Parlamentskorrespondenz Nr. 262 vom 19.04.2005

JUSTIZAUSSCHUSS: ÜBER WEITE STRECKEN EINSTIMMIGKEIT

Ausschusssitzung mit umfangreicher Tagesordnung

Wien (PK) - Von weitgehender Übereinstimmung war heute die erste Hälfte der Sitzung des Justizausschusses geprägt. Ein Antrag des Abgeordneten Johannes Jarolim auf Umreihung der Tagesordnung und ein Antrag seines Fraktionskollegen Peter Wittmann auf Abhaltung einer aktuellen Aussprache fanden keine Mehrheit, während der Antrag der Ausschuss-Obfrau auf Ergänzung der Tagesordnung einstimmig angenommen wurde. Die Änderung des Mediengesetzes, das Zessionsrechts-Änderungsgesetz, der Beitritt Bulgariens, Estlands, Lettlands und Litauens zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, ein Zusatzvertrag mit Kroatien zur Verbesserung im Bereich der Rechtshilfe sowie ein S-Antrag auf Änderung des Bauträgervertragsgesetzes fanden die einhellige Zustimmung des Ausschusses. Mehrheitlich stimmte der Ausschuss einem Vertrag mit Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten zu. Mit Mehrheit vertagt wurde ein S-Antrag im Zusammenhang mit unseriösen Gewinnspielen.

In der Debatte über die Novellierung des Mediengesetzes kündigte Abgeordnete Terezija Stoisits (G) sowohl die Zustimmung ihrer Fraktion als auch eine abweichende Stellungnahme an. Sie ortete in diesem Bereich - ähnlich wie auch S-Abgeordneter Johannes Jarolim - grundlegenden Reformbedarf.

Die Regierung will das Mediengesetz so adaptieren, dass es in der Praxis problemlos auch auf das Internet bzw. andere elektronische Medien angewendet werden kann (784 d.B.). So wird etwa klargestellt, dass auch auf einer Website Gegendarstellungen veröffentlicht werden müssen, wenn die Website über die Darstellung des persönlichen Lebensbereichs des Website-Inhabers hinausgeht und deren Informationsgehalt geeignet ist, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen. Neu ist gemäß Gesetzentwurf, dass Medien künftig nicht mehr beschlagnahmt, eingezogen bzw. zu einer Urteilsveröffentlichung verpflichtet werden können, wenn sie die Äußerung eines Dritten gerechtfertigt und wahrheitsgetreu wiedergegeben haben. Fragen des Kostenersatzes für ungerechtfertigte Beschlagnahmen und Pflichtveröffentlichungen sollen in Hinkunft grundsätzlich zwischen den Verfahrensparteien geregelt werden.

Das Gesetz wurde in der Fassung eines Abänderungsantrags beschlossen, der begriffliche Präzisierungen und andere Klarstellungen enthält. Zugleich wurde eine Ausschussfeststellung beschlossen, die klarstellt, dass auch werbliche Darstellungen mit umfasst sind.

Durch das ebenfalls einstimmig beschlossene Zessionsrechts-Änderungsgesetz (861 d.B.) sollen vertragliche Zessionsverbote  – soweit sie Geldforderungen zwischen Unternehmern betreffen – nur mehr dann wirksam sein, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt worden sind und den Gläubiger nicht gröblich benachteiligen. Ziel der Regierungsvorlage ist es zu vermeiden, dass marktmächtige Unternehmen ihren wirtschaftlich schwächeren Vertragspartnern einseitig Zessionsverbote aufoktroyieren. Aus Gründen des Verkehrsschutzes sollen aber selbst solche Zessionsverbote nur mehr relativ, also zwischen den Vertragspartnern, wirken. Den Erwerb einer Forderung durch den neuen Gläubiger soll ein solches Zessionsverbot nicht mehr verhindern.

Einstimmig wurde auch der Beitritt Bulgariens, Estlands, Lettlands und Litauens zum dem Haager Übereinkommen (831 d.B.) über zivilrechtliche Aspekte internationaler Kindesentführungen zur Kenntnis genommen. Durch die entsprechende Annahmeerklärung Österreichs erweitert sich der territoriale Geltungsbereich des Übereinkommens damit auf alle Mitgliedstaaten der EU und - mit Bulgarien - auf einen weiteren Mitgliedstaat des Europarates.

Das Abkommen mit Deutschland (816 d.B.) zur grenzüberschreitenden informationellen und operativen Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und der Verbrechensbekämpfung fand nur mehrheitliche Zustimmung. Mit der Vorlage werden vor allem verfahrensmäßige Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr sowie neue Ermächtigungen für grenzüberschreitendes polizeiliches Einschreiten (z.B. gemischte Streifen, grenzüberschreitende verdeckte Ermittlungen) geschaffen. Die Vertragspartner wollen darüber hinaus auch ihre polizeilichen Strategien besser aufeinander abstimmen und den Informationsaustausch beschleunigen.

Abgeordnete Terezija Stoisits formulierte für die Grünen "Skepsis, Einwände bis Ablehnung" zu einzelnen Aspekten der Vorlage, etwa zur verdeckten Ermittlung.

Bundesministerin Karin Miklautsch und Abgeordnete Helene Partik-Pable hingegen werteten die Vorlage als "großen Schritt in die Zukunft", wobei Partik-Pable vor allem auf die wachsende grenzüberschreitende Kriminalität hinwies.

Vom - einstimmig gebilligten - Vertrag mit Kroatien über Rechtshilfe in Strafsachen (842 d.B.) erwartete sich die Justizministerin eine Verbesserung in der konkreten Abwicklung; Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V) wies auf die Analogie von Verträgen mit anderen Ländern hin.

Es gehe bei dem von ihm eingebrachten Antrag (195 /A[E] ) um Maßnahmen gegen Gewinnspiele, nicht um Glückspiel, betonte S-Abgeordneter Johann Maier. Er fordert in dem Antrag den Justizminister auf, ein umfassendes Maßnahmenpaket gegen irreführende Werbung mit Gewinn- und Geschenkzusagen vorzulegen. Maier schlägt unter anderem einen gerichtlichen Straftatbestand, ein verschuldensunabhängiges Rücktrittsrecht bei Bestellungen, Schadenersatzansprüche für Verbraucher, einen Gewinnabschöpfungsanspruch gegenüber Gewinnspielveranstaltern, einen Gewinnherausgabeanspruch, Haftungsdurchgriff und das Eintreten für Maßnahmen gegen unseriöse Gewinnspiele auf europäischer Ebene vor.

Ausschuss-Obfrau Maria Theresia Fekter (V) wies auf einen Brief des Wirtschaftsministers hin, dem zufolge in unmittelbarer Zukunft eine Richtlinie der EU in dieser Frage zu erwarten sei. Abgeordneter Dieter Böhmdorfer (F) stellte in seiner Wortmeldung auf die Internationalität des Problems ab, was europäische Regelungen verlange. Auch Abgeordnete Karin Hakl (V) sprach sich dafür aus, die EU-Richtlinie abzuwarten. Nach Justizministerin Karin Miklautsch ist mit der Verabschiedung der Richtlinie noch im April zu rechnen. Der Antrag wurde mit Mehrheit vertagt.

Abgeordneter Johann Maier (S) präsentiert in einem Entschließungsantrag (445/A[E]) die Vorstellungen seiner Fraktion für eine umfassende Novellierung des Bauträgervertragsgesetzes. Er fordert u.a. die sofortige Abschaffung der alleinigen Sicherung durch grundbücherliche Maßnahmen und tritt für begleitenden Sicherungen etwa in Form einer Bankgarantie oder einer Versicherung ein.

Der Antrag Maiers wurde aufgegriffen und in einen Vier-Parteien-Antrag abgeändert, der die Evaluierung der in der Praxis aufgetretenen Probleme verlangt und die Justizministerin ersucht, bis Ende des Jahres 2005 einen Novellierungsvorschlag vorzulegen.

Abgeordneter Maier wies darauf hin, dass bei den einschlägigen kriminellen Praktiken die Bauwerber und Professionisten - vor allem kleine und mittlere Unternehmen - zu Schaden kämen, die Banken aber risikofrei blieben. Abgeordneter Heribert Donnerbauer meinte, dass es sich bei den kriminellen Handlungen in diesem Bereich um Einzelfälle handle, die man auch gesetzlich nicht verhindern könne. Ausschuss-Vorsitzende Fekter (V) plädierte für ein flexibles Gesetz, damit nicht kleine Bauträger überfordert würden.

Der Antrag wurde in der Fassung des koalitionären Abänderungsantrags einstimmig angenommen. Der unter einem diskutierte G-Antrag 426/A[E] gilt als mit erledigt. (Forts.)