Parlamentskorrespondenz Nr. 861 vom 09.11.2005

Umweltausschuss: Regierungsmehrheit für Feinstaubpaket

Kritik und Vertagungsantrag der Opposition abgelehnt

Wien (PK) - Nach der Aktuellen Aussprache zum Thema Atompolitik verabschiedete der Umweltausschuss mit der Mehrheit von V, S und F einen Entschließungsantrag, der sich hinsichtlich der aktuellen Standortsuche für ein Atommüll-Endlager in der Schweiz mit der Aufforderung an die Bundesregierung wendet, die Beteiligung Österreichs und Vorarlbergs an dem Schweizer Verfahren sicherzustellen (720/A(E)).

In der Debatte signalisierte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) die Zustimmung seiner Fraktion zu diesem aus seiner Sicht sinnvollen Antrag. - Abgeordneter Klaus Wittauer (F) bezeichnete es als wichtig, dass sich der österreichische Umweltminister aktiv in den Entscheidungsprozess in der Schweiz einbringe.

Ihre Ablehnung begründeten die Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer und Eva Glawischnig-Piesczek (beide G) mit folgenden Argumenten: Der Entschließungsantrag bleibe hinter einem Antrag zurück, der demnächst im Vorarlberger Landtag verabschiedet werde. Er sehe weder eine Parteistellung für Österreich vor, noch enthalte er die Forderung, aus der Atomenergie auszusteigen.

Umweltminister Josef Pröll hielt fest, in der Energiepolitik gelte die nationale Souveränität, Österreich habe daher nur das Mittel des Lobbyings. Er habe dem zuständigen Schweizer Minister die Besorgnis Österreichs mitgeteilt, sagte Pröll. Den vorliegenden Entschließungsantrag hielt er für hilfreich.

Ressortberichte über Umweltförderungen enderledigt 

Der weitere Verlauf der Ausschusssitzung brachte die mehrheitliche (V-F-G) Enderledigung von Ressortberichten (III-156 und III-157 d.B.) über Rekord-Umweltförderungen des Bundes im Jahr 2004 (Investitionen von 1,3 Mrd. €). - Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) wollte die beiden Berichte namens seiner Fraktion nicht zur Kenntnis nehmen, weil sie das Scheitern des Klimaschutzkonzepts von Bundesminister Pröll dokumentierten. Konkret wandte sich der Abgeordnete gegen die Förderung von "CO2-Senken" im Ausland. Unter diesem Titel würden auf Kosten des Steuerzahlers Projekte "vergoldet". Statt solcher Überfinanzierungen im Ausland wäre es vernünftiger, das Geld im Inland auszugeben.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) lobte die beiden gut gestalteten Berichte, die hilfreiche Entscheidungsgrundlagen für die Umweltpolitik darstellten. Die CO2-Reduktion verlaufe im Inland erfolgreich und unterstütze die regionale Wirtschaft. Dennoch sei nicht zu übersehen, dass Österreich weit von seinen Kyoto-Zielen entfernt sei. Die Abgeordnete plädierte dafür, sinnvolle Projekte stärker zu fördern.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) lobte ebenfalls die Qualität des Berichts und wies die Kritik der SPÖ zurück. Die Umweltförderungen haben gute wirtschaftliche Nebeneffekte, sie seien effektiv und auch das Emissionszertifikate-Handelsprogramm erlaube, auf ökonomische Weise Klimaschutzprojekte zu fördern. "Senken"-Projekte haben keinen Platz im österreichischen Programm, hielt Kopf fest. Man könne aber ausnahmsweise über solche Projekte in Entwicklungsländern wie Äthiopien sprechen, wo keine Industrieprojekte gefördert werden könnten.

Bundesminister Josef Pröll hielt gegenüber der SPÖ daran fest, dass der CO2-Emissionshandel ein gutes Instrument zur Umsetzung der Klimaschutz-Ziele sei. "Senken-Projekte" wolle er nicht fördern. Die bereits sehr hohe Effizienz bei der CO2-Reduktion konnte durch Förderungen weiter gesteigert werden. Dies sei ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Kyoto-Ziele. "Das Klimaschutzkonzept Österreichs wird nicht scheitern", zeigte sich der Umweltminister überzeugt.

Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005

An das Plenum weitergeleitet wurden sodann ein Regierungsentwurf für ein Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 (1147 d.B.), das technischen Fortschritten, unter anderem bei PKW und bei der Abfallentsorgung, Rechnung trägt. Der Gesetzentwurf berücksichtigt auch die Tatsache, dass Gengifte wie Arsen oder Quecksilber keine sinnvollen Grenzwerte zulassen, weil jede Dosis die Gesundheit gefährde. Außerdem enthält die Novelle ein Maßnahmenpaket zur Lösung der Feinstaubproblematik. - Der Beschluss erfolgte in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages mit V-F-Mehrheit. Dieselbe Mehrheit verabschiedete eine von Abgeordnetem Keuschnig (V) beantragte Ausschussfeststellung, die darauf gerichtet ist, das Verbrennen biogener Materialien in notwendigen Fällen zuzulassen, etwa bei der Beseitigung schädlingsbefallener Pflanzen oder beim Schwenden auf Almen (Verhinderung der Verbuschung).

Im Mittelpunkt der Ausschussdebatte standen die vorgesehenen Maßnahmen gegen den Feinstaub. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) kritisierte, die Bundesregierung würde den Bundesländern zwar Verantwortung aufbürden, ihnen aber zugleich Handlungsmöglichkeiten nehmen. Die Mehrzahl der Bundesländer lehne das Paket daher ab, wobei darauf hingewiesen werde, dass sie keine Möglichkeit haben, Einfluss auf die Hauptverursacher Industrie, alte LKW und PKW sowie auf Baumaschinen zu nehmen. Bei allen Verkehrsmaßnahmen seien sie auf das Einvernehmen mit einem Verkehrsminister angewiesen, dessen Ziel es sei, auf Autobahnen mit 160 km/h fahren zu können. Dieses Gesetz ermögliche keine Feinstaublösungen, sondern verhindere sie. Krainers Vorschlag lautete, die Verhandlungen zu vertagen und mit den Bundesländern ein vernünftiges Maßnahmenpaket auszuverhandeln.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) bekannte sich zum Inhalt der vorliegenden Regierungsvorlage, wies die implizite Drohung Krainers mit der oppositionellen Bundesratsmehrheit zurück und plädierte dafür, die Beratungen nicht zu vertagen.

Kopf erläuterte die vorgesehenen Neuerungen, indem er darauf hinwies, dass die Landeshauptleute künftig die Möglichkeit haben werden, im Akutfall Maßnahmen zu setzen, das Einvernehmen mit dem Verkehrsminister aber herstellen müssen, wenn die Maßnahmen länger als drei Monate dauern sollen. Das sei sinnvoll. Zudem werde der Maßnahmenkatalog ausgedehnt und die Grenzwerte bei gesundheitsschädlichen Schwermetallen verbessert. Abgeordneter Kopf legte einen Abänderungsantrag seiner Fraktion vor, der bei der Abstimmung die Zustimmung der Koalitionsparteien erhielt.

Umweltminister Josef Pröll sprach von einer sehr wichtigen Novelle, die Verbesserungen im Abfallwirtschaftsgesetz, bei der PKW-Verbrauchsinformation und beim Immissionsschutz bringe und darüber hinaus die rechtlichen Grundlagen für die zweite Periode des Emissionszertifikatehandels schaffe.

Die Einvernehmensregelung mit dem Verkehrsministerium bei Immissionsschutzmaßnahmen der Länder sei ein Baustein der Novelle, die insgesamt den Wünschen der Länder entspreche, wobei Pröll unterstrich, dass der Katalog möglicher Maßnahmen gegen Feinstaubbelastungen in den Bereichen öffentlicher Verkehr, Bewusstseinsbildung und in der Privatwirtschaftsverwaltung ausgeweitet werde. Bei Feinstaubmaßnahmen würden die Länder nicht eingeschränkt, verkehrsberuhigende Maßnahmen seien möglich, beim Einsatz automatischer Anlagen seien allerdings noch technische Fragen zu klären. In der Abfallwirtschaft bleibe die Missbrauchsaufsicht aufrecht, stellte der Minister klar und ließ deutlich erkennen, dass er Vorschlägen in Richtung Tempo 160 auf Autobahnen kritisch gegenüber stehe.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) schloss sich Abgeordnetem Krainer an, ihre Fraktion blieb aber gemeinsam mit der SPÖ bei der Abstimmung über die Vertagung in der Minderheit.

Inhaltlich sah die Rednerin Verschlechterungen durch die Novelle im Immissionsschutzgesetz-Luft. Gemeinsam mit ihrer Fraktionskollegin Eva Glawischnig-Piescek zeigte sich die Rednerin überzeugt, dass Willkürmaßnahmen der Länder nicht zu befürchten seien. Skepsis äußerte Rest-Hinterseer hingegen gegenüber der Einvernehmensregelung mit dem Verkehrsminister, der sich weigere, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Luftbelastung bei hohen Geschwindigkeiten exponentiell zunehme.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) machte darauf aufmerksam, dass die Landeshauptleute sehr wohl Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und zur Emissionsreduktion setzen können. Seine Präferenz galt dem Einsatz automatischer Verkehrsberuhigungsanlagen. Dieser Ansicht schloss sich auch Abgeordnete Elke Achleitner (F) an. 

Abgeordneter Gerhard Steier (S) wies auf die Kritik des Umweltbundesamtes an der Regierungsvorlage hin und sprach sich dafür aus, Partikelfilter bei verkehrsberuhigenden Maßnahmen zu berücksichtigen. Kritik übte Steier an Verschlechterungen bei der Missbrauchsaufsicht in der Abfallbewirtschaftung.

Eine sodann einstimmig verabschiedete Regierungsvorlage erweitert die Zuständigkeit der Zollbehörde bei der Umsetzung des Artenhandelsgesetzes (1115 d.B.).

Vertagung von Anträgen der Opposition

Jeweils mit den Stimmen der Koalitionsparteien wurden folgende Anträge vertagt:

Angesichts der "katastrophalen Entwicklung der klimarelevanten Emissionen in Österreich" hatte SPÖ-Abgeordneter Kai-Jan Krainer einen nationalen Notfallsplan zur Erreichung des Kyoto-Ziels (609/A(E)) vorgelegt. Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) begründete den Vertagungsantrag mit der Feststellung, er könne "weit und breit" keinen Notfall erkennen, auch wenn einzuräumen sei, dass es schwierig sei, die Klimaschutzziele zu erreichen. Österreich sei aber gut unterwegs und passe seine Klimastrategie nach den Ergebnissen der jüngst durchgeführten Evaluierung an.

Auch G-Antrag 298/A(E) zur Erarbeitung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor Mobilfunk-Strahlung wurde vertagt, nachdem Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) auf eine Studie der WHO aufmerksam gemacht hatte, die man abwarten sollte, ehe man über den Antrag entscheidet. - Abgeordneter Rest-Hinterseer (G) hingegen wollte den Antrag, der seit 2003 vorliege, abgestimmt sehen. (Schluss)