Parlamentskorrespondenz Nr. 758 vom 10.10.2005

Die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes in den Jahren 2002/03

Sexuelle Belästigung der häufigste Diskriminierungstatbestand

Wien (PK) - Dem Parlament liegen die Berichte über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes in den Jahren 2002 und 2003 (III-167 d.B. und III-168 d.B.) vor. Dem Bericht aus 2002 ist zu entnehmen, dass die Gleichbehandlungskommission 21 Prüfungsergebnisse bzw. Vorschläge erstellt hat, 15 der im Verlauf des Jahres 2002 anhängig gewesenen Anträge wurden in verschiedenen Verfahrensstadien zurückgezogen (53,3 % der zurückgezogenen Anträge betrafen sexuelle Belästigung, 40 % die Beendigung des Arbeitsverhältnisses). 29 Anträge wurden neu eingebracht. Die beantragten Diskriminierungstatbestände in den 2002 eingebrachten Anträgen bezogen sich auf sexuelle Belästigung (55,1 %), Arbeitsbedingungen 31 %), Beendigung des Arbeitsverhältnisses (24,1 %) sowie auf beruflichen Aufstieg, Entgelt und Begründung des Arbeitsverhältnisses (je 13,7 %).

Die Gleichbehandlungskommission hat 2003 19 Prüfungsergebnisse erstellt; 21 der im Verlauf des Jahres 2003 anhängig gewesenen Anträge wurden in verschiedenen Verfahrensstadien zurückgezogen, (11 Anträge betrafen sexuelle Belästigung, 9 die Arbeitsbedingungen, 7 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses), 29 Anträge wurden neu eingebracht. Die beantragten Diskriminierungstatbestände im Jahr 2003: sexuelle Belästigung (16), Beendigung des Arbeitsverhältnisses 10, Arbeitsbedingungen 9, Entgelt 5, beruflicher Aufstieg 4.

Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen: 2002 - 11.424 Beratungen, 2003 – 22.239 Beratungen

Dem Berichtsteil über die Anwaltschaft ist zu entnehmen, dass diese 2002 (2003) 11.424 (22.239) Beratungen durchgeführt hat; davon bezogen sich 10.248 (19.721) auf das Gleichbehandlungsgesetz, 224 (474) auf das Arbeitsrecht, 38 (279) auf das Sozialversicherungsrecht und 914 (1.765) auf andere Gleichbehandlungsfragen. Von den Beratungen zum Gleichbehandlungsgesetz betrafen 3.353 (4.085) die Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, 1.811 (6.521) die Information zum Gleichbehandlungsgesetz, 1.598 (2.754) die Festsetzung des Entgelts und 1.083 (1.538) Diskriminierungen bei den sonstigen Arbeitsbedingungen. Das Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung wurde 149 (165)mal und die Diskriminierung vor allem bei der Beförderung 743 (1.539)mal angesprochen.

Themenschwerpunkte der Anwaltschaft

Wurde die Gleichbehandlungsanwaltschaft 2002 mehrfach von ArbeitgeberInnen um die Durchführung einer Mediation oder Supervision in verfahrenen betrieblichen Situationen ersucht – Ausgangspunkt war fast immer eine Beschwerde einer sexuell belästigten Frau – und gab es eine steigende Anzahl von Beschwerden männlicher Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Elternkarenz, war im Berichtsjahr 2003 Kopftuch tragende Arbeitnehmerinnen ein besonderes Thema; aus Anlass von Medienberichten gab es die Verunsicherung, welche Haltung zum Kopftuch die "richtige", vom Gesetz gebilligte sei. Die Beschwerden von Frauen, vor allem von Wiedereinsteigerinnen, dass viel seltener Anstellungen ausgeschrieben oder angeboten werden, war ein weiterer Themenschwerpunkt. Massiv gehäuft haben sich im Jahr 2003 sexuelle Belästigungen durch E-Mails am Arbeitsplatz; Beschwerden darüber, dass es offenbar in manchen Firmen zum Arbeitsalltag gehört, von Kollegen pornographische Bilder via E-Mail zu erhalten, sind keine Seltenheit, heißt es im Bericht.

Projekt "betriebliche Gleichstellungsberatung"

Von der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen wurden 2000 bis 2002 zu den einzelnen Tatbeständen des Gleichbehandlungsgesetzes Leitfäden für ArbeitgeberInnen, Betriebsräte und Betriebsrätinnen und ArbeitnehmerInnen erarbeitet, Informationsbroschüren verfasst und Workshop-Design erstellt. Diese werden Unternehmen, die von sich aus an die Anwaltschaft herantreten, zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus kann die Anwaltschaft bei der Initiierung und den ersten Schritten eines betrieblichen Gleichstellungsprojektes beratend zur Seite stehen. Für die Durchführung konkreter Schritte, z.B. von Lohnanalysen oder Gender-Trainings, kann die Anwaltschaft Organisationen mit entsprechendem Gender Know-how nennen, liest man im Bericht.

Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Lichte der EU

Im Juli 2003 startete die Europäische Kommission via Internet eine Konsultation, in der sie die Mitgliedstaaten und andere interessierte Stellen aufforderte, zu einer Kommissionsinitiative für Vereinfachung und Verbesserung der Rechtsvorschriften im Bereich der Gleichbehandlung von Frauen und Männern Stellung zu nehmen. Österreich hat sich für eine Kodifikation der Gleichbehandlungsrichtlinien unter Einbeziehung der EuGH-Rechtsprechung ausgesprochen. Im April 2004 hat die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag, der sich mit der österreichischen Ansicht deckt, angenommen; im Juni 2004 wurde dieser Vorschlag von der Kommission in der Ratsarbeitsgruppe "Sozialfragen" vorgestellt. (Schluss)