Parlamentskorrespondenz Nr. 949 vom 29.11.2005

Innenausschuss: Breite Mehrheit für neues Sicherheitspolizeigesetz

Themen: Sportgroßveranstaltungen, Gefahrenforschung, Rechtsschutz

Wien (PK) – Der Innenausschuss setzte seine unterbrochenen Beratungen über die Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2006 fort. Nach einem Expertenhearing am 22. November erfolgte heute die Diskussion der Fraktionen. Die SPÖ zeigte sich mit der Novelle einverstanden, lediglich die Grünen konnten sich der Vorlage nicht anschließen. Erwartungsgemäß lobten die beiden Regierungsparteien den Entwurf von Innenministerin Prokop. Vorgelegt und beschlossen wurden ein Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ und FPÖ, wonach Protokollaufzeichnungen von Daten der Zentralen Informationssammlung drei Jahre aufzubewahren und danach zu löschen sind. Ferner ist bis spätestens 1.1.2010 eine Neu- oder Wiederbestellung des Rechtsschutzbeauftragten und seiner Stellvertreter vorzunehmen. In einem von SPÖ, ÖVP und FPÖ getragenen Entschließungsantrag wird eine Studie betreffend die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen Privater mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten an öffentlichen Orten bzw. in öffentlich zugänglich Räumen gefordert.

Bundesministerin Liese Prokop strich abermals die drei großen Bereiche der Novelle heraus: Sportgroßveranstaltungen, Ermöglichung einer Gefahrenerforschung und die Stärkung der Rolle des Rechtsschutzbeauftragten. Im Zusammenhang mit den Großsportveranstaltungen meinte die Ressortchefin, auf nationaler und internationaler Ebene habe es sich immer wieder gezeigt, dass Menschen, die Aggressionen setzen wollen, diese Veranstaltungen zu Gewalt missbrauchen. Zwischen den Beamten gebe es einen Informationsaustausch, in einer zentralen Fußballinfo-Stelle im Ministerium werden die Informationen zusammengefasst und es werde ein Lagebild für Österreich erstellt. Derzeit werde gemeinsam mit dem ÖFB ein Großveranstaltungskonzept erarbeitet, das Eskalationen verhindern soll. In die Hooligan-Datei werden jene Personen aufgenommen, die bereits gefährliche Angriffe gesetzt haben. Auch die Gefährderansprache, der Sicherheitsbereich und der Ausbau des Rechtsschutzes sollen der Polizei die Arbeit erleichtern und die Sicherheit in Österreich noch besser gewährleisten.

Abgeordneter Johann Maier (S) wies auf datenschutzrechtliche Problemstellungen, die sich im Zusammenhang mit der Fußballeuropameisterschaft ergeben können, hin, verlangte eine rechtzeitige Diskussion darüber, zumal die deutsche Bundesregierung Maßnahmen zurücknehmen musste, weil gegen die europäische Datenschutzrichtlinie verstoßen wurde. Sein besonderes Interesse galt der Frage, wie der Datenaustausch mit der Schweiz im Hinblick auf die Fußballeuropameisterschaft 2008 erfolgen wird.

Abgeordneter Peter Pilz (G) gab bekannt, dass die Grünen mit Unterstützung von Verfassungsjuristen eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorbereiten, da ihrer Meinung nach die Novelle unbestimmte Begriffe und einen zu großen Ermessungsspielraum für die Beamten bringe und möglicherweise verfassungswidrig sei. Auch die Frage von privaten Bild- und Tonaufzeichnungen sei ungeklärt. Der Kompromissvorschlag, eine Studie zu machen, schaffe keine Rechtssicherheit, so Pilz. Außerdem befasste er sich mit dem Problemkreis der Hooligans und betonte, dass die 500-m-Zone zwar "beeindruckend klinge", aber an der Realität vorbeigehe. Weiters brachte er namens der Grünen einen Entschließungsantrag ein, der dem ursprünglichen Antrag der SPÖ entspricht. – Diesem Antrag wurde im Rahmen der Abstimmung nur von SPÖ und den Grünen zugestimmt.

Abgeordneter Markus Fauland (F) hob hervor, dass es eine kleine gewaltbereite Gruppe gebe, die nicht wegen eines Events in die Stadien komme, sondern wegen der Gewalt. Seiner Ansicht nach dürfe man den ÖFB nicht aus seiner Verantwortung nehmen, zumal der ÖFB die Möglichkeit des Ausschlusses von gewaltbereiten Menschen eher verschleppe.

Abgeordneter Walter Posch (S) stellte in Frage, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Bereich der erweiterten Gefahrenerforschung das Instrument polizeilicher Ermittlungen ausgeweitet werden müsse.

V-Abgeordneter Günter Kößl meinte, im Vorfeld sei es schwer, die Verhältnismäßigkeit festzustellen. Auf Österreich kommen auf Grund des EU-Ratsvorsitzes und der Europameisterschaft gewaltige Aufgaben im Sicherheitsbereich zu. Für die Exekutive müsse man Rahmenbedingungen schaffen, damit diese effizient und mutig einschreiten könne. Die Vorlage ist aus seiner Sicht eine wichtige Ergänzung zum SPG, auch sah er keinen Grund dafür, dass es eine Überschreitung möglicher Rechte geben könnte.

Im Zusammenhang mit der angekündigten Studie unterstrich die Ressortleiterin, dass es noch viele Unklarheiten gebe. Eine Hooligan-Datei gebe es noch nicht, teilte sie weiters mit. Derzeit seien 190 Personen, die immer wieder gewaltsam auftreten und randalieren, bekannt, hinzu kommen ungefähr 900 Personen, die intensiv beobachtet werden.

Nicht nur G-Abgeordneter Peter Pilz, sondern auch S-Abgeordneter Johann Maier sahen das Problem bei Sportgroßveranstaltungen, wenn Hooligans, die keine Tickets für die Veranstaltung vor Ort erhalten, außerhalb der 500-m-Zone auftreten.

Bundesministerin Liese Prokop gab bekannt, dass es in der Bundesligasaison 2004/2005 770 angezeigte Delikte gab, davon wurden 288 in den Stadien begangen. Von den 482 Delikten, die außerhalb der Stadien begangen wurden, betrafen 388 den Bereich innerhalb von 500 m.

Seitens des Ressorts wurde darauf hingewiesen, dass es in Österreich noch keine Hooligan-Datei gebe, etliche EU-Mitgliedstaaten wie Deutschland, Italien, Tschechien, Spanien, Großbritannien und Polen über eine solche bereits verfügen. Zugriff auf die künftige Hooligan-Datei wird jeder Exekutivbeamte, der dies zur Erfüllung seiner Aufgaben braucht, haben; ferner sind spezielle Löschungsregelungen vorgesehen. Örtlich zuständig für diese Datei ist die Sicherheitsbehörde bzw. die Bezirkshauptmannschaft, im Innenressort die Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit.

Der Vertrag mit Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und SPÖ verabschiedet.

Abgeordneter Johann Maier (S) erläuterte den Inhalt seines Antrages 709/A (E) betreffend Sicherheitskonzept für die EURO 2008 und regte eine eigene Studie zu diesem Thema an. Die Angelegenheit müsse auf breiter Ebene diskutiert werden, meinte Maier, der auch auf datenschutzrechtliche Aspekte des Themas hinwies. Der Abgeordnete plädierte dafür, die Thematik auf Basis eines Sicherheitskonzeptes des Innenministeriums gemeinsam im Haus zu behandeln. Zudem vermisste Maier die entsprechende Zusammenarbeit der Bundesländer, etwa im Bereich der Jugendschutzbestimmungen, die harmonisiert werden sollten.

Abgeordnete Helene Partik-Pable (F) wies den Vorwurf zurück, Sicherheit bei Sportveranstaltungen sei kein Thema, und meinte, diese Angelegenheiten müssten auf internationaler Ebene diskutiert werden, wohingegen der Jugendschutz Ländersache sei. Die Sozialdemokraten sollten den Antrag zurückziehen, weil der Innenausschuss der falsche Adressat sei.

Innenministerin Liese Prokop berichtete vom Stand der Vorbereitungsarbeiten zur Europameisterschaft 2008. Es gebe ein gemeinsames Konzept, dessen Umsetzung konsequent erfolge. Man habe das Thema sehr gut aufbereitet, was international große Beachtung gefunden habe. Sie sei aber gerne bereit, genauer darüber Auskunft zu geben, so dies gewünscht werde.

Abgeordneter Günter Kößl (V) meinte, bei der Debatte zum SPG habe man einen Großteil dieser Punkte bereits diskutiert. Es fänden noch viele Gespräche statt, gegebenenfalls werde man dann weitere Beratungen durchführen.

Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)