Parlamentskorrespondenz Nr. 776 vom 13.10.2005

Wirtschaftsausschuss erledigt umfangreiche Tagesordnung

Von Bundesvergabeamt bis Ziviltechnikergesetz

Wien (PK) - Der Wirtschaftsausschuss debattierte heute unter der Vorsitzführung seines Obmanns Reinhold Mitterlehner den Dritten Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes und der Bundes-Vergabekontrollkommission über das Jahr 2004 (III-166 d.B.). Die Kenntnisnahme erfolgte mit V-F-G-Mehrheit. 

Nachdem der Vorsitzende des Bundesvergabeamtes Dr. Michael Sachs den Abgeordneten den Bericht erläutert hatte, stellte Prof. Dr. Brigitte Gutknecht namens der Bundes-Vergabekontrollkommission fest, dass sie die Aufrechterhaltung ihrer Kommission, deren Kompetenzen durch die Novellierung des Bundesvergabegesetzes 2002 stark eingeschränkt worden sei, unter den derzeitigen Bedingungen nicht für sinnvoll halte. Um die Arbeit der Kommission zu erleichtern, sollte man bei der derzeit in Vorbereitung stehenden Gesetzesnovelle eine Fristenhemmung vorsehen, wenn die Bundes-Vergabekontrollkommission als Schlichtungsstelle angerufen wird.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) stimmte dem Vorschlag einer Fristenhemmung bei Tätigwerden der Bundes-Vergabekontrollkommission zu. Bei der Vergabe von Bundesaufträgen sollten Alternativangebote erleichtert werden, wobei es Sburny für problematisch hielt, dass Alternativen nur berücksichtigt werden können, wenn dies in der Ausschreibung ausdrücklich vorgeschrieben sei.

Abgeordneter Johann Moser (S) hielt es für wünschenswert, den Statistikteil des vorliegenden Berichts um Zeitreihen zu ergänzen und so übersichtlicher zu gestalten. Mosers Hauptthema waren Nachteile für KMU seit der Tätigkeit der zentralen Bundesbeschaffungsagentur. Außerdem erkundigte sich Moser nach den Kosten für Unternehmensberater bei der Neuorganisation des Bundesvergabeamtes. Den "Hilfeschrei" der Kontrollkommission wollte der Abgeordnete durch legistische Reparaturarbeiten ernst genommen sehen.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) räumte ein, dass die Möglichkeiten der Kontrollkommission wegen des Fristenlaufs nicht ausgeschöpft werden können. Kopfs Anliegen war die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies setze eine entsprechende Gestaltung des Vergaberechts und EU-weite Regelungen voraus.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) brach eine Lanze für inländische Wertschöpfung bei Bundesvergaben und plädierte dafür, der Bedeutung der Kontrollkommission als Schlichtungsstelle durch Fristenregelungen bei der Gesetzesnovellierung Rechnung zu tragen.

Vorsitzender Dr. Sachs beantwortete Fragen der Abgeordneten und berichtete über den probeweisen Einsatz des elektronischen Akts in zwei Vergabeverfahren. Zu Alternativangeboten bekannte sich Sachs ausdrücklich. Sie würden den Wettbewerb beleben. Alternativangebote seien immer zu bewerten, wenn das Hauptangebot nicht ausgeschieden werde. Die Kriterien für die Bewertung müssen aber in der Ausschreibung enthalten sein, erfuhr Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) auf seine diesbezüglichen Frage. Sachs machte weiters darauf aufmerksam, dass KMU und regionale Interessen bei Auftragsvergaben des Bundes berücksichtigt werden. "Aber wir leben nicht mehr in einem nationalen Markt, sondern im EU-Binnenmarkt", gab Sachs zu bedenken.

Abgeordnetem Johann Maier (S) der nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Fall "Stadion Klagenfurt" fragte, teilte Dr. Sachs seine Einschätzung mit, das diesbezügliche Erkenntnis werde in den kommenden Wochen ergehen. Das Stadion werde gebaut, die Abhaltung der Fußballeuropameisterschaft 2008 keinen Schaden nehmen.

Bundesminister Martin Bartenstein lobte die gute Arbeit der 17 Senate des Bundesvergabeamtes, die viel zur Rechtssicherheit beitragen. Er sei dafür, die Kontrollkommission weiterhin als Schlichtungsstelle aufrecht zu erhalten, entsprechende Verbesserungen seien vorgesehen, definitive Entscheidungen aber noch nicht gefallen.

Der Mittelstand und regionale Interessen werden bei Beschaffungen des Bundes ebenso berücksichtigt wie Alternativangebote im Vergabeverfahren, hielt der Minister fest. Die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben sei überall dort ein Thema, wo ein Markt bestehe - hoheitliche Aufgaben sollten aber weiterhin im Rahmen des öffentlichen Dienstes erfüllt werden, sagte Minister Bartenstein. 

Schiess- und Sprengmittelanlagen kommen in die Gewerbeordnung

Der Wirtschaftsausschuss empfahl dem Plenum mit V-F-S-Mehrheit, die EU-Richtlinie über integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-RL) und die "Seveso II-Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen nicht nur in der Gewerbeordnung umzusetzen, was bereits geschehen ist, sondern auch im Schieß- und Sprengmittelgesetz. Erteilte Bewilligungen für bestehende Anlagen bleiben aufrecht. Über Neuanlagen und anhängige Verfahren wird künftig nach der Gewerbeordnung entschieden. (999 d.B.).

In seiner Beantwortung von Detailfragen der Abgeordneten Johann Moser (S) und Michaela Sburny (G) führte Bundesminister Bartenstein aus, dass durch die Übernahme von Anlagen nach dem Schieß- und Sprengmittelgesetz in die Gewerbeordnung weder das Nachbarschaftsrecht noch der Schutz der Bevölkerung beeinträchtigt werde, wie die Grünen befürchtet hatten. Für Fragen der Raumordnung seien die Bundesländer zuständig. 

Gemeinden regeln künftig die Öffnungszeit von Gastgärten

Der Verfassungsgerichtshof hat die in der Gewerbeordnung verankerte Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Abänderung der Öffnungszeiten von Gastgartenbetrieben per Verordnung als verfassungswidrig aufgehoben. Auf Antrag der Koalitionsparteien schloss sich der Ausschuss mit V-S-F-Mehrheit der Rechtsansicht des VfGH an, wonach die Gemeinden als Verordnungsgeber an die Stelle der Landeshauptleute treten sollen (695/A).

Abgeordnete Michaela Sburny (G) gab den Sprechern der anderen Fraktionen, den Abgeordneten Dietmar Hoscher (S) und Maximilian Hofmann (F) zunächst darin recht, dass die Zuständigkeit für die Öffnungszeiten von Gastgartenbetrieben bei den Gemeinden besser aufgehoben sei als bei den Ländern. Den vorliegenden Antrag hielt sie aber für unzulänglich, wobei Sburny auf Erfahrungen in Graz verwies, wo die Ausdehnung der Öffnungszeiten bis 24 Uhr zur Beeinträchtigung der Nachtruhe von Anrainern geführt habe. In diesem Zusammenhang zitierte die Rednerin aus medizinischen Gutachten über die gesundheitlichen Auswirkungen gestörter Nachtruhe sowie auf diesbezügliche Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation. Man müsse Konsenslösungen zwischen Gastwirten und Anrainern anstreben. - Die Abgeordnete kündigte eine abweichende persönliche Stellungnahme an.

Minister Bartenstein hielt die vorgeschlagene Änderung für wohl begründet. Die von Abgeordneter Sburny gewünschte Einigung zwischen den Gastwirten und den Anrainern sei oft nicht leicht zu erreichen.

Vertrauensschadens-Versicherung für Immobilientreuhänder: Grundsätzlich alle Fraktionen dafür - Antrag vertagt

Der Konkursfall eines Immobilientreuhänders veranlasst SP-Abgeordneten Johann Maier, für Immobilientreuhänder den Abschluss einer verpflichtenden Vertrauensschadens-Versicherung zu beantragen. Der Mann hatte Treuhandgelder zur Finanzierung seines aufwändigen Lebensstils missbraucht. Die betroffenen MieterInnen, WohnungseigentümerInnen und ProfessionistInnen konnten nur durch einen Härtefonds des Landes Salzburg und des Fachverbandes der Immobilientreuhänder schadlos gehalten werden. - Maier beantragt eine entsprechende Änderung der Gewerbeordnung (710/A).

Abgeordneter Böhm (V) sprach von einer sinnvollen Regelung, plädierte aber für weitere Verhandlungen und stellte einen Vertagungsantrag, der einstimmig angenommen wurde.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) äußerte sich ebenfalls positiv, machte aber darauf aufmerksam, dass die Prämien der vorgesehenen Versicherung auf die Mieter abgewälzt werden.

Auch Ausschussobmann Reinhold Mitterlehner hielt Maiers Vorschlag für vernünftig, die Details sollten mit der Immobilienbranche abgeklärt werden.

Abgeordneter Johann Maier (S), der den Antrag erläuterte, hielt auch eine Revision für Immobilientreuhänder für notwendig.

Daten für die Wissensgesellschaft

Eine EU-Richtlinie mit Mindestregeln für die Weiterverwendung jener Daten und Dokumente über Soziales, Wirtschaft, Geographie, Wetter, Tourismus, Geschäftsleben, Patentwesen und Bildung, die von öffentlichen Diensten in den EU-Mitgliedsländern erfasst werden, soll durch ein Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) umgesetzt werden. Es stützt sich auf geltende österreichische Zugangsregeln, begrenzt Mehraufwendungen auf ein Mindestmaß, schließt aber zugleich die Festsetzung überhöhter Entgelte für Informationen aus. Unberührt bleiben völkerrechtliche Übereinkommen zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sowie bestehende Datenschutzregelungen. - Die Regierungsvorlage wurde mit V-S-F-Mehrheit verabschiedet(1026 d.B.).

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) zeigte sich grundsätzlich einverstanden, zugleich aber enttäuscht über die Umsetzung der EU-Richtlinie durch insgesamt zehn Gesetze - für die Gemeinden werde die Anwendung dieses Gesetz komplex und teuer, befürchtete der Abgeordnete.

Abgeordnete Michaela Sburny (G) schloss sich dieser Kritik an und erkundigte sich nach den Kriterien für die Weitergabe von Daten, die mit öffentlichen Geldern erhoben werden. Außerdem wollte sie wissen, wie "öffentliche Interessen" bei der Datenweitergabe definiert werden. Grundsätzlich plädierte Sburny aber für den diskriminierungsfreien Zugang der Bürger zu öffentlichen Daten.

Abgeordneter Franz Glaser (V) legte im inhaltlichen Zusammenhang mit der Regierungsvorlage einen V-F-Antrag auf Änderung des Vermessungsgesetzes vor. Darin wird den Verwendern von Daten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen eingeräumt, die Daten zu Grenzkosten (bisher Vollkosten) nutzen zu können. - Der Antrag erhielt eine V-S-F-Mehrheit.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) wandte sich dagegen, Daten ohne jede Kontrolle weiterzugeben.

Bundesminister Martin Bartenstein begründete die Notwendigkeit, zusätzlich zu einer bundesgesetzlichen Umsetzung der EU-Richtlinie auch neun Landesgesetze zu verabschieden mit der in diesem Gegenstand zwischen Bund und Ländern geteilten Kompetenz.

Daten können zu Grenzkosten weitergegeben werden, weil sie vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen aufgrund eines öffentlichen Auftrages ohnehin erhoben werden müssen. Würde man Vollkosten verrechnen, würden sich manche Kunden den Kauf der Daten überlegen.

Fachhochschulabsolventen - Zugang zum freiberuflichen Ziviltechniker

Der bislang auf Universitätsabsolventen beschränkte Zugang zur freiberuflichen Tätigkeit eines Architekten oder Ingenieurkonsulenten wird durch eine Änderung des Ziviltechnikergesetzes für Absolventen technischer Fachhochschulstudiengänge geöffnet. Zudem bringen neue Erlöschensbestimmungen Erleichterungen für Ziviltechniker im Falle eines Konkurses. Die Frist für die Wiedererlangung der Berufsberechtigung nach einem Konkurs wird von bisher fünf auf drei Jahre reduziert. Im Falle des erfolgreichen Abschlusses eines Zwangsausgleiches soll die Befugnis künftig nicht mehr erlöschen. Schließlich räumt die geplante Novelle Ziviltechnikergesellschaften die Möglichkeit ein, sich an anderen Ziviltechnikergesellschaften zu beteiligen. Im Hinblick auf internationale Projekte sollen Ziviltechniker ihre Tätigkeit auf eine breitere finanzielle Basis stellen können (1090 d.B.). - Die Regierungsvorlage wurde unter Berücksichtigung eines V-F-Abänderungsantrages im wesentlichen mit V-S-F-Mehrheit verabschiedet. Eine Bestimmung über die Anrechnung von Praxiszeiten, die den Oppositionsabgeordneten unklar geregelt erschien, wurde mit V-F-Mehrheit verabschiedet. Den Abänderungsantrag trugen auch die Grünen mit.

Abgeordneter Johann Moser (S) begrüßte die Vorlage, die den Wettbewerb fördere, klagte aber über eine unklare Regelung bei der Anrechnung von "Praxiszeiten" für Ziviltechniker.

Abgeordnete Machne (V) legte einen Abänderungsantrag vor, der jungen Architekten die Möglichkeit einräumt, auch bei ruhender Befugnis an Architekturwettbewerben teilzunehmen.

Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) beantragte eine Ausschussfeststellung, die der besonderen Stellung der Zivilgeometer Rechnung trägt, die der Qualitätssicherung bei Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen dient. - Eine V-S-F-Mehrheit stimmte zu.

Bundesminister Martin Bartenstein hielt die Anrechnung von Praxiszeiten für ausreichend klar geregelt. Eine Qualitätssicherung bei den Geometern sah der Minister positiv. (Schluss)