Parlamentskorrespondenz Nr. 940 vom 25.11.2005

Wirtschaftsausschuss debattiert Tourismusbericht 2004

Bartenstein hält an guter Prognose 2005 mit 4,5 % Umsatzplus fest

Wien (PK) - Der "Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2004"(III-173 d.B.), den der Wirtschaftsausschuss in seiner heutigen Sitzung diskutierte und einstimmig zur Kenntnis nahm, wurde von Abgeordneten aller Fraktionen als eine klar formulierte und umfassende Informationsquelle über die Lage einer wichtigen Branche der österreichischen Volkswirtschaft gewürdigt. Zu den Hauptthemen der ausführlichen Debatte unter Leitung von Ausschussobmann Reinhold Mitterlehner zählte die aktuelle Umsatzprognose (+4,5 %) für 2005, an der Wirtschaftsminister Martin Bartenstein trotz der Witterungsprobleme im letzten Sommer und konjunkturellen Schwierigkeiten bei deutschen Gästen, festhielt.

Abgeordneter Johannes Schweisgut (V) konnte von einer guten Buchungslage für die kommende Wintersaison berichten. Tendenzen zur "Schisportverweigerung", die S-Abgeordneter Dietmar Hoscher ansprach, will Minister Bartenstein mit Schulschikursen entgegenwirken. Ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer (G), der auf die Rücknahme der Mindestumsatzschwelle beim Zugang zu Mitteln der TOP-Tourismus-Förderung gerichtet war, wurde von den Regierungsparteien vertagt. Rest-Hinterseers Argument hatte gelautet, der Ausschluss von Unternehmen unter 150.000 € Jahresumsatz von der TOP-Tourismus-Förderung des Bundes benachteilige gerade jene 27.000 Klein- und Familienbetriebe, die zunehmend für Arbeitsplätze und Lehrstellen sorgen (736/AE). Minister Bartenstein bekannte sich zur Förderung von Mikrounternehmen im Tourismus, wies aber auf die diesbezügliche Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern hin. - Mit ihrem Wunsch nach Fortsetzung der Tourismusdebatte im Plenum blieben die Oppositionsparteien in der Minderheit; der Tourismusbericht wurde im Ausschuss enderledigt.   

Dietmar Hoscher (S) eröffnete die Torismusdiskussion mit Fragen nach der Umsatzprognose von 4,5 % Zuwachs für 2005, für die er angesichts der aktuellen Probleme bei den deutschen Gästen Zweifel erkennen ließ. Seine weiteren Themen waren die Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie, die Zukunft der Wintersportorte angesichts der feststellbaren "Schisportverweigerung" sowie die nach wie vor dramatisch schlechte Eigenkapitalsituation vieler Tourismusbetriebe.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) bat darum, den Gender-Aspekt bei der Abfassung des Tourismusberichts stärker zu berücksichtigen und führte Nächtigungsrückgänge auf sinkende Löhne zurück, die den Gästen kein Geld für Urlaube ließen. Für bedauerlich hielt die Abgeordnete, dass die Tourismusbank ÖHT die Förderungen für kleinere und mittlere Unternehmen zurückgefahren habe. In diesem Zusammenhang unterstrich die Abgeordnete das Anliegen ihres Entschließungsantrages, auch jenen 27.000 Mikro-Unternehmen TOP-Tourismus-Förderungen zugänglich zu machen, indem man die 150.000 €-Untergrenze für förderungswürdige Betriebe beseitigt. Diese Betriebe haben große Bedeutung im ländlichen Raum, es gelte zu verhindern, dass immer mehr Dörfer ohne Wirtshaus und ohne Pension auskommen müssen. Davon hänge auch die Aufrechterhaltung des Tourismus in entlegenen Gebieten ab. Weitere Fragen der Abgeordneten galten dem Thema Nachhaltigkeit, den tourismuspolitischen Schwerpunkten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft und dem Schutzhütten-Sanierungsprogramm.

Abgeordneter Johannes Schweisgut (V) sah keinen Anlass, den heimischen Tourismus krank zu jammern, nur weil die Branche nicht jedes Jahr neue Rekordergebnisse erziele. Seine Zuversicht für eine gute Wintersaison 2005/06 schöpfte der Abgeordnete aus einer guten Buchungslage und hohen Investitionen. Die Konzentration der TOP-Tourismusförderung auf Drei-Stern-Betriebe sei wichtig, weil dort der qualitativen Verbesserung des Angebots besondere Bedeutung zukomme. Trotz vieler offener Stellen sei die Arbeitslosigkeit im Tourismus deshalb so hoch, weil die Arbeitsplätze weit vom Wohnort entfernt liegen. Der Abgeordnete drängte auf eine Änderung der Zumutbarkeitsbestimmungen, um den Tourismusregionen in der Hochsaison ausreichend Personal zu sichern.

Abgeordnete Mares Rossmann (F) meinte, der heimische Tourismus entwickle sich auf hohem Niveau weiter, sodass Österreich unangefochten an der Spitze der Tourismusländer bleibe. Sie erinnerte an die erfolgreiche Tourismusoffensive bei der Weltausstellung in Japan. Die Eigenkapitalprobleme wollte Rossmann durch Strategien für den Ganzjahrestourismus verbessern. Die Umstrukturierung der Österreich Werbung sei erfolgreich verlaufen. Schließlich sprach sich Rossmann für die Entzerrung der Ferienordnung aus.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) klagte darüber, dass die Versicherungen kleinen Reisebüros keine Reise-Versicherungen mehr anbieten. Dies verlange eine Lösung bis hin zur Gründung einer neuen Versicherung. Da die Tourismusbetriebe wegen der steigenden Schneegrenze in immer riskantere Regionen gehen müssten, sei es auch notwendig, Versicherungen gegen Hochwässer und andere Naturkatastrophen anzubieten; auch hier sah Matznetter Mängel.

Bundesminister Martin Bartenstein betonte, dass Österreich seine führende Position unter den Tourismusländern auch 2004 halten konnte und führte Probleme während der Sommersaison auf die wechselnden Witterungsverhältnisse zurück. Österreich erhöhe laufend seine Marktanteile und könne mit der Tourismusentwicklung zufrieden sein. Auch sehe er keinen Anlass, die aktuelle Umsatzprognose von 4,5 % Plus zurückzunehmen. Für die Zukunft hoffe er auf einen konjunkturellen Aufschwung in Deutschland, da man Umsatzrückgänge bei deutschen Gästen, die mehr als 60 % der Österreichtouristen ausmachen, nicht durch die Zuwächse bei Gästen aus den neuen EU-Ländern kompensieren könne.

Die tourismuspolitischen Themen auf der EU-Tourismusministerkonferenz am 20./21. März 2006 in der Wiener Hofburg werden die Nutzung der Informationstechnologie im Tourismus und der Kulturtourismus sein.

Bei der Formulierung der Dienstleistungsrichtlinie habe das Europäische Parlament gut gearbeitet, sagte der Minister, er rechne nicht mit Auswirkungen auf den österreichischen Tourismus.

Bartenstein legte ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit im Tourismus und kündigte eine Aufstockung der Mittel für das Schutzhütten-Sanierungsprogramm an, denn der sanfte Bergtourismus sei wichtig für Österreich.

An der Lösung der Versicherungsprobleme in der Reisebürobranche werde gearbeitet, sagte der Minister und berichtete von Überlegungen für Garantien der ÖHT, die vom Finanzressort genehmigt werden.

Beim Thema Eigenkapitalsituation erinnerte der Minister an die letzte Steuerreform und an die Begünstigung für nicht entnommene Gewinne, stellte aber weitere Maßnahmen in Aussicht. Die Förderungsinstrumente sollen in Richtung Garantien und Steuererleichterungen weiter entwickelt werden.

Bei der Entzerrung der Schulferien im Jahr 2008 liege der Ball bei den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Die jüngste Wintersportstudie zeige: Wer mit 14 noch nicht Schi fahre, fange später nicht mehr damit an. Bartenstein setzt daher auf Schulschikurse, an denen alle teilnehmen und niemand aus Kostengründen zu Hause bleiben müsse.

Der 150.000 €-Mindestumsatz als Grenze bei der TOP-Tourismusförderung erklärte der Minister aus der Arbeitsteilung von Bund und Ländern in der Tourismusförderung. Die Grenze zeige in etwa jene Betriebe an, die Arbeitskräfte einstellen, kleinere Betriebe sollten von den Ländern gefördert werden. Bartenstein bekannte sich jedenfalls nachdrücklich zur Förderung von Mikro-Betrieben.

Abgeordneter Johannes Schweisgut beantragte die Vertagung des Entschließungsantrages der Grünen, um die in Vorbereitung stehende Evaluierung der Tourismusförderung abzuwarten. Dagegen sprachen sich neben der Antragstellerin auch die Abgeordneten Christoph Matznetter, Hannes Bauer und Werner Kummerer (alle S) aus. Man könne nicht mehr zuwarten, immer mehr kleine Betriebe im ländlichen Raum sperren zu. In Regionen wie Wald- und Weinviertel bestehe die Tourismuswirtschaft ausschließlich aus Kleinbetrieben, die nicht in den Nebenerwerb gedrängt werden sollten.        

Modernisierung der Lehrlingsausbildung

Neue Ausbildungsmodule sollen in der Lehrlingsausbildung dafür sorgen, dass den jungen Menschen auch dann ein komplettes Berufsbild vermittelt werden kann, wenn sie ihre Ausbildung in einem spezialisierten Betrieb absolvieren. Grundmodule sollen in verwandten Berufen für eine solide Basisausbildung sorgen, auf der Haupt- und Spezialisierungsmodule mit Schwerpunktsetzungen und Vertiefungen aufbauen. Zu den Zielen der diesbezüglichen - einstimmig verabschiedeten - Berufsausbildungsgesetz-Novelle (1027 d.B.) gehört auch eine Reduzierung der Zahl der derzeit 260 Lehrberufe, die Anerkennung von Zusatzqualifikationen wird erleichtert.

Nach zustimmenden Wortmeldungen der Abgeordneten Franz Riepl (S), Ridi Steibl (V), Heidemarie Rest-Hinterseer (G), Herta Mikesch (V) und Maximilian Hofmann (F) führte Bundesminister Bartenstein aus, das neue Modulsystem werde auch die Chancen von Mädchen in technischen Lehrberufen verbessern. Die Bundesregierung bleibe auch angesichts des Umstands, dass mehrere Bundesländer den Konsultationsmechanismus ausgelöst haben, bei ihrer Vorlage, weil sie der Meinung sei, dass die durch diese Novelle zur Modernisierung der Lehrausbildung ausgelösten Kosten vertretbar seien. 

Bruttopreisangaben bei Flugreisen

Fluglinien sollen künftig bei der Preisangabe für Flugreisen alle Preisbestandteile wie Steuern, Flughafen- und Sicherheitsgebühren, Treibstoffzuschläge sowie Bearbeitungs- oder Ausstellungsgebühren einrechnen müssen, also verpflichtend Bruttopreise angeben müssen. Dies empfahl der Wirtschaftsausschuss dem Nationalratsplenum durch Annahme des diesbezüglichen Antrages 730/A der Abgeordneten Reinhold Mitterlehner und Maximilian Hofmann. - Der Beschluss erfolgte einstimmig.

Wettbewerbspolitik macht Fortschritte

Außerdem führte der Ausschuss eine öffentliche Debatte über den Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für den Zeitraum 1. Mai 2004 bis 30. Juni 2005 (III-180 d.B.), der mit den Stimmen der Koalitionsparteien zur Kenntnis genommen und damit enderledigt wurde.

Abgeordneter Johann Moser (S) lobte den klaren und umfassenden Bericht, der aber dokumentiere, dass man einer Lösung der Personalprobleme bei der Wettbewerbsbehörde nicht näher gekommen sei. Auch sei die Organisation der Wettbewerbspolitik noch nicht perfekt, was bedauerlich sei, weil Wettbewerbspolitik einen hohen Stellenwert in der Wirtschaftspolitik haben sollte.

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (G) erkundigte sich nach Auswirkungen der neuen Kronzeugenregelung und drängte auf Maßnahmen zur Erhaltung der Medienvielfalt.

Der Generaldirektor für Wettbewerb Walter Barfuß stellte einleitend fest, dass seine Behörde viel mehr tun könnte, wenn sie mehr Ressourcen hätte, wobei es ihm nicht um die Zahl der Köpfe, sondern um deren Qualität gehe. Im Rahmen des Möglichen konnte die Personalsituation deutlich verbessert werden, weitere Fortschritte seien diesbezüglich aber notwendig. Die Zusammenarbeit mit anderen Behörden erfolge trotz Systemvereinfachungen immer noch auf einer sehr komplizierten Grundlage, die nur deshalb nicht zu Problemen führe, weil an den Schlüsselstellen sehr vernünftige Leute sitzen. Die Wettbewerbskommission funktioniere derzeit ausgezeichnet, sagte Generaldirektor Barfuß, das System der Wettbewerbskontrolle wäre aber weiter zu vereinfachen. Entflechtungen seien derzeit mangels ausreichender rechtliche Möglichkeiten nicht möglich.

"Es ist aber etwas weitergegangen", sagte Walter Barfuß. Die Wettbewerbsbehörde spiele im öffentlichen Bewusstsein eine größere Rolle und es sei ihr auch gelungen, bei Mobilfunktarifen, in der Strompreisbildung und bei den Fahrschulen Lösungen zu Gunsten der Konsumenten herbeizuführen.

Die Kronzeugenregelung, die ab 1. 1. 2006 in Kraft trete, werde möglicherweise mehr Nutzen bringen, als man sich davon ursprünglich erwarten konnte, sagte der Generaldirektor für Wettbewerb aufgrund von Eindrücken, die er in den letzten Tagen gewonnen habe.

Im Energiesektor, der in Österreich eine bis in das Jahr 1946 zurückreichende Vorgeschichte habe, sei mit der Energie-Control ein sehr gut ausgestatteter Regulator tätig, mit dem die Wettbewerbsbehörde eng zusammenarbeite.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein unterstrich die Bedeutung der Wettbewerbspolitik im Interesse der Konsumenten und der Wirtschaft, sprach ebenfalls von Fortschritten und dankte Generaldirektor Barfuß und seinem kleinen, aber doch größer gewordenen Team für die engagierte Arbeit. - Der Bericht wurde mit den Stimmen der Koalitionsparteien zur Kenntnis genommen und ist damit enderledigt. (Schluss)


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