Parlamentskorrespondenz Nr. 832 vom 04.11.2005

Sozialausschuss: Bericht über EU-Vorhaben enderledigt

Opposition für mehr Aktualität in der Sozialdebatte

Wien (PK) - Der Bericht der Sozialministerin betreffend die Jahresvorschau 2005 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der EU-Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates stand heute im Mittelpunkt einer ausführlichen Debatte im Sozialausschuss. Der Bericht wurde nach rund zweieinhalbstündiger Debatte mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen und gilt damit als enderledigt.

Die Sprecher der Oppositionsfraktionen übten in der von Ausschuss-Obfrau Heidrun Silhavy (S) geleiteten Sitzung mehrfach Kritik. So meinte Abgeordneter Richard Leutner (S), der zur Debatte stehende Bericht sei "sehr kurz" und lasse die Positionen des Ressorts nicht erkennen; eine Debatte über eine Vorschau auf das Jahr 2005 fast am Ende dieses Jahres erscheine wenig sinnvoll, wichtiger wäre eine Debatte über Vorhaben des Jahres 2006, in dessen erster Hälfte Österreich die EU-Ratspräsidentschaft innehat, bzw. über die Dienstleistungsrichtlinie, wobei Leutner u.a. Interesse an der Haltung der Regierung hinsichtlich der geplanten Obergrenze von 50.000 € bei Verbraucherkrediten und am Herkunftslandprinzip zeigte.

In ähnlichem Sinn äußerte sich Abgeordneter Karl Öllinger (G), der überdies eine Debatte zur geplanten Schwerarbeiter-Pensionsregelung einforderte.

Abgeordneter Fasslabend (V) hingegen zeigte sich zufrieden mit der Tatsache, dass endlich eine Diskussion über das europäische Sozialmodell bzw. die in Europa vorhandenen Modelle eingesetzt habe, wobei Österreich vielfach Modellfunktion zukomme. Es gelte nun, im Rahmen dieser Diskussion über längerfristige Ziele die österreichischen Vorstellungen in Brüssel durchzusetzen. Abgeordneter Herbert Haupt (F) schloss sich dem an.

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek erläuterte zunächst kurz die Schwerpunkte der Vorlage und deren vier Prioritäten Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und außenpolitische Verantwortung. Er ging auf die sozialpolitische Agenda 2005 bis 2010 ein und stellte einen inhaltlichen Zusammenhang mit den sozial- und familienpolitischen Maßnahmen der Regierung der letzten Jahre her. Zum Thema Dienstleistungsrichtlinie unterstrich der Staatssekretär die Ablehnung des Herkunftslandprinzips in sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen. Der europäische Jugendpakt werde auch in Österreich umzusetzen sein. Hinsichtlich der österreichischen EU-Präsidentschaft würde derzeit in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Finnland - das nach Österreich die EU-Präsidentschaft innehaben wird - an Maßnahmen zur Stärkung der Sozialpolitik im Rahmen der Lissabonstrategie gearbeitet; Ergebnisse würden Mitte Dezember vorliegen. Zuversichtlich zeigte sich Dolinschek in Bezug auf die Schwerarbeitsregelung, mit der man in der Zielgeraden sei und die noch heuer vorliegen werde.

In einer zweiten Fragerunde gingen die Abgeordneten dann stärker ins Detail. So wollte Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) Einzelheiten über geplante Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit und Jugendarmut. Ihre Fraktionskollegin Abgeordnete Renate Csörgits erklärte, keine Ansätze zur Bekämpfung der Armut erkennen zu können. Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (S) vermisste Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter und beklagte die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen, die immer weiter auseinander gehe. Ihre Kollegin Ulrike Königsberger-Ludwig verlangte Informationen über Maßnahmen nach Auslaufen des Europäischen Sozialfonds im Jahr 2006. Abgeordneter Walter Schopf (ebenfalls S) thematisierte die vom AMS befürchtete Winterarbeitslosigkeit von über 400.000 Menschen, während sein Fraktionskollege Dietmar Keck heftige Kritik an der geplanten Schwerarbeiterregelung übte.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) forderte österreichische Positionen im Konsumentenschutz ein, während ihr Fraktionskollege Karl Öllinger für den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit auch die Pensionsreform verantwortlich machte.

Abgeordneter Walter Tancsits (V) erinnerte daran, dass viele der angesprochenen Themen in einer eigenen EU-Plenarsitzung debattiert worden seien. Österreich habe viele der neuen Herausforderungen frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen; so sei es gelungen, mit der jüngst beschlossenen Anhebung des Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende die Armutsgefährdung für diese Personengruppe zu halbieren. Hinsichtlich der Verbraucherkredite sei darauf zu achten, dass nicht restringierende Wirkungen eintreten. Seine Fraktionskollegin Ridi Steibl verwies im Zusammenhang mit dem Thema Armut auf europäische und internationale Statistiken und Vergleiche. Sie räumte ein, dass es hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen "noch viel zu tun" gebe. Abgeordneter Karl Donabauer (V) verwies zum Thema Pensionen auf Bernd Marin, der für Deutschland die Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre bereits für das Jahr 2008 empfohlen habe.

Die Abgeordneten Herbert Haupt und Maximilian Walch (beide F) äußerten sich optimistisch hinsichtlich der Schwerarbeiterregelung.

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek betonte, hinsichtlich des Themas Konsumentenschutz werde derzeit verhandelt; beim Thema Jugendbeschäftigung sei Österreich Vorreiter. Für nach 2006 allenfalls ausbleibende ESF-Mittel würden Mittel aus dem Ausgleichstaxfonds eingesetzt; Details hingen von der finanziellen Vorausschau ab. Zum Thema Gender Mainstreaming kündigte der Staatssekretär eine Konferenz im Jänner an, wobei die Inhalte Sache des Ressorts für Gesundheit und Frauen seien. (Fortsetzung)