Parlamentskorrespondenz Nr. 996 vom 06.12.2005

Grüne: 2005 ist das schwärzeste Jahr für Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Antrag für Maßnahmen zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit

Wien (PK) Die Beratungen über Justizvorlagen wurden am Nachmittag zur Debatte über einen Dringlichen Antrag unterbrochen. Die Grünen thematisierten damit die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt: 2005 sei das schwärzeste Jahr für Frauen auf dem Arbeitsmarkt, die Regierung habe frauenpolitisch versagt. In ihrer Begründung des Dringlichen Antrages der Grünen sprach Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) von einer "systematischen flächendeckenden Diffamierung der Frauen" in diesem Land. Der Bundeskanzler ignoriere konsequent die triste Lage der Frauen am Arbeitsmarkt und damit eine der größten Gerechtigkeitslücken. Seit 2000 seien den Frauen nur Felsbrocken in den Weg gelegt worden, denn Frauenangelegenheiten seien der Bundesregierung kein Anliegen, sagte Glawischnig-Piesczek. Erst kürzlich habe die Caritas davon gesprochen, dass das Antlitz von Armut weiblich sei. Über Armutsgefährdung entscheide in erster Linie, ob man männlich oder weiblich sei.

Die Einkommensschere habe sich in den letzten fünf Jahren vergrößert, die Arbeitslosigkeit der Frauen sei stärker gestiegen als jene der Männer. Im Jahr 2000 waren 86.804 Frauen arbeitslos, im Jahr 2005 120.308, das seien um 33.504 mehr. Dies bedeute, dass es an jedem Tag 18 arbeitslose Frauen mehr gebe. Dazu müsse man rund 70.000 weitere Frauen rechnen, die sich in Schulung befinden oder sich der Kindererziehung widmen. Trotz dieses "schwärzesten Jahres für Frauen seit Jahrzehnten" verweigere die ÖVP jegliche Diskussion. Die Bundesregierung komme mit der Behauptung, sie habe alles getan, auf keinen Fall mehr durch.

Glawischnig-Piesczek kritisierte, dass das Geld des AMS bei Frauen in erster Linie in das Kindergeld, eine klassische Jobfalle, wie sie sagte, gehe, bei Männern aber in die betriebliche Wiedereingliederungshilfe. In den Inseraten würden immer wieder Männer den Frauen die Welt erklären. Das zeige, dass für die ÖVP arbeitslose Frauen Menschen zweiter Klasse sind. In keinem anderen Land seien so viele Frauen teilzeit- oder geringfügig beschäftigt, was größtenteils für die Einkommensunterschiede verantwortlich sei. Es gebe aber auch Diskriminierungen bei den Gehältern lediglich auf Grund des Geschlechts. Sie hege den Verdacht, dass das seitens der ÖVP nicht nur akzeptiert wird, sondern dass die ÖVP auch meint, das gehöre sich so. Dies werde auch durch die Kommentare seitens der ÖVP zum Karenzgeldvorschlag der Grünen untermauert, denn bleiben Frauen bei den Kindern zu Hause, spricht die ÖVP von Wahlfreiheit, bei Männern spricht man von Zwangsverpflichtung.

Glawischnig-Piesczek kritisiert in diesem Zusammenhang scharf den Männer-Ratgeber des Sozialministeriums. Abschließend stellte sie die Frage, was gegen eine Jobinitiative spreche; was man dagegen habe, sich die Maßnahmen des AMS genau anzuschauen; was dagegen spreche, den Mythos von einer höheren Ausfallsquote bei weiblichen Beschäftigten zu bekämpfen; und warum man nicht Wirtschaftsförderung und Frauenförderpläne verknüpfen könne.

Bevor Staatssekretär MORAK in Vertretung des Bundeskanzlers dazu Stellung nahm, verlangte Abgeordneter ÖLLINGER (G) im Rahmen einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung die Anwesenheit des Bundeskanzlers nach § 18 Abs. 3 GOG. Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) entgegnete, die Geschäftsordnung sehe die Vertretung des Bundeskanzlers durch den Staatssekretär vor. Der Antrag Öllingers auf Anwesenheit des Bundeskanzlers wurde mehrheitlich abgelehnt.

Staatssekretär MORAK bekräftigte, dass die Politik der Bundesregierung alle Lebensbereiche und -phasen der Frauen berücksichtige. Dem gegenüber zeichneten die Grünen ein völlig falsches Bild der Realität des Jahrs 2005. Die Grünen wollten mit Konzepten von gestern die Probleme der Zukunft lösen, sagte Morak.

Morak ging dann näher auf die frauenpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung ein und nannte insbesondere den Bildungsbereich, die Wiedereinstiegshilfen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Verbesserungen im Pensionsrecht, die Initiativen zum Gender Mainstreaming und frauenspezifische Gesundheitsprogramme.

Rund 17 Mill. € würden in die Förderung von Mädchen und Frauen in Zukunftsberufen gesteckt, erläuterte Morak. Bereits 55,91 % seien Maturantinnen, bei den Studentinnen sei die Zahl von 51,1 % auf 53,3 % gestiegen. Der gleiche Trend sei auch in Forschung und Lehre zu verfolgen, wo die Anzahl der Professorinnen seit 2000 um 25 % gestiegen sei. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stelle ein zentrales Anliegen der Bundesregierung dar. So bezögen heute bereits 168.000 Frauen Kinderbetreuungsgeld im Gegensatz zu 68.900 im Jahr 1999. Die Zuverdienstgrenze sei von 4.000 auf 14.000 € erhöht worden und erstmals gebe es auch einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit. Aus seinem eigenen Ressort konnte der Staatssekretär berichten, dass die Kunstförderung nahezu zu gleichen Teilen an Männer und Frauen gehe. Dies alles mache die durchgehende Linie der Bundesregierung deutlich, so Morak, was zu einer Besserstellung für jede einzelne Frau geführt habe.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) zeigte sich enttäuscht über die "dürftig vorgelesenen schönfärberischen Phrasen" des Staatssekretärs. Der Bundeskanzler habe die volle Verantwortung für das frauenpolitische Versagen zu übernehmen, er drücke sich aber vor dieser Verantwortung, weil er "erbärmlich wenig" über die Sorgen und Ängste der Frauen wisse. Daher sei es legitim, die "Alarmstufe rot" auszurufen. Es gebe mehr arbeitslose Frauen denn je, der Zuwachs an den beschäftigten Frauen sei in erster Linie auf Teilzeit und geringfügige Beschäftigung zurückzuführen, was kein Existenz sicherndes Einkommen gewährleiste. Weinzinger mutmaßte, die Bundesregierung habe ein "verzopftes und veraltetes Frauen- und Familienbild", und warf insbesondere Abgeordnetem Stummvoll "üblen Sexismus" in dessen Aussendungen vor.

Auch Weinzinger kritisierte, dass die AMS-Gelder falsch verteilt würden, weil die Kinderbetreuungsbeihilfe zu 98 % an die Frauen ginge, die Gründungsbeihilfe in überwältigender Mehrheit an die Männer, obwohl zwei Drittel der KleinunternehmerInnen weiblich seien. Die Berufsorientierungskurse für Frauen seinen meist sinnlos und dienten in erster Linie dazu, die Frauen aus der Statistik "herauszumogeln". Mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt gewännen die Frauen aber daraus nicht. Der Bundesregierung fehlten Ideen, meinte Weinzinger, und verlangte eine Aktion 10.000 zur Wiedereingliederung und die Durchforstung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen.

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) konterte, der Antrag der Grünen zeige, dass sie dieses Land nicht mögen. Das Ganze sei eine Sudelkampagne, alles werde schlecht gemacht, aber alles madig machen, sei keine Lösung. Im Gegensatz zur Behauptung der Grünen sei die Frauenerwerbsquote sukzessive erhöht worden und liege nun über dem EU-Durchschnitt. Es gebe 26.531 Arbeitsplätze mehr für Frauen, 20.000 Frauen kämen in den Genuss der Qualifizierungsoffensive. Die Senkung der Abgabenquote und die Erhöhung der Sozialquote komme besonders Frauen zugute. Die Regierung habe die Zuverdienstgrenze auf 14.000 € jährlich erhöht und eine bessere Pensionsabsicherung durchgesetzt.

Als weitere Maßnahmen dieser Regierung nannte Fekter die drastische Erhöhung der Bemessungsgrundlagen, den Rechtsanspruch auf Teilzeit, die neue Mitarbeitervorsorge, die Steuerfreiheit für niedrige Einkommen, die Erhöhung der Zuverdienstgrenze für Alleinerzieherinnen beim Alleinverdienerabsetzbetrag und die Ausweitung der Nachmittagsbetreuung. Beim letzten Beschäftigungsgipfel habe man den Schwerpunkt auf die Frauenbeschäftigung gelegt und die Maßnahmen im Gründerservice würden vor allem von Frauen in Anspruch genommen, stellte Fekter fest. Die Bundesregierung habe beschlossen, 285 Mill. € für aktive Arbeitsmarktpolitik für Frauen zu investieren. Das Kindergeld sei keineswegs eine Jobfalle, sagte Fekter, vielmehr sei die von den Grünen verlangte Grundsicherung eine Jobverhinderung.

Abgeordnete BURES (S) warf der Regierung vor, eine "Politik der sozialen Kälte, des Drüberfahrens und der Ideenlosigkeit" zu betreiben. Sie wehrte sich gegen den Vorwurf, alles schlecht zu reden, da es allein um Fakten gehe. Diese zeigten, dass die Arbeitslosigkeit der Frauen um fast 40 % und die Frauenarmut um 13 % gestiegen sei, 55 % aller armutgefährdeten Menschen seien Frauen, eine halbe Million Frauen müsse mit 700 € monatlich auskommen. Die Frauenpensionen seien massiv gekürzt worden, weshalb rund 230.000 Pensionistinnen über nur 663 € verfügten. Die Einkommensunterschiede in Österreich seien im Vergleich zu anderen europäischen Ländern am höchsten und was die Chancengleichheit betreffe, bilde Österreich das Schlusslicht. Hinter all diesen Fakten stünden einzelne Schicksale, bemerkte Bures. Die ÖVP habe darüber hinaus die Kindergartenmilliarde gestrichen und vertrete ein rückwärts gewandtes Frauenbild. Die SPÖ stehe dem gegenüber für ein modernes Frauenbild, für mehr Frauenbeschäftigung, für ein gerechtes Einkommen, für mehr Chancengleichheit und für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) konterte, die Tatsache, dass so viele Frauen von der Mindestpension leben müssten, liege an der verfehlten Politik früherer SPÖ-Regierungen. Der Opposition sei offensichtlich das umfassende Maßnahmenpaket entgangen. So gebe es beispielsweise für Wiedereinsteigerinnen Lohnsubventionen und die Qualifizierungsoffensive sei ein Schlüssel für mehr Beschäftigung. Achleitner hob auch Kampagnen, wie "MUT" (Mädchen und Technik) hervor, und unterstrich, dass seit dem Jahr 2000 9 Mill. € an die Universitäten zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft geflossen seien. Zur Förderung von Frauen in der außeruniversitären Forschung habe man 4,5 Mill. € investiert. Kernpunkt für die Erwerbsmöglichkeit sei aber die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und dazu wäre die Familienallianz ein richtiger Ansatzpunkt. Leider sei die Opposition dagegen. Polemik habe aber in der Frauenpolitik nichts zu suchen, sagte Achleitner.

Bundesministerin Rauch-Kallat rief zu einer seriösen Diskussion auf und betonte, die längerfristige Betrachtung der Frauenbeschäftigung zeige, dass noch nie so viele Frauen erwerbstätig waren wie heute. Derzeit seien 10 % mehr Frauen in Beschäftigung als noch vor sechs Jahren, im Jahresdurchschnitt würden 24.000 Arbeitsplätze für Frauen neu geschaffen, für aktive Arbeitsmarktpolitik für Frauen habe die Regierung im Jahr 2004 623,5 Mill. € ausgeben, rechnete die Ministerin vor. Der Kritik der Grünen hielt Rauch-Kallat entgegen, Frauen seien heute bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wesentlich bevorzugt, 43 % der Arbeitslosen seien Frauen, sie würden aber 54 % der Arbeitsmarktförderungen erhalten. Die Forderung der Grünen nach einem erwerbsabhängigen Karenzgeld bedeutet nach Meinung der Ministerin einen Rückschritt, da sie Studentinnen, Unternehmerinnen und Bäuerinnen vom Bezug ausschließen würde.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) warf der Ministerin vor, in die Frauenerwerbsquote auch die Bezieherinnen von Kinderbetreuungsgeld einzurechnen. Das Kinderbetreuungsgeld diene aber in erster Linie dazu, den Arbeitsmarkt von den Frauen zu "räumen", meinte Öllinger den Kärntner Landeshauptmann Haider zitierend. Faktum war für den Redner, dass das Kinderbetreuungsgeld für die Frauen am Arbeitsmarkt nur Nachteile bringe. Nach der Kinderbetreuungsphase gebe es für die Frauen unabhängig von ihrer Qualifikation meist nur Billigjobs, kritisierte er.

Abgeordnete Mag. FUHRMANN (V) qualifizierte die Wortmeldungen der Grünen als "Kanon von Vorurteilen und Klischees". Die Grünen wollten nicht zur Kenntnis nehmen, dass gerade die Frauenerwerbsquote kontinuierlich steigt, betonte sie. Ziel der Regierung sei es nun, diesen erfolgreichen Weg fortzusetzen. Das Kinderbetreuungsgeld ist nach den Worten Fuhrmanns eine zutiefst soziale Maßnahme, habe es doch zu einer wesentlichen Ausweitung des Bezieherkreises geführt. Überdies hob Fuhrmann die Beschäftigungspakete der Bundesregierung mit ihren Frauenschwerpunkten als besonders positiv hervor.

Abgeordnete Mag. STADLBAUER (S) sprach hingegen von der höchsten Arbeitslosenrate seit 1945 und bezeichnete die Situation der Frauen als dramatisch. Die Beschäftigungsquote wachse nur aufgrund sehr zweifelhafter Statistiken, der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern sei nach wie vor groß, der Wiedereinstieg bedeute für viele Frauen ein unüberwindliches Problem. Mehr Vollzeitsarbeitsplätze, flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen, Ganztagsschule, verpflichtende Frauenförderungspläne und eine Verringerung der Einkommensschere waren die Forderungen Stadlbauers, die der Ministerin "Nachhilfe" bei den SPÖ-Frauen empfahl.

Abgeordnete Mag. BLECKMANN (F) betonte, die Regierung habe die Probleme der Frauen erkannt und mit dem Arbeitsmarktpaket Maßnahmen gesetzt, von denen die Frauen in besonderem Maße profitieren werden. Das Kinderbetreuungsgeld war für die Rednerin ein erster Schritt, dem weitere Schritte folgen müssen. Dass sich ihre Fraktion mit ihrer Forderung nach Abschaffung der Zuverdienstgrenze nicht durchsetzen konnte, bezeichnete Bleckmann als Wermutstropfen.

Abgeordnete MANDAK (G) bekräftigte die Forderung der Grünen nach einem einkommensabhängigen Karenzgeld mit einem fixen Sockel und machte überdies auf das Problem der Teilzeitarbeit von Frauen aufmerksam.

Abgeordnete MIKESCH (V) erwiderte auf die Kritik der Opposition, die Regierung fördere sehr wohl Frauen, die aus den klassischen Rollenbildern ausbrechen wollen. Österreich sei kein Land der Hausfrauen und Mütter, ein Drittel der Unternehmen werde von Frauen geführt, betonte sie.

Abgeordneter KRIST (S) äußerte sich kritisch zur Teilzeitarbeit, die, wie er sagte, Frauen auf eine Zuverdienerrolle verweise. Auch würden Frauen dadurch von den Unternehmen immer wieder als strategisches Spielzeug für Arbeitskostensenkungen eingesetzt.

Abgeordnete TAMANDL (V) warf den Grünen punktuellen Aktionismus vor und vermisste an ihrem Antrag eine klare Strategie zugunsten der Frauen. Demgegenüber messe die Bundesregierung der Stärkung des Wachstums und der Steigerung der Beschäftigung höchste Priorität zu und sei damit erfolgreich, wie die absolut steigende Beschäftigung und die zunehmende Beschäftigungsquote zeigten. Zwar habe auch die Arbeitslosigkeit zugenommen, sie sei aber immer noch die viertniedrigste in Europa. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe das Kindergeld gegenüber dem Karenzgeld mit seinem Beschäftigungsverbot wesentliche Fortschritte gebracht. Und beim Thema "Armutsfalle" erinnerte die Abgeordnete die Antragsteller daran, dass die Mindestpensionen seit dem Jahr 2000 um 100 € erhöht wurden. "Die Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg", sagte die Abgeordnete.

Abgeordnete STADLBAUER (S) stellte in einer tatsächlichen Berichtigung klar, dass es vor dem Kinderbetreuungsgeld kein Beschäftigungsverbot gegeben habe und darüber hinaus die Möglichkeit einer Teilkarenz bestanden habe.

Abgeordnete BINDER-MAIER (S) zeigte sich besorgt wegen der Situation der Frauen und benachteiligter Gruppen in Österreich. Frauen dürfen nicht in die Lage kommen, sich nur über ihre Kinder zu definieren und es dürfe ihnen nicht länger Nachteile bringen, dass sie es sind, die Kinder auf die Welt bringen. Daher sei die Frauenbeschäftigung zu erhöhen und Maßnahmen gegen die Armut von Frauen zu ergreifen. Dazu gehöre die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen, ein Rechtsanspruch für Kinder und Eltern auf Betreuung, ganztägige Schulformen und finanzielle Hilfen für die Gemeinden. Das Kindergeld will die SPÖ neu strukturieren. Frauen sollen früher in den Beruf zurückkehren können, andererseits soll das Kinderbetreuungsgeld länger in Anspruch genommen werden können, wenn sich die Eltern die Kinderbetreuung teilen. Binder plädierte auch für die Einführung eines Vater-Monats, um Väter aktiv in die Kindererziehung einzubeziehen und die Frauen zu entlasten. - Den Antrag der Grünen unterstütze die SPÖ im vollen Umfang.

Bei der Abstimmung blieb der Dringliche Antrag in der Minderheit der Oppositionsparteien und wurde abgelehnt.

Kurzdebatte zum Thema zweisprachige Ortstafeln in Kärnten

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) illustrierte den Antrag der Grünen, dem Verfassungsausschuss zur Behandlung ihres Antrages zum Thema zweisprachige Ortstafeln in Kärnten eine Frist bis zum 20. Dezember zu setzen, mit einem Vorfall in Eisenkappel. Dort habe der Kärntner Landeshauptmann eine zweisprachige Ortstafel demontieren lassen, wobei sich ein slowenischer Gemeinderat an die Tafel ketten ließ. Dies mache den "permanenten Rechtsbruch" deutlich, die 50-jährige Nichterfüllung von Artikel 7 des Staatsvertrags von Wien. Die slowenische Minderheit in Kärnten könne sich in der Frage der Rechte, die ihr im Staatsvertrag von Wien verbrieft wurden, nicht auf die Republik Österreich verlassen und sei daher auf ausländische Schutzmächte angewiesen, sagte die Rednerin. Daher haben die Grünen beantragt zu prüfen, ob gegen den Kärntner Landeshauptmann eine Ministeranklage wegen Nichterfüllung des Staatsvertrages möglich ist. Mit ihrer Fristsetzung wollen die Grünen dem Bundeskanzler lediglich die Gelegenheit geben, den permanenten Rechtsbruch in Kärnten zu beenden und das zu tun, was er versprochen habe, nämlich die Ortstafelfrage zu lösen.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) stellte vorweg fest, dass die ÖVP dem Antrag der Grünen nicht zustimmen werde und zeigte sich überrascht von der "martialischen" Ausdrucksweise der Abgeordneten Stoisits. Denn es handle sich tatsächlich um ein sensibles Thema. Bei den sechs Konsenskonferenzen sei aber sehr viel weiter gegangen, es herrsche ein gutes Klima, gegenseitiges Verständnis und auch die SPÖ sei mitgegangen. Die ÖVP wolle daher von dieser Vorgangsweise nicht abgehen und suche weiterhin im Weg des Gesprächs eine Lösung gemeinsam mit allen Betroffenen.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) bezeichnete das Verhalten des Kärntner Landeshauptmanns, der ein zweisprachiges Hinweisschild "Laibach/Ljubljana" demontieren ließ, als unerträglich und drängte auf die Erfüllung des Staatsvertrages von Wien. Seit Slowenien der EU angehöre, bestünden gute Voraussetzungen, die Geschichte Kärntens aufzuarbeiten und das Bewusstsein zu wecken, dass Zweisprachigkeit ein Privileg und eine Chance für Gegenwart und Zukunft sei. Dem Antrag der Grünen stimme die SPÖ aus dem formalen Grund nicht zu, dass der Bundeskanzler nicht für die Aufstellung von Hinweisschildern zuständig sei.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) unterstrich die Notwendigkeit, das polarisierende Thema "Ortstafeln" im Wege des Konsenses zu lösen. Diesen Konsens suchten alle Parteien in Kärnten, die aktuelle Diskussion werde von außen nach Kärnten getragen. Niemand habe so viel für die Minderheit in Kärnten getan wie Landeshauptmann Haider. Es gebe keinen Ortstafelkonflikt in Kärnten, wohl aber ein eigenes Radio- und Fernsehprogramm in slowenischer Sprache, mehr zweisprachige Schulen und Kindergärten als vorgeschrieben und bereits seit 1990 ein eigenes Volksgruppenbüro. "Wir werden uns diese Diskussion nicht von außen aufzwingen lassen", sagte Scheuch und erinnerte daran, dass die "drei Weisen" in ihrem Bericht die Kärntner Minderheitenpolitik als vorbildlich bezeichnet und festgestellt haben, dass sie das Niveau der EU weit übertreffe.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) erinnerte an das klare Erkenntnis des VfGH und sah eindeutige Rechtsvorschriften als gebrochen an. Daher argumentiere die SPÖ bei der Ablehnung des Antrags der Grünen "ziemlich sophistisch", kritisierte Öllinger. Der Bundeskanzler sei für die Umsetzung des Staatsvertrages von Wien auch dann zuständig, wenn dabei Straßenverkehrsbestimmungen mit betroffen seien. In Kärnten werde Recht gebrochen, Recht sei dort umzusetzen. Dafür wolle aber niemand zuständig sein, weder der Bundeskanzler noch der Landeshauptmann von Kärnten. Es sei absurd, in einer EU, die sich der Mehrsprachigkeit verschrieben habe, zweisprachige Richtungstafeln abzuschaffen und rechtlich gebotene zweisprachige Ortstafeln nicht aufzustellen. 

Bei der Abstimmung blieb der Fristsetzungsantrag in der Minderheit der Grünen und wurde abgelehnt. (Schluss Dringliche/Forts. NR)