Parlamentskorrespondenz Nr. 380 vom 12.05.2005

GEMEINSAM FÜR VERBESSERUNGEN IM VERSORGUNGSRECHT

Nationalrat beschließt Sozialgesetze

Wien (PK) - Mit Sozialthemen ging es im Nationalrat dann weiter. Zunächst befassten sich die Abgeordneten mit der Änderung des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes und begleitenden Maßnahmen.

Abgeordneter Ing. WINKLER (V) erläuterte, mit der Änderung des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes könnten künftig benachteiligte Jugendliche erstmals auch auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft berufliche Qualifikationen erlangen. Darüber hinaus zeigte er sich darüber erfreut, dass in Hinkunft auch Ausbildungsversuche in diesem Bereich ermöglicht würden.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) wies darauf hin, dass die Situation am Lehrstellenmarkt mehr als angespannt sei. Sie erachtet es in diesem Sinn als positiv, dass nunmehr auch im Land- und Forstwirtschaftsbereich eine integrative Ausbildung ermöglicht wird. Ihrer Ansicht nach ist die Arbeit in einer Gärtnerei oder Forstarbeit für Jugendliche mit speziellen Bedürfnissen besonders geeignet. Heinisch-Hosek sieht jedoch einige Mängel im land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz und appellierte an die Koalition, einem Abänderungsantrag der SPÖ zuzustimmen.

Abgeordneter WALCH (F) betonte, die vorliegenden Gesetzesänderungen gingen in die richtige Richtung. Mit der Änderung des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes erhielten Jugendliche mit Handicaps künftig die Chance, einen Lehr- bzw. Ausbildungsplatz in der Landwirtschaft zu erhalten.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) hielt fest, die Grünen könnten den vorliegenden Gesetzesänderungen durchaus etwas Positives abgewinnen. Sie hält es aber für notwendig, spätestens nach zwei Jahren eine Evaluierung durchzuführen, "um zu sehen, wie's wirklich läuft". Haidlmayr will die missbräuchliche Heranziehung von behinderten Jugendlichen als billige Arbeitskraft verhindern.

Abgeordneter KEUSCHNIGG (V) rief die Abgeordneten auf, einmal einen Bauernhof zu besuchen. Seiner Ansicht nach haben die Betriebe in den letzten zehn, fünfzehn Jahren enorme Änderungen durchgemacht.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) brachte namens ihrer Fraktion einen Abänderungsantrag zum land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz ein, der unter anderem darauf abzielt, eine im Rahmen eines Ausbildungsversuches abgelegte Abschlussprüfung mit einer Facharbeiterprüfung gleichzustellen. Überdies sollten nach Meinung der SPÖ Personen, die in einer Teilqualifikation ausgebildet werden, hinsichtlich der Berufsschulpflicht anderen Lehrlingen gleichgestellt werden. Generell hält Königsberger-Ludwig bewusstseinsbildende Maßnahmen in der Bevölkerung und in den Betrieben für erforderlich, um die vorliegende Gesetzesänderung erfolgreich umzusetzen.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN zeigte sich darüber erfreut, dass die integrative Berufsausbildung weiter eine Konsensmaterie bleibe. Den Abänderungsantrag der SPÖ habe er bis jetzt nicht gekannt, sagte er, dieser würde von seinem Ressort geprüft.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) appellierte an die sozialdemokratischen Gewerkschafter, gemeinsam einmal nachzudenken, inwieweit nicht eine stärkere Differenzierung bei der dualen Ausbildung den Lehrlingen und der Wirtschaft helfen würde.

Abgeordnete MIKESCH (V) wies darauf hin, dass mit der Änderung des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes Ausbildungsmodelle, die es in der gewerblichen Berufsausbildung bereits gebe, auf den landwirtschaftlichen Bereich ausgedehnt werden. Die grundsätzliche Unauflösbarkeit eines Lehrvertrages wertete Mikesch nicht immer als Schutz für die Lehrlinge, sondern oftmals als Hemmschuh.

Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V) unterstrich, alle Abgeordneten seien sich darin einig, dass jungen Menschen mit Behinderung oder Benachteiligung eine Berufsausbildung ermöglicht werden sollte. Ihrer Meinung nach wird die Arbeit in der Landwirtschaft aber zu romantisch gesehen.

Die Änderung des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes und die Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen wurden von den Abgeordneten einstimmig beschlossen. Der Abänderungsantrag der SPÖ zum land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz blieb in der Minderheit.

Ebenfalls einstimmig nahmen die Abgeordneten die dem Ausschussbericht über das land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz angeschlossene Entschließung an.

EINSTIMMIG FÜR DAS VERSORGUNGSRECHTS-ÄNDERUNGSGESETZ

Abgeordnete MAREK (V) skizzierte, das Versorgungsrechts-Änderungsgesetz bringe wesentliche Verbesserungen für Verbrechensopfer und Menschen, die infolge von Impfungen unter schweren Beeinträchtigungen leiden würden. Unter anderem erhielten Missbrauchsopfer auch nach mehreren Jahren Kostenersatz für erforderliche Psychotherapien.

Abgeordneter Dr. LEUTNER (S) unterstrich, die SPÖ könne der vorliegenden Regierungsvorlage "mit gutem Gewissen zustimmen". Das Gesetz bringe wichtige Vereinheitlichungen und wesentliche Verbesserungen für Verbrechensopfer. Unter anderem wies er auf Kostenbeteiligungen für notwendige Rehabilitationsmaßnahmen und eine einkommensabhängige Mindestsicherung hin. Auch Vorschläge der SPÖ seien, so Leutner, noch in das Gesetz integriert worden.

Abgeordneter WALCH (F) führte aus, er freue sich besonders, dass die Opposition "mit unserem Zug mitfährt". Von der Gesetzesnovellierung umfasst sind ihm zufolge u.a. das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz, das Heeresversorgungsgesetz und das Kriegsopferversorgungsgesetz. 

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zum Versorgungsrechts-Änderungsgesetz an und begründete dies damit, dass jahrelange wesentliche Forderungen der Grünen umgesetzt würden. Unter anderem nannte sie die erweiterte Kostenübernahme für Psychotherapie von Verbrechensopfern. Im Bereich des Impfschadengesetzes gibt es Haidlmayr zufolge vor allem auch für Kinder deutliche Verbesserungen. 

Abgeordneter Dr. HUAINIGG (V) erzählte, er sei selbst ein Impfschadenopfer. Nach einer Impfung im Alter von zehn Monaten sei er erkrankt. Huainigg zeigte sich in diesem Sinn darüber erfreut, dass es in Hinkunft leichter sei, als Impfschadenopfer anerkannt zu werden. Zum einen reiche der Nachweis, dass ein Impfschaden wahrscheinlich sei, erläuterte er, überdies würden Verjährungsfristen aufgehoben.

Sozialministerin HAUBNER bedankte sich bei allen vier Fraktionen für das gemeinsam erzielte Ergebnis. Auch wiederholte Forderungen von Hilfsorganisationen von Verbrechensopfern sind ihr zufolge im Versorgungsrechts-Änderungsgesetz berücksichtigt worden. 

Abgeordneter KECK (S)  hielt fest, alle im Versorgungsrechts-Änderungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen würden ausschließlich Erleichterungen und Verbesserungen für Verbrechensopfer und Menschen mit Impfschaden bringen. Unter anderem hob er die Kostenübernahme für Psychotherapie für jene Personen hervor, die in ihrer Kindheit misshandelt oder vergewaltigt worden seien.

Auch Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) begrüßte die im Versorgungsrechts-Änderungsgesetz verankerten Verbesserungen. Sie gab zu bedenken, dass gerade Verbrechensopfer hypersensibel seien. Man müsse es ihnen, so Grossmann, möglichst leicht machen, zu ihrem Recht zu kommen.

Das Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2004 wurde vom Nationalrat einstimmig und damit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen. Die dem Ausschussbericht über das Versorgungsrechts-Änderungsgesetz angeschlossene Entschließung nahmen die Abgeordneten ebenfalls einstimmig an.

VEREINBARUNG DES BUNDES MIT DEN LÄNDERN ÜBER SOZIALBETREUUNGSBERUFE

Abgeordnete SCHEUCHER-PICHLER (V) führte aus, mit der vorliegenden Bund-Länder-Vereinbarung würden einheitliche Grundsätze für die Ausübung von Sozialbetreuungsberufen geschaffen. Überdies werde die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen bundesländerübergreifend gewährleistet. Die Ausbildung soll Scheucher-Pichler zufolge in Form von Ausbildungsmodulen erfolgen.

Abgeordneter SPINDELBERGER (S) signalisierte die Zustimmung der SPÖ zur vorliegenden Vereinbarung, da diese, wie er sagte, ein Schritt in die richtige Richtung sei. Positiv bewertete Spindelberger unter anderem die vorgesehenen einheitlichen Ausbildungsstandards, er kritisierte allerdings, dass die Berufsbilder zu wenig differenziert seien und es zu wenig Kompetenzabgrenzungen zwischen den einzelnen Sozialberufen gebe.

Abgeordneter WALCH (F) qualifizierte die vorliegende Vereinbarung positiv und hob unter anderem hervor, dass künftig die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Sozialberufen gewährleistet sei und Doppelgleisigkeiten beseitigt würden.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) machte darauf aufmerksam, dass eine Altenhelferin bisher bei einem Arbeitsplatzwechsel in ein anderes Bundesland als Hilfsarbeiterin eingestuft worden sei, weil Ausbildungen nicht österreichweit anerkannt würden. Künftig solle sich das durch die vorliegende Bund-Länder-Vereinbarung ändern. Haidlmayr zufolge ist es allerdings wichtig, genau zu beobachten, ob die vereinbarten Bestimmungen von den Ländern auch tatsächlich umgesetzt würden. Für notwendig erachtet sie darüber hinaus einen Kollektivvertrag für Sozialbetreuungsberufe, der auch Fortbildungs- und Karenzierungsansprüche beinhalten müsse, um burn-out-Syndrome zu vermeiden.

Abgeordneter WÖGINGER (V) erinnerte angesichts der demographischen Entwicklung an die zunehmende Bedeutung der Sozial- und Pflegeberufe und appellierte an die Länder, die diesbezügliche Ausbildung berufsbegleitend ermöglichen, um die notwendige Mobilität sicherzustellen.

Staatssekretärin HAUBNER sah die Harmonisierung bei den Sozialberufen als Voraussetzung für eine bessere Mobilität und hielt es insbesondere für wichtig, im Bereich der Heimhilfe eine Basisausbildung anzubieten. Die Länder rief Haubner auf, die vorliegende Vereinbarung nun rasch zu ratifizieren.

Abgeordnete RIENER (V) begrüßte die Vereinheitlichung der Ausbildung, von der sie sich neben einer Qualitätssteigerung auch bessere Berufschancen für die Frauen erwartete.

Bei der Abstimmung wurde die Vereinbarung einstimmig genehmigt.

ANTRAG 359/A(E) ZU PFLEGEGELD-EINSTUFUNGEN

Abgeordneter DOBNIGG (S) klagte, die Behandlung dieses Antrages zeige, wie die Regierung mit den Schwächsten umgehe. Nach wie vor müssten behinderte Menschen bei einem Wohnsitzwechsel einen sinnlosen und beschwerlichen Behördenlauf absolvieren. Dabei wäre das Problem mit einem Funken an Willen doch so leicht zu lösen, sagte er.

Abgeordneter DONABAUER (V) erinnerte an höchstrichterliche Entscheidungen, die bei einem Wechsel der Zuständigkeit ein Begutachtungsverfahren verlangen, und wies die Kritik Dobniggs scharf zurück. Ein Blick auf die Statistik zeigte für Donabauer überdies, dass ein Wechsel der Zuständigkeit in der überwiegenden Zahl der Fälle keinerlei Verschlechterung der Einstufung nach sich zieht.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) erwiderte, 20 Prozent jener, die von der Landespflege in die Bundespflege wechseln, würden schlechter eingestuft. Eine neuerliche ärztliche Begutachtung hielt die Rednerin für sachlich nicht gerechtfertigt. Das Verfahren sei bloß teuer und verschwende Geld, das dann in der Pflegeversicherung fehlt.

Staatssekretär DOLINSCHEK replizierte, in zwei Dritteln der Fälle komme es zu keinerlei Veränderungen, bei 22 Prozent führe der Wechsel sogar zu einer besseren Bewertung. Die notwendige neuerliche Untersuchung begründete er mit dem Zeitablauf, der ja zu Veränderungen in der Pflegebedürftigkeit führen könne.

Abgeordneter WALCH (F) betonte, durch die ärztliche Untersuchung würden keinerlei Nachteile für die Betroffenen entstehen. Auch gehe es nicht an, den Ärzten zu unterstellen, falsche Einstufungen vorzunehmen.

Abgeordneter SCHOPF (S) sprach hingegen von einem Hürdenlauf für die Betroffenen und meinte, ein Beschluss des Antrages könnte für die Zukunft derartige Schwierigkeiten verhindern helfen.

Bei der Abstimmung wurde der negative Ausschussbericht mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Schluss Soziales/Forts. NR)