Parlamentskorrespondenz Nr. 591 vom 07.07.2005

VERKÜRZUNG DES ZIVILDIENSTES AUF NEUN MONATE IM PLENUM BESCHLOSSEN

Kommt Sozialjahr für Frauen?

WIEN (PK) - Abgeordnete HAIDLMAYR (G) kritisierte im Rahmen der Diskussion über die Zivildienstgesetz-Novelle 2005 vor allem die SPÖ, die ihrer Ansicht nach viel versprochen und nichts gehalten habe. Das Zivildienstgesetz sei ein Desaster, denn man habe außer der Verkürzung auf fünf Monate keinerlei Verbesserungen angestrebt. So werde zum Beispiel das Verpflegungsgeld nicht erhöht. Die Grünen treten dafür ein, den Zivildienst auf sechs Monate zu verkürzen, das tägliche Verpflegungsgeld auf 11,60 € anzuheben und einen zusätzlichen, vom Zivildienst unabhängigen sozialen Dienst zu schaffen. Sie brachte in diesem Zusammenhang auch einen Abänderungsantrag ein, in dem diese Forderungen aufgelistet sind.

Abgeordneter WÖGINGER (V) sprach von einem guten Tag für den Zivildienst und für die Zivildiener, die ein unverzichtbare Säule des Sozial- und Gesundheitswesens darstellen. Mit dem Ausmaß der Verkürzung des Zivildienstes auf neun Monate Pflichtdienst und der Möglichkeit, freiwillig drei Monate länger zu dienen, werde dem Bedarf der Zivildienst-Trägerorganisationen entsprochen. Die Anhebung der Grundpauschale um 70 € pro Monat zeige, dass der Zivildienst der Regierung und dem Parlament etwas wert sei. Für die Zukunft drängte Wöginger auf die möglichst baldige Vorlage eines Gesetzentwurfs für ein freiwilliges Sozialjahr für Frauen und dankte der SPÖ ausdrücklich für ihre heutige Zustimmung.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) charakterisierte den Zivildienst pointiert als "billiges Zwangsarbeitsmodell zur Verschleierung des Pflegenotstandes in Österreich". Dieses Modell ende automatisch, wenn mit Schengen II und dem Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze der letzte Grund für die Wehrpflicht und damit auch für den Zivildienst wegfalle, dann werde der Pflegenotstand unverschleiert zu Tage treten. Pilz sah darin die Chance für alte und pflegebedürftige Menschen, professionelle und hoch motivierte Pflegeleistungen zu erhalten - und zwar billiger als heute, weil die Kosten für den Präsenzdienst wegfallen werden.

Abgeordneter Mag. DARABOS (S) erinnerte seinen Vorredner daran, dass die SPÖ als einzige Partei im Innenausschuss für eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate gedrängt habe. Sein Abänderungsantrag sah den Entfall der Zweidrittelmehrheit bei der Dauer des Zivildienstes und dessen Verkürzung auf sechs Monate vor. Der Zivildienstreform stimme die SPÖ zu, weil neun Monate besser seien als zwölf, sagte der Abgeordnete und wertete es als einen Erfolg seiner Partei, verhindert zu haben, dass mit einem freiwilligen Zivildienst für weibliche EWR-Bürger Sozialdumping im Pflegebereich ermöglicht werde.

Innenministerin PROKOP unterstrich, ihr sei der Zivildienst wichtig, weil sie wisse, wie hoch die Leistungen der Zivildiener für die soziale Sicherheit in Österreich einzuschätzen seien. Die Ministerin zeigte sich daher erfreut, dass es gelungen sei, die Rahmenbedingungen für den Zivildienst zu verbessern und seine Dauer zu verkürzen, zugleich aber auch auf den Bedarf der Trägerorganisationen Bedacht zu nehmen. Prokop machte auch auf die Anreize aufmerksam, die geschaffen werden, damit in Zukunft mehr Männer in soziale Berufe einsteigen.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) wies die Behauptung der Abgeordneten Haidlmayr zurück, Zivildiener würden ausgebeutet. Wie beim Präsenzdienst handle es sich um einen Dienst an der Allgemeinheit, erklärte die Abgeordnete. Da die Bedingungen beim Zivildienst aber nicht mit jenen beim Präsenzdienst vergleichbar seien, da der Soldat im Ernstfall sein Leben riskiere und einem wesentlich strengeren Disziplinarrecht unterliege, sei eine längere Dauer des Wehrersatzdienstes gerechtfertigt.

Abgeordneter KÖSSL (V) brachte einen V-F-Abänderungsantrag mit technischen Korrekturen beim Inkrafttreten der Novelle sowie zur Umbenennung des Zivildienstrates in "Zivildienstbeschwerderat" ein. Die Zivildienstgesetz-Novelle bezeichnete der Redner als einen vernünftigen Kompromiss.

Abgeordneter PARNIGONI (S) machte darauf aufmerksam, dass der Verteidigungsminister die Dauer des Wehrdienstes per Erlass verkürzen könne, für eine Verkürzung des Zivildienstes aber unverständlicherweise eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erforderlich sei. Die Weigerung der ÖVP, diese Verfassungsbestimmung fallen zu lassen, sei daher nicht nachvollziehbar, sagte Parnigoni. Kritik übte der Redner auch an der Innenministerin, die in der Zivildienstagentur externe Kräfte statt Beamter einsetzen wolle: ein unverständliches Signal an die bewährten Kräfte des Ressorts, sie seien unfähig, diese Aufgabe zu erfüllen. Die SPÖ stimme der Novelle wegen der Verkürzung der Zivildienstdauer, der Anhebung der Pauschalvergütung, der Verlängerung des Urlaubsanspruchs und im Hinblick auf eine vernünftige Lösung beim Taggeld zu.

Abgeordneter FAULAND (F) hielt fest, man vergesse immer wieder, dass sich der Zivildienst vom Wehrrecht ableite und eine Alternative für jene Österreicher biete, die sich gegen das Bundesheer entscheiden. Für ihn ist es daher selbstverständlich, dass der Wehrdienst in der Prioritätenreihung vor dem Zivildienst kommt. In erster Linie sei es notwendig, den Bedarf an Wehrdienern im Bundesheer zu decken, betonte Fauland. Auch die unterschiedliche Dauer von Wehrdienst und Zivildienst hält er in diesem Sinn für gerechtfertigt.

Abgeordnete FUHRMANN (V) machte geltend, dass sowohl die Dauer des Wehrdiensts als auch jene des Zivildienstes um 25 % verkürzt werde. Darüber hinaus gebe es weitere Verbesserungen für Zivildiener. Jene, die sich entscheiden, den Zivildienst um drei Monate zu verlängern, würden 500 € im Monat erhalten. Auch die Pauschalvergütung für Zivildiener sei angehoben worden. Als positiv bewertete es Fuhrmann auch, dass das Gesetz in drei Jahren evaluiert werden soll.

Abgeordneter GAAL (S) erinnerte daran, dass der Zivildienst vor 30 Jahren unter Bruno Kreisky eingeführt worden sei. Zivildiener seien lange Zeit als "Drückeberger" verschrien gewesen, skizzierte er, mittlerweile habe sich das aber geändert. Die Zivildiener verdienten, so Gaal, Lob und Anerkennung und faire Bedingungen für ihre Leistungen. Er persönlich hoffe aber, dass sich junge Männer für den Wehrdienst entscheiden. Ihre Forderung, den Zivildienst auf sechs Monate zu verkürzen, hält die SPÖ Gaal zufolge aufrecht.

Abgeordneter GAHR (V) bekräftigte, es gehe beim vorliegenden Gesetz nicht, wie Abgeordnete Haidlmayr gemeint habe, um Scheingefechte und Billigarbeitskräfte, vielmehr stünde die Sicherung der Dienstleistungen von tausenden sozialen Einrichtungen im Mittelpunkt. Durch den Entwurf würden kalkulierbare Rahmenbedingungen für alle geschaffen. Das Thema Verpflegsgeld wird Gahr zufolge nach Vorliegen eines erwarteten VfGH-Erkenntnisses geregelt.

Abgeordneter Ing. KAPELLER (V) wies die Kritik von Abgeordneter Haidlmayr ebenfalls zurück und sieht alle Beteiligten als Gewinner der vorliegenden Gesetzesnovelle: die Zivildiener, weil sie künftig kürzer dienen müssten, aber auch die sozialen Einrichtungen, die ihre Dienstleistungen aufrecht erhalten könnten. Im Übrigen machte Kapeller geltend, dass sowohl der Wehrdienst als auch der Zivildienst um ein Viertel gekürzt würden.

Abgeordneter PACK (V) bedankte sich bei seinem Fraktionskollegen August Wöginger für dessen Engagement in der Zivildienstreformkommission. Im vorliegenden Gesetzentwurf würden sehr viele Verbesserungen stecken, unterstrich er.

Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) gab zu bedenken, dass der Zivildienst ein Wehrersatzdienst sei und auch als solcher gesehen werden müsse. Der Hauptzweck bleibe die Verteidigung der Heimat. Wie wichtig innere Sicherheit ist, haben Liechtenstein zufolge die heutigen Terroranschläge in London wieder einmal vor Augen geführt.

Die Novellierung des Zivildienstgesetzes wurde unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrages in dritter Lesung mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Freiheitlichen beschlossen. Die Abänderungsanträge der SPÖ und der Grünen, die u.a. auf eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate abzielten, blieben in der Minderheit. Ebenfalls mit V-S-F-Mehrheit angenommen wurden die drei dem Bericht des Innenausschusses angeschlossenen Entschließungen betreffend die Förderung freiwilliger sozialer Leistungen, betreffend die Verpflegssituation von Zivildienstleistenden bzw. betreffend die Evaluierung der neuen Zivildienstregelungen. (Forts./RH-Bericht)