Parlamentskorrespondenz Nr. 349 vom 04.05.2005

GEORG PEHM: NIEMALS WIEDER! DAS IST UNSERE VERANTWORTUNG HEUTE!

Rede bei der Gedenkveranstaltung im Parlament

Wien (PK) - Der Präsident des Bundesrates Mag. Georg Pehm leitete seine Rede mit einer Erzählung seiner Großmutter aus seiner burgenländischen Heimatgemeinde Kobersdorf ein, die nicht nur eine katholische und eine evangelische Kirche, sondern auch einen jüdischen Tempel hat. Dort haben eines Tages vor dem Krieg Kinder aus dem Dorf auf einer Mauer sitzen und mit ansehen müssen, wie jüdische Bürgerinnen und Bürger aus Kobersdorf gedemütigt, verspottet und misshandelt wurden. "Noch waren die Juden aus ihrem Heimatort nicht vertrieben und eigentlich wollten sie bleiben. Aber dann, irgendwann, waren auch sie, die Juden aus Kobersdorf, endgültig weg. Alle 172."

Nach all den Jahrhunderten, in denen verschiedene Menschen im Burgenland friedlich miteinander gelebt haben, übersteigt der Massenmord der Nazis für Präsident Pehm alles Denkbare. Gewiss ist aber, dass Österreich Mitverantwortung für das trägt, was mit Bürgerinnen und Bürgern damals geschehen und was ihnen vielfach von Österreichern angetan worden ist.

Es war daher wichtig, mit dem Nationalfonds von sich aus eine klare Geste des Bedauerns gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus zu setzen und auch materiell zu helfen. "Wir wollen Versöhnung versuchen. Etwas wieder gut zu machen, Leid zu nehmen – das können wir freilich nicht."

Von 172 jüdischen Bürgerinnen und Bürgern sind die meisten umgekommen, berichtete Pehm weiter, nur drei seien nach der Nazi-Diktatur nach Kobersdorf zurückgekommen. Aber 52 jüdische Bürgerinnen und Bürger von damals, die aus Kobersdorf stammen und ihre Heimat verlassen mussten, wurden über den Nationalfonds in den letzten zehn Jahren erreicht. "Es wäre wunderbar, wenn wir auch ihre Herzen erreicht haben", sagte der Bundesratspräsident und fügte hinzu: "Der Nationalfonds darf kein Ablaufdatum haben. Auch wenn die Gruppe derer immer kleiner wird, vor deren Leben und Leiden wir uns mit großem Respekt verneigen – die Aufgaben des Nationalfonds sind noch lange nicht erschöpft.

Jene, die wie er selbst - Georg Pehm wurde 1964 geboren - keine unmittelbare Verantwortung für das tragen, was während der Nazi-Diktatur geschehen oder danach nicht geschehen ist, "tragen aber die Verantwortung dafür, dass all das nicht vergessen wird. Damit nicht wieder, egal wo und egal wann, Menschen in unserem Land gedemütigt, verspottet, misshandelt und getötet werden. Durch Information, Aufklärung und Förderung des Dialogs, durch Projekte des Erinnerns, Forschung und vieles mehr: Dem Nationalfonds bleibt in der Tat ein weites Feld," hielt Bundesratspräsident Pehm fest. "Wir brauchen den Nationalfonds daher auch in Zukunft".

Bundesratspräsident Georg Pehm schloss mit einem Appell: "Treten wir entschieden jenen gegenüber – auch aktuell –, die aus einer "gestrigen" Haltung heraus Versöhnung gefährden. Das heutige Österreich ist tief betroffen vom Leid, das die Opfer der Nazis erlitten haben, das heutige Österreich sucht weitere Versöhnung und das heutige Österreich sagt: "Niemals wieder!" (Schluss)