Parlamentskorrespondenz Nr. 856 vom 09.11.2005

RH-Ausschuss: Disput Grasser - Moser zum Bundesrechnungsabschluss 04

Moser: Primärsaldo auf 1 % gesunken, Defizit ist eine andere Größe

Wien (PK) - Zu Beginn der heutigen Sitzung des Rechnungshofausschuss unter der Vorsitzführung von Obmann Werner Kogler stand der Wahrnehmungsbericht über die im Jahr 1971 gegründete Internationale Amtssitz– und Konferenzzentrum Wien Aktiengesellschaft (IAKW) auf der Tagesordnung (III-146 d.B.) .  

Zunächst bezogen sich die Abgeordneten Günther Kräuter und Kurt Gaßner (beide S) sowie Ausschussobmann Werner Kogler und Abgeordneter Detlev Neudeck (F) aber auf die öffentliche Diskussion, die Bundesminister Karl Heinz Grasser mit kritischen Äußerungen zum Bundesrechnungsabschluss 2004 ausgelöst hatte.

Minister Grasser erinnerte daran, dass er in der angesprochenen Pressekonferenz zum Ausdruck gebracht habe, dass er die Qualität der Rechnungshofprüfungen schätze und sich bemühe, Empfehlungen des Rechnungshofes umzusetzen. Hinsichtlich des Bundesrechnungsabschlusses 2004 bleibe er aber bei seiner Kritik. Es sei nicht schlüssig, wenn der Rechnungshof schreibe, der Gebarungserfolg 2004 habe das Niveau der späten neunziger Jahre erreicht, wenn er in seinem Bericht zugleich dokumentiere, dass das Defizit 1998 und 1999 2,3 % und 2,2 % ausgemacht habe, 2004 aber bei 1 % gelegen sei.

Rechnungshofpräsident Josef Moser replizierte, "nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich". Der Rechnungshof habe sich mit der zitierten Aussage im Bundesrechnungsabschluss 2004 nicht auf die Defizitentwicklung, sondern auf die Entwicklung des Primärsaldos (Defizit minus Aufwand für die Finanzierung der Staatsschuld) bezogen, also auf eine andere für die Bewertung der Haushaltsentwicklung zentrale Größe. Der Primärsaldo habe 1998 1 % und 1999 1,1 % betragen. 2004 habe er 1 % ausgemacht und damit wieder das Niveau der späten neunziger Jahre erreicht, nachdem er 2000 und 2001 bereits 2,4 % und 2,6 % erreicht habe. Die Behauptung, der Rechnungshof habe parteipolitisch motiviert berichtet, wies Moser entschieden zurück. Der Bundesrechnungsabschluss 2004 sei dem Finanzministerium zur Begutachtung vorgelegt und unbeanstandet retourniert worden. Festzuhalten sei, dass das Defizit des Gesamtstaates etwas anderes sei als der Primärsaldo des Bundes, schloss Rechnungshofpräsident Moser.

Dann wandten sich die Abgeordneten dem Bericht des Rechnungshofs über die Gebarung der IAKW zu. Finanzminister Karl Heinz Grasser beantwortete Fragen der Abgeordneten Werner Kogler (G) und Kurt Gaßner (S) sowie von Abgeordnetem Detlev Neudeck (F) zu der vom Rechnungshof kritisch kommentierten Bestellung des neuen IAKW-Vorstandes Thomas Rupperti und präsentierte erste Ergebnisse der neuen IAKW-Führung.

Thomas Rupperti sei gemäß Aktiengesetz vom Aufsichtsrat korrekt bestellt worden, hielt der Minister fest und sprach von einer klugen Entscheidung, die gute Ergebnisse erbracht habe. Rupperti sei aufgrund eines einstimmigen Votums der Auswahljury bestellt worden und habe diese Entscheidung durch Erfolge bestätigt. Grasser erinnerte daran, dass die IAKW von 1995 bis 2000 im Jahresdurchschnitt Defizite von mehr als 2 Mill. € geschrieben, 2004 aber erstmals ein positives Ergebnis erzielt habe. Der neue Vorstand habe Umsätze erhöht, Gewinne verbucht und Kosten gesenkt. Kostensteigerungen "hinter der Kommastelle", wie sie bei den Aufsichtsratvergütungen vom Rechnungshof kritisch vermerkt wurden, nehme er vor diesem Hintergrund gerne in Kauf, erklärte Grasser und begründete die Bestellung von Aufsichtsratsvorsitzendem Wolf Hanke mit dessen reichen touristischen Erfahrungen und internationalem Netzwerk.

Die von Abgeordneter Gabriele Tamandl (V) angesprochene Verzögerung bei der Asbestsanierung der UNO-City erklärte der Ressortleiter damit, dass eine neuerliche Ausschreibung notwendig wurde, um den ursprünglichen - überhöhten - Kostenvoranschlag um 23 Mill. € zu senken.

Rechnungshofpräsident Moser bekräftigte die Kritik des Rechnungshofs an den Vorgängen bei der Bestellung von Thomas Rupperti zum Vorstand der IAKW. Das Auswahlverfahren sei nicht vollständig nachvollziehbar, die Bewerbungsunterlagen Ruppertis nicht vollständig erhalten, sagte der Rechnungshofpräsident. Die vom Finanzminister angeführten Umsatzsteigerungen der IAKW im Jahr 2004 seien auch auf Einmaleffekte zurückzuführen, fügte Präsident Moser hinzu.

Diese Ausführungen des Rechnungshofpräsidenten veranlassten die Abgeordneten der Opposition, allen voran Christian Faul, Christine Lapp und Erwin Kaipel (alle S) zur Feststellung, Finanzminister Grasser habe Thomas Rupperti offenbar mit allen Mitteln als IAKW-Vorstand "durchbringen" wollen. Weitere Detailfragen der Abgeordneten richteten sich auf die Einhaltung der Schablonenverordnung bei Vorstandsverträgen, die Vergütung von "Heilungskosten", die Arbeit der Aufsichtsratsausschüsse, das Projekt eines neuen Konferenzzentrums und die Bedeutung der UNO-City sowie des Konferenzzentrums für den Wirtschaftsstandort Wien.

Während Finanzminister Karlheinz Grasser die Bestellung von Thomas Rupperti als transparent beschrieb, blieb Rechnungshofpräsident Josef Moser bei seiner Kritik an der Vorgangsweise bei der Bestellung Ruppertis, insbesondere an der Reduktion des Kandidatenkreises auf drei Bewerber. - Die Beratungen wurden vertagt (Fortsetzung).