Parlamentskorrespondenz Nr. 429 vom 25.05.2005

AUSSCHUSS VERABSCHIEDET MEHRHEITLICH SOZIALRECHTSÄNDERUNGSGESETZ

Diskussion über Gebarung einzelner Krankenkassen

Wien (PK) – Der Ausschuss für Arbeit und Soziales verabschiedete mit der Stimmenmehrheit von ÖVP, FPÖ und den Grünen das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2005. Angenommen wurde auch ein Abänderungsantrag der beiden Regierungsparteien.

Das SRÄG 2005 enthält neben der Einführung einer Geringfügigkeitsgrenze im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz nach ASVG-Muster auch den Entfall der Mindestbeitragsgrundlage im B-KUVG sowie die Schaffung einer neuen Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung. Bei Änderungen im ASVG-Bereich geht es etwa um die Fusionierung der Betriebskrankenkasse Alpine Donawitz und der Betriebskrankenkasse Kindberg. Ferner enthält die Novelle Klarstellungen hinsichtlich der Einhebung des Service-Entgelts für die E-Card, eine Anpassung des Dienstgeberabsetzbetrages aufgrund der Auflösung des Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger und die Erweiterung der Bemessungsgrundlage für Wochengeld um bezogenes Kinderbetreuungsgeld.

Abgeordneter Richard Leutner (S) sprach von einer Administrationsnovelle, die einige positive Punkte enthalte. Die Zusammenlegung der zwei Gebietskrankenkassen begrüßte der Redner ebenso wie die Erweiterung des Unfallschutzes von Jugendlichen auf Tage der außerschulischen individuellen Berufsorientierung. Nicht einverstanden war er mit den Regelungen der Bauern-Sozialversicherung, etwa mit der Absenkung der Beitragszuschläge für die verspätete Beitragsabführung von 10 % auf 5 %. Das Service-Entgelt lehnte er namens seiner Fraktion ab, weil damit die Versicherten belastet werden. Dass es sozialpolitisch auch anders gehe, so Leutner, zeige ein gemeinsamer S-V-Antrag aus der Zeit der Großen Koalition. Seiner Ansicht nach profitieren die Arbeitgeber von der neuen Karte, weil sie sich die Administration für die Krankenscheine ersparen. Im Zusammenhang mit einem Schreiben der Bauinnung regte der Abgeordnete an, dass die Dienstgeber ihre Dienstnehmer vor Antritt der Beschäftigung zur Krankenversicherung anmelden, um die Schattenwirtschaft wirksam bekämpfen zu können. Zur Abführung von AUVA-Mitteln meinte er, dass auf Dauer die Mitteltransfers die AUVA und deren Leistungen, was vor allem die Prävention und die Investitionen in die eigenen Einrichtungen betrifft, beeinträchtigen werden. Seiner Ansicht nach wäre es wichtig, mittelfristig zu einem Konzept für die Krankenversicherung zu kommen.

Abgeordneter Walter Tancsits (V) sah im vorliegenden SRÄG die Zusammenfassung von notwendigen Reform- und Verbesserungsschritten in verschiedenen Bereichen des Sozialrechts. Beim Service-Entgelt kann Tancsits keine Nachteile erkennen. Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der bäuerlichen Sozialversicherung nannte er einen sozialen Fortschritt, zu dem sich alle bekennen können.

Auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) betonte, dass der Entwurf Punkte enthalte, die positiv zu sehen sind, aber auch Maßnahmen vorsehe, die den Arbeitnehmern keinen Vorteil bringen. Im Hinblick auf das Service-Entgelt ortete er juristische Ungereimtheiten, vor allem im Hinblick auf die Gruppen, die vom Service-Entgelt befreit werden sollen. Unklarheiten bestehen seiner Ansicht nach auch im Zusammenhang mit einer Formulierung das Wochengeld betreffend. Beim PRIKRAF würde sich Öllinger wünschen, dass es für die privaten Krankenanstalten klare Definitionen gibt. Hinsichtlich der Mittelentnahme aus der AUVA beklagte der Redner, dass die Unfallversicherung zu einer Krankengeldfinanzierungsinstitution umgewandelt werde.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) brachte einen Abänderungsantrag ein, der den Mitteltransfer von der AUVA, die über eine Liquiditätsreserve von 407,2 Mill. € verfügt, zum Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger im Ausmaß von 100 Mill. € vorsieht. Außerdem soll in den Verwaltungskörpern des Hauptverbandes der Kreis der StellvertreterInnen des/der Vorsitzenden um jeweils eine Person erweitert werden. Ferner soll zur Sicherung der Fortführung der Fondslösung für die privaten Krankenanstalten eine erhöhte Ausgangsbasis für die Jahre 2005 bis 2008 vorgesehen werden. Die Finanzierung des Fonds, insbesondere die Gegenverrechnung von Kostenbeiträgen und die Umsatzsteuer, bleiben unberührt. Die in der Vorlage vorgesehenen Maßnahmen, begonnen von der Transferleistung bis hin zum PRIKRAF, sah der Redner als gerechtfertigt an. Er unterstrich, dass es sich in dem Entwurf in vielen Punkten um reine technische Anpassungen handle.

Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) bezog sich in seiner Wortmeldung u.a. auf den Hilferuf der Bauinnung, trat für Maßnahmen ein, die die Betriebe nicht übermäßig belasten, und wies darauf hin, dass man in einer Arbeitsgruppe versuche, eine Lösung zu erzielen. Im Zusammenhang mit dem Service-Entgelt für die E-Card machte der Redner darauf aufmerksam, dass die Einhebung der Krankenscheingebühr die Betriebe belastet habe, diese aber dafür keine Abgeltung erhielten. Durch den Transfer von Geldern der AUVA in Richtung Ausgleichsfonds soll keineswegs die Liquidität der AUVA beeinträchtigt werden. Die in der Vorlage enthaltenen Lösungen hielt der Redner aus „pragmatischen“ Gründen für richtig und für politisch akzeptabel.

Abgeordneter Manfred Lackner (S) meinte, mit dem Transfer der Geldmittel könne das Problem der Kassenfinanzierung nicht gelöst werden. Für seine Fraktion unterstrich er, dass die PRIKRAF-Regelung keine Zustimmung findet, weil sie nicht ausreichend sei.

Die Novelle ist zum Teil eine verwaltungstechnische Novelle, erklärte Bundesministerin Maria Rauch-Kallat. Die Fusionierung der Gebietskrankenkassen sei ruhig und in Kooperation mit den Mitarbeitern über die Bühne gegangen und habe wahrscheinlich deshalb kein Echo in den Medien gefunden. Für die Fusionierung wurde ein Sozialplan, der im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erstellt wurde, ausgearbeitet.

Das Service-Entgelt für die E-Card soll möglichst unbürokratisch eingehoben werden und auch die Betriebe so gering wie möglich belasten. Dass die Gruppen, die unter den Befreiungstatbestand fallen, nicht definiert sind, was von G-Abgeordnetem Öllinger behauptet wurde, bestritt die Ressortchefin und verwies auf § 31c ASVG.

Die Kritik am Bauernpaket konnte Rauch-Kallat nicht teilen, werden doch hierdurch Härten vermieden. Die Reduktion von 10 % auf 5 % ist ihrer Ansicht nach gerechtfertigt.

Die Installierung der Stellvertreter im Hauptverband gehe auf einen Wunsch der Selbstverwaltung zurück und verursache keine Kosten.

Die Liquidität der AUVA wurde geprüft, diese 100 Mill. € verursachen bei der Unfallversicherung kein Liquiditätsproblem. Dieser Transfer entspreche auch der Verfassung.

Der Probebetrieb für die E-Card endet laut Rauch-Kallat am 28. Mai, mit Ende des Jahres werde man den Krankenschein „ade sagen“ können.

Die Ministerin kam auch auf die Situation der Wiener Gebietskrankenkasse und deren hohes Defizit zu sprechen und wies darauf hin, dass es in Wien die bestverdienenden Beitragszahler und die geringste Zahl an Mitversicherten gebe. Wien müsste daher „hochweiß“ sein, dass dem nicht so sei, sollte auch deren Obmann zu denken geben. Das Defizit lässt sich ihrer Ansicht nach keinesfalls auf die Arbeitslosenzahlen zurückführen.

Abgeordneter Walter Schopf (S) befasste sich mit der E-Card-Problematik und trat für eine E-Card ein, die bedienungsfreundlich für den Betrieb, die Arbeitnehmer und die Ärzte ist und eine Entlastung bringt. Ein Problem ortete er bei der Gebühr für diese Karte, zumal Haupt als Sozialminister angekündigt hat, dass es keine Belastung der Arbeitnehmer über Gebühr geben werde; nun sollen 10 € eingehoben werden. In diesem Zusammenhang hielt es der Redner für angebracht, hinsichtlich atypisch Beschäftigter, freier Dienstnehmer und mehrfach geringfügig Beschäftigter Änderungen herbeizuführen.

Abgeordneter Werner Fasslabend (V) bedauerte, dass die Sozialdemokraten der Vorlage nicht zustimmen und somit wertvolle soziale Verbesserungen nicht mittragen werden. Den Transfer von 100 Mill. € an die AUVA sah er wie zuvor Mitterlehner pragmatisch. Fasslabend nannte die Verhältnisse der Wiener Gebietskrankenkasse als „nicht zum Besten stehend“, „weil teilweise miserabel gewirtschaftet wurde“.

Abgeordneter Karl Donabauer (V) verteidigte die Regelungen im bäuerlichen Sozialversicherungsbereich. In der Folge kam er auf die Wiener Gebietskrankenkasse und auf Artikel ihres Obmannes zu sprechen. Außerdem sprach Donabauer davon, dass es bislang keine Trägerkonferenz „mit einer inhaltlichen Diskussion“ gegeben habe. Seiner Ansicht nach sollten die Probleme der Krankenkasse genau analysiert werden.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) meinte, der Wiener Gebietskrankenkasse sei es bei gleicher Struktur wie bei der Oberösterreichischen Krankenkasse nicht gelungen, erfolgreich zu sein. Abgeordneter Franz Riepl (S) hielt es für fehl am Platz, Aussagen von Funktionären einer Krankenkasse, die an den Verhandlungen des Ausschusses nicht teilnehmen, hier zu debattieren. Abgeordneter Karl Öllinger (G) regte an, Bittner und andere Kollegen des Hauptverbandes zu einer Diskussion im Ausschuss einzuladen.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) sprach im Zusammenhang mit dem PRIKRAF die Benachteiligung zwischen privaten und öffentlichen Trägern hinsichtlich der Patientenstruktur, der Aufnahmepflicht, der Intensivstation und der Notfallstation an. Abgelehnt werden von den Sozialdemokraten die Maßnahmen im Rahmen der Bauern-Sozialversicherung, hinsichtlich der positiven Punkte werde man im Plenum getrennte Abstimmung verlangen.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) wies darauf hin, dass die Chipkarten-Gebühr 1997 vereinbart wurde und sich deren Höhe seit Jahren nicht verändert habe. Seiner Ansicht nach handle es sich um eine Umverteilung von den Kranken zur Solidaritätsgemeinschaft.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) machte darauf aufmerksam, dass es nicht Schuld der Krankenkasse sei, wenn Betriebe keine Beiträge zahlen oder sich mit diesen im Rückstand befinden.

Abgeordneter Franz Riepl (S) fragte, ob es wirklich stimme, dass im Rahmen einer Novelle zum Einkommensteuergesetz der Finanzminister eine Verordnungsermächtigung für das ASVG erhalten soll. Angesichts der Uneinbringlichkeit von Arbeitgeberschulden bei den Krankenkassen wäre laut Riepl die Solidargemeinschaft der Wirtschaft gefordert. Der Redner vermutet, dass das Service-Entgelt ein Flop wird, da sich die Verwaltungskosten auf 5 € oder mehr belaufen sollen; der Hauptverband geht von mindestens 4 € pro Fall aus.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) wies im Zusammenhang mit der in der Debatte angesprochenen guten Gebarung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse darauf hin, dass diese viele Leistungen nicht mehr bezahle. Ausschließlich auf Kosten der Versicherten habe sich diese Gebietskrankenkasse saniert, behauptete sie.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat erklärte, das Service-Entgelt für die Gesundheitskarte sei keine neue Maßnahme. Das Entgelt von 10 € sei geringer als die Kosten für die Ausstellung von vier Krankenscheinen. Zudem sei die E-Card jederzeit verfügbar. Zu den von Riepl angesprochenen Zahlen meinte die Ressortleiterin, die Berechnungen des Hauptverbandes seien von einer Erlagscheinvariante ausgegangen. Es werden aber Verhandlungen geführt, um eine einfache Regelung zu erreichen; der Aufwand wird im Vergleich zur Erlagscheinvariante geringer ausfallen. Auch strich Rauch-Kallat heraus, dass großteils aufgrund von Insolvenzen den Krankenversicherungen die Beiträge entgangen sind. Sie merkte auch an, dass im Rahmen einer Befragung von Versicherten die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse „sehr positiv“ bewertet wurde. (Forts.)


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