Parlamentskorrespondenz Nr. 424 vom 24.05.2005

VERTEIDIGUNGSAUSSCHUSS: MEHR GELD FÜR SOLDATINNEN

Wehrdienstverkürzung ab 2006 per Weisung, ab 2008 gesetzlich

Wien (PK) - Das Bundesheer braucht mehr Soldaten für Auslandseinsätze und für den Offiziersnachwuchs, daher soll der freiwillige, ursprünglich nur für Frauen eingerichtete Ausbildungsdienst im Bundesheer finanziell attraktiver und für Männer geöffnet werden. Grundlage der diesbezüglichen Debatte und Abstimmung im Landesverteidigungsausschuss unter dem Vorsitz von dessen Obmann Reinhard Eugen Bösch (F) bildete ein Regierungsentwurf für ein Wehrrechtsänderungsgesetz 2005. Es sieht konkret eine höhere Besoldung ab dem ersten Tag des Ausbildungsdienstes sowie Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe während der gesamten Ausbildung vor. Verteidigungsminister Günther Platter erwartet rund 600 Personen jährlich im Ausbildungsdienst; die Mehrkosten werden mit 4,7 Mill. € pro Jahr angegeben und sind laut Platter durch Einsparungen infolge des Entfalls von Truppenübungen bedeckt (949 d.B.). - Die Regierungsvorlage erzielte eine VF-Mehrheit.

Im Grundsatz traten auch die Sozialdemokraten, die Abgeordneten Anton Gaal, Werner Kummerer und Bettina Stadlbauer, für diese Neuerung ein, sie verweigerten aber ihre Zustimmung, weil der Gesetzentwurf für Grundwehrdiener, die sich für den Ausbildungsdienst entscheiden, aber vorzeitig ausscheiden, eine Rückzahlungspflicht der höheren Bezüge enthält. Verteidigungsminister Platter sowie die VP-Sprecher Walter Murauer und Walter Tancits begründeten die Rückzahlung in der Debatte als notwendig: es gelte Missbräuche und Mitnahmeeffekte hintanzuhalten.

Ein von Abgeordnetem Walter Tancsits vorgelegter umfangreicher V-F-Abänderungsantrag enthielt die gesetzliche Verkürzung des Grundwehrdienstes ab 1.1.2008, dem SPÖ und Grüne einen Abänderungsantrag für eine gesetzliche Wehrdienstverkürzung ab 2006 gegenüberstellten, damit aber in der Minderheit blieben. Die bis 2008 geltende Weisungsregelung des Ministers zur Verkürzung des Grundwehrdienstes kritisierte Abgeordneter Peter Pilz als verfassungswidrig. Diese Weisung diene der Umgehung des Wehrgesetzes, nur um die Koalition, die in dieser Frage uneins sei, zu erhalten. Außerdem stehe 2008 nicht mehr die Verkürzung des Wehrdienstes zur Debatte, sondern dessen Abschaffung, meinte Pilz. 2008 ende nämlich die letzte Aufgabe der Grundwehrdiener, der Schutz der Schengengrenze. Demgegenüber verteidigte Minister Platter wiederholt sein Recht, auf die Einberufung von Grundwehrdienern zu Truppenübungen per Weisung zu verzichten.

DIE POSITIONEN UND FRAGEN DER ABGEORDNETEN  

In der Debatte beklagte Abgeordneter Anton Gaal (S) zunächst die kurzfristige Vorlage umfangreicher Anträge, womit die Koalitionsparteien der Opposition die Möglichkeit nehmen, konstruktiv mitzuarbeiten und ausführlich zu diskutieren. In der Sache sei die SPÖ nicht bereit, einer Rückzahlungsverpflichtung für Prämien zuzustimmen, die im Ausbildungsdienst bezahlt werden. Gaal sah die Gefahr, dass Soldaten, die sich ein Jahr freiwillig melden, mit Rückzahlungsforderungen konfrontiert werden, und zwar auch dann, wenn sie krankheitshalber aus dem Ausbildungsdienst ausscheiden. Positiv sah der sozialdemokratische Wehrsprecher die Anhebung der Bezüge für Frauen. Bedenken seiner Fraktion gegen das Militärbefugnisgesetz würden durch die vorgeschlagenen Änderungen bestätigt.

Abgeordneter Walter Murauer (V) sah die vorgelegten Änderungen als Teil der Umsetzung von Vereinbarungen in der Bundesheerreformkommission. Die einzelnen Materien stünden schon längere Zeit in Diskussion, erinnerte Murauer Abgeordneten Gaal. Die Rückzahlung der höheren Bezüge im Ausbildungsdienst gegenüber dem Grundwehrdienst sei notwendig, weil sich sonst jeder Grundwehrdiener für den Ausbildungsdienst melden würde.

Murauer hielt auch den Schutz des militärischen Hoheitszeichens für wichtig und begrüßte die gesetzliche Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate ab dem Jahr 2008. Ab 2006 gelte zeitlich begrenzt die diesbezügliche Weisung des Bundesministers.

Abgeordneter Uwe Scheuch (F) zeigte sich froh und stolz, dass es gelungen sei, den Assistenzeinsatz und die Miliz außer Streit zu stellen und freiheitliche Vorschläge für ein neues Anreizsystem, eine höhere Einsatzprämie und eine zusätzliche Milizprämie umzusetzen.

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (S) begrüßte höhere Einkommen für Frauen beim Bundesheer, sah die Rückzahlungsverpflichtung für das höhere Gehalt im Ausbildungsdienst für Männer aber als problematisch und arbeitsrechtlicht bedenklich an.

Abgeordneter Peter Pilz (G) hielt die Verkürzung des Präsenzdienstes auf sechs Monate per Weisung von 2006 bis 2008 für verfassungswidrig, weil die Weisung nicht materiell begründet sei, sondern der Umgehung eines Gesetzes aus nur einem Grund diene: die Koalition, die in diesem Punkt uneinig sei, zu erhalten. Pilz verlangte daher die Vorlage verfassungsrechtlicher Gutachten, die die Haltbarkeit der Weisung belegen.

Gegen die gesetzliche Verkürzung des Wehrdienstes im Jahr 2008 wandte Pilz überdies ein, dass zu diesem Zeitpunkt Schengen II in Kraft tritt, womit die letzte Aufgabe des Grundwehrdienstes, der Assistenzeinsatz an der Schengen-Grenze, ende und daher ab 2008 bereits über die Abschaffung des Grundwehrdienstes zu diskutieren sei.

Abgeordneter Walter Tancsits (V) sprach von einer guten Lösung für die Frauen beim Bundesheer und von einer vernünftigen Regelung für die Männer, wobei die Rückzahlungsverpflichtung notwendig sei, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Der per Weisung angeordnete Verzicht des Bundesministers, Grundwehrdiener zu Truppenübungen einzuberufen, sei verfassungsrechtlich einwandfrei.

Verteidigungsminister Günther Platter zeigte sich froh über die Öffnung des Ausbildungsdienstes für Grundwehrdiener und über die bessere - verdreifachte - Bezahlung der Frauen im Ausbildungsdienst. Er lege Wert darauf, dass jeder einzelne Rückzahlungsfall individuell geprüft und die Härteklausel, die Stundungen, Ratenzahlungen und den Entfall der Rückzahlung vorsehe, bei Bedarf angewendet werde. Verzichten könne man auf die Rückzahlung aber nicht, um der Gefahr des Missbrauchs entgegen zu wirken.

Der Minister erläuterte die Änderungen im Militärbefugnisgesetz, wo die vorgesehene Perlustrierung bei Festnahmen von einer Muss-Bestimmung in eine Kann-Bestimmung umgewandelt und der Schutz des Redaktionsgeheimnisses ausdrücklich verankert werde.

Seine temporäre, auf einen Beobachtungszeitraum begrenzte Weisung für die Einsparung von Truppenübungen sei verfassungsrechtlich gedeckt, unterstrich der Minister.

In einer zweiten Verhandlungsrunde drängte Abgeordneter Pilz auf eine saubere, gesetzliche Regelung der Wehrdienstverkürzung ab 2006, zumindest aber auf Vorlage der verfassungsrechtlichen Gutachten für die Weisung des Bundesministers.

Abgeordneter Werner Kummerer (S) sah die Rückforderung ebenso problematisch wie die Unwiderruflichkeit von freiwilligen Meldungen für Milizübungen und verlangte mehr Flexibilität bei den Einberufungsterminen.

Abgeordneter Murauer (V) erinnerte Abgeordneten Pilz daran, dass der Bundesminister ausdrücklich die Kompetenz besitze, Grundwehrdiener nach militärischen Erfordernissen zu Truppenübungen einzuberufen oder nicht einzuberufen.

Abgeordnetem Kummerer sagte der Minister zu, bei den Einberufungsterminen von Grundwehrdienern möglichst flexibel vorzugehen.

EINE DIFFERENZIERTE ABSTIMMUNG

Bei der Abstimmung wurde das Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 in der Fassung eines umfangreichen Abänderungsantrages der Koalitionsparteien teils mit V-F-Mehrheit, teils mit S-V-F-Mehrheit angenommen. In der getrennten Abstimmung verweigerten die Sozialdemokraten ihre Zustimmung zur Neufassung des Ausbildungsdienstes wegen der darin enthaltenen Rückzahlungsverpflichtung für männliche Soldaten.

Der gemeinsame Abänderungsantrag von SPÖ und Grünen für eine gesetzliche Wehrdienstverkürzung ab 1.1.2006 blieb in der Minderheit der Opposition. Ein im inhaltlichen Zusammenhang mit der Wehrrechtsänderung eingebrachter Antrag auf Rechtsanpassungen im Arbeitsplatzsicherungsgesetz passierte den Ausschuss einstimmig.

(Schluss)