Parlamentskorrespondenz Nr. 538 vom 22.06.2005

VERKEHRSAUSSCHUSS BESCHLIESST STRATEGISCHE PRÜFUNG FÜR WEGENETZ

Verkehrsprojekte müssen auf ihre Auswirkungen überprüft werden

Wien (PK) - Der Verkehrsausschuss verabschiedete heute ein Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V), durch das die EU-Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme umgesetzt wird. Im Einzelnen geht es dabei um die verkehrsträgerübergreifende Alternativenprüfung, die es bei der Ausgestaltung des Wegenetzes erlauben soll, kostenintensive Fehlplanungen rechtzeitig zu erkennen und mögliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Durch die im Rahmen der SP-V erhobenen Informationen hinsichtlich der erheblichen negativen und positiven Auswirkungen einer vorgeschlagenen Netzveränderung erhalten die Entscheidungsträger eine sachliche Basis für ausgewogene und nachhaltige Entscheidungen. Konkret betroffen ist von dem Gesetz in Österreich das hochrangige Bundesverkehrswegenetz einschließlich der Hochleistungsstrecken der Bahn.

Während Abgeordneter Werner Miedl (V) in der SP-V einen gewaltigen Schritt in Richtung Umweltrelevanz und Wirtschaftsverträglichkeit sah, vermisste Abgeordnete Petra Bayr (S) eine soziale Komponente im Gesetz. Auch würden ihrer Meinung nach die Bestimmungen keine Möglichkeit bieten, den Generalverkehrsplan einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.

Der Umweltcharakter der Prüfung komme zu kurz, stand für Abgeordnete Gabriela Moser (G) fest, die das Fehlen einheitlicher Kriterien für die Umweltprüfung beklagte und zudem die Einbeziehung von NGOs in das Verfahren forderte.

Staatssekretär Helmut Kukacka stellte klar, die Richtlinie verpflichte Österreich zur Durchführung einer Prüfung bei der Erstellung von Plänen und Programmen zur Netzerweiterung, für konkrete gesetzliche Vorhaben gelte aber bereits das UVP-Gesetz. Der Generalverkehrsplan könne keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden, weil dieser nicht als Gesetz verankert ist. Kukacka betonte überdies, die Umweltverträglichkeit sei nur einer von mehreren Prüfungsaspekten, so sei auch die soziale Komponente zu beachten.

Das Gesetz wurde in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages, der eine Frist von vier Wochen für die Stellungnahmen der Länder vorsieht, mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.

Im Anschluss daran wurde ein Antrag der Regierungsparteien auf Übertragung der B 317 zwischen Scheifling und Klagenfurt in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG einstimmig verabschiedet. Ein S- Antrag betreffend Übertragung der Scheitelstrecke der B  317 über den Perchauer Sattel an die ASFINAG fand keine Mehrheit.

Staatssekretär Helmut Kukacka teilte dazu mit, dass die Ausbaupläne der B 317 bereits in den Anwendungsbereich der zuvor beschlossenen SP-V fallen werden.

AUSSCHUSS LEGT RECHTLICHE BASIS FÜR VERKEHRSBEEINFLUSSUNGSANLAGEN

Ausgehend von einem Antrag der Regierungsparteien beschloss der Ausschuss einstimmig eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, durch die eine rechtliche Grundlage für die so genannten Verkehrsbeeinflussungsanlagen geschaffen wird. Damit soll es in Zukunft möglich sein, für schon im Vorhinein definierte Verkehrsverhältnisse ebenfalls vorweg bestimmte Verkehrsregelungen zu verordnen, ohne aber den zeitlichen und örtlichen Geltungsbereich bereits in der Verordnung festlegen zu müssen.

BARRIEREFREIHEIT DES ÖFFENTLICHEN VERKEHRS

Ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien, in dem die Abgeordneten Franz-Joseph Huainigg (V) und Klaus Wittauer (F) einer Verbesserung der Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für ältere, behinderte und kleine Menschen forderten, wurde mit V-F-S-Mehrheit angenommen.

Für die Grünen hielt Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer die Zielsetzung der Initiative für richtig, meinte aber, es sei nicht einzusehen, dass ein ähnlich lautender Antrag der Grünen in einer vorangegangenen Sitzung abgelehnt wurde. Sie unterstrich jedoch das Interesse ihrer Fraktion, bis zum Plenum noch zu einem Vier-Parteien-Antrag zu kommen.

Eine Detailregelung des Wasserstraßengesetzes hatte schließlich ein Antrag der Regierungsparteien zum Inhalt, der mit V-F-G-Mehrheit angenommen wurde. Die Frist von drei Monaten, die bei der Trennung der Schleusenverkehrsregelung von der Schifffahrtspolizei im Zusammenhang mit der Überleitung der Bediensteten und Beamten vorgesehen ist, wird nun gestrichen.

Abgeordneter Kurt Eder (S) begründete die Ablehnung durch seine Fraktion mit der ursprünglichen Kritik der SPÖ an der Ausgliederung im Wasserstraßenbereich.

NOCH KEINE ENTSCHEIDUNG ÜBER UNFALLUNTERSUCHUNGSGESETZ

Auf Antrag der Regierungsparteien vertagt wurde das Unfalluntersuchungsgesetz, das die rechtlichen Grundlagen zur Einrichtung einer Unfalluntersuchungsstelle des Bundes schafft. Diese Organisationseinheit soll im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Teil der Bundesanstalt für Verkehr (eh. Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge) eingerichtet werden, wobei der Unfallforschung und Unfallprävention als ausschließliche Aufgabenstellung größte Bedeutung zukommt. Das Verfahren zur Untersuchung von Vorfällen soll eine optimale Ursachenerforschung ermöglichen und die daraus zu ziehenden Schlüsse ermitteln. Als Ergebnis sollen Sicherheitsempfehlungen als Maßnahmen zur Verbesserung der konkreten Verkehrssicherheit erarbeitet werden.

Um die verfassungsmäßige Zwei-Drittel-Mehrheit für die Verankerung der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Untersuchungsorgane zu erzielen, sollen nun weitere Gespräche mit der Opposition über noch offene Fragen geführt werden.

Als ein Teil der Materie wurden aber die Maßnahmen im Luftfahrtgesetz vorgezogen und mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen. Bei der Gesetzesänderung handelte es sich um eine unaufschiebbare Übernahme einer entsprechenden EU-Richtlinie, durch die Meldepflichten hinsichtlich von Unfällen in der Luftfahrt erweitert werden. Für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen wiederum sieht das Gesetz einen Flugplanvermittler vor.

S-ANTRÄGE ZU BAHNHOFSPROJEKTEN UND BAHNAUSBAUTEN VERTAGT

Im Rahmen der Debatte über S-Anträge betreffend die sofortige Realisierung der Güterzugumfahrung St. Pölten (466/A(E)), die dringend notwendige Modernisierung des Bahnhofs der Landeshauptstadt St. Pölten (101/A(E)), hinsichtlich des sofortigen Um- bzw. Ausbaus des Hauptbahnhofes Salzburg (311/A(E)), zum sofortigen Um- bzw. Ausbau des Bahnhofes Schwarzach/St. Veit (337/A(E)) sowie bezüglich der Erhaltung der Mariazellerbahn und der Ybbstalbahn (303/A(E)) und betreffend das Projekt "Neue Südbahn" und die raschest mögliche Realisierung des Semmering-Basis-Tunnels als Teile des transeuropäischen Netzes (207/A(E)) gab Staatssekretär Helmut Kukacka bekannt, dass man, da früher Umbauten ohne verkehrspolitische Prioritätensetzungen vorgenommen wurden, nun „Ordnung in das System“ bringen müsse. Jedes Land wisse, was in den Rahmenplänen der ÖBB drinnen stehe und welche Prioritäten es gebe und mit welchem finanziellen Aufwand gebaut werden könne. Da es eine „rollierende“ Planung gebe, könne es durchaus sein, dass neue Prioritäten aufgenommen und bisherige verändert werden. Mittel von 1,2 bis 1,4 Mrd. € stehen für die nächsten 5, 6 Jahre zur Verfügung, gab Kukacka weiter bekannt.

Konkret sprach er davon, dass der Bahnhof St. Pölten „zurückgeschoben“ wurde. Für diesen Bahnhof werde ein Baubeginn mit 2007 angenommen, als Fertigstellungstermin nannte der Staatssekretär die Jahre 2012/13.

Im Zusammenhang mit dem Hauptbahnhof Salzburg wies Kukacka auf große Probleme mit dem Bundesdenkmalamt hin, was zu Verzögerungen geführt habe. Gespräche zwischen dem Vizekanzler und der Landeshauptfrau laufen, dem Entschließungsantrag werde vollinhaltlich entsprochen.

Der Um- bzw. Ausbau des Bahnhofes Schwarzach musste vorläufig zurückgestellt werden. Die Entscheidung darüber treffe die Bahn zusammen mit der Landesregierung und dem Vizekanzler.

Hinsichtlich der Mariazellerbahn gebe es zwischen dem Vizekanzler und dem Landeshauptmann eine Vereinbarung über die niederösterreichischen Schmalspurbahnen. Man werde dafür sorgen, versprach das Regierungsmitglied, dass die Bahn erhalten und verbessert wird.

Die Beratungen über diese Anträge wurden vertagt.

VERTAGUNG WEITERER OPPOSITIONELLER ANTRÄGE

Mehrheitliche Vertagungsbeschlüsse gab es zu folgenden Anträgen:

S-Antrag betreffend Doppelmaut im Lungau (357/A(E))

S-Antrag betreffend Gebührenbefreiung für gehörlose oder blinde Menschen (490/A(E))

G-Antrag betreffend dringend erforderliche Änderung der Anti-Spam-Regelung im TKG (471/A(E))

S-Antrag betreffend eine qualitativ hochwertige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen (486/A(E))

G-Antrag betreffend Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen (476/A(E))


G-Antrag betreffend Überwinden der "digital divide" und der Nachteile des ländlichen Raums bei der Versorgung mit Informations- und Kommunikationsdiensten (302/A(E))

G-Antrag betreffend Evaluierung und Novellierung des ÖPNRV-Gesetzes, insbesondere hinsichtlich der darin vorgesehenen "Verkehrsanschlussabgabe" (107/A(E))

S-Antrag betreffend Verbesserung des nach wie vor unzureichenden Lärmschutzes an der A1 im Bereich St. Pölten (102/A(E))

G-Antrag betreffend eine überfällige Kyoto-Offensive im Verkehrsbereich (191/A(E))

G-Antrag betreffend Erstellung einer fundierten Studie über die Einführung einer Verkehrserregerabgabe (352/A(E)). (Schluss)