Parlamentskorrespondenz Nr. 769 vom 12.10.2005

Verkehrsausschuss setzt erste Schritte zur Postliberalisierung

Regierungsparteien verabschieden Postgesetznovelle

Wien (PK) - Mit der Beschlussfassung der Postgesetznovelle 2005, durch die die EU-Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste und die Verbesserung der Dienstqualität übernommen wird, setzte der Verkehrsausschuss heute einen Zwischenschritt in Richtung der geplanten Postliberalisierung. Für die völlige Öffnung des Postmarkes ist der 1.1.2009 als Termin ins Auge gefasst, aber noch nicht fixiert, zumal die EU-Kommission die Voraussetzungen für eine totale Liberalisierung bis Ende 2006 in Form der "Perspektivstudie" darlegen wird. Die heute mit den Stimmen der Regierungsparteien und in Teilbereichen der Grünen verabschiedete Novelle sieht an Neuerungen in erster Linie eine Festlegung der Pflichten von Postdienstleistern, unter anderem auch eine Anzeigepflicht, vor und will die Aufsicht durch die Regulierungsbehörde ebenso wie die Eingriffsmöglichkeiten der Behörde bei Verstößen gegen Universaldienstverpflichtungen verbessern.

Gemeinsam mit der Postgesetznovelle behandelte der Ausschuss auch insgesamt sieben von den SP-Abgeordneten Anton Heinzl und Marianne Hagenhofer präsentierte Petitionen gegen die Schließung einzelner Postämter in Niederösterreich und Oberösterreich. Betroffen waren davon allgemein Postämter im Bezirk Braunau sowie die Standorte Pottenbrunn, Hofstetten, Brand Laaben, Wölbling, Perschling und Frankenfels. Weiters lagen ein Entschließungsantrag der Grünen und eine Initiative der Sozialdemokraten zur Beratung vor, in denen jeweils die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen gefordert wird.

Während die Oppositionsparteien mit diesen Vorstößen den kritischen Ton ihrer Argumentation zum Thema Postliberalisierung vorgaben, bewerteten die Vertreter der Koalitionsparteien die Novelle durchwegs positiv. So sprach etwa Abgeordneter Klaus Wittauer (F) von einem großen Wurf, der die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen langfristig absichern werde. Für den Abgeordneten Werner Miedl (V) wiederum war klar, dass es bei dieser Novelle nicht um eine Privatisierung der Post, sondern vielmehr um die Vorbereitung der Post auf den Markt gehe. Wichtig sei es, dass alle Postdienstanbieter unter den gleichen Voraussetzungen arbeiten und dass der Behörde ein Instrumentarium zur Verhinderung und Behebung von Missständen an die Hand gegeben werde, meinte der VP-Verkehrssprecher.

Miedl brachte einen Abänderungsantrag der Regierungsparteien ein, der die Einrichtung eines weisungsfreien Regulators bei der RTR zum Gegenstand hat, wobei die Kosten dafür bis 2009 vom Bund und danach von den Postdienstanbietern übernommen werden.

Auch Miedl betonte, dass die gegenständliche Novelle vor allem unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Postdienstversorgung in den kleineren Gemeinden zu sehen sei. Er untermauerte diesen Standpunkt durch einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien, der in diesem Sinn vorschreibt, dass vor einer allfälligen Schließung eines Postamtes der Nachweis der fehlenden Kostendeckung erbracht werden müsse. Darüber hinaus verlangt die Initiative Miedls in derartigen Fällen auch eine entsprechende Information der Gemeinden sowie die Anbietung von Alternativlösungen.

Der positiven Beurteilung durch die Regierungsparteien konnten sich die Sprecher der Opposition nicht anschließen. Abgeordneter Johann Moser (S) vermisste einheitliche Leistungsstandards für die Postdienste und sah im Gegensatz zu Miedl und Wittauer die Versorgungssicherheit durch diese Novelle in keiner Weise geregelt. Einziger Grund für den Schritt der Koalition sei die beabsichtigte Privatisierung der Post, vermutete er. Moser befürchtete weitere Schließungen von Postämtern und gab zu bedenken, durch den bevorstehenden Börsengang werde der Kostendruck noch weiter steigen. Kostendeckung und Versorgungssicherheit seien jedenfalls ein unauflösbarer Widerspruch, argumentierte er.

Abgeordneter Kurt Eder (S) betonte ebenso wie sein Fraktionskollege Abgeordneter Peter Marizzi, der Regierung gehe es nicht um Liberalisierung, sondern um Privatisierung und einen raschen Börsengang. Das Geld werde in die Taschen einiger weniger Aktionäre fließen, den Preis dafür hätte aber die Bevölkerung zu zahlen, warnten sie.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) konnte zwar in der Novelle einige positive Ansätze erkennen, etwa die Bestimmungen betreffend den Konsumentenschutz, lehnte die Vorlage in ihren großen Zügen aber ab. Faktum bleibe, dass 114 Postämter ohne gleichwertigen Ersatz geschlossen wurden. Die Kann-Bestimmungen der Novelle seien nicht geeignet, die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen sicher zu stellen, da sie den Minister zu nichts verpflichten. Auch Moser sah den bevorstehenden Börsengang als Hauptmotiv für den Schritt der Regierungsparteien und meinte, die EU setze Österreich keineswegs unter Zugzwang.

Staatssekretär Helmut Kukacka erinnerte hingegen an die EU-Vorgaben, die den Wettbewerb für Postdienstleistungen festlegen, und wies darauf hin, dass zahlreiche sozialdemokratisch regierte Länder ihre Postdienste bereits liberalisiert haben. Österreich mache mit dieser Novelle klar, dass es auch unter Wettbewerbsbedingungen eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen haben will. Was die von der SPÖ vorgelegten Petitionen betrifft, machte Kukacka darauf aufmerksam, dass die betroffenen Postämter durchwegs Jahresverluste von 30.000 bis 70.000 € schrieben. Es wäre betriebswirtschaftlich unverantwortlich, diese Standorte aufrecht zu erhalten. In der Vergangenheit habe man Verluste der Post lange genug durch überhöhte Telefongebühren finanziert, meinte er. Im Übrigen sah Kukacka zu dem jetzt von der Regierung eingeschlagenen Weg keine vernünftige politische und wirtschaftliche Alternative.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des Abänderungsantrages mit den Stimmen der Koalitionsparteien und in Teilbereichen auch mit den Stimmen der Grünen angenommen. Der Entschließungsantrag der Regierungsparteien erhielt die Zustimmung von V und F. Die Petitionen und die beiden Entschließungsanträge der Opposition galten als miterledigt.

Verkehrs-Arbeitsinspektorat: Ausschuss genehmigt Tätigkeitsbericht

Einstimmig nahm der Verkehrsausschuss weiters den Tätigkeitsbericht 2004 des Verkehrs-Arbeitsinspektorates zur Kenntnis. Das Zahlenmaterial aus dem abgelaufenen Jahr bestätigt darin im wesentlichen den seit zehn Jahren feststellbaren rückläufigen Trend bei den Unfällen.

Sowohl Abgeordneter Klaus Wittauer (F) als auch Abgeordneter Christoph Kainz (V) äußerten sich zufrieden über den Bericht, den sie als Beweis dafür bewerteten, dass die Maßnahmen der Bundesregierung greifen.

Abgeordneter Stefan Prähauser (S) wiederum hob den hohen Stellenwert des Arbeitsinspektorates hervor, während die Abgeordneten Gerhard Steier (S) und Gabriela Moser (G) dazu aufriefen, die gesetzlichen Grundlagen für die Tätigkeit des Arbeitsinspektorates weder zu lockern noch die bestehende Verländerung anzutasten.

Staatssekretär Helmut Kukacka versicherte, es gebe keinen Grund für die Befürchtungen, die Regierung plane keinerlei Schritte in diese Richtung. (Fortsetzung)