Parlamentskorrespondenz Nr. 367 vom 11.05.2005

MEHR EUROPA IM ÖSTERREICHISCHEN NATIONALRAT

Änderung der Geschäftsordnung beschlossen

Wien (PK) - Nach der Abstimmung über die EU-Verfassung ging es im Nationalrat mit dem Thema Europa weiter. Auf der Tagesordnung stand ein gemeinsamer Antrag aller vier Fraktionen auf Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats, die spezielle Sitzungen des Nationalrats zu EU-Themen ermöglicht und regelt. Die Vorlage wurde in Zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) begründete die gegenständliche Initiative und meinte, dies ergebe sich zwangsläufig aus der eben abgeführten Debatte. Es sei nötig, sich vermehrt mit europäischen Themen im Nationalrat auseinanderzusetzen, und dem trage der vorliegende Entwurf Rechnung, von dessen Umsetzung man sich viel Positives erwarten dürfe.

Abgeordneter SCHIEDER (S) meinte, seine Fraktion werde dieser Initiative zustimmen, wenngleich sie der Auffassung sei, dass demokratiepolitisch dadurch noch zu wenig geschehe. Mit dieser Vorlage sei lediglich der PR-Anteil der gegenständlichen Frage zufrieden stellend gelöst, eine wirkliche Aufwertung der Stellung des Nationalrates in europapolitischen Angelegenheiten erfolge jedoch nicht, doch just diese wäre wichtig und wünschenswert. Daher sollten weitere Schritte folgen.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) ging auf den historischen Hintergrund dieser Vorlage ein und sagte, man habe hier einen probaten Modus Vivendi für derartige Debatten geschaffen. Es werde am Haus selbst liegen, von diesem Ausgangspunkt die entsprechenden Grundlagen konsequent weiterzuentwickeln. Durch lebendige Debatten werde man zu den nächsten Schritten kommen, zeigte sich der Redner überzeugt. Dem Zusatzantrag der Grünen erteilte er jedoch eine Absage, weil er überfallsartig erfolge.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) bemängelte an der Vorlage, dass man hier zu einem wenig charismatischen Kompromiss gefunden habe, der von der ursprünglichen Intention nur noch wenig Substantielles beinhalte. Man werde dem Entwurf daher zwar zustimmen, gleichzeitig aber dafür eintreten, dass eine adäquate Weiterentwicklung erfolge. Sodann begründete die Rednerin den von ihrer Fraktion eingebrachten Zusatzantrag.

Abgeordneter RÄDLER (V) meinte, mit der Einführung dieser Europatage setze man einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Information der Bürger in europäischen Angelegenheiten. Die Errungenschaften der letzten 50 Jahre sollten entsprechend kommuniziert werden, wie man auch in der Weiterentwicklung dieses Projekts zusammenfinden sollte.

Abgeordneter PENDL (S) sagte, man sollte ein klares Bekenntnis zu Europa und damit auch zu diesem Entwurf ablegen. Dieses Thema sollte von allen ernst genommen werden, und diese Vorlage bedeute einen ersten Schritt, dem jedoch weitere folgen müssten.

Abgeordneter BROSZ (G) erinnerte daran, dass seit Beginn der Beratungen über die Geschäftsordnungsreform klar gewesen sei, dass die Grünen den EU-Regelungen ohne Junktimierung mit ihrer Forderung auf ein Minderheitsrecht bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen werden. Dies könne aber keinen Verzicht darauf bedeuten, einen entsprechenden Zusatzantrag zu stellen.

Zur GO-Reform merkte Brosz kritisch an, die achtwöchige Frist für die Themenstellung sei zu lange für Reaktionen des Nationalrats auf aktuelle europäische Diskussionen. Der Erfolg dieser Reform werde auch davon abhängen, wie die Medien mit dem neuen parlamentarischen Instrument umgehen. In diesem Zusammenhang regte Brosz an, die TV-Übertragungen der Fragestunde zu überdenken, die für ihn in der derzeitigen Form nicht die beste Gelegenheit für Fernsehberichte aus dem Hohen Haus darstellen.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) bedauerte, dass bei der vorliegenden GO-Reform darauf verzicht werde, EU-Abgeordneten und EU-Kommissaren das Rederecht im Nationalratsplenum zu geben. Kritik übte die außenpolitische Sprecherin der Grünen auch an der mangelnden Bereitschaft von Regierungsmitgliedern, im EU-Unterausschuss des Hauptausschusses zu erscheinen. Dies sei der Grund, warum dieses Gremium nicht, wie vereinbart, einmal monatlich, sondern nur einmal im Quartal tage.

Bei der Abstimmung wurde die Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes in zweiter Lesung einstimmig, also mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, beschlossen. - Die dritte Lesung findet in der morgigen Plenarsitzung statt.

Der Zusatzantrag der Grünen blieb in der Minderheit der Opposition und wurde abgelehnt. (Schluss GO-Novelle/Forts. NR)