Parlamentskorrespondenz Nr. 952 vom 29.11.2005

Verkehrsausschuss debattiert Projekt Brenner Basistunnel

Verkehrsstaatssekretär Kukacka kündigt Quick-Start an

Wien (PK) - Der Verkehrsausschuss hat heute Nachmittag in einer mehrstündigen Sitzung unter dem Vorsitz von Obmann Kurt Eder eine Reihe von Regierungsvorlagen mit Gesetzesänderungen plenumsreif gemacht und darüber hinaus verkehrspolitische Initiativen der Opposition diskutiert, die allesamt vertagt wurden.

Brenner Basistunnel

Zunächst debattierten die Abgeordneten eine Änderung des Bundesgesetzes zur Errichtung einer "Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft (BBT AG)" sowie Änderungen im Eisenbahngesetz und im Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz (1192 d.B.). Diese dienen der Finanzierung der aus der BBT AG hervorgegangenen Europäischen Aktiengesellschaft durch Zuschüsse der österreichischen und italienischen Gesellschafter, die gleichgestellt und von der Gesellschaftssteuer befreit werden. Dazu kommt der Verkauf des Bundesanteils an der in der BBT SE aufgegangenen BBT AG an die ÖBB Infrastruktur Bau-AG.

Über Aufforderung der Ausschussmitglieder gab Staatssekretär Helmut Kukacka in Vertretung von Bundesminister Gorbach eine Gesamtdarstellung über den Stand des Projekts "Brenner Basistunnel": Die Realisierung des Brenner Basistunnels schreite wie geplant voran. Minister Gorbach und sein italienischer Amtskollege Pietro Lunardi unterzeichneten anlässlich der Verkehrskonferenz der Alpenländer am 14. November ein Memorandum zur Errichtung des Brenner Basistunnels, in dem sie erklären, d ie vorgesehenen Maßnahmen zur Planung und Errichtung des Brenner Basistunnels mit aller Kraft zu unterstützen, um das Projekt umfassend und rasch zu verwirklichen. Das Memorandum sieht vor, den von der Bundesregierung beschlossenen Bau eines Pilotstollens in die Planungsphase zu integrieren. Der "Brenner Basistunnel Quick Start" ziele auf einen Baubeginn beim Pilotstollen bis Oktober 2006. Die Investitionskosten betragen insgesamt 430 Mill. €. Die Europäische Kommission habe in diesem Zusammenhang einen Zuschuss in Höhe von 50 % in Aussicht gestellt und auch das Land Tirol habe zugesagt, sich finanziell mit 54 Mill. €  zu beteiligen, führte Kukacka im Detail aus.

Endgültige Entscheidungen über den Hauptstollen setzen geologische Erkenntnisse voraus, sie werden voraussichtlich 2010 fallen. Schätzungen für die Gesamtkosten könnten derzeit noch nicht angestellt werden, sagte Kukacka, nannte aber als Vergleichswert aufgrund der Schweizer Erfahrungen beim Bau des St. Gotthard-Tunnels, der eine ähnliche Länge und ähnliche geologische Verhältnisse aufweise, den Betrag von 7 Mrd. €. Derzeit werden zur Finanzierung der Baukosten sowohl im Finanzministerium als auch von der BBT AG Studien angefertigt.

Weiters führte Staatssekretär Kukacka aus, dass zu hoffen sei, dass das Europäischen Parlament und der Europäische Rat die Wegekostenrichtlinie im Dezember, also vor der österreichischen Präsidentschaft, verabschieden. Ein 25-prozentiger Aufschlag auf die Mautkosten auf der vergleichbaren Strecke könne für den Bau des Brenner Basistunnels verwendet werden.

Bei der Finanzierung sah der Staatssekretär keine Probleme. Wie schon berichtet, würden einen Teil der Bund und die Gebietskörperschaften übernehmen, teils werde man Kredite von der Europäischen Investitionsbank erhalten. Eine gewisse Belastung des österreichischen Steuerzahlers lasse sich nicht vermeiden. So wie in der Schweiz werde man einen Teil der Kosten auch aus der Mineralölsteuer und der Schwerverkehrsabgabe finanzieren.

Auf die Frage der Abgeordneten Moser (G), ob eine PPP-Finanzierung ausscheide, führt Staatssekretär Kukacka aus, dieses Thema sei noch nicht vom Tisch, sondern stehe weiterhin zur Diskussion. Ein Teil des Projektes werde durch PPP finanziert werden.

Zur Frage der Auslastung teilte der Staatssekretär mit, dass man derzeit bemüht sei, die politischen Rahmenbedingungen in den kommenden zehn bis 15 Jahren so zu gestalten, dass auch der Lkw-Verkehr diesen Tunnel benützen müsse. Wegen der hohen Mautkosten in der Schweiz sei derzeit noch eine Verlagerung eines Teils des Verkehrs auf den Brenner festzustellen, gemeinsam mit den anderen Alpenländern werde man in den dafür zuständigen Gremien aber dafür sorgen, dass es zu einer gleichmäßigen Verteilung kommen und kein Umwegverkehr mehr stattfinden werde.

Im Anschluss an die Ausführungen des Staatssekretärs warb Abgeordneter Wittauer intensiv um Unterstützung für das Brenner Basistunnel‑Projekt. Dessen Realisierung sei unbedingt und so rasch wie möglich erforderlich, um das Transitproblem in Tirol zu lösen.

Abgeordnete Moser (G) mahnte den Staatssekretär, in diesem Zusammenhang auch das Problem der Verlagerung auf die Schiene nicht außer Acht zu lassen. Die Abgeordnete betone, dass die Kostenwahrheit auf der Straße zu beachten sei und die Grünen gegen eine Pkw-Maut seien.

Abgeordneter Eder (S) kündigte an, auch seine Fraktion werde der Regierungsvorlage zustimmen, da es sich beim Brenner Basistunnel um ein Projekt von europäischer Bedeutung handle.

Abgeordneter Anton Wattaul gab (F) zu bedenken, dass bei einer Erhöhung der Frachtpreise im Endeffekt immer der Endverbraucher die Kosten zu tragen habe. Über allen Überlegungen betreffend Verlagerung und Umweltschutz dürfe auch der Wirtschaftsstandort Österreich nicht außer Acht gelassen werden.

Nach Meinung der Abgeordnete Karin Hakl (V) brauche Österreich bei der Verkehrsverlagerung zunächst insgesamt eine Infrastruktur, auf die verlagert werden könne; diesem Ziel müsse man sich Schritt für Schritt nähern.

Bei der Abstimmung fand die Regierungsvorlage eine V-S-F-Mehrheit. (Fortsetzung)