Parlamentskorrespondenz Nr. 978 vom 02.12.2005

Die Menschenrechte als Thema der österreichischen EU-Präsidentschaft

Aussprache mit Staatssekretär Winkler im Menschenrechtsausschuss

Wien (PK) - An der Spitze der Tagesordnung des Ausschusses für Menschenrechte stand eine Aussprache über aktuelle Themen. Ausschuss-Obfrau Terezija Stoisits (G) begrüßte dazu Staatssekretär Hans Winkler aus dem Außenministerium, der die Debatte mit einem Statement eröffnete.

Winkler erinnerte zunächst an die große Bedeutung, die von der EU und von Österreich dem Thema Menschenrechte zugemessen würde; dem werde auch der Stellenwert dieses Themas im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft entsprechen. Es sei aber auch darum zu tun, im Sinne eines Streamlining das Thema Menschenrechte in allen Politikbereichen zu verankern, besonders in der Außen- und Sicherheitspolitik. Winkler kam dann auf einzelne Aspekte des Themas zu sprechen. Er ging auf die Dialogprozesse mit China, Russland und dem Iran - wo der Dialog allerdings ins Stocken geraten sei - ein und skizzierte Leitlinien; im einzelnen nannte er den Kampf gegen die Todesstrafe, den Einsatz gegen Folter, die Rolle von MenschenrechtsaktivistInnen sowie das Thema Kinder in bewaffneten Konflikten. Er unterstrich die Bedeutung von Erziehung und Bildung bezüglich der Menschenrechte, berichtete von den Bemühungen um die Errichtung einer Menschenrechts-Agentur in Österreich und erwähnte in diesem Zusammenhang die entsprechenden Intentionen im Rahmen der Vereinten Nationen.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) wies im Zusammenhang mit Russland auf Gesetze hin, die die Verfolgung von Menschenrechts-AktivistInnen legitimieren und meinte, in dieser Situation sei "Dialog zu wenig". Sein Fraktionskollege Walter Posch ersuchte um Aufklärung im Zusammenhang mit angeblichen Gefangenenflügen über Österreich und thematisierte - wie Abgeordneter Walter Schopf (S) auch - die jüngsten Vorwürfe im Zusammenhang mit der so genannten Visa-Affäre. Abgeordnete Elke Aichleitner (F) sprach das Thema Gewalt gegen Frauen, Menschenhandel und Prostitution an, ihr Fraktionskollege Maximilian Walch die angeblichen Geheimgefängnisse in Osteuropa. Abgeordnete Renate Csörgits (S) kam im Zusammenhang mit China auf die Themen Frauen und Gewerkschaften zu sprechen. Abgeordneter Franz Riepl (S) hielt es für gefährlich, in der Visa-Affäre "durchzutauchen".

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) forderte von den Regierungsfraktionen die vor längerem in Aussicht gestellte Bemühung um einen Vier-Parteien-Antrag zum Thema Menschenrechte in China ein. V-Abgeordneter Matthias Ellmauer replizierte darauf, man habe die erst im Herbst stattgefundene Chinareise von Parlamentariern abwarten wollen und zudem terminliche Schwierigkeiten gehabt, stellte aber Bemühungen in die genannte Richtung in Aussicht. An den Staatssekretär adressierte Lunacek dann u.a. Fragen zum Thema Guantanamo und zeigte sich davon überzeugt, dass es auch bei guten Wirtschaftsbeziehungen und trotz wirtschaftlicher Interessen angezeigt sei, das Thema Menschenrechte auch öffentlich anzusprechen. Weitere Fragen bezogen sich auf die Frage des Monitoring durch die zu errichtende Menschenrechtsagentur und auf die schlimme Lage der Boat-People im Mittelmeer. Abgeordnete Terezija Stoisits wies auf die Zensur in China hin und forderte die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Dialog.

Außenamts-Staatssekretär Hans Winkler räumte in seiner Antwort auf die Fragen der Abgeordneten ein, dass dem Dialog mit Russland und China "gewisse Grenzen gesetzt" seien, Alternativen zu diesem Dialog aber fraglich wären. Er bekannte sich zur Weiterführung dieses Dialogs und dazu, die Frage der Menschenrechte bei allen Gelegenheiten, auch öffentlich, anzusprechen. Die Zivilgesellschaft müsse dabei "mit am Tisch sein", betonte Winkler, das sei eine österreichische Initiative. Beim Thema Menschenhandel und Gewalt gegen Frauen bedürfe es einer umfassenden Strategie, in Österreich sei dazu eine interministerielle Task Force eingerichtet. Die Frage der Menschenrechte werde auch im Zusammenhang mit den USA und Guantanamo angesprochen, betonte der Staatssekretär, Mindeststandards bei Überprüfungen wie durch den Menschenrechtsbeauftragten Nowak müssten eingehalten werden.

Die Menschenrechtsagentur werde - weil dies eine Doppelung bedeutete - keine Monitoring-Rolle wahrnehmen, sagte Winkler weiter, sehr wohl aber eine "Außenkompetenz" haben und in Dialog mit Drittstaaten eintreten. Die Situation der Asylwerber im Mittelmeerraum mache deutlich, wie notwendig ein einheitliches europäisches Asylverfahren sei. Winkler erläuterte sodann die Regelungen im Falle von Überflügen. Zu den angeblichen Geheimgefängnissen in Osteuropa meinte der Staatssekretär, dazu müssten erst "Fakten auf den Tisch". Zum Thema Gewerkschaften und China verwies er auf die Bemühungen, Verbands- und Versammlungsfreiheit zu unterstützen.

Zur so genannten Visa-Affäre erinnerte Staatssekretär Winkler zunächst an die Unschuldsvermutung. Von "Durchtauchen" könne keine Rede sein, vielmehr werde jedem Hinweis nachgegangen, eine eigene Kommission sei eingesetzt worden, um die Vorwürfe zu klären und Vorschläge zu erstatten, falls Missstände festgestellt würden.

(Fortsetzung)