundesregierung auf eine möglichst hohe Wertsteigerung des Unternehmens und auf einen möglichst hohen Erlös für den Eigentümer gerichtet sei, außerdem seien österreichische Interessen, die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentralen in Österreich sowie die Erhaltung und der Ausbau von F&E-Kapazitäten zu beachten.

Die Post sei ein national erfolgreiches Unternehmen, dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit durch einen Partner gestärkt werden soll. Wann allenfalls ein Börsegang - eine attraktive Variante, die laut Finz derzeit geprüft wird - stattfinden könne, sei derzeit nicht abschätzbar.

Die ÖIAG habe den Auftrag, die Telekom Austria bis zu 100 % zu privatisieren, es obliege ihr, den optimalen Zeitpunkt für diese Privatisierung festzulegen.

Bundesrat Stefan Schennach (G): Wie nutzen Sie im Budget 2006 die Lockerungen des Stabilitätspaktes für Umwelt- und Forschungsinvestitionen?

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Der STAATSSEKRETÄR sagte, dass die Lockerung des Stabilitätspaktes keinen Niederschlag im Budget für das Jahr 2006 finde. Finz wies aber darauf hin, dass die Mittel für Klimaschutzmaßnahmen um 30 Mill. € erhöht wurden und staatlicherseits im Jahr 2006 1,6 Mrd. € in Forschung und Entwicklung investiert werden. Dazu kommen steuerliche Anreize für F&E-Maßnahmen der Wirtschaft. Mit dieser Politik sei es gelungen, die österreichische F&E-Quote seit 1999 über den Durchschnitt der EU zu heben. Grundsätzlich meinte der Staatssekretär, es stünden genügend Mittel für Forschung und Entwicklung in Österreich zur Verfügung. Von 2000 bis 2006 wurden und werden 10,1 Mrd. € in Forschung und Entwicklung investiert, dies sei um 34 % mehr als in den Jahren 1993 bis 1999, sagte Staatssekretär Dr. Finz.

Bundesrat DI Heribert Bogensperger (V): Welche budgetären Vorkehrungen mussten auf Grund der Flutkatastrophe in Südostasien –„Tsunami Katastrophe“ – getroffen werden?

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Der FINANZSTAATSSEKRETÄR bezifferte die Soforthilfe der Bundesregierung vom Jänner 2005 mit 34 Mill. € für drei Jahre, dazu kommen 10 Mill. € der Bundesländer und 6 Mill. € der Gemeinden. Der Beitrag Österreichs zum EU-Katastrophenfonds schwankte zwischen 2002 und 2004 zwischen 1,1 und 1,6 Mill. €.

Die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden werde derzeit von einer Arbeitsgruppe geprüft. Gesucht seien Antworten auf die Fragen, ob eine steuerliche Begünstigung höhere Spenden erwarten lasse und mit welchen steuerlichen Auswirkungen zu rechnen sei. Der Staatssekretär gab zu bedenken, dass Steuersätze umso höher sein müssten, je mehr Ausnahmen gewährt würden. Außerdem sei zu beachten, dass die Absetzbarkeit von Spenden nur den Menschen nütze, die Einkommensteuer zahlen, nicht aber jener wachsenden Zahl von Menschen, die keine Einkommensteuer entrichten müssen.

Bundesrat Helmut Wiesenegg (S): Welche steuerrechtlichen Änderungen wären für Sie als Finanzminister denkbar, um das für den österreichischen Sport so bedeutsame Sportsponsoring noch attraktiver zu machen?

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Staatssekretär Dr. FINZ beleuchtete die steuerrechtliche Situation der österreichischen Sportvereine und stellte fest, dass diese in der Regel steuerfrei gestellt seien. Auch Sponsortätigkeit sei steuerlich hundertprozentig befreit. Die Frage der Absetzbarkeit privater Sponsormittel sei von der Arbeitsgruppe zum Thema „Absetzbarkeit von Spenden“ zu prüfen.

Die Anhebung des Mindestbetrages der besonderen Sportförderung auf 40 Mill. € habe zu einer deutlichen Verbesserung der Sportförderung geführt, sagte Staatssekretär Dr. Finz auf eine diesbezügliche Zusatzfrage.

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (V): Mit welchen Mehrbelastungen müssten die Österreicher rechnen, wenn das SPÖ-Wirtschaftsprogramm eins-zu-eins umgesetzt werden würde?

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Staatssekretär Dr. FINZ beschrieb das sozialdemokratische Wirtschaftsprogramm insofern als widersprüchlich, als die SPÖ einerseits das Defizit als zu hoch kritisiere, andererseits aber Forderungen in Milliardenhöhe an das Budget richte, ohne Bedeckungsvorschläge zu unterbreiten. Insgesamt würden aus den konkreten Vorschlägen der SPÖ unter anderem zu den Bereichen Forschung und Entwicklung, Arbeitsmarktpolitik und Tobin-Tax Kosten von 18 bis 19 Mrd. € erwachsen. Die Auswirkungen wären „furchtbar“ – Betriebe würden ins Ausland abwandern und das Wirtschaftswachstum zurückgehen, meinte Staatssekretär Dr. Finz.

Dem gegenüber haben die Konjunkturpakete und die Steuerreformschritte der Bundesregierung laut WIFO 7.500 Arbeitsplätze gesichert, 12.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und das BIP 2004 um 8 Mill. € sowie 2005 um 10 Mill. € wachsen lassen.

Bundesrat Wolfgang Schimböck (S): In welchem prozentuellen Ausmaß werden, aufgeschlüsselt nach den Unternehmensbereichen Handel, Gewerbe und Gastronomie, Steuerpauschalierungen in Anspruch genommen?

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Der FINANZSTAATSSEKRETÄR gab bekannt, dass der Anteil der Betriebe, die Steuerpauschalierungen in Anspruch nehmen, sowohl im Handel als auch in Gewerbe und Gastronomie weit unter 1 % aller Betriebe liege. Dies sei erstaunlich, weil Steuerpauschalierungen sehr attraktiv seien. Diese geringe Inanspruchnahme sei für ihn ein Anlass, über dieses Thema weiter nachzudenken, schloss Staatssekretär Alfred Finz. (Ende Fragestunde/Forts.)


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